riechen,
V., unr. abl.;
zu den etymologisch verwandten Formen von
räuchen, rauchen
vgl.
Frnhd. Gr. § M
99
;
M 109.
1.
›über Geruchsempfindung verfügen, riechen (können)‹ (von Personen gesagt); häufig im Orientierungsfeld mit , , ; subst.: ›Geruchssinn‹ (als einer der fünf Sinne).
Bedeutungsverwandte:
 2.
Wortbildungen
riechung
1 ›Geruchssinn‹ (dazu bdv.: ,
der
, 1; vgl. ,  2).

Belegblock:

Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2315
(
rib.
,
1444
):
Sees portzen hait, der vunffe synt | Dar durch de onvledicheit yn koempt. | Die eyne is de portze van ruychen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Riechonge, gesmack und gesehende, | Die erkennent viel subtileclich.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
308
(
pfälz.
,
1436
):
jn den henden ist ein crafft zu tasten [...], jn den naselochern ein crafft zu riechen oder zu smacken.
Eggers, Psalter
239, 2
(
thür.
,
1378
):
Si haben oren vn̄ horen nicht; si haben nasen vn̄ richen nicht.
Böhme, Morg.R.
151, 13
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
Dan in diesen 5. qualitaͤten gehet auff das sehen / riechen / schmaͤcken und fuͤhlen / und wird ein vernuͤnfftiger Geist.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
minú goͤtlichen oren wurden spottes [...] erfúllet, min edels riechen waz verwandelt mit boͤsem smak, min suͤzer mund mit bitterm tranke.
2.
›etw. riechen, den von e. S. / e. P. ausgehenden Geruch wahrnehmen, bemerken‹; von Tieren gesagt: ›etw. wittern‹; ütr.: ›etw. ahnen, einen verborgenen, nicht unmittelbar evidenten Sachverhalt erkennen‹; ›js. Nähe spüren‹.
Phraseme:
den braten riechen
›die versteckte Absicht erahnen, erkennen‹;
jn. / etw. nicht riechen können / wollen
›jn. / etw. nicht leiden, nicht ausstehen können‹.
Gegensätze:
.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
/
9
):
Wer Pulver riechen kan, | auf Balg und Stoß besteht, nicht die Kartaunen scheuet, | der ist ein Man wie ich.
Enders, Eberlin ([
Wittenb.
]
1523
):
die ersten [hunde] rücken das gewild, dem gerüch lauffen sie nach.
Luther, WA (
1545
):
Auch muͤste Gott selbs sampt allen Engeln mit gewalt den schnuppen haben, und solchen braten nicht riechen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
132, 2771
(
Magdeb.
1608
):
Vnd manchs Manthier mich
[
Murner
, die Katze]
nit wil riechen / | So mus ich mich elend verkrichen.
Ebd.
140, 3017
:
Koͤmpt auch mein Doctor Hippocras | Reucht das toͤdliche Gifft am Weibe.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
10340
(
rib.
,
1444
):
Der helm is Middelmeissicheit, | Wale getempert in redelicheit, | Umb zo ruychen ind zo hoeren | Sachen de dich moegen stoeren.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
275
(
pfälz.
,
1436
):
Als der jeger vsspüret den hirtze durch riechen des leythunds, also ist die sele ein aller bequemelichster spiegel zu schauwen got.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Frankf.
,
1550
):
,Lieber Meyster [Bader], [...] Es bedarff sein [reiben] nit, der Wuͦst ist mir von selbst abgangen.‘ Damit gienge er zur Badstuben auß, und alsbald ruch mann in der Stuben, daß er war gesagt het.
Jahr, H. v. Mügeln
1148
(
omd.
, Hs.
1463
):
Das dritte ros
[allegorisch: eines der fünf Pferde bzw. Sinne, die der Vernunft zur Verfügung stehen]
was stete gut; | [...] | vil manchen underscheit es rouch | der dinge, der es nie gesach.
Strauch, Par. anime int.
118, 27
(
thür.
,
14. Jh.
):
ez sint einirleige lude di richint Got.
Böhme, Morg.R.
151, 19
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
alsdan werden die geister lebendig / und dringet die krafft des Lebens durch alles / und in derselben krafft reucht einer den andern.
Gille u. a., M. Beheim
131, 105
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
dy selb gut unsers hern fran | erkenn wir auss den werken | Als ain güten speiss auss irm rǎch | riechen oder geschmaken.
Peil, a. a. O.
294, 1104
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. .
3.
›an etw. riechen, schnuppern, etw. beschnüffeln‹ (von Menschen und Tieren gesagt).
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
ich weis wol, das sie gern pflegt an Epffel zuriechen, vnd auch zu essen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
546, 1247
(
Magdeb.
1608
):
Vnd halff nicht / das der Hund vmbgieng / | Die Naß fuͤr alle rißlein
[Ritzen]
hieng / | Vnd roch / wer da verborgen lage.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
min moder [...] sag das schenkkantgin [...], rucht darin und befint, das es nach dem wein rouch.
4.
›einen bestimmten (guten oder schlechten) Geruch verströmen‹; ›in bestimmter Weise (gut oder schlecht) riechen; duften; stinken‹ (überwiegend von Gegenständen, Pflanzen, Körperteilen gesagt); subst.: ›Geruch, Duft‹; tendiert in Verbindung mit
wol
zur Univerbierung; ütr.: ›einen schlechten Leumund haben‹; auch: ›jm. in Erinnerung bleiben‹.
Phraseme:
etw. wieder jn. riechen
›jm. etw. anlasten, jn. wegen e. S. anschwärzen‹.
Bedeutungsverwandte:
 3,  1, .
Syntagmen:
etw
. (Subj.)
r
. (absolut);
etw
. (Subj., z. B.
der stam, die blume / küche / viole, das fläschchen / kraut, die zehen
) [wie, wonach] (z. B.
lieblich / stark / süs / wol, nach dem wein, von (dem) ambra / bisam / laster / kat
)
r
.; subst.:
das riechen
(Subj.)
mannigfalt sein
;
das riechen des balsams, der bäume / blüten / rosen / wurzen
;
süses riechens um jn. sein
;
das edle / starke / süsse riechen
; als part. Adj.:
der (wol) riechende gauch / mund, die riechende salbe
.
Wortbildungen
riechung
2 ›Geruch‹ (dazu bdv.:  1, ,
der
, 1,
1
 2,  1, ; vgl.
1
 1).

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
448, 5829
(
Magdeb.
1608
):
Die Zeen [...] | [...] roͤchen von Zimmet so suͤß / | Als des Mistbauren faule fuͤß.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
di
[Blumen namens
crocus
]
ist goltvar [...] | und ruchet wol.
Thiele, Minner. II,
26, 232
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
daz dirde casteel hies Ruychendale; | in dem casteel roecht also wale.
J. W. von Cube. Hortus
6, 29
(
Mainz
1485
):
Eppich [...] machet eyn woͤl richenden mũdt.
Ebd.
95, 5
:
Der stam ruchet woͤl vnd ist suße.
Feudel, Evangelistar
41, 20
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
herre, her
[Leichnam]
ruchet itczunt, wen her hat vire tage gelegen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
ein crut | Daz wol ruchet uber al, | Suze.
Neumann, Rothe. Keuschh.
886
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
disse blume ist gar suberliche | [...] | unnd ruchet doch zu male nicht.
Ebd.
938
:
das violichen in dem grase kruchet, | dannoch ess gar wol ruchet.
Pyritz, Minneburg
3436
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
sußes richens umb uns waz.
Gille u. a., M. Beheim
333, 40
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
man sicht die pom vol plüte, | [...] | ich lab ir susses richen.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Ir [rosen] richen das was manigfallt.
Voc. Teut.-Lat.
bb jr
(
Nürnb.
1482
):
Riechung odʼ guter schmack.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
do rúchet die kuchin so wol der edelen guͦten spise.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 7
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Balsams riechen suss und stark.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1181
(
oobd.
,
1607
/
11
):
2 kleine [...] fläschlein, [...] riechen starckh von ambra oder bisam.
J. W. von Cube. a. a. O.
77, 19
;
Gille u. a., a. a. O.
51, 13
;
Menge, Laufenb. Reg.
5181
;
Primisser, Suchenwirt ;
Voc. Teut.-Lat.
aa viijv
;
Vgl. ferner s. v. (V.) 6.
5.
›rauchen, qualmen, dampfen‹; ›in Rauch aufgehen‹; in spezieller Ütr.: ›von der Hitze des Kampfes dampfen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .

Belegblock:

Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
ein hütte sach er riechen, der werde tegen zart, | darin was gestrichen der ungetöfte man.
Sin helm begunde riechen von starken schlegen gros.
Chron. baier. Städte. Regensb. (
noobd.
,
1535
):
daʼs den lezten schaur [...] thet, da ruchen dy stain.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
173, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
ir landt, so das man sicht | stett und castell gar alls von few̄r riechen!
Ebd.
514, 3
:
Der streit mit tampf gund riechen.
6.
›jm. in die Nase steigen‹ (von Dunst, Gerüchen u. Ä.); auch: ›jm. zu Kopf steigen‹;
vgl.
1
 1.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a. 
1549
).