obman,
der
;
-s, -nes/-ne, obmänner, obleute
.
1.
›Person, die im Auftrag der Obrigkeit, einer kommunalen Verwaltungseinheit, auch einer herrschaftlichen Funktionsperson, eingesetzt oder gewählt ist und die von der übergeordneten Person oder Instanz angeordneten Maßnahmen umsetzt bzw. in dem durch sie vorgegebenen Rahmen selbständig handelt‹. Die so gesehene Funktion des
obmans
gilt für alle hierarchischen Ebenen vom hohen Herrscherbeauftragten bis hin zum Leiter von Tagesgeschäften aller Art, dann z. B. ›Vorgesetzter von Gewerken‹ (im Bergbau); ›Aufseher von Tagelöhnern‹; ›Brautführer‹; vereinzelt ütr. (z. B. auf ein Testament aufgrund seiner Gültigkeit);
vgl.
1
 346.
Gewisse Beleghäufung für Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ,  2, ,  12, , ,  1, , .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
einen o. haben / bestellen / kiesen / ordnen, zu jm. erwälen, jm. einen o. zugeben
;
der o. js. haupt sein, die obmänner gebrechen erkennen, zu der herschaft am tisch sitzen, macht haben, zu [...]
;
das testament o. sein
;
dem o. zulaufen, gehorsam sein, etw. anmelden / anzeigen, einen brief geben, das [...]
;
jn. zu einem o. nemen / setzen / wälen
;
der o. auf der hochzeit
;
der o. der kurfürsten / tagelöner / ruderknechte
.
Wortbildungen
obmännin
›Brautführerin‹ (dazu bdv.: , ).

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
um 1524
/
7
):
so wollen sie alle propheten zu zeugen nemen und fürstellen und trösten sich stark der episteln zun Hebreern, auch sol das testament obman sein.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
MAGISTRATVS POLITICVS. Oberkeit gewalt ¶ oberer gewalthaber amptman, obmann / obherr.
Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
,
1499
/
1500
):
es sollen vier obmannen aus allen gewercken gekorn und geordent werden, wu die gebrechen erkennen, das die von wegenn aller gewerckschafft macht haben sollen darumb zu reden.
Pfeiffer, Frk.-bay. Landfr.
56, 35
(
nobd.
,
1368
/
9
):
da die herren und die stet den lantfrid wolten machen, da wolten die herren [...] dheinen, der unsers herren ... dez keysers man wer, zu obman nemen.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
ist das unser hecker maynung und stymb, das ain ganze gemaind mit waffender hand alle closter einnemen, darnach obmenner bestellen, dieselbigen closterguter freundlichen austailen, uff das wir raisen musten, das doch unser weyb und kynd zu essen haben.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
Auß euch
[dem
hofgesind
]
hab ich [könig] erwehlt allein | Den stummen held zu eim obmann, | Dem seyt fort-hin all unterthan!
Ebd. (
1561
):
Der siebendt köng zu Beham sey. | Derselb sol sein mit seiner kron | Der sechs churfürsten ein obmann.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Pronuba, Die brautfùrerin / die fürnemliche so die braut beleytet / vnd obmænnin ist auff der braut seytten.
Obman auff der hochzeit. Paranymphus.
Maaler (
Zürich
1561
):
Obmann / Der aller groͤst schaffner / Der fürnembst vnder den schaffneren oder amptleüten. Maximus curio. Obmann / Gebieter der ruͦderknaͤchten.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1615
):
Disen schirmvoͤgten soͤllend die venner ein obmann, der auch deß grossen rahts sye, [...], zuͦgeben, welcher jhr haupt syn, [...] soll.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1488
):
Ouch ob denselben und andern unsern amptleuten, bawmaister, werckleuten, obmennern der taglöner und besonder unsern stat gebewen mit vleis zu sein, damit rechte ordnung und gleichait gehalten werd.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1456
):
Auch enphelhen wir unserm phleger zu Gallenstain und sezen den zu ain obman, doch also, das er ân unsern willen weder auf noch ab zu erlauben noch zu handeln hab anders, dann das er uns solich uber vorn anbring und die wandel zu unsern händen inneme.
Pfeiffer, a. a. O.
56, 27
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Vgl. ferner s. v.  4.
2.
›Person, die in Streitfällen, die aufgrund von Stimmengleichheit (etwa bei
zwei gegen / zu zweien
, beim Fehlen eines
merers
; s.
2
mer
 19) in den mit dem Streit befaßten Gruppen / Gremien nicht entschieden werden, den Ausschlag gibt und die Streitenden rechtlich entsprechend festlegt‹; teils nicht abtrennbar von ›Vorsitzender eines Rechtskollegiums‹ (so ). Der
obman
wird über folgende Verfahrensstufen eingesetzt und auf ein kontrollierbares Handeln verpflichtet: Verständigung der Parteien auf einen
obman
, Wahl (
kiesen
1,
erwälen
) durch die Streitparteien oder Bestimmung eines
obmans
durch dazu Befugte, Annahme (
annemen
9) der Wahl durch den Gewählten (teils mit dem
eid
2), förmliche
verfestigung
der Wahl,
verhören
der Sache durch den Gewählten, Versuch einer Schlichtung (
berichten
12, z. B.
mit minne
8), bei Scheitern des Versuches Ausspruch (
erkennen
10) des
obmans
, Androhung von Strafe bei Verunglimpfung des
obmans
oder durch
dawieder reden
. Dieser Rahmen unterliegt verfahrensrechtlichen Differenzierungen sowie rechtsgeographischen und -soziologischen Modifikationen;
vgl. (Adv.) 14,
1
 2.
Gehäuft halem., keine omd. Belege; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
einen o. kiesen / erwälen / losen / nemen / weisen / hören
(nach dem
kläger
2 und dem
antworter
2);
der o. berufen / versammeln / gebieten / entscheiden / sprechen / volstrecken, der o. sein ampt annemen, recht sprechen, etw. in süne scheiden, (nicht) berichten (können)
;
j
. [wie]
o. werden, j. eines, für und für o. sein
;
sich eines obmans vereinigen
›sich auf einen Obmann einigen‹;
dem o. an die ere / treue sprechen, eine geschrift in die gewarsame antworten
;
etw. an den o., eine sache auf einen o. kommen, auf einen o. hintergängig
›einig‹
werden, etw. ane einen o. berichten, bei einem o. bleiben, um den o. losen, jn. zu einem o. bitten / ordnen / setzen, dazu geben
;
der benentliche / gemeine / unparteiische / wilkürliche o
.;
die freiheit des obmans, zu [...]
;
obleute von beiden teilen
.

Belegblock:

Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1349
):
Erstunde darumb zwuschent uns dhein stoz oder zweiunge, so sullent unser ietweder einen raitman und wir beide einen gemeinen obeman binnen den nehesten achtdagen nach dem stoz oder zweiunde kisen.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1480
):
entscheiden wir, das beid partien der sachen zu rechtlichem ustrag kommen sollen für einen edeln der unsern als obman, den wir darzu ordenen, [...], und dan iede parti zu dem obman zwen zusetz setze, die beid partien umb den eigen span und auch des widerrechten in der sach notturftiglich verhoren sollen.
Köbler, Ref. Nürnberg
388, 15
(
Nürnb.
1484
):
Võ freyhait des obmans vnd ortmans hinderge͂ge an sich zeneme͂. vnd auf ir annemen die verpflicht dem nachzeuolgen.
Ebd.
389, 2
:
WO einich tail oder parthey hindergenge auf rechtlichen außtrag fuͤrneme͂ vñ thun auf einen obman od’ ortman vñ gleichen zusatz die dañ ir ampt vnd puͤrden annemen mit veruestigung desselben durch bede teil.
Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1352
):
Gestiessen die gelich zwen gegen zwein, und es an den obman kême, und der denne daz nuͥt berichten moͤchti mit der minne mit beider teilen wissende, daz er denne ein recht spreche bi dem eide nach dem rechten.
Ders., Statut. Saanen (
halem.
,
1451
):
wir hand ouch die vorgesprochnen urteilen, so von beider teilen schidluten und obluten gesprochen sint und gerecht geben sint, merklichen verhörd.
Ebd. (
1452
):
ob es in der fruͥntschaft nit betragen moͤcht werden, und ob die vier stoͤssig wurdin und nit ein merers wer, denn zwen gegen zweyen, so soͤllen die vier ein gemeinen obman erwellen, der ein merers geb.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
Wie ein ieclicher obman werden sol Item weler usser mit einem indren uͥtzit zuͦ schaffen hat, bittet der vsser einen indren zuͦ einem obman, der sol sich ouch des annemen, [...]; woͤlte aber der gemeine man darumb nit gemein man werden, er sol einen manod varen uon vnser stat [...] vnd dar zuͦ nit har wider in komen, e er sich der sach an nimet, es were denn dz der, so gemein wird, vormals semlich obmanschaft versworen heͣtt an sich zuͦ neͣmen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
302, 11
(
halem.
,
1534
/
5
):
Und jst darumm nit der verstand / die wyl es staat / eynen obman / das das woͤrtlj ejnen / allweg binde daͤn / so eynest obman jst das er für und für sol obman syn / [...] / bsunder jst dz der verstand / so dick sj zerfallend / das sj sond eynen nen / der jrn urtel eyner volge / der sye dann vor obman gsin oder nit.
Bastian u. a., Regensb. UB
246, 21
(
oobd.
,
1363
):
wer der wer, der dowider ret, [...] und den schiedherren oder dem obman an irer trewe und an ir ere dowider sprechen, handln oder tun wolt [...].
Klein, Oswald
25, 3
(
oobd.
,
1414
?):
Ain burger und ain hofman | begunden tispietiern. | die namen ainen obman, | für war ain alte diern.
Hör, Urk. St. Veit
193, 3
(
moobd.
,
1421
):
Moͤchten es dy vir also richten, das war wol vnd guͤt, moͤchten sy des nicht, so solt mein herr der pfleger den fuͤnften zu ainem obman darzw geben vnd voneinander nicht koͤmen, es wuͤrd der sach ain endt.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
165, 33
(
moobd.
,
1507
):
Er und Hainrich Stöcklstainer wärn vor ainer zeit umb die irrung, so sy gegenneinander in recht gestanden auf vier erbere mannen und ainen benentlichen obman hindergengig wordenn.
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Rennefahrt, Stadtr. Bern ;
ders., Statut. Saanen ; ;
Merz, Urk. Wildegg
93, 1
;
Jörg, a. a. O.
301, 2
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Uhlirz, Qu. Wien ;