nüzlich,
Adj.
1.
›zweckgerecht, notwendig, sinnvoll‹ (von Sachen, Handlungen, Zuständen gesagt); ›einer Aufgabe gewachsen, geeignet‹ (von Personen gesagt); eng an
nuz
1 anschließbar, im Unterschied zu diesem stärker auf die Zweckgerichtetheit bezogen, damit auch in semantischer Nähe zu
nütze
1 stehend;
vgl.  1.
Syntagmen:
j. n. sein
;
jn. für n. erkennen
;
ein bad n. brauchen
;
der nüzliche kosten
; subst.:
etw. nüzliches arbeiten
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
292, 24
(
Worms
1499
):
Der erleger ist schuldig notdürfftigen oder nützlichen kosten wes an das erlegt guͦt oder habe vßgebben were zu widderkeren.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3240
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ein itlich sal mit den henden erbeiten | unnd etwas nutzlichs bereiten | wanne her nicht gebetes phlit.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1342
):
daz si daz almusen [...] uf allen kirchen und pfarren, swo in das nutzlich ist, vordern und biten suͤllen.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1523
):
sover denselben [richter] die gedachten verweser fur teuglich, nuzlich und guet erkennen, sollen si ine annemen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1440
):
der scheffart selbs mit dem leib nicht vermöcht, der sol ain andern an sein stat gewinnen, der nutzlich ist, damit nicht saumung in der scheffart beschech.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›gewinn-, nutzbringend, zu js. Vorteil, einträglich, gedeihlich‹ (meist von Sachen, vereinzelt von Personen gesagt);
vgl.  4;  4.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B.
ein gut / garte / schwein, die frucht
)
jm. n. sein, ein ampt n. gewesen sein, ein bergwerk n. angegangen sein, dem kloster etw
. (Subj.)
n. sein
;
n. bauen
›bergbaulich ertragreich tätig sein‹,
die zeit n. zubringen, etw. nuzlich(en) anlegen
(z. B.
ein gut, das almosen
)
/ innehaben
(z. B.
ein gut
),
dem vaterland, den fürsten / herren mit ratschlägen n. vorstehen
;
das nüzliche ding / handwerk
.
Wortbildungen
nüzlichkeit
1 (dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vtilis. Nuͤtz nuͤtzlich fruchtbar fruchtsam wachßbar ersprießlich bekoͤmlich fuͤrderlich, erschießlich gedeylich.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1485
):
dat goultslegerampte, dat [...] unser stat [...] nutzelich ind profijtlich geweist is, ietzont [...], achterstalt ind vergenklich wirt.
Steer, Schol. Gnadenl.
3, 1, 129
(
rhfrk.
,
1375
):
Vnd die bescheidenheit, wan die spricht, daz es lustlich si vnd nuczlich si vnd erlich si
(Bezug auf die Trias von
dulcis, utilis, honestus
).
Köbler, Ref. Franckenfort
64, 3
(
Mainz
1509
):
sollen die selben Tutores ein Jnuentarium vber alle narung vnd güttere machen [...] vnd zuͦ den heiligen schwere͂ nützliche ding von der kindere wege͂ fürzunemen / vnd vnnützliche ding vnderwegen zulassen.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
298b, 6
(
Frankf./M.
1649
):
damit sie solche Zeit desto nuͤtzlicher zu bringe͂ / so theilen sie diese Zeit in zwey oder drey Theyle.
Logau. Abdank.
163, 18
(
Liegnitz
1651
):
Wir [...] haben mittler Zeit nichts fuͤr so koͤstlich / nichts fuͤr so herrlich / nichts fuͤr so anstaͤndig / nuͤtzlich / erfreulich und noͤtig empfunden [...] alß den lieben FRJEDE.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1520
):
Jch hab conterfet herren Nicolaum [...], der mir zu viel dingen fast förderlich und nuczlich ist gewesen.
Voc. Teut.-Lat.
x vjv
(
Nürnb.
1482
):
Nutzlicheit od’ nutzperheit. frugiferatio. i. utilitas.
Roloff, Brant. Tsp. Widm.
42
(
Straßb.
1554
):
wol abzuͦnemen / in ein glerten juristen [...] gewesen sein / auch unserm Vatterland sampt andern Fürsten und Herren mit seinen rhatschlagen nützlich und wol vorgestanden sein.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
besonder sol er [vogt] das [gut] derselben siner vogtperson / so bald er fuͤglich vñ nutzlich mag anlegen / damit es frucht trag vnd sich mere.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
Alles almüsen sol [...] treülich pehalten werden, auch nützlichen angelegt werden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Dem Bawrsman ist sein garten so nutzlich / als sein gemestes Schwein.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15. Jh.
):
ain jeder besitzer oder inhaber der gotzhaus guter, [...] soll dieselben zu haus und veld peulich, stiftlich, nützlich und ungeüest innehaben.
Wyss, Limb. Chron. U ;
Gajek, Seidelius. Tych.
16, 25
;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Rennefahrt, Recht Laupen ;
Sappler, H. Kaufringer
3, 485
;
Vgl. ferner s. v. ,  8,  7,  1.
3.
›in tatsächlicher Bewirtschaftung, Nutzung befindlich; einer besonderen, rechtlich festgelegten Dienstbarkeit unterworfen‹; bei mixtura verborum auf den Bewirtschaftenden bezogen, dann: ›im anerkannten Besitz und Nutzungsrecht eines Gutes befindlich, es bewirtschaftend‹;
vgl.  4.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme
die nüzliche (ge)wer
(vereinzelt:
der nüzliche gewalt
).
Syntagmen:
ein gut in nüzlicher gewer haben, die nüzliche gewer nemen / verantworten / versprechen, einen grund, leute in nüzliche gewer setzen
;
ein gut n. besitzen
;
der nüzliche besitzer / gewalt, das nüzliche eigentum / gut
.
Wortbildungen:
nüzlichgewerbrief
,
nüzlichgewerbesitzungsbrief
(jeweils Ad-hoc-Zusammenrückungen bzw. -schreibungen).

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
100, 19
(
Worms
1499
):
das der cleger bewyse das der grundt syn vnd er des nutzlich besitzer oder herr sy.
Ebd.
26
:
so einer guͦt erplich bestanden oder zu lehen hette. vnnd einem yeden der einen grundt oder guͦt nützlich besitzt.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
263, 4
(
thür.
,
1474
):
so daz sy unde yre furfaren habin solliche gutter von den fursten unde yren amptluten in dy lehen unde gebruchunge genomen unde also in nutczlichen gewern gehabt.
Leisi, Thurg. UB
6, 93, 10
(
Frauenfeld
1360
):
daz Uͦlrich und Heinrich [...] die nutzlichen wer versprochen hetten, die er genomen hette von dem gerichte.
Ebd.
369, 21
(
Konstanz
1365
):
alle sin lúte und guͤter. Der setzent wir in in nutzlich gewer, und habent si och ledig gelassen.
Glitsch u. a., Hofger. Rottw.
77, 6
(
schwäb.
,
um 1435
):
Also wirt denn zemal ain nuczlich gewerbrief gemacht von dem hofgericht.
Ebd.
12
:
wenn sechs wochen [...] nach datum des nuczlichgewerbriefs hinwerdent und die nuczlich gewer dazwüschen mit recht nit versprochen noch verantwurt wirt, so wirt ain nuczlichgewerbesiczungbrief darüber gemacht, das die nuczlichgewer daruf besessen sige.
Vgl. ferner s. v.  2.
4.
›lehrhaft, lehrreich, belehrend, sinnvoll‹; von Kenntnissen und Einsichten gesagt, die im anerkannten Lehrschrifttum und den gültigen Lehrsystemen der Zeit festgelegt sind, durch Lektüre gewonnen werden können und dem Kentnisstand sowie der Handlungsdisposition e. P. ›förderlich, nützlich‹ sind; zu  5. Die Belege spiegeln im Nebeneinander von
nüzlich
/
lerreich
,
erlich
/
herlich
1 und
anmutig
1 /
fein
/
schön
die historische Trias von
prodesse, honestum
und
delectare
.
Bedeutungsverwandte:
 1, .
Syntagmen:
ein list, eine rede, die erkantnis (jm.) n. sein, historien
(Subj.)
n. zu lesen sein, historien
(Akk.obj.)
als n. preisen / halten
;
der nüzliche trost, die nüzliche erinnerung / erkantnis / lere / moral / rede / warnung, das nüzliche buch
; subst.:
etw. nüzliches lernen
.
Wortbildungen:
nüzlichkeit
2.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
9, 4
(
Magdeb.
1608
):
zur anmutigen / aber sehr nuͤtzlichen Lehr / aus den alten Poeten vnd Reymdichtern / vnd insoderheit aus der Naturkuͤndiger / von vieler zahmer vnd wilder Thiere Natur vnd eigenschafft / bericht.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
rede wairumb historien zo lesen nutzlich sy.
Ebd. 3v, :
wat nutzlicheyt die bekentnisse der historien bybringet.
Ebd. , 47:
so leeffde sy so ein groisse zail van iairen Vnd ouch vmb yr doechten willen vñ vmb yre eirliche nutzlicheide die Sy on vnderlaiss soichten.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
welche [historien] alle Gelehrte, [...], als die aller zierlichste, lieblichste, vnd kurtzweiligste auch nützlichste gepriesen.
Pyritz, Minneburg
2298
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
wie | Die mynne zu dem menschen kumt | Und waz ir schadet und frumt | Oder welherleye vernunft list | Dar zu der aller nutzlichst ist.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
diese feine vnd schöne sachen, so darzu steck voll Herrlicher vnnd Lehrreicher nützlicher Moralien Warnung vnd Trost.
Bauer, Imitatio Haller
71, 19
(
tir.
,
1466
):
Wild du aber etwas nuczleichen lernen vnd wissen, so solt du dich [...] für nichte halten.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. ;
Hübner, Buch Daniel ;
Behrend, Spangenb. Anbindbr. ; ;
Roloff, Brant. Tsp. Widm.
66
;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Jörg, Salat. Reformationschr.
32
;
Bauer, Geiler. Pred.
462, 1
.
5.
›(jm., der
sele
) zum Heil gereichend, heilswirksam, heilbringend‹; als dies bewirkende Größen / Handlungen / Haltungen erscheinen die Mutter Gottes (tropisch als
arzenei
2 gefaßt), das
1
gebet
1,
tugend
1; 2,
sich lassen, sich der dinge arm machen, got beschauen, gute werke tun, mit ernst zu got keren, für die füsse gottes fallen, hörung der götlichen wort
;
vgl.  6.
Gehäuft ˹mobd. / oobd.; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘˺.
Bedeutungsverwandte:
 2,  3,  2.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
die arzenei, speise
)
(nicht) n. sein, j. n. arm / gut sein, jm. etw. n. sein
(z. B.
zum heil der sele
),
der sele etw. nüzlicher sein, danne [...], um das heil der sele n. sein, das [...]
;
im
(refl.)
selber n. leben, Christum n. empfahen
;
das nüzliche schauen
.

Belegblock:

Strauch, Par. anime int.
104, 30
(
thür.
,
14. Jh.
):
der ist nutzlichin arm der sich allir der dinge arm machit.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
zúhet dich Cristus, so [...] lo in wúrcken, bis sin instrumente, das ist ime lóbelicher und dir nútzlicher das du dich hie inne lossest.
Wer nu diese [...] lere verstan wil und Gotte erlichen und ime selber nútzlichen leben, der sol sich mit innigem ernst und mit demuͤtiger uͤbunge und gebetten innewendiclichen zuͦ Gotte keren.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
3, 175
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
vnd beschowent got [...] in einem einfaltigen sehende in goͤttelicher clarheit. Vnd das ist das edelste vnd daz nútzlicheste schowen, dar man zvͦ komen mag in disem lebende.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
1060
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Das der sol ain luter hertze haben | Der Cristum nutzlich wil enpfachen.
Sappler, H. Kaufringer
22, 17
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die [guote werk] sind im zwar nicht nützleich | zuo dem ewigen himelreich.
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 8, 34
([
Augsb.
]
1523
):
huͦt d’ seüw oder lere ein handwerck / wirt deiner seel nutzlicher sein dañ das du Cristu͂ nit keck vñ froͤlich wollest bekennen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
19, 29
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
nutzleich guet ist sie
[
erzneie
; Maria]
füerwar, | sie tuet smerzen freie.
Klein, Oswald
1, 86
(
oobd.
,
1421
):
Hett ich mein lieb mit halbem füg | got nutzlich nach verzert, | die ich der frauen zärtlichen trüg, | [...] | so für ich wol an alle sünd
(Sinn: ›hätte ich die Liebe, die ich gegenüber der Frau hegte, nur zur Hälfte zum Heil der Seele für Gott aufgewandt, so ...‹).
Wyss, Limb. Chron. U ;
Mathesius, Passionale ;
Vetter, a. a. O. ;
Sappler, a. a. O.
2, 272
;
Andreae. Ber. Nachtmal
84r, 9
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
103, 1
;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 89
.
Vgl. ferner s. v.  2.
6.
›jm. in Liebe, fürsorglich zugewandt, jn. aufopferungsvoll liebend‹;
vgl.  7.
Gehäuft md.
Bedeutungsverwandte:
,  158.
Syntagmen:
jn. n. behüten, jm. n. dienen, sich gegen dem nächsten n. halten, liebe n. volbringen, Christus die erlösung n. getan haben, j. der gewalt n. wol gebrauchen
.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
76, 305
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wie ordlich, lieplich, nuczlich hot | Cristus got unser herre | Unser erlosung tane.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
359
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Ich
[Christus]
und die hailgen wend ir
[Mariä]
pfleger sin, | Und behütent sy nutzlich.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 7, 28
(
Straßb.
1524
):
DEr glaub an Christu͂ [...] neigt vns zuͦ lieb des naͤchsten dz einer sich halt gegen seinem naͤchsten nützlich vnd besserlich.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
sover graf Wilhelm Wernher weilunt seinem herrn vatter so getrewlichen und nutzlichen gedienet.
Klein, Oswald
1, 74
(
oobd.
,
1521
):
Lieb ist ain wort | ob allem schatz, wer lieb nutzlich volbringet.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob .
7.
s.  3.