teufe,
zu
mhd.
tiefe, tiufe
›Tiefe, Vertiefung, Abgrund‹
(
).
In bergbaubezüglichen Texten (vgl. Bedeutungsansatz 3) dominiert die Form
teufe
, die sich in dieser Domäne als Fachwort etabliert (vgl.
); in religiösen, speziell in mystischen Texten (vgl. vor allem die Bedeutungsansätze 5-7) dominieren metaphorische, bildliche bzw. allegorische Verwendungsweisen (häufig verdichtet in Genitivmetaphern).
1.
›die vertikale Erstreckung einer Bezugsgröße von oben nach unten bzw. von außen nach innen (im Gegensatz zu Höhe, Breite, Länge), der Abstand zwischen Oberfläche und Boden einer Bezugsgröße‹;
Bedeutungsverwandte:
vgl.
.
Syntagmen:
die t
. (Subj.)
und die höhe eins sein, die t. von x schritten sein
;
die t. gottes
(hier bildl.),
des schnees / wages / weges, der wunde, einer staffel, des wassers
;
das ziel der t
.
Belegblock:
Quint, Eckharts Trakt.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ie der brunne tiefer ist, ie er ouch hœher ist; diu hœhe und diu tiefe ist einez.
Jahr, H. v. Mügeln
385
(
omd.
, Hs.
1463
):
dem fegefür und hellegruft | den meß ich
[die Geometrie im Wettstreit der Künste]
irer tüfe zil.
Strauch, Par. anime int.
97, 39
(
thür.
,
14. Jh.
):
wisheit ist alliz daz man ircrigin mac von eiginem wirkin, [...] daz man daz ertriche gemezzin kan und di tufe dez wazziris.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
54, 13
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
do is [wassir] gar tif ist, do ist di tufe von iiij schretin.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
das ir múgent begriffen mit allen heiligen weles si di hoͤhi, die breiti und die tieffi und lengi Gotz.
An beidē ortē
[des medizinischen Instrumentes]
berlin oder subtilige runde knoͤpflein / mit zuͦ v’suͦchen die leng vnd dieffe der wundē.
Die Gassen seind zimlich eng / mit grossen stainen vnd blatten gepflestert / vnnd haben [...] inn der mitte ein tieffe einer stapfel.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
387, 6
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Des wages tieff und praite | macht villeicht, das ir hie verdurbet paide.
2.
›Tiefe, Abgrund‹ (von geographischen Formationen, z. B. Tälern, Schluchten, überwiegend von Gewässern, z. B. Seen, Meeren, gesagt); teils mit gen. explicativus; in Texten der Sinnwelt ,Religion‘ häufig bildlich mit Bezug auf die Vorstellung von der Hölle als bodenlosem Abgrund; ütr. auf seelische Zustände auch: ›Verlorenheit‹;
Bedeutungsverwandte:
2,
; vgl.
3,
2,
1,
1,
7,
1,
,
,
2,
.
Belegblock:
Er habe tag und nacht zubracht ynn der tieffe des meeris.
Geschrey ist nicht anders, denn ein seer starckes, ernstliches begir der gnaden Gottes, wilches ynn dem menschen nicht erstehet, er sehe denn, ynn wilcher tieffe er liege.
weils aber unmuͤglich war, das er
[Christus]
solt vom tod gehalten werden, so must er aus diser tieffe widder in die hoͤhe faren, das ist, zur rechten hand Gotes.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
4744
(
Magdeb.
1608
):
Vnd wie die Wind stuͤrmen ein Schiff / | Biß sies vmbstuͤrtzen in die Tieff.
Die grossen Fisch hielten sich in der Tieffe.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
191, 12
(
osächs.
,
1570
/
7
):
gehen sie und ein jeder fisch aus der tiefe an die seichtung uff die weide.
Pelagus Tieffe des Meers.
Gille u. a., M. Beheim
21, 2
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Das sein die schaten, damit ich verdeket pinn, | im untern abgrunt dises kerchers tieffe.
Päpke, Marienl. Wernher
(
halem.
,
v. 1382
):
Und volget im [Ihesus] vil kinde mitte | Uf ain hochi die da ist, | Dar under tiefi nút gebrist.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
Man siht auch oft des nahtes, als ob ain gruntlôs tiefen gê in den himel.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
302
(
oobd.
,
1607
/
11
):
indianische meernuß, welche auß der tieffe des meers komen.
Niewöhner, Teichner
42, 56
(
moobd.
, Hs.
1360
/
70
):
maniger sait, der hell tuef | di sey nicht guͦt, die hab er [got] beschaffen.
‒
Vgl. ferner s. v.
1
8,
1.
6.
›Größe, Unerschöpflichkeit‹; auch: ›Unauslotbarkeit, Unergründlichkeit‹ (von der Qualität, wesenhaften Beschaffenheit religiöser, philosophischer Bezugsgrößen gesagt; vielfacher Gebrauch von Unsagbarkeitstopoi);
vgl.
11;
12; auf die Verstandeskräfte denkender Wesen bezogen: ›überragendes intellektuelles Potential, Schärfe des Verstandes‹; auch: ›Genauigkeit, Differenziertheit‹; vgl.
10.
Texte religiösen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
,
,
7; vgl.
5,
,
,
2,
2;
5,
.
Belegblock:
Von uber vluz der unde | Grozer barmherczekeit, | [...] | Ire tûfe hat kein czil.
das nicht yemand durfft klagen uber die lenge odder menge, viel weniger uber die scherffe, hoͤhe odder tieffe der wort
(des Psalms).
Böhme, Morg.R.
151, 31
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
Ach Liebe und Holdseeligkeit hastu doch kein ende [...] deine tieffe ist unerforschlich.
Schmidt, Rud. v. Biberach
128, 16
(
whalem.
,
1345
/
60
):
daz gemuͤte [...] wirt vereint dien glenzen der ewigen wisheit, dvͥ einer vngrvntlichen tieffi ist.
Bauer, Geiler. Pred.
94, 3
(
Augsb.
1508
):
So er [der mensch] die ungrüntliche tieffe der reichtum / der weißhait / und wyssenhait gotes [...] betrachtet.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
7, 70
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wann als oft wir aus der vinsternuͤss oder tewff der hailigen geschrift newr synn vnd verstentnuͤss ausnemen, was tuͦ wir anders, dann daz wir die poten vnsers lieben auffnemen vnd entphahen?
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
3, 21
(
tir.
,
1464
):
vnd [Jeronimus] ist gros gewësen in den künsten mit vnerhörleicher tieff.
7.
›Grund, Ursprung, Quelle‹;
vgl.
9; moralisch negativ konnotiert auch: ›Abgründigkeit, Nichtigkeit‹; vgl.
11.
Älteres und mittl. Frnhd.; Texte der Mystik (mit einer gewissen Häufung von Unsagbarkeitsausdrücken, gen. explicativi, Oxymora).
Bedeutungsverwandte:
vgl.
4,
5,
,
1;
2,
6,
3,
2,
8.
Belegblock:
Fischer, Brun v. Schoneb.
(
md.
, Hs.
um 1400
):
gib mir dines lobis bejach | du ob aller hoe tuweres dach, | du ein bodemlose tufe, | iz ge iz ste iz loufe iz krufe, | daz geschufest du mit diner gewalt.
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wan die hoͤhi der gothait kan es anders nit an gesehen denn in der tieffen der demuͤtikait.
Böhme, Morg.R.
154, 26
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
Dan seine
[Gottes]
wege / die er fuͤr sich gehet / seind mir meistentheil verborgen / aber hinten nach siehet ihm der geist biß in die hoͤchste tieffe.
Da waz nút unnútzer wort, [...], es wart da nit hoh in dem geiste an gevangen und in tieffi unendlicher worten nider gelassen.
Rieder, St. Georg. Pred.
(Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
er
[Gott]
ist och dú tiefi an der wishait, won sin wishait ist ane grunt, und kan ir nieman zuͦ aim ende komen.
Warnock, Pred. Paulis
3, 185
(
önalem.
,
1490
/
4
):
In dem pom des lebens ist die tieffe der gerechtikait, mit der gott die verworfen ewigklich wirt verdampnen.
Bauer, Imitatio Haller
95, 4
(
tir.
,
1466
):
O ir toreten vnd vngetreuen herczen, die also ligen sint in der tieff der schnöden irdischen ding.