nutzen,
nützen,
V.
1.
›(jm.) nutzen, helfen, etw. bringen, zum Vorteil gereichen‹; hier anschließbar: ›zum geistlichen Heil führen‹ (von der Einnahme der Hostie gesagt; s. u. den Beleg
Andreae
);
vgl.  1.
Phraseme:
etw. nuzt (jm.) nichts, nicht einen heller
.
Bedeutungsverwandte:
 1,  13,  3, , ,  2,  5.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Commodare seu prodesse. Nuͤtzen frummen batten helffen dienen zuͦtragen gedeyhen zu thun erschiessen klecken.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Von diengen so nichts nutzen / sagt man. Der Butter dient nichts zur Suppen.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
46, 3
(
Frankf./M.
1550
):
Den menschen / so inn zwitracht stehn / | [...] | Was soͤlches nutzt / das ist nicht vill.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
245
(
Nürnb.
1517
):
Darumb nützet, in sich selbst sehen und sein selbst warnemen.
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
55, 26
(
Coburg
1626
):
was nutzet / viel anfahen / vnd doch nicht enden.
Michels, Murner. Badenf. Vorr.
20
(
Straßb.
1514
):
Jch hoff sie [wörter] nützen manchen man!
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
eine Junge Wittib, [...], schrye, heulete, seufftzete, vnd kluxete, [...], welches Wesen alles doch dem verstorbenen nicht einen Heller nutzete.
Andreae. Ber. Nachtmal
75r, 13
([
Augsb.
]
1557
):
Der Herr Christus rede von seine͂ flaisch welches natürlich / leiblich / oder flaischlich geessen / nicht nutzet aber gaistlich geessen [...] das nütze.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Batten / dienen / nutz sein / nutzen / helffen / fuͤrtragen / zum vorthel reichen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
546, 1250
;
Bachmann, Haimonsk. .
2.
›jn. zu etw. gebrauchen, benutzen‹.

Belegblock:

v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
O liebs Weib, thu mich nur nit schlagn! | Ich laß mich all deins gfallens nützen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
217, 29
(
els.
,
1362
):
do erkantent sú daz Iudas sinen vatter hette erdoͤtet vnd sine muͦter zuͦ einre elichen frowen núczete.
Sappler, H. Kaufringer
14, 729
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
wann er under iren dank | nützet iren stolzen leib, | das si muost wesen auch sein weib.
Klein, Oswald
25, 93
(
oobd.
, wohl
1414
):
darumb liess ich mich nützen | auf den gerackten tod, | e ich mich wolt bekützen | mit kaines hofmans not!
3.
›etw. (konkrete wie abstrakt gedachte, unbelebte wie – seltener – belebte Gegenstände, sofern sie in der Handlungsmöglichkeit des Menschen liegen) je nach Gelegenheit und genuinem Zweck positiv oder mißbräuchlich benutzen, zu etw. verwenden, funktionalisieren‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
 123,  1.
Syntagmen:
etw
. (Akk.obj., z. B.
einen kotzen, js. zeug, ein zeichen, einen harnasch, eine lere, ein pferd, eine ku, gewande / kleider / kelche, beide schwert, erz / eisen / holz / stro
)
n., etw. nach / zu der notdurft n., einen dornbusch nicht nach eren n., gold zerpulvert n., die guttat zu den dingen n., die [...]
;
e. S
. (Gen.obj.; z. B.
der bleide
)
n
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Waz sol den liuten diu lêre oder daz lieht, dan daz sie es nützen?
Köbler, Ref. Wormbs
252, 9
(
Worms
1499
):
Es soll auch der hinder den etwas gelegt ist sich desselben nicht gepruchen oder nützen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
[
ein alte Tannen
sagt:]
So stehestu, Dornbusch, bey der Erdt, | [...] | Man thut dich nit zun ehren nuͤtzen.
Strauch, Par. anime int.
87, 22
(
thür.
,
14. Jh.
):
di uzewendigin dinc mac man nutzen zu der noitdurft, nicht zu unmaze.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3509
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ess [guld] machet di ussetzigen reine | wo man ess nuͤtzet zupulvert kleine.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
41, 28
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Wi di Tartirn han genuczt der blidin.
Gille u. a., M. Beheim
80, 48
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
[Man soll]
die gutat nur cziehen | und nüczen czu den dingen dach, | durch der willen sy im dann ach | sein geben.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Syben tage nútz
[
Froschauer
1530:
sol [...] anlegen
;
Eck
1537:
würdt brauchen
;
Luther
1545, 2. Mose 29, 30:
sol [...] antziehen
]
sy [gewande] der der so geschickt wirt ein bischoff fúr in [aaron] von seinen súnen.
Klein, Oswald
112, 147
(
oobd.
,
1438
):
die gaistlich sein und weltlich recht | regieren mer, wann ritter und knecht, | und wellen nutzen baide swert.
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
195, 218
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Als wirt sehen an dem eysen: So man das ye mer nüczt, so es ye lichter vnd scheiniger wirt.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
Wen ain knecht dem andern oder ainen perkherren seinen zeug nützt über seinen willen, der ist fällig lxxij.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Struck, Marienst. Wetzlar
1158, 26
;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
214
;
Vetter, Pred. Taulers ;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
219, 14
;
Sappler, H. Kaufringer
21, 89
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Uhlirz, Qu. Wien ;
Zingerle, Inventare ;
Piirainen, Stadtr. Sillein
131b, 3
.
4.
›Nahrung (Speisen, Getränke) zu sich nehmen; etw. essen oder trinken‹.
Älteres und mittleres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
(
das
1, (V.) 1.
Syntagmen:
brot / kol / kost / schmälzete / wasser / wein (nicht) n., öl in der speise, fleisch / fisch zu der speise n., etw. für armut / durst / hunger n
.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Ouch hatte dirre Same wol | gesên dî brûdre ezzin kol, | des dî Prûzin nicht inpflâgin | nutzin dennoch bî den tagin.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
162, 21
(
els.
,
1362
):
Si was so mesig an ire spisen daz sú selten, [...], oley in irre spise núczete.
Ebd.
475, 15
:
ein so strenge leben daz sú [Martha] weder fleisch noch fische, [...] zu irre spise núczete, noch trang keinen win.
Ebd.
480, 7
:
sine spise was one salcz daz er deste minre lustes do von enphinge; kein smelsete núczte er.
Niewöhner, Teichner
334, 18
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
waz man nutzzt fuͤr armuͦt, | fuͤr durst, fuͤr hunger, dez ist not.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
9, 32
(
tir.
,
1464
):
wenn halt die krannkhen münich das kalt wasser nücztnen oder trunkhen vnd das si etwas assen von gekochter speis, so [...].
Schönbach, Adt. Pred. ;
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
232v, 9
;
Primisser, Suchenwirt ;
Williams u. a., a. a. O.
163, 7
;
239, 17
.
5.
›(die Hostie, tropisiert als
osterlämlein, leichnam des herren
) nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6.

Belegblock:

v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
19, 37
(
omd.
,
1487
):
kelche allein zcür ere gottes, vnd das heÿlige Sacrament Cristi dar au̇ß zcu nu̇tzen [...] geordent sein.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
178, 15
(
els.
,
1362
):
so wir daz heilige osterlembelin wellent wirdeklich núczen. Daz ist der heilige lichame vnsers herren.
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 90
.
6.
›(etw. religiös Verklärtes, die Gegenwart des
herren
, die
werke gottes
) genießen‹; teils in der Metaphorik von
futter
und
ersättigen
gesagt;
vgl. am ehesten  7.
Bedeutungsverwandte:
 1.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
daz duͦ, herre, den menschen gewerdet hast vnde geedelt, daz her zuͦ hemele de werde vnde de vr
e
ouͦde vnde de wuͦnne, de duͦ seluͦe bist, immer mid der ewichliken nuͦtzen muͦz.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
darumb wurt in [schaffen] ouch mit voller massen gegeben das edel túre minnecliche fuͦter, daz ist das sú desselben gebruchent und nútzent und selig sint.
Goldammer, Paracelsus
4, 245, 26
(
1530
):
daß wir auch in uns das herz ersettigen [...] desjenigen, das uns got geben hat still und heimlich in der natur, dann es ist nit beschaffen, daß niemants nutzen soll, sunder daß mans nutzen soll und brauchen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
dú saͤlgú sel hât únsern herren in hýmelrich nach irem willen in aller wolnust und nutzet in vroͤlich.
7.
›etw., das als Arznei, Heilmittel gilt, gegen eine Krankheit anwenden, applizieren, einnehmen; etw. als Stoff zur Pflasterherstellung nutzen‹.
Fachtexte der Medizin und Pharmazie.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
knoblauch, eine diät
)
n., etw
. (z. B.
bleiweis
)
ausserhalb leibes, in den leib n., etw. in das pflaster n., jm. salbei zu n. geben
.

Belegblock:

J. W. von Cube. Hortus
4, 20
(
Mainz
1485
):
knobelauch gesotten vñ genützet machet helle stimme vñ beny͂met den alten husten.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
58, 8
(
Frankf.
1535
):
Etlich diser steyn seind schwartz [...] diß seindt beyd guͦt genützt in der artznei.
Ebd.
116, 2
:
Darumb sol Bleiweiß außwendigs leibs genützt werden / vnd würt genützet in die plaster.
Weitz, Albich v. Prag
169, 22
(Hs. ˹
nobd.
,
2. H. 16. Jh.
˺):
nempt alz fil ir myt dreyen fingern begreiffen moͤget vnd nuczt vnd eßt daz.
Keil, Peter v. Ulm
239
(
nobd.
,
1453
/
4
):
ob man sein [electuaria] al tag des morgens vnd des obentz j lot mit wein, [...], nutzet.
J. W. von Cube. a. a. O.
4, 49
;
132, 29
;
Belkin u. a., a. a. O.
94, 17
;
182, 6
;
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
232v, 8
.
Vgl. ferner s. v. .
8.
›etw. (meist: Immobilien, darunter speziell Grundstücke, ferner: gewinnbringend nutzbare Naturgegebenheiten wie Wasser, auch: Rechte, Einnahmen u. dgl.) in Besitz haben, zur Erzielung von Erträgen nutzen‹ (ohne die
eigenschaft
zu haben);
vgl.  45.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
 5,  2,  2, (V.) 1,  12.
Syntagmen:
einen wald, den zol / zolpfennig, die almende / aue / behausung / fischweide / hecke / pfründe / rünse / wonne / weide, das geld / gut
(oft)
/ land / stük / wasser n
., ütr.:
eine gnade n.
(zu
wirken
).
Wortbildungen:
nutzer
,
nuzgewonheit
(dazu bdv.:  2, ).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Poßidere. Jnhaben besitzen ¶ brauchen nuͤtzen niessen.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
de vischer solin ouch nicht daz wazzer nuͦzzen wen also verne, so se mit eyme netze gestriken mogen vz deme schiffe.
Strauch, Par. anime int.
42, 21
(
thür.
,
14. Jh.
):
Uch ist gegebin nicht geliginde gnade, daz ist nicht alleine zu nuzine, mer gewaldic dar uber zu sine daz ir da mide wirkin mugit.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
Man sol wyssen, das nyeman keynen zolphenning nyessen sol oder nützen anders, den er hingeordent ist.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Welcher ligende verpfente güter nützet / der sol die nutzung an der houptsum abziehen.
Voc. Teut.-Lat.
x vijr
(
Nürnb.
1482
):
Nutzgewonheyt od’ gewonunge, vsus od’ geprauchung.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1310
):
daz er oder sin erben daz gelt von den zinsen und von den ackern súllent haben, nútzen und niessen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Nutzer / Der die nutzung eines dings hat / der gwalt hat die frucht zenemmen / so doch die eigenschaft deß guͦts einem andern zuͦgehoͤrt. Fructuarius.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1310
/
2
):
Swer in dem Spital ein pfruͤnt innimet und nuͤtzet, swenne der stirbet, der sol sein guͦt dem Spital lazzen.
Laufs, Reichskammergo.
271, 15
;
Küther, UB Frauensee
392, 3
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Schib, Urk. Laufenb.
173, 15/21
;
Winter, Nöst. Weist. ;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
50, 15
;
97, 15
;
Vorarlb. Wb.
2, 574
.
Vgl. ferner s. v.
1
 1.