raufen,
V.;
auch mit Uml. (
räufen,
reufen
), gelegentlich mit Affrikata (
raupfen
).
1.
›jn. anrempeln, herumschubsen; an jm. zerren‹; auch: ›rangeln, (gegenüber jm.) handgreiflich werden, sich mit jm. schlagen‹; häufig subst.: ›Handgreiflichkeit, Gerangel, Schlägerei‹; offen zu 2.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  1, ,  4,  10,
2
 1,  2, (V.) 7,  115,  1,  14, , , , , ; vgl.  1,
2
 1, I, 12; für die Subst. auch: ,  1, , ›Schlägerei‹,  1.
Syntagmen:
die junkern
(Subj.)
r
. (absolut);
jn
. (z. B.
einen knecht, die leute
)
/ einander r., j
. (z. B.
die herren / weiber, man und weib
)
sich r
.;
mit jm., um jn., um weite länder r., sich um etw
. (z. B.
um spek, würste
)
r
.; subst.:
ein r
. (Subj.)
sich heben / zutragen
;
mit r. unlust anrichten, einen frevel verschulden, einen frieden brechen, hand an jn. legen, sich miteinander mit r. weren, über r. richten, es
(Subj., unpersönlich)
zum r. kommen
;
das r. der löwen
.
Wortbildungen
raufhandel
›handgreiflicher Streit‹ (dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
wenn die Saw wol gemestet und fett gnug ist, so reufft man sich umb den speck und wuͤrste.
Ebd. (
1527
):
So wele du nu, ob du dich lieber wilt mit dem teufel reuffen odder lieber sein eigen sein.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
561, 1719
(
Magdeb.
1608
):
wenn die Junckern reuffen / schreien / | Muͤssn die Bawrn jhr Haar darzu leihen.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
18, 33
(
Frankf./O.
1557
):
Biß es endtlich zum schlagen / reuffen und wuͤrgen kompt / das mancher seinen guten freund / welchen er vorhin auff den henden tragen wolte / erwuͤrget.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
68v, 36
(
Leipzig
1588
):
O wie grosse Suͤnde ist es / solchen Leuten arges wuͤndschen / Noch groͤsser Suͤnde / Hand an sie legen / mit rauffen vnd schlagen.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
97, 3
(
nobd.
,
1381
):
Kathrey Molerin ist die stat verboten [...] daruͤmb, daz sie boͤslichen redt und fridbrech waz und die leut ubel handelt und raufft.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
146, 6
(
Nürnb.
1548
):
des Teuffels anschlag geredt nicht / der da gern sihet / das Mann vnd weyb vneynig sind / keins dem andern weychet / sich rauffen vnd plewen.
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
18
(
Nürnb.
1613
):
Ich kan mit eim fressen und sauffen / | Und (wanns noth thut) auch mit ihm rauffen.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1529
):
Weliche frouw [...] einen freffen verschuldt mit schlachen, rouffen oder ungevarlichen boͤsen worten [...], die sol das ableggen mit zeͣchen schillingen ze buͦß.
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 92, 210
(
Luzern
1616
):
Ich will nit vil Par schuͦch zerlauffen | vnd mich vmb wytte lender raupffen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 386, 29
(
schwäb.
,
1578
):
Wa sich schlag und raufhändel eraignen [...], man aber den tätter uff fleüsige erforschung nit wüßen köndte, sollen [...].
Heydn. maister
43v, 16
(
Augsb.
1490
):
socrates aber das gespoͤt darauß trÿb das sÿ [dÿe zwaj weÿber] sich vmb in beÿd raͤfften.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
nuͦ ruͤcz umb mein grint nicht ze vil, | oder sich hebt ein rauffen oder ein spil | zwischen uns paiden.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica (
schles. inseldt.
,
1474
):
do czewgt dar scheppe eyn geheckte bang, das yn Closz Jordan hot gerawft vnd blut rewnstig gemacht.
Große, Schwabensp. ;
Peil, a. a. O.
286, 797
;
Loersch, Weist. Boppard ; ;
Köbler, Ref. Wormbs
102, 8
;
Ermisch, Freib. Stadtr. ;
Lippert, UB Lübben
2, 256b, 2
;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
18, 4
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
866, 11
;
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. ; ;
Rwb  ff.;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›jn. / sich an den Haaren, am Bart ziehen, zerren‹; ütr.: ›jn. misshandeln, empfindlich schädigen‹.
Phraseme:
˹
seine hare raufen
;
sich die hare raufen
˺ als Gebärde der Wut und Verzweiflung;
jn. in der hand raufen
etwa: ›sich etw. holen, wo nichts zu holen ist‹ (in der Handfläche gibt es keine Haare).
Bedeutungsverwandte:
,  1 (zur Ütr.), ; vgl.  1,  1.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Der Tuͤrck ist [...] wie ich hoffe, auff der hoͤhesten stuffen, das ers nicht hoͤher bringen kan noch wird, on, das er uns noch mag reuffen und demuͤtigen.
Ebd. (
um 1535
):
reuff mich In der hand.
Karnein, Salm. u. Morolf
314, 4
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
[Morolff] nam die eilffe bi dem hare, | er zoch sie [...] | [...] | abe dem berge in das dale. | er rauffte sie also sere, | das sie uff dem heubte wurdent kale.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Do sprach der grosse coralis: Ye, du bosser bufe, wie fluchstu? [...] Unnd rouffte on enwenig bie den harn.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Achiles [...] | By sin selbs harre | Sich begunde roffen hartt, | Daz im uss siner schwartt | Manig lock wunne san | Vor nötten schaiden sich began.
Wyss, Luz. Ostersp.
7476
(
Luzern
1545
):
schlachend in, den trugner, hart, | ziend vnnd roupffend inn bim bart!
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 106, 8
([
Augsb.
]
1548
):
Mancher raufft den todten Loͤwen beim Bart / der in / wann er lebet / nicht getoͤrste ansehen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
A. 16. Jh.
):
Wann ainer ainen rauft, als oft ain vinger im har als oft ist er umb 5 tal. ₰.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
München
1586
):
O Jesu ein grossen spot triben sie da. | [...] | Sie spiehen vnter sein Augen klar, | Sie raufften jhm seinen Bart.
Vgl. ferner s. v. ,  1.
3.
›ein Tier enthaaren, eine Tierhaut von Haaren, Federn befreien; Haare, Federn aus einer Tierhaut herauszupfen‹; ütr.: ›jn. / etw. schröpfen, plündern‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, ,  3, ,  12,  1, I, 12; vgl. , , , , (V.) 1.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
und ander Bepstliche Fuͤrsten mehr, so die geistlichen personen und guͤter schatzen und so reuffen, das jhn die schwarte krachet.
Ebd.
30
:
das solch rauben und reuffen sey das Euangelion geleret.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1495
):
[haben wir] entschaiden dermassen, das die lederer mögen kaufen lambfel und dergeleichen zu roufen und füro leder daraus machen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 237, 25
([
Augsb.
]
1548
):
Reüffe der Gans aine Platten / so frißt sy mehr / dann andere zwuͦ.
Schmitt, Ordo rerum
637, 3
(
oobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
rauffen feder abziehen.
4.
›(eine Pflanze) mit der Wurzel aus dem Boden ziehen‹; speziell: ›Flachs raufen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl. .

Belegblock:

Feudel, Evangelistar
126, 1
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
do sprochen dy knechte: „wiltu, wir gen unde roufen den raten us?“ Do sprach her: „neyn, wen ir roufet vil lichte den weize. [...]“.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
18, 34
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Den flachs und hanf zu rechter zeit gerauft, geriffelt, den hanf, wann er wohl treuge worden, gedroschen.
Ebd.
255, 2
:
Man reuffet den hanf und flax, wann er gilblicht und fahl wirdet.
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 100
.
5.
›etw. (eine Stichwaffe) ziehen, zücken‹; häufig als part. Adj.
gerauft
; Ütr. zu 4.

Belegblock:

Williams u. a., Els. Leg. Aurea
396, 29
(
els.
,
1362
):
ich sach nebent ime halten einen uil strengen ritter mit geroͮftem swerte.