notdürftigkeit,
die
;
-Ø/–
.
1.
›materielle Armut, Bedürftigkeit des Menschen; Machtlosigkeit, Verlorenheit, Sündenverfallenheit, Ausgesetztsein des Menschen im Angesicht Gottes, Schwäche der unteren Seelenkräfte‹; auch mit Übergang zu: ›aus eingebildeter
notdurft
resultierende Raffgier‹;
vgl. am ehesten  1.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
 1, .

Belegblock:

Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
322
(
pfälz.
,
1436
):
dar jnn auch die obersten creffte den vndersten krefften beholffen sint zu der notdurfftikeit.
Ebd.
704
:
wie sie [wücherer] zu hilffe kommen vnd nicht beswerent armut vnd notdurfftikeit armer ellender lüte, den sie das jre abgewuchert haben.
Böhme, Morg.R.
151, 2
(Hs. ˹
schles.
,
1612
˺):
ist sich deß hoch zu erfreuen / daß des Menschen geist in seiner nottuͤrfftigkeit vom Heiligen Geist erleuchtet [...] wird.
Schmitt, Ordo rerum
432, 19
(
alem.
,
1486
):
Egestas – dorfftikyt – noturfftigkait – dürfftikait oder armuet.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 322
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
Dirre war vmbe sint viere: gottes barmhertzikeit vnd vnser notdurftikeit, gottes miltekeit vnd vnser begirlichkeit.
Höver, Bonaventura. Itin. A
384
(
moobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
dye indruckhumb, dye da ist behallten vnd hailsam machen vnd gancz gnügsam vnd dy da austreibend ist alle notturftikhait des begreiffers.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
31, 37
(
tir.
,
1464
):
vnd rauben die lebentigen vnd auff oppfhern got dem herren von der arbait vnd nottürfftikhait der armen menschen.
2.
›Bedarf, den der Mensch oder eine Gemeinschaft an lebensnotwendigen Gütern, darunter an Nahrung, Kleidung, Geldmitteln u. ä. braucht‹;
als Metonymien: ›Bedarfsdeckung sowie die dazu gebrauchten Mittel‹; vgl.  2.
Bedeutungsverwandte:
 23.
Syntagmen:
die n. mit im
(refl.)
nemen
;
js. n
. (Dat.)
vor sein
;
jm. gutes nach n. meren, einen rok zur n. haben, wein zur n. trinken, einem kloster zur n. etw
. [einen Geldbetrag]
geloben
;
die n. des leibes, des klosters, der priester / menschen
;
die offenliche n
.;
die zeit der n
.

Belegblock:

Chron. Köln (
Köln
1499
):
so nam he [Noe] mit ym in die Arche lijfs noitdorfftichet.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
257
(
pfälz.
,
1436
):
dinen bettelsagk mach durch demütikeit breyt gegen got, jn dem alle richtüme ist, darumb das er dir gutes mere nach notdurfftikeit, wann die hochuart ist ein geswulst des hertzen.
Köbler, Ref. Franckenfort
22, 4
(
Mainz
1509
):
Dweil aber dryerley ferien vnd fyer / ettlich in gots vnd seiner heilige͂ eer / die andern ob noturfftigkeit der menschen / vñ die dritten vß ettliche͂ mercklichen zúfellen der oberkeit erwachsen / So woͤllen wir [...].
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 136, 14
(
omd.
,
1425
):
do vor czu eyner vorguͤtunge gelobete her czu notdorftikeyt des selbigen closters [...] uns brudirn XII gute mark.
Gille u. a., M. Beheim
124b, 614
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sy [Maria] het an ir die rain | gar ainen slehten rok durch kain | czirhait mit nichten, sunder | Nur czu irer natürfftikait.
Wolf, Norm im sp. Ma.
38, 30
(
oobd.
,
1486
):
In der zeit aber der offenlicher natturftigkeit. sein dy bruͤder nit verpunden zw fasten leiplich.
Mollay, Ofner Stadtr.
297, 6
(
ung. inseldt.
,
1. H. 15. Jh.
):
daß man yn vor seÿ mit grossem fleiß vnnd irer notdorftikait Mit namen den priesternn, wen sÿ allein vnßers heils vnnd vnßer sel salikait fleisig seÿn, Also sullen wir alle mittenander sorgfellig seÿn vmmb dÿ notdorftikait ires leibes.
Rechn. Hermannst.
275, 4
(
siebenb.
,
1503
):
Brath Ÿstwan hat geladen czw her Hans Wal eynen weÿn vnd ander notdıͤrfftikÿt vnd gefurt pÿ den turrin.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
61
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
3.
›Notwendigkeit, die sich aus der Tatsächlichkeit natürlicher, sozialer, rechtlicher, religiöser Vorgegebenheiten, Bedingungen, Bräuche herleitet und als Zwang, Beeinflussung empfunden werden kann‹;
vgl.  45.
Bedeutungsverwandte:
(
der
9, (
die
2, .

Belegblock:

Neumann, Rothe. Keuschh.
2759
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
so komet dan di gewonheid | unnd heldet ess vor ein notdorfftikeid. | di notdorfftikeid vorder locket | das der mensche dar ynne vorstocket.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Sunder wurden sy [iuden] gefurt mit bitter notdurfftikeit
[
Froschauer
1530:
zwang
;
Dietenberger
1534 /
Eck
1537:
not
;
Luther
1545, 2. Makk. 6, 7:
gewalt
]
zuͦ den oppfern in dem tag der geburt des kunigs.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
es wer dañ das yetweder teil vß notturfftigkeit irs rechten etwas wyter inzebringen hett.
Warnock, Pred. Paulis
26, 81
(
önalem.
,
1490
/
4
):
Aber sid die hailig kylch botten hát den laygen, es ainmal im jar ze enpfachen, so ist es jetz der noturftikait by hail der sel.
Bauer, Imitatio Haller
94, 24
(
tir.
,
1466
):
Wand die ding die muessen alle vndertenig sein der natur, als denn ist essen vnd trinkchen, schlaffen vnd wachen vnd ander notürfftikhait.
Wackernell, Adt. Passionssp. Vsp.
1116
(
tir.
,
1530
/
50
):
Der herr pegert sein [eslin unnd ein jungs] zu noturfftigckait.
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .