strasse,
die
;
, auch
-en/-en
.
1.
›Straße, zweckangemessen breite, sich in der Länge erstreckende innergemeindliche, innerstädtische sowie innerlandschaftliche, auch die Landesgrenzen überschreitende Verkehrsverbindung zur Sicherung der allseitigen sozialen Beziehungen, speziell der Handelstätigkeit‹; vereinzelt metonymisch: ›Straßenwacht‹; in den Belegen wird
strasse
unter folgenden Aspekten thematisiert: ihre Reinhaltung und ihr Unterhalt,
strasse
als Ort der Öffentlichkeit (s. dazu speziell 3), darunter der gemeinschaftlichen Ausübung von Mildtätigkeit, als Sicherheits- und Freiheitsraum, auch als Ort der Bedrohung und sittlichen Gefährdung, schießlich als Orientierungspunkt bei Flurabgrenzungen.
Phraseme:
auf der strasse noch kirche
›nicht in der Öffentlichkeit‹;
zu kirche und strasse gehen
›sich öffentlich zeigen‹;
auf allen strassen
›überall‹ (z. B.
verlassen sein
);
der mägde strassen bauen
›sich mit Frauen vergnügen‹;
eine strasse ferre
[wohin]
keren
›weit reisen‹;
gang deine strasse
›geh deines Weges‹;
seine strasse gehen
›fortgehen, seines Weges gehen‹;
in der strasse liegen
›im Wege stehen‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ,
1
 4,  1,  2, .
Syntagmen:
j. ˹die s. frölich ziehen, die s. hin- und herlaufen / ferre wohin keren, reiten˺
(Akk. der Raumerstreckung);
j. die s. machen
›bauen‹,
aushauen / öfnen / raumen / ˹verlegen / verschlagen˺
›sperren‹,
mit zäunen enger machen, eine stat breite strassen haben
;
die strassen
(Subj.)
offen / unsicher sein, eine s. durch js. gut verlaufen, jm. offen stehen
, als Metonymie:
die strasse
›Straßenwacht‹
wachen
;
die kirche eine edlere stat dan die s. sein
;
j. ab der (rechten) s. kommen / schlagen, an der s. sitzen, tische / bänke aufrichten, etw. verkaufen, jm. an der s. warten, jn
. (z. B.
eine frau
)
an der s. finden
(abwertend)
/ verurteilen, j. auf der s. tanzen / reiten, jn. auf der s. suchen / anfallen / angreifen / erschlagen / erschiessen / reizen
(z. B.
eine magd), einen mönch auf der s. sehen, hüner auf der s. feil tragen, brot auf der s. wiegen, auf der s. faren / liegen / reiten, einen wegzol aufrichten, ein wage
(Subj.)
auf der s. stehen, j. sich auf die s. machen, sich auf der s. nicht säumen, auf der s. die kaufleute schinden, jm. auf der s. schaden geschehen, jm. mist für die s. schütten, einen laden nicht gegen die s. anhenken, eine stat in den strassen mit steinen belegt sein, ein acker mit dem anthaupt an die s. stossen, die siechen zu den strassen kriechen
;
die s. gegen Rom, mit abwegen, nach dem hurenhaus
;
des reiches s
.;
die alte / aufgeworfene / bekante / enge / freie / gemeine / gerade / gewönliche / heimliche / offene / rechte / unrechte / unwegsame / weite s
.;
von der s. bis an den graben
.
Wortbildungen:
strasläuferin
›Prostituierte‹,
strasmörder
,
straspfennig
eine Abgabe der Bäcker (wohl für den Straßenverkauf),
strasros
,
strasschwert
ein Stechmesser (dazu bdv.: , ),
strassenbesserung
,
strassenkunst
(zum Gw vgl.  2) wohl ›Trick, gaunerhaftes Wissen‹,
strassenläufer
ein Kraut (am Wegrand stehend; abwertend),
strassenplacker
(Gw zu
2
 2),
strassenraumen
›Straßenraub betreiben‹,
strassenreiber
(zum Gw s. mhd.
rîber
›Bube‹; ),
strassensäuberung
,
strassenschinder
›Straßenräuber‹ (dazu bdv.:  2, ),
straswagen
›Transportwagen (für Rüstungsgüter)‹ (dazu bdv.: ).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Straze morder vnde straze rouͦbere vnde berner de sol man vnthobeten.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Raptor. Reuber strauchdieb heckenreuter strassen schinder waldtdieb.
Toeppen, Ständetage Preußen
1, 78, 34
(
preuß.
,
1394
?):
wer is, das ymant us dem lande reiten welde, is were welchir weg das were, das der dy alde gewonliche strasse czihen und reiten sulde.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
690, 5764
(
Magdeb.
1608
):
Froͤsch / Padden / Eutzen / Menschen worden / | Haben der Geubscher Bawren orden / | Bawen zur Clauß der Maͤgde strassen / | Leben beim Schencken gern im nassen.
Luther, WA (
1535
/
6
):
ghets mit zuͤchten, wart allein der reis, sic tu: tum non eris strasleufferin.
Ebd. (
1539
):
dan do were es besser, ich were ein Hurnwird, morder oder Strassenreiber, den ich verdamme mich darmit.
Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 167, 16
(
md.
,
1510
):
vnd seine ko. mt. [...] gebeten, sie hirjnnen widder solche strossenplackern, [...], gnediglichen zuuorsorgen.
Ebd.
3, 15, 14
(
1416
):
Vortmeher habin disse vorgeschrebin stete vorramit, des heiligin reichs straszin czu fredende unde den koufmann czu fromen.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Wer aber got rehte in der wârheit hât, der hât in in allen steten und in der straze und bî allen liuten als wol als in der kirchen oder in der einœde.
ez ist ein bezzer werk beten wan spinnen und ein edelriu stat diu kirche dan die strâze.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
96, 17
(
1438
/
9
):
das sy uff der offen strassen zweschen der vesten, [...] einen wegzoll daselbst ufrichten.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1437
):
en sullen gein vurkeuferschen gein verstanden hoener up der straissen veildragen.
Beckers, Bauernpr.
61, 29
(
Köln
1515
/
8
):
Reyden hyn vnd her vp die straiß | Jr [der fursten, rytterschafft] roeffen / neemen / faen / dat is groiß.
Karnein, Salm. u. Morolf
663, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Er [Morolff] kerte die strasse ferre in die heidenschafft.
Froning, Alsf. Passionssp. (
ohess.
,
1501ff.
):
Muß ich dan ie gehen mine straiß, | So enwel ich doch nicht losßen, | Die sunder wel ich schelden, | Die warheit wel ich melden.
du peltenerßen, ganck dyn straysßen | und kastyge dynn lipp: | want du bist eyn aldes wipp!
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
daß bey [...] etlichen besondern lendern das taschenraumen und strassenraumen nit mehr für schand, [...], dargegen aber [...] ehrlich für tapffere hachen und reuter, [...] geachtet werden.
Hertel, UB Magdeb. (
omd.
,
1469
):
Szo sollen auch die offenbaren unczuchtigen frouwen keyne korallen, pater noster, nach [...] geczyrde uffinbar in der kirche nach straszen tragen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1687
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
der man sal nicht sin also küne | daz her sin wip van ym lasse, | also daz sy mit willen gee ir strasse.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
unde [die burgmanne] schynten uff des reiches strasse die kouflewte die von Behemen von Polen unde von Meeren zogen mit ir koufschatz kegen Frangkfort.
Küther, UB Frauensee
399, 2
(
thür.
,
1531
):
haben die von Diffenhart uff des closter geholtz nith wyder gehudt byß von der Hohen Straß an byß an den graben vom Hundzruck hyrein.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
45, 6
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Di stat ist czumole belegit in den strozen mit gehowen steynen.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
nit halt daz recht durch keynen hasz, | verurtel nymant vff der strasz.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1440
/
4
):
den man auch lehe von der stat wegen 14 straßwegen, iren harnasch zu furen.
Gille u. a., M. Beheim
329, 87
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
es wurden vil wunt, | erslagen und erschassen | zum nechten in der strassen.
Voc. Teut.-Lat.
ee viijr
(
Nürnb.
1482
):
straßwagẽ lastwagẽ ponuswagẽ viastrina. vastrina.
Ebd.
ff iiijv
:
Straße. platea. odʼ geestrichter weg gepflasterterweg.
Köbler, Ref. Nürnberg
404, 14
(
Nürnb.
1484
):
Von verpot der laden. thure vnnd anders gen der strassen nit anzehenncken bey der peene des abrawms.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
Man soll keinen monich auff der strassen sehen; wo man aber ein monich uff der strassen findet [...], so sol man in [...] in den kercker legen.
Ebd. (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
Es waren wilde gepirg, da man straß uber haben müst.
Maag u. a., Habsb. Urbar
2, 1, 701, 2
(
alem.
,
um 1380
):
hertzog Albrecht solt wilent einem ritter, [...], gelten 30 mark umb ein strasros.
Wickram
4, 9, 5
(
Straßb.
1556
):
[Es habendt ... unsere voraͤlteren] etlich tag im jar sunderlich darzuͤ bestimpt / an offenen strassen / tisch und baͤnck auffgericht / ire speisen zuͤsamen getragen / und also tugentlich miteinander gessen / in zucht und ehren beieinander gesessen.
Fuchs, Murner. Geuchmat
2456
(
Basel
1519
):
Jn solcher lieb ir anehing, | Was er vff erden anefing, | Do lag sy all zyt in der straß, | Das er dest mynder gschicket was.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
daz der engel in gie. daz ist ain zaichen daz er si [Maria] inne vant, und nit an der strasse.
Bremer, Voc. opt.
29022
(
halem.
,
1. H. 14. Jh.
):
Sicca [...] stabswert [...] straͮsschwert [...] est gladius latenter abscondidus in baculo.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
815, 20
(
halem.
,
1485
/
6
):
als [...] der wag mit dem win also an der fryen des richs stras gestanden sye, habe er [...].
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1577
/
94
):
es sollend keine hochzyth lüth [...] zu kirchen und straßen gefüert und zusamen geben oder hochziten gehalten werden.
Wiessner, Wittenw. Ring
8185
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Das er [...] | Füerer sei und weis daz her | Mit unserm paner an daz zil | [...] | Won er der strasenkunst ist vol.
Heidegger. Mythoscopia
58, 15
(
Zürich
1698
):
Euclides, under dem Schein in Socratis Nacht⸗Schul zuwandern / ist offt auff der graden straß nach dem Huren⸗Hauß ertappt worden.
Donalies, Augsb. Bibelhs.
10, 23
(
oschwäb.
,
v. 1350
):
die glichsnere. di da minnent in den synagogen. vnd in den ecken der strassen stant ze beten.
Toeppen, a. a. O.
5, 484, 20
;
Luther. Hl. Schrifft.
Apg. 39
;
Mieder, Lehmann. Flor.
150, 8
;
Loesch, a. a. O. ;
Grimm, Weisth. ;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
179, 6
;
v. Tscharner, a. a. O.
25, 31
;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
18, 20
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3257
;
Haszler, Kiechels Reisen ;
Baumann, Bauernkr. Oberschw. ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 521, 31
;
Rennefahrt, Zivilr. Bern ;
Hauber, UB Heiligkr. ;
Sappler, H. Kaufringer
15, 77
;
20, 135
;
26, 72
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Dirr, Münchner Stadtr. ; ; ;
Herzog, Landsh. UB
587, 19
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
190, 5
;
Vogel, Urk. Heiliggeistsp.
1, 130, 41
;
432, 18
;
Winter, Nöst. Weist. ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
102, 1
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ; ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Qu. Brassó
4, 240, 41
;
5, 423, 25
;
Rot
319
;
Vgl. ferner s. v.  3,  5,  2, ,
3
 1, ,
1
 4.
2.
›Straße, Weg‹ in religiös metaphorischen und bildlichen Zusammenhängen; im Einzelnen: meist: ›einer Straße verglichener Weg des Menschen zu Gott, zur ewigen Seligkeit‹ (weniger als ein sich hinstreckender Raum gedacht wie als aktiver, selbst zu verantwortender, langwieriger Vollzug); seltener: ›als
strasse
metaphorisierte Lebensverhältnisse des Menschen Christus‹; auch: ›von Gott, von der Seligkeit wegführender Weg und Vollzug; Straße zur Hölle‹; der ›Weg zu Gott hin‹ steht im Orientierungsfeld mit  23,  1,  1, , ,  4, , während der ›Weg von Gott weg‹ im Orientierungsfeld mit , , , steht.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ‚Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
mit zwei strassen faren
›ein doppeltes Spiel treiben‹.
Bedeutungsverwandte:
,
1
 4,  2, .
Syntagmen:
die / eine s. banen
›ebnen‹
/ bereiten / machen / gehen
(mehrfach)
/ wandeln, elende s. bauen
(semantisches Gewicht auf
elend
,
das
, 6 sowie
elend
, Adj., 4; 5),
jm. die / eine s. weisen / weren / verdürnen
›mit Dornen verstellen‹;
die s
. (Subj.)
zu (gottes) reich, zu der himmelpforte füren, auf zeitliche dinge gehen, eine s. den menschlichen geist in die gotheit tragen
;
js. heimat eine (gemeine) s. sein
;
jn. auf die s. weisen, arbeit auf der s. haben
;
die s. des lebens, des himmels
›zum Himmel‹,
der ungerechtigkeit, verdienstlicher wirkung
›der Verdienste‹;
die krumme / rechte / wilde s
.;
die s. in die finstere, zur helle
.

Belegblock:

Luther, WA (
1519
/
20
):
szo gaht mein glaub zu got seine strasz und wirckt fur sich, die weil ich nit musz glaubenn, wie sie glaubt.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
50
(
mrhein.
,
um 1335
):
Ir sollent vch deufen lazen. | So bereident ir die straze, | daz zuͦ vch der heilge crist | wil selber gen in korzer frist.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
‚We dem sunder unirwert | Der mit zwen strazen vert | In daz lant, iz mac nicht wesen! | Zweyverten selden ist genesen‘.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Sie
[Sünder]
lazen sich berouben | Vil gar des himels strazen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Der [...] begert uf die schoͤnen heide eines geblümeten volkomen lebens zuͦ komene, dem begegent manigú wildú strasse in der vinstri des waldes.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Kinder, wer her zuͦ komen wil, der muͦs alsus ordenlichen disen weg und dise strosse gon, so enmag er nút verirren.
Ebd. (
E. 14. Jh.
):
hie kummet man in dis riche zuͦ der rehten túren in, nit hinden in; in die rehte strasse kummet man hie.
Michels, Murner. Badenf.
24, 33
(
Straßb.
1514
):
Habt kein sorg und nempt nit acht, | Ob vch ein strassen wirt gemacht, | Haltent vch nur zuͦ dem heren: | So mag die strass vch niemans weren.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
sin
[Bezug auf das Jesuskind]
hainmuͦt waz ain gemainú strasse
[›Einfachheit, Schlichtheit‹],
da wart er geboren, sin bettlin waz ain kriplin.
Schmidt, Rud. v. Biberach
13, 20
(
whalem.
,
1345
/
60
):
so sullen wir sehen, wel vnd wie vil strassen den menschlichen geist tragen in die gotheit Cristi.
Ebd.
15, 24
:
das als vnser geist beladen mit vngeordnottun niesûn zitlicher dingen gat ab von ewigen dingen vf die krumen strasse der vngerechtikeit in die creatúr vnd in die zitlicheit.
Ebd.
16, 3
:
als der geist siben krvm strasse gat vf zitlichv́ ding, also wisunt in siben recht weg in die ewikeit.
Ebd.
166, 1
:
war vmbe dise strasse furdienstlicher wurkvnge gange nach dien vorgenden strassen. Hie svllen wir merken: [...].
Wyss, Luz. Ostersp.
10051
(
Luzern
1545
):
das wir
[die Teufel]
wend machen zur hell ein strass. | vast bald durch hochfart, nyd vnnd gydt.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
44
(
schwäb.
,
1455
):
wiß mich vff die straußen | Der höchsten pasß triangel, | Dar inn minr synnen krangel | Sich wirret und verschlüsset.
Sappler, H. Kaufringer
26, 7
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
das sind die rechten strass und steg | und die allernechsten weg, | die zuo der himelporten gent.
Ebd.
17
:
wenn er [Gott] sicht hie in disem leben | sein frünt in weltlichem lust sweben, | so verdürnet er in die stras.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
47, 43
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
pan
›ebne‹
wilde strassen, durchläucht finstre gassen, | slicht krumpe steige.
Klein, Oswald
18, 78
(
oobd.
,
1416
):
von ainer frauen so müss ich pawen ellend strass, | in wilden rat.
Weber, Füetrer. Poyt.
2, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
ich main dy straß, dy zw deim reiche gat.
Reissenberger, Väterb. ;
Schmidt, a. a. O.
84, 23
;
165, 22
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
172, 14
;
Bauer, Geiler. Pred.
320, 13
.
3.
›Straße als Ort rechtlich relevanter Öffentlichkeit‹; dieser Aspekt gilt für Taten, die in der Öffentlichkeit begangen werden, wie für die Rechtsinstanzen, die öffentlich tätig werden; in beiden Fällen empfiehlt sich eine Übersetzung der Art: ›innerhalb der Öffentlichkeit‹; eng an 1 in der Nuance ›Ort der Öffentlichkeit‹ anschließbar.
Zur Sache:
Dinzelbacher, Sachwb. der Mediävistik.
1992, 789
;
Lex. d. Mal.
8, 220
–223.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Orientierungsfeld: ,  1.
Syntagmen:
eine s. an das gericht machen
;
etw. an (offener) s. aufgeben, an einer s. des pferdes warten, an der (offenen) s. seine klage tun, j. auf (offener) s. mishandeln
›straffällig werden‹,
silber auf die s. wagen, jn. auf (offener) s. verurteilen, j. an / auf der s. zu gericht setzen
(o.ä.; mehrfach),
in einer s. etw
. (Subj.)
geschehen, j. jn. in der (freien) s. wunden, etw. vor (offener) s. tun, etw. zu s. kommen
›öffentlich werden‹;
die offene
(oft)
/ freie / gemeine / keiserliche s
.
Wortbildungen:
strasmord
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
wir heyzen ouch daz mordere, swer mit deme anderen izzet vnde trinket [...] vnde sleit on ane sine schuͦlde. § daz ist eyn stratmort.
vnde dat solen se tuͦn offenbare vnde bi di lichten tage vor tuͦre vor offener straze.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
was in eyner strosse adir grenicze adir gerichte geschyt, das mag der lantrichter in syn gerichte nicht czihen.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Welch man ein pfert anvangen wil, der sal sin warten an der vrien strazen oder an dem marcte.
Leisi, Thurg. UB
5, 555, 21
(
Frankf.
1357
):
daz ich ze gericht sass ze Frowenvelt an offener stras.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1338
):
das man dry strassen durch den ring an das gericht machen vnd inen zuͦ dem dritten mal ruͤffen soͤlt, sich uff die clegt vmb den todslag ze uersprechen.
Kläui, Urk. Hermetschwil
58, 3
(
halem.
,
1450
):
dz ich da selbs ze Hermanswil an offner straͧß und gewonlicher richtstatt offenlich ze gericht gesessen bin.
Piirainen, Stadtr. Sillein
75a, 21
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
wundet ein man den andern binnen wicbilde in der vreyen strazze [...].
Ermisch, a. a. O. ;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
77, 42
;
Leisi, a. a. O.
5, 232, 35
;
Boos, UB Aarau ;
Merz, Urk. Lenzb.
45, 13
;
ders., Urk. Wildegg
53, 4
;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 456, 23
.
4.
›Sohle, Boden einer Grubenstrecke‹.
Rechts- und Wirtschaftstexte, teils bergbaubezüglicher Art.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  5,  3, ,  3, .

Belegblock:

Helbig, Qu. Wirtsch.
4, 81, 25
(
md.
,
1447
):
Alzo hab mir uns musen halden in dy stroßen, der mir word nymer zyu haen haben.
Ebd.
84, 7
:
daz man in den firsten und strossen buwen wil, dorzcu hat hanttwerg nach gemeynde keynen trost nicht.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
58, 29
(
omd.
,
1450
?):
daz nymanth die tyfsten vorsetzen ader vorstortzen sulle, striffen, strossen, bergkvesten nymand ußhauwen sulle.
Ebd.
124, 31
(
um 1559
):
und der stolner [...] wolte die gewercken abtreiben, auf diesen fall sein die gewercken von irem orte und straßen nicht eher zu weichen schuldig.
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
54, 17
(
osächs.
,
1574
):
dos die von Monczers zeche von der genz uff der strosse vorn orte im weitel in die sole nider gehauen di stuffe funf lochter.
Löscher, a. a. O.
203, 16
;
223, 23
.
5.
für verschiedene, einer
strasse
1 metaphorisch verglichene, jeweils schwach belegte Bezugsgegenstände gebraucht:
a) ›schmaler Durchgang zwischen zwei Grundstücken‹;
b) ›Ameisenstraße‹;
c) ›Schlund, Speiseröhre‹;
d) ›Wasser-, Meeresstraße; Fahrtrichtung‹ (das im angesetzte
2
strosze
, über engl.
strait
, afrz.
estreit
aus lat
strictus
, ist eine jüngere Entlehnung aus dem 17. Jh.);
e) ›Milchstraße‹;
f) ›Balkenunterlage für den sog. Schlitten, Wagen einer Sägemühle‹.

Belegblock:

Zu a):

Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1518
):
wurde ausgemacht,
das ich minen gnaͤdigen frowen ain strasz eins karren wytin gegen des gotzhuws wingarten, egerden und acker lassen sol.

Zu b):

Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wenn er [âmaizleb] ze letzt gar grôz wirt und starch, sô lauzt er in den haimleichen steten pei der âmaizen strâzen und setzet in lâg, reht als ain rauber.

Zu c):

Redlich, Jül.-Berg. Kirchenp.
2, 1, 488, 26
(
rib.
,
1533
):
und ein gewer under dem rock gehat und dahin geslagen und langs den hals gehauwen, das man ime die strass sicht (?).
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Straaß durch welche die speiß in magen gehet. Stomachus. Straaß im halß da durch die speiß vñ tranck gehet. Gula.

Zu d):

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 221, 36
(
preuß.
,
1440
):
dy zegelacio frey und alle stroszen zcu wasser und czu lande usz und yn.
Bastian u. a., Regensb. UB
78, 1
(
oobd.
,
1356
):
auzgelazzen unser strazz auf dem wazzer Pfreimde genant.
Klein, Oswald
17, 2
(
oobd.
,
1410
):
Var, heng und lass, halt in der mass, | bis das du vindst die rechten sträss.

Zu e):

Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu êrst sach ist, daz an dem tail des gestirnten himels, dâ diu strâz scheint, vil zesamen gesæter stern sint.

Zu f):

Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
Was aber schadens an der stroß, schragen oder gattern, dorein das segplat gespant ist, in den nechsten acht jaren geschee, das soll ein paumeister machen lassen.
6.
steht mit genitivus explicativus für dessen Inhalt.
Älteres und mittleres Frnhd.; Texte gebundener Form.

Belegblock:

Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Nu vort der tugende straze | Bewyset den wec, di maze | Diz kumphftigen ufirstendes.
Ab der vernumphten straze mich | Irhebet uf di rechte hant.
Wan swartz ist dis menschen straze, | Und daz kumt von dis vleysches slam.
da von spricht er: ‚di straze | Der wisheit ist den alden nicht | Kundik noch dis gerichtes schicht‘.
Gille u. a., M. Beheim
1, 22
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
[Dein weishait] sy underweist | und laitet auf der rechten sinne stross.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
172, 5
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Nun ker ich wider der abentewre strassen, | unnd will zue ende pringen.
Weber, Füetrer. Poyt.
102, 2
(
moobd.
,
1478
/
84
):
ER iach: „Mich hat vertragen | alher vnkunnde straß“.