sucht,
suchte,
Letzteres vereinzelt; die
;-Ø/-e(n)
(für erstere Form; teils + Uml.);1.
›oft mit Schmerz verbundene pathologische Erkrankung bestimmter Organe oder des gesamten Körpers des Menschen‹; allgemein auch: ›unspezifischer Schwächezustand‹; ›Krankheit als eine der Realisierungen des Daseinselendes‹; extensional im Einzelnen auf die gesamte Skala von der Erkältung über Kopfweh, Augenleiden, Zahn- und Leibschmerzen, Gicht bis hin zu Fieber und zur lebensbedrohlichen Krankheit, auch auf die Monatsblutung der Frauen bezogen; Erkrankungen von Tieren sind nur in Einzelfällen (und zwar für das Pferd und das Schaf) belegt.Phraseme:
die auswerfende sucht
›sich in roz auswerfen
äußernde Krankheit, Erkältung‹; die fallende sucht
›morbus caducus, Fallsucht, Epilepsie‹; die kalte sucht
›Harnzwang‹; die pestilenzische sucht
; die Sankt Valentins sucht
(eine klare Trennung zwischen diesen Ausdrücken und den unter Synt
. aufgelisteten Adjektivattributen von sucht
ist nicht möglich; s. aber ff.); offen zu 2.Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): 3, , 2, , , 1; 2, , 1, 2, , , , , 6, , 3, , , , , , I, , , ; vgl. 2.Syntagmen:
die s. vertreiben, eine s. haben
(z. B. lange
), j. jm. eine s. wünschen, knoblauch den frauen ire s. brengen, der mittägige schlaf s. machen
; die / eine s
. (Subj.) schweren, nicht weichen, ˹jn. angehen / bestehen˺
›überkommen‹, zu etw. irren, aus der kälte zufallen, von überreichem blute kommen, des arzetes bedürfen, sich so anschicken, das [...]
; j. einer s. gesund werden, der heilige geist jm. der s. abhelfen
; j. an einer s. leiden, in eine s. fallen, in einer s. liegen, beladen / gefangen sein, der kürbis gut in süchten sein, j. mit süchten arbeiten, nach der s. nicht schlafen mögen, von der s. not / pein leiden
; die s. der leber, des gleichen / herzen / leibes / mastdarmes / milzes, der füsse
; die s. in händen / gliedern, von kalter materie, zwischen fel und fleisch
; die grosse / beflekliche
›ansteckende‹ / heisse
›fiebrige‹ / schwere / schweinende / schwindende / gelbe / schüppechtige / weisse s
.; die süchtigkeit der s
.Belegblock:
Die suchte maniger suche | Von houbet zuem buche, | Von den vuzen zu den handen, | An ougen und an zanden.
ADVERSA. Kranckheit kränke weetag weethumb. ¶ Sucht schwäche schwacheit seuche bresten. suͤchtigheit.
Diu zunge hât eine decke und ein kleit. dâ si mite enpfindet, und daz ist bitter nâch sühticheit der suht.
Ef eynen menschen eyn sucht wyl besteyn eder eyn grot suchte, [...], so saltu merken, ef et von ouerricheme blode sy eder von anderme gesuchte.
Sprich, du kunnes wail snijdn den steyn, | Ind heylen arm und beyn: | Ind wye dye suychten synt gelegen, | Dae weystu allet boysse entgegen.
Knobelauch gesottẽ [...] machet fast woͤl harmen vnd brengt aüch also genutzt den frauwen ir sucht genãt mentruit.
Gefeielt golt in speiß oder wein genützt ist für die fallend sucht.
Strangwinea kolde pisse [...] kalde sucht [...] harn bind [...] kalde seyche.
Ebd.
362, 2
: Contagium [...] beflechleich sucht [...] Contagiosus mayliger flekiger der ainen andern macht maylig.
Keyn mensch sol laßen, der lang sich ist gewest vnd lang sucht hat gehat.
Denasmus ist ein sucht, daz einen lust zu stul gen.
ain leipliche wunde, | da man dy püchs nur uber streicht | und nit dy salb, dy sucht nit weicht.
Ebd.
330
: ob du aber wilt resch und schnel | gesunt werden der suchte, | So gedenk an Jhesum.
aller bettler plag mir flucht | Und wünscht mir die und jhene sucht.
der mensche merket der menschen hunger, turst, kelti, nackekeit, sv́hte, armuͤte, versmehte, verdrukunge der armen in maniger wis.
Die sucht gehe yhn an. Suͦcht / ist kranckheyt die schedlich ist / Suͦchten ist krancken / suͤchtig sein / ist ungesund sein.
schuͦpichtig: Suͦcht in den iungẽ lemlin vnd kitzlin. Ostigo alias Mentigo.
Von denan, die nach der suht vnd dem rit⸗/ten nit schlaffen múgent.
Von der neuen auswerfenden sucht. Ein ieglich erkeltung des leibs, die do zufelt aus der keltin des mercurii oder aus kelt der abstinenz, dieselbigen erkelten das plut, das es in aller seiner substanz ein roz wird, der für und für zu auswerfen dringt.
Das dritt [pflaster] ist Auicenne vnd meister Serapionis vnd guͦt fúr die súcht der glichen von kalter materi.
ob sich die sucht so schicket an, | das sie swirt und prist herdan, | so ist die sel zestunt genesen.
Ettich / der Ettick / der schweinend siechtag / die schweynendt sucht / tabes.
des pibers renne ist für die vallenden suht guot.
wer tägleichs ir flaisch izzt des morgens gar fruo, der ist behuot vor haizen sühten, die ze latein febres haizent.
wilt dû den slâfen machen, der in ainer suht ligt, sô nim alraunpulver und misch daz mit frawengespünn.
er
[ein
stain]
hilft auch den menschen, die die swindenden suht habent, diu ze latein tysis haizt. Wann ain pferdt ain sucht in ainem bayn hat.
Belkin u. a., a. a. O.
114, 6
; Keil, a. a. O.
249
; Strauss, a. a. O.
151r, 314
; Gereke, Seifrits Alex.
2767
; Bremer, Voc. opt.
43035
; Voc. Teut.-Lat.
ff vjr
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 98
.2.
›Seuche, ansteckende, grassierende, als tödlich betrachtete Krankheit, Pest oder pestartige Epidemie‹; sucht
2 in diesem Sinne wird als Folge des schwerlich sündigens
verstanden und moraltheologisch instrumentalisiert (z. B. durch die Empfehlung: got bitten
), auf verunreinte
Luft, die Ansammlung größerer, unkontrollierter Menschenmassen, Kriegszüge zurückgeführt und durch entsprechende Regelungen (Ausgeh-, Einreise-, Beherbergungsverbote; Verweise aus der Stadt) einzuschränken versucht; vereinzelt auch von Tieren gesagt.Mehrfach Chroniken.
Syntagmen:
eine s
. (Subj.) einreissen, sich erheben, unter jn. kommen, j. an einer s. sterben, mit einer s. beflekt sein, heimgesucht werden
; die sucht des aussatzes / brechens
; die abscheuliche / fliegende / giftige / neue / rasende / tödliche / umfressige / unerkannte s
.Belegblock:
Denn von blinden, lamen, [...] andern kranckheyten war den priestern ym gesetz nichts befolhen, sondern allein dyse flichtige und umbfressige fliegende sucht des auszsatzs war yhn befolhen.
unde qwam daz zweite groß sterben, also daz di lude [...] storben mit großen haufen an der selben suchte, als si sturben in dem ersten sterben.
want it alle cristenheit durch starf welsch ind duitsch ind ouch in heidenschaf allet mit der nuiwer suchden ende ouch mit gelicher rasender suchden.
Lepra [...] ein sucht flechtung.
Sucht schelm sterbũg gemeiner todt. pestilentia.
gemeyne Sucht vnd plag. Lues. gemeyne gifftige Suͦcht. Pestis, Pestilentia.
Demnach kam ein unerkante sucht, genaͤmt die bruͤne, under der Eidgnossen knecht im veld.
Sucht (die) Gemeine plag / Allerley kranckheit so gmeinlich über leüt vñ vych außgadt. Lues morbus. ¶ Die Sucht. Pestis. Toͤdtliche Sucht oder verderblicher schaden. Capitalis pestis.
Auff dis jar im maien erhuͦb sich ain sucht an fil örten im pürg im Bairland, [...], daß den leitten wee ward im habt, auch ain huͦsten, gantz seltzeklich.
deßgleichen die personen, so von andern orten, alda dise abscheuliche sucht eingerissen, [...], in ire behausungen und wonungen nit einlassen, [...] sollen.
wa ain person mit diser giftigen sucht befleckt, daß dieselbigen, so sie widerumb genesen, vor verscheinung 4er wuchen aus dem haus, auch under die leut nit gehn oder aber 4 woche aus der stat geschafft werden sollen.
[Weil] etliche mit der sucht des prechens haimbgesucht und thails auch hingenommen worden.
wenn er höret ein müessig wort, das floch er als ain grossen pestilencz oder sucht.
noch etligen Möneter istʼs kommen auf die grosse Leut, und anheben zu sterben an einer giftiger Sucht und Hadmasch.
3.
›als ‚Schwäche, Krankheit‘ von 1 her metaphorisierte, von der Normalität abweichende, in der Regel negativ bewertete moralische Haltung des einzelnen Menschen, den religiösen Forderungen der Zeit widersprechende Befindlichkeit seiner Psyche, moraltheologisch verwerfliche Disposition seines Handelns‹; im Einzelnen: ›Laster; Hoffart; Machtbesessenheit; Eigenbezüglichkeit‹; auch ›Liebestaumel; Trägheit; Seelennot; Sündennot‹; ›Krieg‹ (als gift
, der/die/das
, 5 tropisiert); im Unterschied zu 1 und 2 steht sucht
3 in der Nähe der schweren Sünden und unterliegt in Grenzen der Einflussmöglichkeit des Menschen.Gehäuft Texte der Sinnwelt ‚Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
die minne die suchten zu den leuten teilen / richten
; der gewalt eine s. sein
; j. ane alle s. geziert sein
›ohne Laster sein‹, bei
›unter‹ einer s. die hochfart verstehen, in seiner s. toben / wiederzürnen, die warheit mit dem geschlecht tauber s. überladen sein
; jamers s
. (mit Genitivmetapher: ›Schwermut, Verzweiflung‹), die s. der sele, der sünden
; die arge / schädliche / schwere / taube s., die verzweifelte s
. (hier das Attribut als Bedeutungsträger: ›Verzweiflung‹).Belegblock:
das er
[der
sieche]
von siner krangheit komme zu siner gesontheit, vnd das vnderwegen lat vmb das, das der selb krancke jn siner süchte wiederzörnet oder tobt. LAng het ein Juͤd gemehrt sein Schatz | Mit Wucher, sucht, Geitz vnd auffsatz.
faulkeit (welche ich fürnemlichen durch diese mein geringe vbung als ein verfluchte Pest der jugent vnd verderbliche Sucht darauß nichts, [...] vermeiden wöllen).
Daz Minn von natur ist | Ein edel ertznye, die do heilt, | Wo sie die suchten hat geteilt | Zu den luͤten und gericht.
Wann die selb gross verczweivelt sucht | pedarfft wal nach rehter genuht | aines arczt künsten reiche.
mit tober suht úberladen | ist ie sit ir geslehte.
Sit dem male das Got hat gegeben das wort das stein und krut macht habent vil grosse súchte
[dies zu 1 oder 2]
ze vertribende: wele macht wenent ir denne das der lebende Gottes sun habe alle súchte der selen ze vertribende mit sinen heiligen bilden und mit sinem lidende. Ja so krieg ein soͤlich vneerlich schantlich ding ist das er ist ein schaͤdliche sucht.
wer ewers wandels nimet war, | der mit tuget und mit zucht | ist geziert oun alle sucht.
Ebd.
12, 288
: wer den [zehent] darüber wolte han, | der möcht also niessen der frucht, | das er des in jamers sucht | möcht gevallen und in not, | das im wäger wär der tot.
bei der selben sucht vaigen | süllen wir die hochfart verstan. | die geschwillt und plät den man | und würft im oft das herz enpor.