stinken,
V., unr. abl.
1.
›übel riechen, stinken‹, einerseits auf Gegenstände bezogen, die einen für die menschliche Wahrnehmung üblen Geruch ausströmen, andererseits und dicht belegt mit Bezug auf den Menschen und seinen Körper als eine durch Unreinheit, Sündenverfallenheit, Krankheit, Vergänglichkeit, Tod bestimmte Kreatur, vielfach auf dem Hintergrund der Inhalte der Bibel; als part. Adj.
stinkend
1 ›stinkend‹; im Orientierungsfeld von sind mehrfach Ausdrücke wie , belegt; das part. Adj. findet sich im Umfeld mit  12, , , , , , .
Bedeutungsverwandte:
 4, ; vgl. ,
1
 2.
Syntagmen:
bdellium, die wunde, der drek / hund / mist / proviant / schade
›Krankheit‹,
die lumpen / schwefelflammen s., der arsch / atem / mund / das maul (jm.) s., etw
. (z. B.
das bad
)
sam schwefel, etw. als ein ak, der hund nach schweis, etw. übler als ein as, den ein gefängnis s., j. übel, nach knoblauch, als ein hund, als der rite, also die rüden s
.;
der mensch, das wasser stinkende sein, der tot den leichnam stinkende machen
;
der stinkende atem / bok / eimer / eis / getwerg / käse / körper / leimtiegel / mensch / mist / mund / schenkel / stal, das stinkende as / fas / tier / geschwer, die stinkende ziege / wunde
.
Wortbildungen:
stinkenheit
(dazu bdv.: vgl. ),
stinkheit
,
stinkencamille
(s.
Marzell
1, 319
),
stinkicht
,
stinkig
,
stinkung
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
do von sie stinken die juden, also die asblasenden ruden.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
123, 19
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Du stinckender getwerg sprach der konnig / du vngestalt hesselich creature.
J. W. von Cube. Hortus
77, 22
(
Mainz
1485
):
eynwenig bdellium dießer hait keynen guͦten geroch vnd stincket so man do mit reuchet.
Alberus
DD ijr
(
Frankf.
1540
):
Chamæleon fœtidum [...] stinckencamill / krettendill / hundsdill.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
24, 15
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
ein mensche {...] ist ein besmirter binstock, [...], ein stinkender leimtigel, ein übelriechender harmkrug.
Böhme, Morg.R.
14, 5
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
ein solcher wird nirgend anders hin als zur lincken hand des Richters unter die stinckende hellische Boͤcke gestellet.
Ebd.
153, 18
:
das suͤsse quellwasser ward gar dicke und stinckicht.
Voc. Teut.-Lat.
ff iijr
(
Nürnb.
1482
):
Stinckheit. od’ riechin des fleisch. rancor. od’ pfynn oder zorn oder vnwirßheit oder zwytracht oder gaistigkeit. [...] Stinckenheit. feditas.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Sant Augustinus sprach: ,der mensche ist von einer fulen materien stinckende und verderbende‘.
und neme derselbe herre den aller ussetzigesten menschen mit blotern und stinkende, blint und lam.
Ebd. (
1359
):
Si tuͦnt recht als der einen kúnig ze hus ladet und in setzet in einen unreinen stinkenden stal under die swin.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Stinckig. Fœtidus.
Schmitt, Ordo rerum
470, 37
(
alem.
,
1486
):
Rancidus [...] stinckung [...] schmeckung.
Sudhoff, Paracelsus (
1528
):
Stinken ist, wan ein wunde, heil oder nit, anhüb zu stinken. ist ein anzeig böser arznei und hiziger natur.
Ebd. (
1529
):
Welche geschwollen schenkel haben, auflaufent, zerblasen, rinnent, stinkent, faulent.
Goldammer, Paracelsus
2, 426, 11
(
1532
/
4
):
was bistu, edelman? [...] stinkt dein dreck nit so übel als des pauren dreck?
Eis u. a., G. v. Lebenstein
36, 15
(
oobd.
,
1. V. 15. Jh.
):
Wem der mund stinckt, [...], der trinck das wasser.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
[er] ward wassersüchtig, fault, stank übel und krochen die maden auß im.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Herr, ich haiß Pusterpalkch, | vor weistum stinkcht mıͤr der chern durch den palkch.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
44, 9
(
tir.
,
1464
):
ich pin ain sünder vnd pin in den sünden [...] geporen worden, das faul as, das stinkhent vas vnd ein speis der würme.
Qu. Brassó
5, 441, 11
(
siebenb.
,
n. 1646
):
Der Geiz hat gemacht, daß die stinkete Körper besucht sein worden, und bei manchen ist viel Geld funden.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
525
;
Froning, Alsf. Passionssp.
4547
;
Ralegh. America ;
Hübner, Buch Daniel ;
Schönbach, Adt. Pred. ; ; ;
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
8, 37
;
Keil, Peter v. Ulm, S. 
469
;
Gille u. a., M. Beheim
449, 695
;
Franck, Decl.
345, 18
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ; 7; ; ;
Vetter, a. a. O. ; ;
Broszinski, Minner. Chir. Parva
79r, 25
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Tpma
11, 152
.
Vgl. ferner s. v.  2,  6, ,  1,  4,  2,  5, (
der
1,  1.
2.
in folgenden, als Ütr. zu 1 auffaßbaren, sich eng berührenden und stark überlappenden Verwendungen:
a) eher ›Ärger verursachen; als ärgerlich wahrgenommen werden; anrüchig, verwerflich, verächtlich, unmoralisch sein; zum Zorn, zur Entrüstung reizen‹; als part. Adj.
stinkend
2 ›hinterhältig, verlogen‹;
b) eher ›nichtig, unbedeutend, nichtswürdig, wertlos sein‹.

Belegblock:

Zu a):

Alle menschen seind lugener, eytel und stincken, was sie für geben.
Ebd. (
1524
):
wie darffstu stünckender madensack so keck seyn unnd dich underston [...].
Peil, Rollenhagen. Froschm.
138, 2947
(
Magdeb.
1608
):
warheit kan man nicht vertragen / | Sie stincket wie ein schweffel liecht.
Lappenberg, Fleming. Ged. (
1638
):
jenes Volk, das seinen Glauben schminkt | und ganz vor Heuchelei in Gottes Nase stinkt.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Swaz ich der unkuscheit | Mit kunst han an in geleit, | Die dunket in gar stinken.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1583
):
Nim von vns die stinckend geilheit, | Vnd schedliche begirligkeit.
Knape, Messerschmidt. Bris.
2, 86
(
Frankf./M.
1559
):
was stoltz / vbermut / [...] / auch vndienstbarkeit / vngehorsame / viel auff sich selbs haltunge / vnd der gleichen species alles der stinckenden hoffart / arges vnd vbels / gestifft haben.
Perez, Dietzin
1, 320, 15
(
Frankf.
1626
):
hernach aber wenn jhr verheyrahtet werdet / vnd die Schluͤssel zu allem in eweren gewalt habt / wird euch das Wasser stincken.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
177v, 8
(
Leipzig
1588
):
die offt faule / garstige / stinckende / ja schendtliche / Schelmische / Gottlose Hendel vnd Sachen / durch gute Freunde durch zu bringen versuchen.
Voc. Teut.-Lat.
ff iijr
(
Nürnb.
1482
):
Stincken oder zurnen. rancere.
Franck, Decl.
334, 30
(
Nürnb.
1531
):
was mag laͤsterlicher / was stinckender sein / dann mitt der schnoͤdesten huͦren lieb wuͤten vnd doben.

Zu b):

Luther, WA (
1523
):
virginitas Mariae ist ein stinckent ding erga misericordiam Christi.
Ebd. (
1523
):
Opera quae nos excogitamus, stincken vor gott.
Meyns ist hie das beste alleyn, alles ander stinckt.
das der Ehestand, Gottes werck und hochgesegenet geschepffe, hat muͤssen stincken, nichts sein, und gleich eine schande geachtet werden.
Ebd. (
1531
):
ich rhume mich nit des meine als meines diengs, meiner kunst, stinckender gewalt, geldts unnd guths.
Ebd. (
1535
):
Sed Christi gloriam praedicamus, quando Gottes ehr predigt, lass jhene im winckel gehen, weltlich und menschen ehr sol stincken.
Ebd. (
1535
):
hurwirt war ir Gott, cui servierunt mit unzucht, ehebruch und sunden. Das ist unfletiger, stinckender Gott.
Strauch, Par. anime int.
105, 23
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz ur [sele] alle dinc stinkinde werdin di Got nicht insint.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 20, 13
(
Hagenau
1534
):
daß sie seinen namen und gut gerucht haben stinckendt gemacht undter den Heyden.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
22, 18
(
tir.
,
1464
):
Mir gepürt zu sagen von den, die da leben sein in der [...] schnöden ringen mächtikhait vnd wirdikhait diser welt mit irem stinkhenden fleisch.
Jostes, Eckhart
75, 14
;
Voc. inc. teut.
ee iiijr
.
3.
in Phrasemen:
jm. stinken die hosen
›j. hat Angst‹;
jm. stinkt der odem, das maul nach etw.
(z. B.
nach dem schwert, nach dem gulden, nach einer lere
) ›j. giert nach etw.‹;
jm. stinkt die aufrur zum halse heraus
(ähnlich);
jm. stinkt der atem nach geiz
›aus Geiz‹;
nach Adams fas stinken
›weltlichen Geist atmen‹.

Belegblock:

Sant Augustin hat hie eine glose gemacht, ich wolt, er het sie underwegen gelassen, den sy stincket nach Adams fass. [...]. Haydnisch und weltlich ists geredt, nit Christlich.
Die Auffrur stinckt jn zum halse heraus, und wolten gern alles gleich und kein unterscheid leiden.
Da sihestu offenberlich den moͤrdisschen, aufrurisschen, rachgirigen geist, dem der odem nach dem schwert stinckt.
Ebd. Anm. 2 (
1531
):
Da jn das gefeilet Und der Kurfurst zu Sachsen der aller erste erschein, hilff Gott, wie begonsten jn die hosen zu stincken, wie war da alle solche jre zuversicht verirret.
Ebd. (
1530
):
do das volck nichts zu essen hatte undt murreten, [...], undt stuncke ihnen das maul wider nach Egipten.
Bobertag, Schwänke (
Frankf.
1563
):
Dises ersahe ein pfäfflein, dem stanck das maul nach dem gülden.
Jahr, H. v. Mügeln
2430
(
omd.
, Hs.
1463
):
der adem sin | im stinket nach der lere min.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 156, 2
;
Jörg, Salat. Reformationschr.
133, 15
.
Vgl. ferner s. v.  2, .
4.
als Part. präs. Tendenz zum Gradadverb: ›sehr, außerordentlich‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2, ,
2
,  3,  2.

Belegblock:

Perez, Dietzin
1, 207, 22
(
Frankf.
1626
):
Jch aber bin nie so filtzig oder stinckend karg / es erfordere es dan die eusserste Noth.