oberhand,
die
;
-Ø/–
.
1.
›überragende Fähigkeit, größere Macht, wie sie sich prozessual aus dem Wetteifern, meist: aus einer Auseinandersetzung zwischen Menschen oder (ütr.:) aus einem als Wetteifern gedachten Kampf natürlicher Mächte (Feuer, Krankheiten, Liebe) zugunsten einer der beteiligten Seiten ergibt‹; resultativ: ›Sieg, Herrschaft, Macht, Gewalt, Oberhand, überragende Stellung‹ (jeweils in Abgrenzung gegen die unterliegende Seite);
vgl. (Adj., ütr.) 1,  56.
Phraseme:
(die) oberhand angewinnen / bekommen / nemen / haben / behalten
.
Bedeutungsverwandte:
(
der
23459,  123,  13,  2, , ; vgl.  2.
Syntagmen:
die liebe die o. gewinnen, die feuchtigkeit / melancholei, das feuer die o. nemen, die geldnarren die o. angewinnen, die ger des herzen die o. haben, j. die o. im feldzug behalten
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
/
7
):
denn ist es nicht weit dahin, [...] das der Teufel die oberhand bekomen und alles zu grund und boden gehen muͤsse.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
da wart [...] ein groß zweiunge in der stat. [...] der rat behilt oberhant, unde slugen den Haberkorn selp seste doit.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
vnnd hielten sie heyde so Mannlich gegen einander, daß man nicht sagen kondt, welcher die Oberhandt im streitt hette.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
inmassen er in XIV Feldschlachten die oberhand behalten / und alle seine Kriege mit Sieg soll hinausgefuhret haben.
Thiele, Minner. II,
17, 134
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
gedenck: wä reht lieb nimpt obernhant, | da sol gantz trẃ nit sin ain gast.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
623, 24
(
els.
,
1362
):
Herre [...], schlús uf die wunden daz die boͤse fúhtikeit nút oberenhang neme.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
‚Wes mütten ir helden?‘ sprach er. | ,Alle üwers hertzen ger | Sol hie haben ober hand‘.
Maaler (
Zürich
1561
):
Oberhand (die) Gwalt / Meisterschafft / da einer gwaltiger vñ fürtreͤffenlicher ist dañ der ander. Regnum. Oberhand gewünnen / Einem mit schenckinen vnd gaaben vorfaren. Superiorem esse largitione.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
348, 4
(
Genf
1636
):
Das Fewer nimbt (oberhandt).
Ebd.
43
:
oberhand / f. Wachsung vnnd das zunemmen eines dings.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 256, 3
([
Augsb.
]
1548
):
Hetten wir die herrschaft / und oberhand / wir wolten [...] das Regiment fein wol bestellen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wenn diu melancoli ain oberhant nimpt und sich zeucht zuo dem haupt, sô kümpt dem menschen [...] swærikait.
v. Keller, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  9.
2.
›Obrigkeit; Einzelperson, eine Gruppe von Personen in ihrer Eigenschaft als Bezugsinstanz, jeweils in der Funktion als Inhaber von Obrigkeitsrechten oder als Beauftragte zu deren Ausübung‹; abstrakt: ›obrigkeitliches Verwaltungs-, Herrschafts-, Regierungssystem‹;
vgl. (Adj.) 56,  7.
Rechts- und Wirtschaftstexte, berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): I, 4,
2
 45,  3, (
das
1.
Gegensätze:
vgl.
unterhand
(a. 1403; ).
Syntagmen:
die o. ersuchen, j. die o. haben wollen
;
die o
. (Subj.)
jn. strafen, den predigstul
›das Predigtamt‹
reformieren, die o. machen / ratschlagen, zu
[+ Infinitivsatz];
die o.
(Subj.)
etw. aufsetzen
(z. B.
freiheiten
)
/ befelen / confirmieren / ordnen
;
j. (der keiser, die fürsten, grafen) die o. sein
;
der o. etw. anbringen
(dazu die Rechtsformel:
onangebracht der oberhand
),
der o. etw.
(z. B.
das zutrinken
)
angeben, der o. gehorsam / verfallen sein
;
ein urteil an die o., ein gericht für die o. ziehen, geld bei die o. hinterlegen, der mutwille in der o. regieren, j. von der o. die übung (des gerichtes) empfangen, vor der o. etw. begeren, sich wieder der o. vernemen lassen
;
das gebot, die erlaubung der o
.;
die o. des gerichtes
;
die geistliche / rechte / weltliche o
.;
die erlaubung / gunst, das gebot der o
.

Belegblock:

Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1495
):
recht zcu sprechen und ubunge des gerichts und gerichtszcwangs von seinen gnaden als der oberhant und burggraven zcu Magdeburgk entpfangen haben.
Gajek, Seidelius. Tych.
12, 10
(
Breslau
1613
):
Der Großmechtig Pompejus zu Rom / | Wiel allein die Oberhand han.
Wendehorst, UB Marienkap. Würzb.
393, 22
(
nobd.
,
1517
, Hs.
16. Jh.
):
Wider dis alles [...] sol uns oder unser erben nicht schutzen, [...] einicherley gebott noch verbot, der oberhant, geystlicher oder werentlicher richter noch gericht.
Engel, Rats-Chron. Würzb.
144, 18
(
nobd.
, Hs.
M. 17. Jh.
):
uf mittwochen [...] wart hie durch die oberhant geordnet und gemacht, mit dem kreutze zu gehen undt zu wallen gen Gundersleben.
Ebd.
166, 15
:
wart von der oberhandt, geystlich und werentlich, [...] vil geratschlagt, unserem gnädigsten herrn antwort umb die schatzung zu thun.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
Offenlich in Branger gestelt, [...], vnd darzu biss auff kundtliche erlaubung der oberhandt auss dem landt verweyst werden sol.
Sachs (
Nürnb.
1552
):
Dardurch er denn auch wirdt zu schandt, | Gestraffet von der oberhandt.
Ebd. (
1524
):
Wer ist dann der oberst im volck? Ists nit der keyser und nachmals fürsten, graven mitsampt der ritterschafft und weltlicher oberhant?
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
es würden dañ wyter fatalia von der oberhand gegeben / so sol den võ vns vnd dem gericht / wie recht ist / ouch gelept werden.
Enders, Eberlin ([
Basel
1521
]):
der predig stuͦl ist noch vnreformiert, den moͤgen allein reformieren waͤltlich oberhand.
Merz, Urk. Wildegg
93, 17
(
halem.
,
1529
):
wer den Spruch nicht hält, der sol der oberhand des steins Rinfelden verfalln sin dru pfund.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1543
):
Wellicher auch sollichs [zutrinckhen] sicht, [...], der soll das angeben und laiden der oberhand unverzogenlich.
Kottinger, Ruffs Etter Heini (
ohalem.
,
1538
):
der [muotwil] dann regiert in unserm land | in undern und der ober hand.
Wendehorst, a. a. O.
213, 19
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Kohler u. a., a. a. O. ;
Enders, a. a. O. ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
306, 2
;
Müller, a. a. O. ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 437, 29
;