notwer,
die
;
-Ø/–
.
1.
›Notwehr, rechtlich anerkannte Abwehrreaktion einer Person auf ihr gegenüber ausgeführte Unfreundlichkeiten, Tätlichkeiten, auf ihre Besitztümer, auf Leib und Leben, auch auf Unterlassungen eines anderen‹ (sowohl als Handlungstyp wie als Einzelhandlung). - Das Handlungsmuster
notwer
unterstellt in aller Regel eine erwachsene männliche Person (vereinzelt ein Tier) als Urheber und eine andere (meist nicht näher spezifizierte) Person als Betroffenen. Als Handlungen, die zu einer Notwehr führen, gelten
benötigung
3,
mutwille
3,
unzucht, tätliche anfechtung
5,
verwarlosung, beschädigung
3,
berauben
1 (z. B. der
ere
, des
lebens
),
angreifen
10,
schlagen
(darunter:
zu tode
),
hauen
12,
stechen
(V.) 1,
vergewaltigen, wunden, jn. anlaufen
5,
steinwurf, raub
. Als Beweis (
vor gericht
) kommen
wunden
in Betracht, ferner das
schweren zu den heiligen
, der Eid durch zwei Personen; dem Beweis können Gegenreden, Ausreden u. ä. folgen. Strafen sind der Verweis aus der Stadt, die Todesstrafe; ein Teil der Belege betrifft die Tötung des Verursachers bei der Anwendung von
notwer
;
vgl. (
die
12.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
wort um wort ist notwer
;
etw. notwer (des leibes) tun
.
Bedeutungsverwandte:
 1, ; vgl. , (
der
3.
Syntagmen:
(die / eine) n. tun (gegen jn.) / bereden / beweisen /
1
beweren (mit dem eide, mit zweien mannen) /
1
geweren / entschuldigen / gezeugen, war machen, auf etw. gründen, mit rechte begründen
;
der n. gezeugen, sich der n. behelfen, / erweren
;
sich auf eine n. ziehen
›herausreden‹,
etw
. (Subj.)
in n. geschehen, jn. in n. entleiben, zu(m) tode bringen / schlagen, etw. in n. tun, sich eines tieres mit n. aufhalten
›erwehren‹,
die rottengeist mit n. abschaffen, jn. zu n. dringen, zur n. erfordert sein, das [...]
;
(die) n. des lebens / leibes
;
die rechte / rechtmässige n
.;
die entleibung ausserhalb einer n
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
der wicher sleit ienen
[der jn.
anläuft
]
tot in rechter not were. Nvͦ vrage wir, we her de not were bereden sole.
wuͦndet eyn man sinen heren oder sleit in tuͦ dode in rechter not were [...], der ne tuͦt nicht wedder sine truͦwe.
Luther, WA (
1520
):
Da her [...] kompt das gemeyn sprichwort von der nott were, das die selb unstrefflich ist, was sie vorwirckt.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
6, 9
(
Frankf./M.
1563
):
und [etliche] schreiben frey offentlich ahn die Glaubigen / daß sie moͤgen mit nothwehr und eygener gewalt die Rottengeyst abschaffen / ob sie schon ausserhalb irer Jurisdiction seien.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Notwehr. Vervrsachte defension. Rettung / Oder / Gegenwer.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
das mich der obgenant N. berauben und entenen wolt meiner ere, lebens und leibs, so das ich gein ime ein recht notwere habe tun mussen, das ich wol erzeigen mochte; [...]. Mag N. gezeugen, wie recht ist, das er ein rechte notwere gein Jorgen getan habe, also pleibt er der kampferwunden an wandel. Kan aber N. der notwere, wie recht ist, nicht gezeugen, so sal er umb die kampferwunden leiden.
Köbler, Ref. Nürnberg
384, 8
(
Nürnb.
1484
):
doch so yemant sich der Tier mit der notwere zu frischer tat auf heldet mit beschedigung derselben. darumb ist er des Tiers herren nichtzit schuldig.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1564
):
wann zwen ainander schlachend, ob dann ainer zuͦ dem andern clagt, er hab ine geschlagen, und dann der ander spricht, er hab es angefangen, und wölle ain nothwehr war machen, thuot er das, so richt er, der das schlachen angefangen hat, für sie beed.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1290
/
1300
):
und sol er notwer bewern mit sinem aid und mit zwaien andern erbern mannen.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1254
):
Swer ein unzuht tuͦt, [...], wirt er darumb angesprochen und mag er daz bringen, daz er ez getan notwer sines libes, der sol darumb deheinem rihter niht buͤzzen.
Piirainen, Stadtr. Sillein
87a, 29
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
SLecht ein man einen hunt czu tode odir bern odir ander tyr dy weyl ez ym schaden wil er bleybt an wandel ab er ez beweren tar auf den heiligen daz erz in notvere tete.
Hertel, UB Magdeb. ; ;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
161, 24
;
Kisch, a. a. O. ;
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ;
Geier, a. a. O. ;
Müller, Stadtr. Ravensb.
66, 26
;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 619, 5
;
Dirr, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  5,  4,  9,  2.
2.
›Vorrichtung technischer Art gegen naturbedingte Katastrophen, kriegerische Angriffe‹; auch ›Tatwerkzeug‹; als Metonymie zu 1 auffaßbar.
Bedeutungsverwandte:
,
1
,
1
 2, , .

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vallum. Schuͤtte wehr wall thamm bollwerck vorwarte wehrine streichwehr vorschirm vorwehr notwer schantz bastey ¶ wagenburg zwingart.