reformieren,
V.
1.
›etw. wiederherstellen, erneuern und so (aus Sprecherperspektive) verbessern‹ (häufig unter der Prämisse zeitgenössischer Missstände verwendet); speziell: ›etw. überdenken‹ (bezogen auf Urteile).
Beleghäufung in der 1. H. des 16. Jhs.
Phraseme:
etw. vom haupt bis an den mindesten reformieren
›etw. voll und ganz reformieren‹.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
die curt / kirche / schule / welt, das gotteshaus / land / stift, die apoteken / gewerke / handwerke / stäte / zünfte
)
r., j. etw
. (z. B.
got die laster, die urteiler das urteil, die griechischen könige Troja
)
r., j. im concilium etw. r., etw
. [wie] (z. B.
auf die alte weise, durch die welt
)
r., sich in etw. nach der orthographie r. lassen
.
Wortbildungen:
reformierhandlung
,
reformiert
1.

Belegblock:

Luther, WA (
1534
):
Noch hat der selbe Bettler (jch mus mich ein wenig rhuemen, doch heimlich, das sie es ja nicht erfaren) sie zimlich gereformirt, Jch hab, Gott lob, mehr reformirt mit meinem Euangelio, denn sie villeicht mit funff Concilijs hetten gethan.
Ebd. (
1537
):
der Bapst lieber wolt die gantze Christenheit verloren und alle Seelen verdampt sehen, ehe er sich oder die seinen wolt ein wenig reformieren und seiner Tyranney eine mas setzen lassen.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
1542
):
Francisco vnd Dominico / Einen Edlen vnd vnedlen / durch welche die Welt reformirt solt werden.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
bischof Adolf [...], stalte alle neuwe predicanten ab und reformeirte das stift uff die alte weis.
Lauterbach, Orhein. Rev. (
nalem.
,
v. 1509
):
Das [land] wirdt der zuͦ kunfftiger Fridenrich, ein kunig vom schwartzwald, reformieren.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1501
):
uff die visitatz, so der [...] abbt [...] by den [...] geystlichen frouwen des gotzhus zuͦ Frouwenbrunnen gethan, in welicher er dasselb gotzhus gereformiert und beschlossen hat, irrung und widerwertige meynung ist erwachsen.
Bauer, Geiler. Pred.
227, 9
(
Augsb.
1508
):
Ain sollich lauter. [...] leben. mage niendert baß überkommen [...] werden / dann in ainem reformierten closter.
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
man solt sich billich in etliche groben vngeschickligkaite, des falsche schreybens etlicher woͤrter nach der Orthographia reformiern lassen.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1523
):
unsers genedigisten herrn erzherzog Ferdinand [...] räte und comissari der reformacion in Steyr, in berurter unser reformierhandlung elich unordnung, mengl und beswärung [...] geraicht.
Laufs, Reichskammergo.
277, 2
;
Anderson u. a., Flugschrr.
27, 4, 23
;
Mathesius, Passionale ;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Koller, Ref. Siegmunds ; ;
Rot
346
;
Eckel, Fremdw. Murners.
1978, 143
.
2.
›jn. / sich und damit dessen bzw. seine Einstellung zu etw. verändern und so (aus der Sprecherperspektive) verbessern‹ (bezogen auf Menschen und deren Laster); ›jn. auf etw. Neues vorbereiten‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
 5,  3, .
Syntagmen:
j. jn
. (z. B.
den cardinal, die geistlichkeit, die äbte / äbtissinnen / advocaten / bischöfe / frauen / klosterfrauen / prälaten
)
r., jn. christlich r., etw
. (z. B.
den willen, die bilde
›hier den Menschen als Bild Gottes‹)
r., j
. (z. B.
die deutschen / orden / prälaten
)
sich nicht r. lassen, die fürsten
(Subj.)
sich nicht r. wollen, j. sich um eines mönchs willen r. müssen
.
Wortbildungen
reformiert
2 (dazu bdv.:  3).

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
Sie hetten vmb eines amechtigen münchs willen sich mussen reformiren.
Rosenthal. Bedencken
12, 8
(
Köln
1653
):
also seind die Glaubensbekantnussen beyder theil / das ist / der jetzigen die sich Evangelisch vnd Reformirt nennen / vnd der noch aͤltern / Waldenser / Albingenser / einander in sehr vielen entgegen.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
villichte ist es nu an den fursten unnd steten, die dy andern reformert haben unnd wullen sich selber nicht reformeren.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
68v, 2
(
Leipzig
1588
):
alle Menschen sind nach Gottes Bilde erschaffen / vnd hat sich der Sohn Gottes gar viel kosten lassen / solch Bilde zu reformieren / vnd mit seinem Geist vnd Gaben zu zieren.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
klosster [...] Sunnenburgkh, darinne warn stoltze klosterfrawen, der leben dem bischolff nicht geviel, und wolt sy reformiert haben.
Schottenloher, Flugschrr.
58, 18
Landshut
um 1523
˺):
dann er hofft sy auch christlich zuͦ reformirn oder in dy äusserestn finsternuͤß zuverjagen.
Thiele, Minner. II,
13, 177
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ;
Kohler, Ickelsamer. Gram. ;
Rwb  f.;
Eckel, Fremdw. Murners.
1978, 143
.
3.
›jn. ermahnen, zurechtweisen‹.

Belegblock: