odmütig,
otmütig,
odmütiglich,
otmütiglich,
Adj.
1.
›sich selbst erniedrigend, demütig, barmherzig‹ (als Qualität des sich dem Menschen zuwendenden Gottes); ›im Bewußtsein seiner Sündenverfallenheit Gott gegenüber demütig, ergeben‹ (als Qualität des religiösen Menschen im Verhältnis zu Gott); ›demütig, bescheiden, dienstbereit, sich seiner sozialen Stellung und seiner Handlungsmöglichkeiten bewußt‹ (vom sozialen und alltagspraktisch Handelnden gegenüber dem Bevorrechtigten gesagt);
zu .
Gehäuft nrddt. / md.; im 15. Jh. auslaufend.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  12,  456,  4,  810, , (Adj.) 2, (Adj.) 13,  1, .
Gegensätze:
 5.
Syntagmen:
got / Christus o. sein, j. in allen dingen o. sein, sich o. inversinnen
;
j. o. begeren / flehen, das [...], j. jn. o. (um etw.) bitten, das sacrament o. tragen, die natur o. zu iren füssen fallen
;
der odmütige dienst / sin, die odmütige beichte / bitte / erinnerung, das odmütige herz
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Der sterne [...] vlosset dorch de sonne inde dorch alle sternen inde vloisset in de erde inde macht sy vrochtber. also is it vmb den rechten oitmoedegen mynschen, der onder sych geworpen hait alle creatoren inde sych onder got drocket.
Thiele, Minner. II,
24, 3
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
eyn goet wyp oitmoedich ende milde | guͦtz inde gruͦetzen daz ist eyn bilde | daz mangen man ergetzen mach.
Jan.-Off.
29, 29
(
rib.
,
14. Jh.
):
ich en hayn niet oytmodeclichen geuoilt, mer ich hayn myn sele erhoget.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2079
(
rib.
,
1444
):
Nature de si [wort] alle hadde gehort | Is oitmoitlich zo yren voissen gevallen | Ind began alsus zo kallen.
Loesch, Kölner Zunfturk.
1, 163, 22
(
rib.
,
1469
):
oitmoidige bede unser liever, getruwer burgersen ind ingesessenen van den sijdmechersen, umbdat ire hantwerk [...].
Ebd. (
2. H. 15. Jh.
):
so bidden wir u. g., so wir dienstlichste und oitmoitlichste moigen, unse ampte gelich anderen ampten lief zo haven.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
dat hie [here Rutger] sy durch Godes wille bede | ind vil oitmoitlich in vlede, | dat sy den stryt wolden begeuen.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2524
(
Köln
1476
):
Vp frijdach [...] | Hayt man gedraegen da bynnen | Myt seer oitmoedygen synnen | Dat werde hylge sacrament.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
Salomon: „Jo du van state groter bist, jo du salt othmodigher syn in allen dinghen“.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Abe ich mich nit otmutdige inversan, und ob ich irhup mine sele, so lon miner selen.
Ebd. :
Die offgerichtge leitere daz ist unse leben in dirre werlde, daz mit otmudigeme herzen von gode uff gericht wirt zu hemele.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
silber und golt [...] zŭ haben iz ist nicht sŭnde und zu besitzenne mit der gotes minnen, also daz der mensche othmŭntich si und nicht kŭntich
(hier ist Reimzwang oder eher noch, wie im folgenden Beleg, Volksetymologie aufgrund von Undurchsichtigkeit im Spiel).
etteliche breiten sie [cleidere] zu der rechten hant, daz sin die othmunticlichen leben.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
wie gelassen, wie eynfeldich, wie zuchtich, oͤtmüdich, geduldich und aller tugenten voll das er
[Christus]
was.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ; ;
Fischer, Brun v. Schoneb. ;
Quint, a. a. O. ;
Jostes, Eckhart
73, 8
;
75, 4
;
Strauch, Par. anime int.
86, 15
;
105, 16
;
Schönbach, a. a. O. ;
Schmitt, Ordo rerum
497, 11
;
Vgl. ferner s. v.  5,  3.
2.
dient der Kennzeichnung von Eigenschaften, die man Tieren zuschreibt; z. B. ›geduldig‹ (von Schafen); ›träge, faul, passiv‹ (von einer Katze).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
die ungetruwen juden, | hatzt ich uf in
[Jesus],
als da man ruden | uf otmutige schaf hetzet.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
Lang und gute zeit lag eine katz still und ödmühtig, sich nichts umb die zugegen springende mäus annemend.