tinctur,
die
;
/-
Ø, -en
; teilweise in lat. Form und mit lat. Flexion, aus lat.
tīnctūra
›das Färben‹ (
Georges
2, 3130
; ).
in der Alchemie und (alchemistischen) Medizin ›(flüssige) Substanz, die eine Veränderung hervorruft, e. S. beeinflusst‹; im Einzelnen: ›Substanz, die Stoffe farblich verändert (und in ihrer Beschaffenheit wandelt)‹; auch gebraucht für die durch alchemistische Transmutation erzeugten Substanzen und assoziiert bzw. synonym mit dem ›Stein der Weisen‹, häufig in Verbindung mit spezifizierenden Attributen; ferner: ›eine Erkrankung beeinflussendes, heilendes Mittel‹; ›Auszug, Lösung‹; vereinzelt: ›durch eine Krankheit erzeugte, schädliche Substanz‹.
Fachtexte der Alchemie und Medizin.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
8, 795
.
Phraseme:
französische tinctur
›Syphilis; Einfluss der Syphilis auf andere Krankheiten‹; ˹
tinctur physicorum, höchste tinctur
˺ ›Universalheilmittel; Substanz, die unedle Metalle in Gold bzw. Silber umwandelt‹.
Bedeutungsverwandte:
,  5, , ; vgl. ,  2.
Syntagmen:
t. haben, etw
. (Subj., z. B.
die kunst, der morbus
)
eine t. geben / machen, e. S
. (Gen.)
die t. entziehen, jm. die t. lernen
;
die t
. (Subj.)
etw. tun
,
etw
. (z. B.
weisse körper, unvolkommene metalle
)
in etw. tingieren / verwandeln, die t. in etw. liegen / sein
;
die t. stark, ein universal sein
;
einer t. eingedenk sein
;
etw
. (z. B.
eine transmutierung
)
durch die t. beschehen, etw. in eine t. verwandeln
;
die t. alchimistarum / aquarum / gemmarum / orizontis / vitrioli
;
eine grosse / rote / wunderbarliche t
.;
die materia tincturae
;
die t. von marte
.

Belegblock:

Sudhoff, Paracelsus (
1525
/
6
):
die selbige cur
[der Wassersucht]
ist also, das du eingedenk seiest der tinctur von marte, die alein tuts.
Ebd. (
1536
):
also ist es auch mit der französischen tinctur, die solcher species corporum vilerlei im menschen hat [...]. so nun das element aquae getroffen wird, so mögen da zweierlei krankheiten entstan, physicalisch und chirurgicalisch [...], als wan hydrops generirt wird, die dan aus dem element aquae wachset, so ist sie anderst dan die recht hydrops an ir selbst. darumb so ich sez ein andere curam als tincturam orizontis.
Ebd. (
1537
/
41
):
morbus [...], der da heißt tartarum [...] darumb [...], das er ein öl, ein wasser, ein tinctur, ein salem gibt, welches den kranken gleich wie ein hellisch feuer anzünt.
das also ein transmutirung beschehen mag von einer viscositet in ein lapillitet durch solche tincturen aquarum, so in in angeboren ist.
die tinctur physicorum, welche alle unvolkomene metal in gut silber und golt verwantlet.
Ebd. (
1568
):
ich werde euch lernen die tinctur, die arcana, oder das quintum esse, in welchem alle heimlikeit, grunt und werk ligt.
Darumb die materia tincturae das größt perlin und edlester schaz ist, das nach des almechtigen eröfnung und aller menschen betrachtung auf erden sein mag.
das in igne sulphuris ein große wunderbarliche tinctur gemmarum ligt, die die edlen gestein höher dan die natur treiben kan.
also ist die tinctura physicorum ein universal, welches als ein unsichtbar feur verzert alle krankheiten.
Ebd. (
n. 1560
):
die rot tinctur vitrioli ist also stark, das sie alle weiße cörper in rot tingirt oder alle rote cörper in weiß.
tu es
[mehrere Substanzen]
zusammen in ein pelican, congelirs solvirs also zu dem dritten mal, so hastu tincturam alchimistarum.
Haage, C. H. v. Hoff. Kunstb.
125, 27
(
oobd.
, Hs.
M. 16. Jh.
):
Wer unsseren khunstlichen stain will bauen | Der soll auff den anfang der nattur schauen | [...] | Die khunst die macht durch unss die höchst tinctur | Chayn prun Noch wasser ist mein geleych | ich mach gesundt jung, altt, und Reych | Ich mach.
Sudhoff, a. a. O. ; ;
Haage, a. a. O.
118, 27
;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 356
.