rechtfertig,
Adj.
1.
›rechtmässig, gerecht, richtig, allgemeinen Ordnungsverhältnissen rechtlicher und religiöser Art entsprechend‹ (als Qualität rechtlich gedachter Ordnungsverhältnisse; allgemein); speziell: ›moralisch wie juristisch angemessen, gemäß den Anforderungen von Recht und Ordnung‹ (vor Gericht); ›wahrhaftig, ehrlich‹ (von der Beichte); ›ordnungsgemäß‹ (vom Gewichtsmaß);
vgl. (
das
4520; (Adj.) 24.
Phraseme:
rechtfertige sachen
›Rechtsangelegenheiten‹.
Bedeutungsverwandte:
,  45.
Gegensätze:
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 633, 15
(
preuß.
,
1444
):
so begeren wir eyne rechtfertige wicht als am steyne, am zcentener.
Ebd.
636, 22
:
das men nicht gestathe ungerichticket und unrecht gerichte [...], szunder das die gerichte und das recht rechtfertiglichen gehalden werde.
Ebd.
3, 516, 22
(
1452
):
das man sehe auf die pfunde der kremer, das dy rechtfertig sein.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Daz die gemeinen Cristen | In rechvertigen listen | Bezzeren mit der vaste Gote | Swaz sie wider sime gebote | An ubervlut gesundet han.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
[babest Clemens sextus] was genant als sine werek waren, want he gar milde unde giftig was den armen paffen unde scholern in rechfertigen sachen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Die gschenck die rechfertigen sachen | Vor den Richtern zu schanden machen.
so wird all sach rechfertig, | Wenn wir dort all sein gegenwertig.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
16, 9
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Uns haben rechfertig geteilt die Römer und die poeten, wann sie uns baß bekanten dann du.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
,[...] ich sol euch ynlassen mit dem Geding, das nieman kein fremd Guͦt bei im hab.‘ Ich sprach: ,Der Weibel ist umbgangen, es ist als rechtfertig gewesen‘.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
[Beichte]
si sol sin rehtvertig, daz du dich fúrbas vor súnden wellest huͦten.
Wolf, Norm im sp. Ma.
26, 7
(
oobd.
,
1486
):
Franciscus gelobt gehorsam [...] dem herren pabst Honorio vnd seinen nachkummenden, dy rechtfertiklich ein gen.
2.
›gerecht, rechtschaffen, integer‹ (als Eigenschaft einer Person und ihrer Handlungen);
offen zu 4; vgl. (
das
1411.
Bedeutungsverwandte:
 2, ,  7, (Adj.) 7, ,  3,  3.

Belegblock:

Luther, WA (
1512
/
8
):
Auff das du alleyn rechfertig seyst yn deynen worten, und uberwindest (ader besteest) wan du wirst gerichtet.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Der was ein monich gewest sente Benedicten ordens [...], unde was gar ein rechfertiger man.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1593
):
daruss spurt man, wie rechtfertig und wie sie gesinnet sin.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
NOE lameths sone eyn rechtuerdich ma. sanftmoedich ind barmhertzich hait voll den genade by den heren.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
Es sollen auch zu obirbornmeistern verstendige rechvertige, frome und redeliche menre gekorn werden.
wen der allmechtige gott nie keinen rechfertigen underwegen hat gelassen, so hoffe ich, wir [...].
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
[Ich] weiz, das rechtvertigen lviten das himelriche ist bereit vnd vnrechten lviten die helle.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
nach dem aber not ist, das die zeugschafft [...] gar lauter vnd rechtvertig sey.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
80, 13
(
els.
,
1362
):
Uon einre frowen, die was Gereht genant alse sú des nammen wol wúrdig was von irme leben das rehtfertig was, wart geborn ein kint, das [...].
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1565
):
Die sämer haben [...] järlich ainen wëgmacher [...] aufgenumen, [...] darin hat inn ain richter kain irrung ze thuen, sover der leumbtig und rechtfërtig ist.
Ebd. (
1561
/
72
):
Ob ainer unzucht und fräfl in unsern heusern oder herbergen oder sunst nicht rechfertig wär.
Thiele, Minner. II,
12, 194
;
Winter, Nöst. Weist. .
3.
›gerecht, nach den Maßstäben des Gesetzes urteilend‹ (vom Richter gesagt);
vgl. (
das
14511.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Das wortt, rechtfertig, soll hie nit vorstanden werden von der gerechtickeytt damit gott richtet, wie man nennett die gestrenge gerechtickeytt gottis.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
4.
›frei bzw. freigesprochen von Schuld und Anklage‹ (juristisch); ütr.: ›von Sündenschuld frei, gerecht vor Gott; gerechtfertigt, im Zustand der
rechtfertigung
befindlich und entsprechend auf christliche Weise lebend‹ (von Personen, auch von Christus gesagt); ›auf Gerechtigkeit vor Gott gründend nach vorausgegangener Rechtfertigung‹ (von Werken gesagt); als Eigenschaft einer Person an 2 anschließbar, als Attribut der theologischen Rechtfertigung hierher gehörig;
vgl. (
das
31315.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
,  10, , ; vgl. .
Gegensätze:
(s. v. ), .

Belegblock:

Luther, WA (
1512
/
8
):
yn seynen worten und wercken geschicht ym [got] von den eigen
[›eingebildet‹]
rechtfertigen und eigen dunckenden menschen stetiges widder sprechen, widderstreben, richten, vordamnen.
Ebd. (
1518
):
das wir durch yhn [Christus] rechtfertig wurden.
Ebd. (
1519
/
20
):
Steht dan die gerechtickeit im glauben, szo ists klar, das er allein alle gebot erfullet und alle yhre werck rechtfertig macht, seint dem mal niemant rechtfertig ist, er thu dan alle gottis gebot.
Ebd. (
1520
):
Soll man die werck eynis Christen menschen, der durch seynen glauben und auß lautern gnaden gottis umbsonst ist rechtfertig und selig worden, nit anders achten, den wie die werck Adam und Eve [...]. Nu war Adam von gott frum [...], on sund, das er durch seyn erbeytten [...] nit durfft frum und rechtfertig werden.
Ebd. /8 (
1522
):
ßondern es soll die gnade heyssen, damitt er uns rechtfertig macht. Ich wollt auch, das das worttle Justus, iustitia, ynn der schrifft, noch nie were ynnß deutsch auff den brauch bracht, das es gerecht, gerechtickeytt hiesse, denn es heyst eygentlich frum und frumkeytt. Und das wyr auff deutsch sagenn: das ist eyn frum man, das saget die schrifft: der ist iustus, rechtfertig odder gerecht
(hier Bezug auf die Doppeldeutigkeit von
rechtfertig
).
Ebd. :
deyn konig kompt dyr frum, das ist: er kompt, das er dich frum mache, [...] deyne frumkeytt soll seyn nitt deyn thun, ßondernn seyne gnade und gabe, und du alßo auß yhm rechtfertig odder frum seyest; auff die weyße redet Sanct Paulus Ro. 3.: Er ist alleyn gerecht unnd rechtfertig.
Ebd.
45, 10
:
den rechtfertigen Heyland, [...], der weyß mit der sund, tod unnd hell umbtzugehen, das ist der sunde toͤdter.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Seht deynn Koͤning koͤmpt dyr rechtuerdig / vnd eyn behaͤlter.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
2, 18
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Rechtfertig wellen wir werden, rechtfertig ist unser gefert.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Es ist des menschen recht, das er sich selber berespe, wan er wirt rechtvertic da mite, das er sine sunde verdampnet.
Du salt dinen bruder nicht schuldic geben vnd dich rechtvertic machen in dime herczen.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Sulcher rew soltu foren, | Ob du willt hy | Rechtfertig sein im leben | Und dort vermeiden ewig not.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
Schwabach
1524
):
das gesetz ist unser zuchtmeister gewest auf Christum, daß wir durch den glauben rechtvertig werden.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Da er [der mensch] das streng gerichte scheucht, | Vor dem kein mensch rechtfertig wirdt, | Sonder verurteilt und damnirt.
Ebd. (
1524
):
Also macht das gesetz das hertz nit rechtfertig vor got.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
dass der ommaͤchtig, blind und der suͤnd eigen man sich hat doͤrfen beruͤemen [...], uss eigner macht, vernuft und friem willen Got, Kristum [...] den ganzen himmel, nit allein [...] ze verdienen, sunder ouch vollen gwalt haben [...] ablass [...] zegeben [...] êschaft und guͦt, so die recht, ufzeloͤsen, so unrecht, rechtvertig heissen, in summa den himmel uf- und zuͦzeschliessen.
Luther, WA ; ;
30, 12
;
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
3554
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
5.
›fachgerecht hergestellt; einwandfrei, von guter Qualität‹ (von Waren allgemein); speziell: ›echt, wertvoll‹ (von Gold, Silber und Schmuck); ›gesund, in gutem Zustand‹ (von Vieh, auch von menschlichen Gliedern und Organen);
vgl. (
das
1220; (Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte:
 6; vgl. (Adj.) 5, 6.
Gegensätze:
 1, .

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 731, 16
(
preuß.
,
1446
):
das die rymer durch das gancze landt, rechtfertig werg, leder und geryme machen sollen.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
let [eyn man] sinen erben vnvertich guͦt vnde des ne wizzen de erben nicht vnde vorkouͤften daz vor rechtvertich guͦt.
Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 25, 23
(
md.
,
1484
):
Sie sollen auch in vnnd awßerhalben den merckten auf die partyrer vnnd Schottenn eyn vleyssigk aufsehen haben, das die rechtfertige war [...] vorkawfen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
da trug man dem jungen Berynger pier hinwider, was nit rehtvertig gewest.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 5, 24
(
Straßb.
1524
):
die betteloͤrden [...] deren vil eygens rechtfertigs guͦt verlassen thoͤrlich / vñ frembdes vnfertigs guͦt betlẽ vnschamhafftiglich.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1425
):
daz si das [afentuͥre von gold, silber] [...] den goldschmiden hie ze Ulme zaigen, [...], ob daz rechfertig oder unrechtfertig si.
Bastian, Runtingerb.
2, 24, 22
(
oobd.
,
1392
):
sol ich dez triasandaly ezzen [...]; so wirt di leber rechtvirttyg.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
die [pesten freund] muesten solchs peschauen und erkennen, ob solchs guet [zwai rind und ain ochs, zam gespant] rechfertig wär, kain tadl het.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1598
):
ob es sich begäb, daß ain viech in den offnen fleischpenken gestochen [...] wurd daß nit rechfertig wär.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v. .