stiel,
stilus,
der
;
auch lat. Flexionsformen;
zur etymologischen Einordnung s. und zur Wortgeschichte: ff.
1.
›länglicher, dünner bis stab- oder stangenförmiger Gegenstand unterschiedlicher Größe und Funktion‹; im einzelnen vor allem: ›Stiel an Früchten o. ä., Stengel von Pflanzen‹; ›Stiel, Handhabe an Geräten‹; ›Schwanz‹; vor allem in den Phrasemen ist eine Trennung zwischen den Bezugsbereichen nicht immer möglich.
Phraseme:
butzen und stiel
›vollständig‹;
stumpf und stiel, weder stumpf noch stiel
je nach Zusammenhang: ›vollständig, alles‹ bzw. ›nichts‹;
einen langen stiel haben
außer der eigentlichen Bedeutung:
a) mit Bezug auf Geschwätzigkeit, b) ›weit reichen‹;
den stiel lupfen
wörtlich: ›den Schwanz heben‹, ütr.: ›sich regen, beeilen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1,
2
; vgl. ,  1, ,  1,  1.
Syntagmen:
einen s. haben
;
der s
. (der Axt)
aus dem eisen wüschen
;
die äpfel bei dem s. beschneiden
;
der s. an / in dem apfel, am obs / blat, an der frucht
;
der s. zur haue
;
der füsse s
. ›die Füße‹;
die disteln, die frucht auf dem s
.;
der geflochtene / gedrehte / gemalte / grüne / lange / silberne s
.;
der hammer ane s
.
Wortbildungen:
stielen
1 ›etw. mit einem Stiel versehen‹; 2 ›etw. (Obst) entstielen‹ (16. Jh.),
stielvese
›unterster, inhaltloser Teil der Ähre‹ (a. 1541).

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
160, 22
(
preuß.
,
1412
):
1 sulberen sprengevas, item 1 sulberen stel czum sprengil.
Luther, WA (
1529
):
damit wuͤrde kein frum man sich schrecken lassen, [...], sondern viel mehr zornig und bitter werden [...] und wagen strumpff und stil
[zu
strumpf
s.
Thiele
, Luthers Sprichw., Nr. 307].
Ebd. (
1538
):
wie [...] durch einen dünnen still eine grosse frucht kompt.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
[Schwaͤtzen] eine kleine Birn hat ein langen stiel.
Knoblauch hat auch weissen Kopff / vnd doch ein gruͤnen Stiel.
J. W. von Cube. Hortus
90, 5
(
Mainz
1485
):
diß krut werde gesehet vnd brenget samen vnd hait eyn langen still vnd lange este.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
378a, 18
(
Frankf./M.
1649
):
Sollen sie gute acht geben / dz die Hencker nicht etwan betriegliche oder verzauberte Priemen haben / oder auch welche also gemacht seind / daß sie nach der Hencker jhrem belieben ins Fleisch gehen oder nicht / sondern zu ruͤck in den stiel gehen / wie die Gauckler pflegen.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
daz er endelich | Und crefteclich mac loufen vil | Uf syner zweier vuze stil.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
diese Nase dermassen zuzerdreschen / daß weder stumpf noch stiel davon soll uͤbrig bleiben.
Kottinger, Ruffs Etter Heini (
ohalem.
,
1538
):
Sathan, schnell lupf den stil! | fry ratt zur sach, keins wëgs dich sum.
Jörg, Salat. Reformationschr.
826, 14
(
halem.
,
1534
/
5
):
Predicanten lupftend den stil – Es fluchend ouch [...] die predicanten jn der grafschaft Baden / fast von jrn stenden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Der Stil am opß oder an einem blatt oder frucht.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
507
(
Genf
1636
):
Stielen / einen stiel oder Helm in etwas machen [...]. Stiele mir doch das messer wider.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
herr Johanns Wernher, ist über zwai jhar [...] im regiment nit gewesen, do ist er in allen unfall kommen, also das er vertriben, auch butzen und still am überbliben silbergeschier und hausrat ganz liederlichen darvon kommen.
Untrew hat ain langen stil, | Der raicht in alle landt.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
675
(
oobd.
,
1607
/
11
):
1 streithamer oder axtlin mit von silber geflochtnem stil.
Rechn. Kronstadt
1, 237, 46
(
siebenb.
,
1520
):
pro octo stÿl ad ligones et Kÿlhaw̆n asp. 4.
Follan, Ortolf. Arzneib.
101, 8
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
2436
;
Gille u. a., M. Beheim
245, 18
;
Wiessner, Wittenw. Ring
5642
;
Bauer, u. a., a. a. O.
459
;
525
;
533
;
2253
;
Voc. Teut.-Lat.
ff iijr
;
Tpma
11, 148
.
Vgl. ferner s. v. ,  1,  1,
1
.
2.
›Griffel, Schreibgerät‹; ütr.: ›Schreib-, Redeweise‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, , ; zur Ütr.: vgl.  6.
Syntagmen:
mit dem s. etw
. (z. B.
die tafel
)
beschreiben, in etw
. (z. B.
in die tafel
)
beschreiben
; zur Ütr.:
jm. einen s. geben
;
bei einem s. bleiben, an dem s. etw. abnemen
;
der gewönliche / rechtmässige s
.;
der stilus des buches, der warheit
.

Belegblock:

Sachs (
Nürnb.
1536
):
So gib ich dir, mein lieber freund, | Ein stilum, den weisen gefellig, | Ein auß-sprechen süß und holdselig, | Verstendig, deutlich, on als stamlen.
Behrend, Spangenb. Anbindbr. (
Straßb.
1611
):
Hab ich [...] an dem Stylo gleich abnemen können / wer der Author oder Tichter sein möchte.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1616
):
Ein jeder stattschreiber zue Newenburg, [...], soll [...] schweren: die rats und gerichtshandlungen [...] nach gewohnlichem und rechtmeßigem stylo zu verfertigen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1444
/
5
):
und der gantz stylus, art vnd aigenschafft dises buchs allain auff dise statt Augspurg, [...] gestellett ist.
Rot
353
(
Augsb.
1571
):
Stylus, Ein styl / ein griffel / damit man in ein Tafel schreibt. Item ein weiß oder art zu Reden vnd schreyben.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Ob ich nu nicht geprauchen kan den scharfen grabstickel geplüemter red [...], so vleiss aber ich mich mit grob und unbeschniten worten zu beleiben bey dem stil der lautteren und gerechten warhait.
Wiessner, Wittenw. Ring
2639
;
Bremer, Voc. opt.
23053
;
Schmitt, Ordo rerum
161, 29/30
.