oben,
sehr vereinzelt (vor allem in 2) auch
ob,
Adv.;
zum Verhältnis beider Ausdrücke s.
Pfeifer
2000, 940
:
oben
als Ableitung zu (Präp.). – Ansatz 1 auf alltägliche, 2 auf textliche, 3 auf geographische, 4 auf soziale, 5 auf religiöse Situationen bezogen; grundlegend ist die Raumvorstellung.
1.
relativ zu einem textlich vorausgesetzten oder aus dem allgemeinen Wissen heraus bekannten Bezugspunkt ›oben, oben gelegen, räumlich höher; von oben‹.
Phraseme:
oben und unten
›überall, rundherum‹;
von oben herab
;
oben aus, nirgend an
(dient der Kennzeichnung von Eigensinnigkeit, Überheblichkeit);
meine sache stet oben
›es steht gut um mich‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ›vorne‹, ,  12, .
Syntagmen:
die weiber o. schweben, j.
˹
o. und unten gnappen, o. und unten messen, geld o. in den hut werfen, o. zum dach einsteigen, jn. o. ab stechen, jm. o. an den mund greifen, got nicht o. tragen
˺
, etw
. (Subj.) ˹
o. schwimmen, herab fallen, ein loch haben, stulgang brengen
˺
, das wasser o. stehen bleiben, der mane o. liecht sein, ein umhang sich von o. zu unterst zerreissen
;
o. am kopf, im chor, in den lüften, o. mit einem übergeschriebenen e, o. vom nabel bis an die macht, das gewelbe oben
;
o. herab, von o. abher
.
Wortbildungen:
obenächtig
›oberhalb gelegen‹,
obenauf
›oben‹,
obenaus
›oben drauf; nach oben‹,
obenhalb
1 ›oben‹,
obenher
›oberflächlich, schnell über etwas hinweg‹ (hierher?),
obenherein
›überdies, obendrein‹,
obenteils
›oben, nach oben hin‹,
obenwärts
›oberhalb‹.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
man sal ime grifen obene an den muͦnt vnder der nesen.
Luther, WA (
1529
):
Jch, Juncker aller Junckern bin allein herr und fuͤrst [...], Oben aus und nirgent an. Mich sol man furchten.
Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
sall der moller [...] ubenwerts dem molteiche den graben eines mannes thieffer machen lassen.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
dat der vurss. Rutger [...] der Stede gelt ouen in synen hoit vnd vnden in seyne hoisen warp.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1366
(
Köln
1476
):
Gar sweerlych zo manchen stunden | Hant dye vyand oeuen, vnden, | Ouch zo allen syden myt brande | [...] | Dye Nuysser bracht zo manchen sorgen.
J. W. von Cube. Hortus
133, 14
(
Mainz
1485
):
daz der heymsch cartamus dem magen schedleich sy vñ breng stuͦlgenge vnden vñ oben.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
331b, 37
(
Frankf./M.
1649
):
wañ sie dieses gantzes Buͤchlein offtermahls / vnd nicht obenher Lesen.
Schmitt, Ordo rerum
728, 15
(
omd.
,
1466
):
Desursum desuper [...] van oben herab.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
suͤmest du ich zu lange, sone tregest du unsern herre got niht obene.
Skála, Egerer Urgichtenb.
205, 9
(
nwböhm.
,
1577
):
hab er vnd hiepel In ein baurn hoff oven Zum dach [...] die Schindel abbrochen.
Keil, Peter v. Ulm
234
(
nobd.
,
1453
/
4
):
geuß gutz pier dorauff vnd laß es sieden [...]: Vnd waß oben schwymet, das hailt.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Sonst liegen stets die Weiber vnder. | Es wird sich aber bald begeben, | Daß auch die Weiber oben schweben.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
Würt einer gestochenn, iij zwerch finger obe͂ võ de[m] nabel biß vff die macht / dz ist eı͂ grosse wund.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Erckerle / ein fúrgeschossen gebew das außgeschossen ist obenthalb.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 157, 14
(
Hagenau
1534
):
Oben auß / und nyrgent an. Diß belanget die eygensynnigen koͤpffe / die [...].
Kläui, Schweiz. Urbare
2, 240, 4
(
halem.
,
1372
):
5 muͥt dinkeln von eim akren ze Brunnen und ze obnechtigen veld.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mein sach stadt Oben / Es stadt wol vmb mich. [...]. Die Centauri die Obenauß ein mensch / vnnd vndenauß ein rossz sind.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
663
(
schwäb.
,
1455
):
Es ist ein herlich sal | Mit nün gewelben oben.
Sappler, H. Kaufringer
12, 251
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
der pfaff da den puttrich nam; | der hett ain weites loch oben.
Ebd.
30, 126
(Hs.
1472
):
die frawen gnappent
[s.
gnappen
3]
als fast als die mann | baide oben und undan. | [...] | sie regent den ars und alle glider.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Dise Kauffheüser seind groß vnd lang / vnd obenthails außgewelbet.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
die visch werdent vaizt von regenwazzer und dar umb swimment si ob gegen dem regen.
Manna haizt ze däutsch himelprôt und vellt auch oben her ab von den lüften.
Klein, Oswald
26, 45
(
oobd.
,
1427
):
zwar oben, niden, hinten, vor | was mir die hüt mit leuten wolbestellet.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
462
(
oobd.
,
1607
/
11
):
3 indianisch schwartz gelacte [...] tischblat, [...], dabey ligt obenauff 1 die gestraifft indianisch roßhautt.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
299, 4
(
moobd.
,
1473
/
8
):
von der starcken thioste | die drunzun ob in in den lüften stuben.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
122, 8
(
mslow. inseldt.
,
1546
):
den [Weingart] er dan obenherein bey Gregor Zeroffsky Zue Peśśern hat.
J. W. von Cube. a. a. O.
123, 20
;
Thiele, Chron. Stolle ;
Rupprich, Dürer ;
Plant u. a., Main. Naturl.
299rb, 22
;
Glatz, Chron. Bickenkl. ;
Goldammer, Paracelsus
5, 181, 20
;
Wyss, Luz. Ostersp.
1036
;
Gilman, a. a. O.
2, 259, 24
;
Kohler, Ickelsamer. Gram. ;
Klein, a. a. O.
40, 27
;
Vgl. ferner s. v. , .
2.
›in einem Text räumlich voranstehend, oben‹; aus der Hörerperspektive: ›vorhin schon‹; als Spezialisierung an 1 anschließbar (die Perspektive ist nicht immer sicher erkennbar).
Syntagmen:
ob / oben gesagt / gerürt / gemeldet
(so für alle Verben des Sagens, Meinens u. dgl.);
wie o. steht, j. o. gesprochen haben, etw. o
. ›schon vorhin‹
verstanden haben, eine historie o. behandelt sein
;
o. gemeldeter brief
;
davon o
. [+ Stellenangabe];
wie o., so [...]
.
Wortbildungen:
obenan
2,
obenhin
1 ›vorhin‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Præmissum. Ob gemelt erzalt berurt angezeigt genant gedacht gesagt verlaudt.
Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
Da müß man etzliche olfang anrichten, [...], davon obene im 2. artigkel.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Wan, als ich oben gespochen hân: diz und daz guot [...].
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
der doch swerlich an die stad komen was, als ob gerort ist.
J. W. von Cube. Hortus
85, 19
(
Mainz
1485
):
die grosser [schelwuͤrtz] wirt durch sie genutzet wie ob stat.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
378b, 30
(
Frankf./M.
1649
):
dieses habe ich also obenhin / vnvorgreifflich anregen wollen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
249, 11
(
Nürnb.
1548
):
gleych wie oben / so jrren sich die leut hie auch.
Dietrich. Summaria
23v, 27
(
Nürnb.
1578
):
Die historia / wie der Herr vier tausent Mann speiset [...] ist oben gehandelt.
Schorer, Sprachposaun
9, 16
(o. O.
1648
):
Das Deo sit Laus semper muß in allen Brieffen oben an stehen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
593, 10
(
halem.
,
1534
/
5
):
Was aber vil gemellte v ortt verursacht habe solchen friden [...] an zenemen / hatt man zumm teyl ob verstanden.
Reichert, Gesamtausl. Messe
4, 2
;
Jörg, a. a. O.
831, 10
.
3.
›oben (im Lande), in einer im Vergleich zum Bezugsort des Sprechenden höher gelegenen Gegend, Landschaft‹.
Gegensätze:
 1, .
Wortbildungen:
obenhalb
2 ›an einer Stelle oberhalb e. S.‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 189, 36
(
preuß.
,
1440
):
ap er icht vornomen hette, was dach ire menunge do uben czum tage gewest were.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
sende brieue an alle heren fursten vnd Stede ouen vnd neden in den landen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
164, 11
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Weren wir bij eyn ander / da oben
[Bezug auf ein Schloß]
/ so weren wir wol ein wyle sicher.
Goedeke, Fischart Bündnus / Erlustigung
20
(
Straßb.
1588
):
Sein nachbarn, so an einem bach, | Ob oder unden han ir gmach, | Zu besuchen [...].
Merz, Urk. Wildegg
113, 5
(
halem.
,
1545
):
daß er ime das abwasser [...], obenthalb im mülli wuͦr zuͦ vnutz hinab in die Arren louffen ließ.
Klein, Oswald
25, 126
(
oobd.
,
1425
):
[ich] waiss ain schöne mëtzen | dort oben an dem egk.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
was oben in Osterreich ligt, [...], hat sich noch auf die zeit wol gehallten.
Bachmann, Haimonsk. ;
Vock u. a., Urk. Nördl.
2196
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
51, 7
.
4.
›sozial oben stehend, höheren Schichten der Gesellschaft angehörend‹; teils tropisch und mit kritischer Komponente gebraucht.
Wortbildungen:
obenan
3.

Belegblock:

Luther, WA (
Wittenb.
nach Druck R
1
:
1547
):
wie es so vngleich zugehet in der Welt, da die boͤsen oben schweben vnd die Fromen vnterligen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
580, 2329
(
Magdeb.
1608
):
Wer oben sitzt lesset sich gruͤssen / | Vnd trit die vntersten mit Fuͤssen.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Volkomeniu abegescheidenheit enhât kein ûfsehen ûf keine neigunge under keine crêatûre noch über keine crêatûre; so enwil weder under noch obe sîn.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
die oyuen sitzen soulden, die koeren sy vnden, vmb dat sij sulgen hass beherden.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
387, 3791
(
Zwickau
um 1540
):
Am tisch du dich solt setzen oben an.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 200, 22
([
Augsb.
]
1548
):
Wer oben an sitzt / Auff den sihet alle Welt.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4639
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Sy [bosshait] schwebet mit zwain fedchen ob, | Das ist ir ruͦm und uppig lob.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Maniger oben unde niden | Reit in maniges vremde lant.
5.
›in einer im Gegensatz zu 1 als ,oben, über der Erde‘ ertexteten religiösen Welt, in gottnaher, himmlischer Sphäre‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
dinge, die o. sind
;
Christus o. schweben / sitzen, got o. (über uns) sein, dort o. viel zu tun haben, j. mit eren o. schweben, der himmel dort o. jn. nicht beschliessen, das liecht
(Subj.)
von o. kommen, eine kraft
(Subj.)
von o. auf uns ziehen, jm. von o. gewalt gegeben sein, j. von o. herab geboren werden
;
o. im himmelreich
.
Wortbildungen:
obwendig
3 ›oberhalb‹ (Präp.).

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
also fliessen si [gaist] och wider in vnd enpfahend den usfluss von got sunder mittel obwendig dcn engeln.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
sît ir ûferstanden mit Kristô, sô suochet diu dinc, diu oben sint, dâ Kristus gesezzen ist ze der rehten hant sînes ,vaters und smecket diu dinc, diu oben sint‘.
Jostes, Eckhart
38, 5
(
14. Jh.
):
Dise craft von oben ist auf uns gezogen und hat uns geeiniget.
Ebd.
74, 31
:
Got der ist oben uͤber uns und als hoh, daz wir in mit keinen worten geloben muͤgen.
Strauch, Par. anime int.
32, 22
(
thür.
,
14. Jh.
):
di ketzir, di da sprachin: ,Got hat so vile zu tune dort obine mit sinen geistlichen creaturen daz her nummir her nider gelugite zu disin liplichin dingin‘.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. (
osächs.
,
1343
):
Du inhettis keine gewalt ubir mich niht, nuͦr si wêre dir gigebin von obine
[
Luther
1545:
von oben erab
].
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
211
(
Nürnb.
1517
):
Seit ir auferstanden mit Christo, sucht, das oben ist, do Christus zu der gerechten gottes sitzt.
Dietrich. Summaria
25r, 34
(
Nürnb.
1578
):
Es sey denn / das jemand werde von oben herab geborn / auß wasser vnd geist / so kan er das reich Gottes nit sehen.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Daß wir nicht können vntergahn, Sonder schweben mit ehren ob.
Michels, Murner. Badenf.
9, 45
(
Straßb.
1514
):
Jch gloubß von dier gantz festicklich | Das / ob bi dir im himmelrich | Vnser trost vnnd hoffnung stand.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
19, 46
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
sich besleust in deiner [der maidlichen rainikait] schos, | den nicht mocht der himmel gros | besliessen dort oben.
Jostes, a. a. O.
25, 17
;
Strauch, a. a. O.
116, 20
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 79, 37
.