offenbarung,
die
,
-Ø/-e
, auch
sowie
-en
.
– Zur Begriffsgeschichte und zur theologischen Sicht:
Lex. d. Mal.
6, 1368
sowie
LThK
7, 1104-16
und
Dinzelbacher, Wb. der Mystik,
386
.
1.
›religiöse, dem Menschen gegenüber von Gott geleistete Offenbarung, Aufdeckung, Offenlegung, Enthüllung religiöser, speziell heilsgeschichtlicher Inhalte einer jenseitigen Welt‹; sie wird gesehen als von Gott, seinen Beauftragten / Vermittlern vollzogener, dem Menschen aus seinen Werken, Zeichen, Schöpfungsgegebenheiten erkennbarer Akt der Veranschaulichung von Verborgenem, darunter speziell als Visualisierung religiöser, als solche keiner direkten Beschreibung zugänglicher Geheimnisse; sie erfolgt mittels des Wortes (auf einer weiteren Vermittlungsebene durch Schriften, z. B. der Propheten), durch die Menschwerdung Christi und eine Reihe weiterer Glaubenstatsachen, teils nach mystischen Vorstellungen des Sich-Ausgießens Gottes, auch über glaubensgeleitete Erkenntnis der
creaturen
. Im einzelnen verbindet sich mit
offenbarung
die Verpflichtung zur gläubigen Annahme, zur weiteren Verkündung und zu entsprechenden Handlungen; einige Belege enthalten eine (versteckte) Warnung vor
offenbarungen
, die auf eigene Leistungen (z. B. auf
fleissigkeit
) zurückgeführt werden oder sich aus einem
sich erheben
, aus
entzündeter begierde
ergeben, gegenüber einfachem
got lieb haben
;
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, oft der Mystik.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): (s. v.  7),  3,  4, ,  3,  2,
2
 4, (
das
67,  2,  1,  1, , , , , , , ; in den oft lat. Vorlagen der Belege finden sich , , , , , .
Syntagmen:
die o. eröfnen, für ein gleichnis merken, j. offenbarungen haben, der zwelfbote jm. eine o. tun, die schrifte der propheten die o. von got nemen, j. die o. eine zurede gottes heissen, got die o. in der nacht infliessen
(›einfließen lassen‹),
jm. eine o. zu seinem nutze, zu(r) frucht tun
;
die o
. (Subj.)
die warheit, ein klaffen der engel, ein werk der vernunft sein, der vernunft nachfolgen, die o. geschehen
(z. B.
selten, mit worten, mit brief, mit schriften, mit sendung der boten, aus den creaturen
);
die nature die o. des liechtes, der son eine o. des vaters sein, der ausflus eine o. sein selbes sein
;
j. der o
. (Gen.obj.)
mangeln, sich der o. nicht überheben
(sollen),
ein donner jn. der o. sätten
;
bei der o. etw. verstehen, die sünde durch die o. vergeben sein, etw
. (Subj.)
in o. kommen, etw
. (Subj.)
in dem sone (ausgeflossen in der o.) leben, jn. mit o. auf seines nächsten heil treiben, die gnade zur o. der christlichen lere ordnen, sich zur o. mühen
; ˹
die o. gottes
(auch:
sich selben
),
des herren, der drei götlichen personen
˺ (je nach Textzusammenhang mit gen. subjectivus oder objectivus lesbar); ˹
die o. der heiden, der menschheit Christi, der menschwerdung / schöpfung / auferstehung, des inneren wortes, jüngsten gerichtes, ewigen lebens, des falles des teufels, der götlichen ere / heimlichkeit, der geistlichen lere
˺ (jeweils mit gen. objectivus);
die o. von dem ende der welt
;
die besondere / nötliche / übernatürliche, götliche
(dies mehrmals)
o
.;
das wort o
.;
die grösse / macht, das liecht, die weissagung, die gesichte der o
.;
das liecht zu der o
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Diu offenbârunge daz ist wârheit. Alsô ist der sun aleine diu wârheit. Allez, daz der vater hât und geleisten mac, daz sprichet er alzemâle in sînen sun. Diu offenbârunge und diu würkunge daz ist wârheit.
Sîn gegenwerticheit enist niht verborgen, wan er ist ein lieht, und des liehtes natûre ist offenbârunge.
Jostes, Eckhart
16, 35
(
14. Jh.
):
Der ewig uzfluz ist ein offenbarung sein selbs im selber: alzo fleuzzet di offenwarung in ein bloz bechennen sein selbs.
Ebd.
42, 22
:
Daz ist offenwarung, daz er sich im selber offenbart, und sein offenwarung daz ist sein claffen.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
„Und der [Got] ouch geben hat mit macht, | Suze bryve in der nacht“, | (Daz sint dy offenbarunge, | Dy zu der lute lerung | Got in der nacht me vluzet in, | Vil me wan by des tages schin).
Strauch, Par. anime int.
24, 9
(
thür.
,
14. Jh.
):
der son ist ouch ein offinbarunge des vadir.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. 3. Vorrede (
osächs.
,
1343
):
dô daz irfullit was, und dô wart her offinbârunge gesetit von dem dunre.
daz zuͦ dem êrsten den gloubigen Krîchen di offinbârunge der menscheit Christi des zuͦkuͦnftigen gotis in dem vleische erbeite mit allir prohêcîunge, ûf daz si nicht gehorcheten den judeschen spellin.
Ebd. Mk. :
Wan iz ist nicht vorborgen, daz niht geoffinbârit werde; iz ist ouch nicht gemachit vorholen, abir ûf daz iz in offinbârunge kuͦme.
Ebd. Lk. :
Wan iz ist nicht bedackit daz nicht geoffenbâret werde, noch vorborgin daz nicht bekant werde und in offinbârunge kuͦme.
Böhme, Morg.R.
144, 10
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
Was ist noch verborgen? die rechte Lehre Christi? nein / sondern die Philosophia, und der tieffe Grund Gottes / die Himlische wonne / die offenbahrung der schoͤpffung der Engel / die offenbahrung des greulichen falles des Teuffels, [...] / das Juͤngste Gerichte / [...] / die geheymnuͤs der Aufferstehung der todten / und des Ewigen Lebens.
Gerhardt, Meister v. Prag
209, 10
(Hs. ˹
nobd.
,
1477
˺):
mein augen haben gesehen dein heil Das du gemacht hast vor dem gesicht alles volckes Ein licht zcu offenbarung der heiden.
Gille u. a., M. Beheim
186, 56
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Unmessichait ist wider got | und ist die posist missetot, | als uns Philipus der czwelffpot | des tut ein offennberung.
Voc. Teut.-Lat.
l vjr
(
Nürnb.
1482
):
gottliche offenbaru͂g gotlicher werck od’ heimlicheit.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
115
(
Nürnb.
1517
):
Von dannen werden die offenbarung der lieb des ewigen breutigams [...] mit zunehung des nackenden zu der nackenden und dergleichen – in den reinen schriften keuschlich eroffnet.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
es ist aber der selbe geist, der wirket alle ding in allen dingen. Eime ieklichen wirt gegeben offenbarunge des geistes ze sinem nutze und frucht.
Och ist manig mensche der hie vil offenbarungen hette: [...] der gene der dannan ab nie nút bevant, der sol da Gotte in diser wirtschaft hundert grete naher sin.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 498
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
Von vf gezogenheit vnd von andern offenbarungen gotz in dem geiste.
Ebd.
3, 159
:
allez, daz lebet in dem vattere vnerzoͤiget in einikeit, daz lebet in dem súne vs geflossen in der offenbarunge.
Rieder, Gottesfr. (
els.
, Hs.
15. Jh.
):
die drie weltlichen pflegere moͤgent ouch selber wol mercken und verston by den grossen goͤttelichen offenborungen und mirakeln dis gegenwertigen achtesten capitels, das [...].
Warnock, Pred. Paulis
12, 15
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Ze dem ersten von der offenbarung wegen, won er spricht ,sy ist úns erschinen‘; ze dem andren von deswegen, daz sú gemain ist, darumb spricht er ,allen menschen‘; ze dem dritten durch der nutzberkait willen, won er spricht ,und ist uns underwysen‘.
Ebd.
88
:
wie uns die gnad gotz únsers behalters ist erschinen und úns gelopt wirt: in der offenbarung siner hailgen menschwerdung, durch die úns die súnd vergeben sint.
Ebd.
16, 4
:
Ob dem menschen besser und nútzer sige, das er vil offenbarungen, vil gesichten oder erlúchtungen habe, die da nachfolgent und werch sint der vernunft, oder ob im nútzer sy, daz er der offenbarungen mangle und aber uss enzúnter begird gott ainfaltiklichen lieb habe, das da ain werch ist des willen.
Ebd.
30
:
Der hochschowent prophet Ezechiel, der andechtig prophet Jerimias, der lieplich wisag Ysayas, all habent sú vil gesichten, vil offenbarunge und erlúchtungen gehept.
Ebd.
23, 254
:
So hoff ich, herr der kúnig, úwer wishait solle wol erkennen, daz vil besser ist dem menschen, er habe kain offenarungen, gesichten, erschinungen und erlúchtungen, die da der vernunft zuͤghörent und antreffent, und habe ainfaltiklich gott lieb uss enzúnter begierd, daz da ain werch ist des willen.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
/
32
):
also [got] auch die engel im himel herab zu dem menschen geschickt hat, dorumb der mensch sehe warhaftig, das got engel habe, die im dienen. und solch offenbarung geschehen, aber selten.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
275, 20
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
die maht, die da ist der offenbarunge, die mag man merken für ein glichnüsse, in der daz etwer verstan mag.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
75, 83
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Etleich [...] sich muͤent vntuͤgentleichen zu gotleichen offenparung vnd zaichen, das da ist ain mass der versüchung gots.
Ebd.
77, 99
:
etleich sint, die da glaubent, was in nach ainr vodrigen andacht inval oder furchoͤm, das daz selbig sey ain pesundre offenparung gots.
Ebd.
97, 8
:
daz, miltigchleich zu nemen daz wort offenparung, so mag man das verhengen, daz ain iegleiche offenbarung der warhait, die dem menschen geschicht aus den creaturen oder aus den geschriften, sey ain offenbarung gots vnd mag ain zurede gots werden gehaissen.
Ebd.
12
:
die erst der erchantuͤss, dew die naturleich maister habent gehabt von got vnd scheppfer, haisset ain offenparung gots.
Ebd.
101, 16
:
die chuͤndung vnd offenparung geschicht etwan mit iren gegenwurtigen vnd aigen worten, etwann mit der sentung irr poten oder prieff.
Ebd. Quästio
183, 23
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
das mich dy grözz meiner offenwarung nicht erhüeb, so ist mier geben der engel sathane, daz er mich halssleget.
Quint, a. a. O. ;
Karsten, a. a. O. ;
Feudel, Evangelistar
133, 20
;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
152, 24
;
Langen, Myst. Leben
189, 4
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Morgan u. a., a. a. O.
57, 26
;
311, 13
;
Hohmann, a. a. O. Untersch.
81, 180
;
Drescher, Hartlieb. Caes. ;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
5, 41
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
35b, 30
;
Vgl. ferner s. v.  6.
2.
›Offenbarung des Johannes, Apokalypse (Buch des Neuen Testamentes)‹; als Spezialisierung zu 1 auffaßbar.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
21, 31
(
Magdeb.
1608
):
die offenbarung Johannis von der Christlichen Kirchen endlicher verfolgung.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3799
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
in dem buche van der heilichen offenbarunge | da wirt van en [etlichen meiden] also vorzalt: | du bist [...].
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. 3. Vorrede (
osächs.
,
1343
):
di offinbârunge fûrit în blicze und dunreslege und siben geiste durch loufinde, und daz glesîne mer.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
233
(
Nürnb.
1517
):
Nachdem aber in der Heimlichen Offenbarung der herr straffet den loen menschen, gleich als wolt er inen lieber kalt dann nit warm sein, und sagt, er wölle den kuelen menschen aus im werfen.
Bauer, Imitatio Haller
58, 22
(
tir.
,
1466
):
Wer da pewert ist worden durch die truebsal vnd anuechtung, dem würt mit getailet die göttleich trostung, als denn der herr selbs spricht in dem buech der haimleichen offenwarung vnd rett also; [...].
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
19, 21
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel .
3.
›Enthüllung, Aufdeckung, Bekanntgabe e. S.‹; speziell: ›Unterweisung, Lehre (einer
kunst
5)‹; ›öffentliche Verächtlichmachung e. P.‹; als Metonymie: ›(Gott) bekannter Raum‹;
vgl.  3.
Bedeutungsverwandte:
 2, , , ; vgl.  2.
Syntagmen:
(jm.) eine o. (von etw.) tun
;
alle winkel got eine o. sein
;
aus einer o. bewegt werden, zu
[+ Infinitivsatz],
jn. durch eine o. betrüben, mit einer o. umgehen, etw. zu einer o. schreiben
;
die o. eines malefizes, einer fürforderung / kunst / ordnung
;
die abergläubische / austrägenliche / klare / rechtliche / ware o
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
der mensche, der dâ wænet gote entvliehen, und er enkan im doch niht entvliehen; alle winkel sint im ein offenbârunge.
Köbler, Ref. Franckenfort
3, 20
(
Mainz
1509
):
Wes aber hinfür nach offenbarung diser vnser ordenu͂g gehandelt vñ angenõmen sol werden.
Ebd.
31, 2
:
Von offenbarung der zügen sage.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 2, 18
(
schles.
,
n. 1350
):
des habe wir disin keginwertigin briff czu sinir clarin offinbarunge beschribin geheizin vnd mit vnsim ingesigile beuestin.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica (
schles. inseldt.
,
1480
):
vnd haben ÿm eynen offenbarwnge getoen von des phandes twayn, das her ÿm hette den dretten tag aws gedenget, vnd awch weder wach gegangen, vnd haben ÿm insnichten gethoen.
Voc. Teut.-Lat.
x viijv
(
Nürnb.
1482
):
Offenbaru͂g vb’furung v’ruchtung od’ v’leumu͂g. traductio.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
351, 6
(
Genf
1636
):
offenbarung / Entdeckung / [...] Diuulgatio.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
in ainem manat frist nach diser verkundung und offenbarüng, wa ir ynnen werdt, das des reichs panir auffgestossen werd mit graff Fridrichs paner, so tretent zu.
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
Jch würdt auch auß solcher klarer offenbarung diser kunst bewegt zugedenncken, das [...].
Rudolf, Peuntner. Sterbek.
152, 40
(
moobd.
,
n. 1434
):
ob ain mensch durch dy offenbarung vnd durch dy verchundung seiner verdampnus oder durch die vermanung seines todes etwas betruͤbt wird, das ist nicht zu achten, wann es ist uil pesser, das ain mensch etwas erschrekcht vnd betruebt werd hailsamleichen, dann das er durch vnnuͤczliche vertroͤstung sturb verdamplichen.