nonne,
die
;
–/-n
.
1.
›im Kloster lebende Angehörige eines christlichen Ordens‹;
nonnen
erscheinen in den Belegen nur selten unter neutralen oder gar positiven Aspekten; im Mittelpunkt negativer Prädikationen stehen: eine ihnen zugeschriebene Ungebildetheit, eine zwar beanspruchte, aber bezweifelte Keuschheit, die
nonne
als Gegenstand männlicher Begierden, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit, durch die sie zu einer Verfügungsgröße wird, ihre besondere Geworfenheit in der Zeit der Reformation. Diesen Urteilen entsprechen teils ironisierende textliche Kennzeichnungen; im Orientierungsfeld mit: ,  1, (
der
1, ,  1,  1,  12,  2, ,  2;
vgl. generell:  1.
Phraseme:
als eine nonne den psalter lesen
›ohne jedes Verständnis lesen, etw. herunterleiern‹;
j. ist eine nonne
die Nonne abwertendes Sprichwort.
Syntagmen:
nonnen machen
›weibliche Personen ins Kloster geben‹ sowie ›einer jungen Frau den
hunger des nachts
austreiben, indem man sie
verschneidet
‹ (obszön; Motivation von
nonne
2 her; s. u. ),
die nonnen vertreiben, auf die gauchmat bringen, der bischof eine n. halten, aus jm. eine n. machen, die nonnen unkeusch halten
›für unkeusch halten‹,
die (heiratende) n. für eine ehebrecherin halten
;
die oberste schwester nonne
(doppelter Akk.)
heissen
;
die nonne / nonnen
(Subj.)
gut / heilig / selig sein
(ironisierend),
heiraten, man nemen, aus dem kloster laufen, sich aus dem kloster geilen, von gehorsam gebunden sein, im brand des fleisches leben, got um ire pfründe dienen, nur zälen / klaffen können, sich in den klöstern kasteien, mit müssiggehen beflissen sein, den kranken raten, das kleine weinmas nicht schenken sollen, bete / steuer geben, von der arbeit der hände leben, sich der welt entziehen
;
der nonnen eine meisterin, etw. zu leibgedinge geben
;
unminne an den nonnen siegen, untugend an den nonnen hangen, der mönch etw. auf einer nonnen misdichten, mit nonne eine klosterfrau verstehen, mit einem nönlein im psalter lesen
(erotisch anspielend),
j. nicht zu einer nonnen fügen, zu keiner nonnen tüchtig sein
›taugen‹;
die böse / geweihte / hübsche / verlaufene / vermärte / weltliche n
.;
das gelübde der nonnen
.
Wortbildungen
nönlich
›eindringlich‹ (dazu bdv.: ),
nonnenacker
(a. 1330 f.) Flurname,
nonnenblast
im eigentlichen Sinne wie , im Beleg ironisch abwertend ütr.: ›Leckerei‹ (Gw zu  3),
nonnenconvent
(Gw zu  1),
nonnenehe
(Gw zu ,
die
, 2),
nonnenfetzer
›j., der sich an Nonnen vergeht‹,
nonnenfist
(wie ; eigentliche Bedeutung, aber phrasematisiert:
jn
., z. B.
100 man, wie einen nonnenfist wägen
›für nichts halten‹),
nonnengasse
(a. 1430) Flurname,
nonnengesang
,
nonnengrabe
(a. 1583) Flurname,
nonnenhochzeit
›Fest anläßlich der Aufnahme eines
fräuleins
in ein Kloster‹,
nonnenkutte
(dazu bdv.: ),
nonnenrok
,
nonnenstand
,
nonnental
Flurname,
nonnenweile
›Schleier, Kopftuch der Nonnen; Haarband‹ (dazu bdv.: , ; Gw zu mhd.
wîle
›Schleier‹; dies aus lat.
velum
oder
vitta
; ),
nonnenzelle
,
nonnisch
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
1, 415, 15
(
preuß.
,
1424
):
doruff haben die nonnenconvente und ire probste verramet, das dieselben czinse in die gemeyne sampnunge sullen dienen und nicht vor die jungfrowen besundern, czu der leben sie gemacht seyn.
Alßo das du eyn nonne bist, macht dich nitt geystlich noch frum noch selick, ob du gleych alle regell, gesetz, werck des nonnischen orden thuͤst bey eynem har, ia, ob du gleych alleyn aller nonnen werck und weßen erfultist, ßondern der glawbe Christi thutts, der weyß nitt von nonnen noch von munchen, nicht von leyhen noch von pfaffen.
spricht Paulus, Munch-, nonnen-, pfaffenstand gillt auch nitt, ist eben ßo weltlich und unselig als deyn leyenstand.
Ebd. (
1523
):
Da her koͤmen die unsynnigen lerer des teuffels, die den Nonnen und allen Jungfrawen sonderliche kroͤnlin ym hymel schmiden unnd machen Christus breutte draus, gerad als weren andere Christen nicht Christus breutt.
Ebd. Anm. 10 (
1531
):
wiltu denn einen unkewschen, so findestu, wie er selber sagt, einen Zodomiter und boßhafftigen Nonnenfetzer.
Ebd. (
1539
):
Hie wird der Richter die buchstaben anders verstehen, denn zuvor, [...], Denn ehe man grund und ursach der reden erferet, so sind es buchstaben oder Chorschuͤler geschrey und Nunnen gesang.
Rosenthal. Bedencken
42, 18
(
Köln
1653
):
erinnere ich / daß S. Augustinus dein Gegenbedencker hie widerumb im Weg stehe / so viel die vnderfangene Nonnenehe betrifft / welche Augustinus einen Ehebruch so wieder Christum ist / nennet.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
die obersten [suster] sollen ir jungeren heiszen suster und die jungen sollen ir obersten heizzen nunnen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
15, 6
(
omd.
,
1487
):
Monche vnd Nuͥnnen entzcihen sich der werlt, sunde zcu vormeÿden.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
das kein pfaffe, geistlich, wertlich, nunne adder monch, das kleine win moss nicht schencke solde.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Nunnen, die in ein closter gegeben werden, ap die erbteil nemen mit iren geschwistern.
Gille u. a., M. Beheim
449, 810
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ain schar von mancher hande leut auss allen orden | wart im da kunn, | [...] | pebst, cardinel, bischof und ebt | probst, munch und nunnen, briester.
Fastnachtsp. (
nürnb.
,
1447
/
86
):
Wolt ir denn ein fromer eeman pleiben, | So sult ir keiner kein pulprief schreiben, | Und zecht nicht vil in nunnenzellen, | Das euch der eilft vinger icht werde geswellen.
Ebd. (
nürnb.
,
v. 1494
):
Täufter Jud
[Überschrift]
Nunnen machen! Ir herren, die meid kan ich verschneiden, | So wie des nachts hungers leiden | [...] | Do sie ir heimlich pulschaft haben.
Ebd. (
nobd.
,
15. Jh.
):
Drey nunen fragten an einander mere | Welches das edels fleisch were.
Thiele, Minner. II,
18, 256
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
wer ich ain nunn in ainer cloß, | ich welt im helffen mettin singen, | das allú gloͤcklün muͤsten clingen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Es ist ein grosse schant in der warheit einer gaistlichen froͮwen, das man von ir moͤcht sprechen: sie ist ein kluge nun.
Adrian, Saelden Hort
4922
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
vil iezunt och dez kunnen | swestran und swarz nunnen: | so man den git ain maisterin, | ain priolin, ain abtissen | dú nur kan zelen, klaffen, | [...] | swie salig, hailig und guͦt | si ist.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 7, 14
(
Straßb.
1524
):
Folgt das pfaffen / Münch / Nonnen ec. so leben in so grossem brand ires fleysch.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 303, 24
(
Hagenau
1534
):
Du hast mir an ein knye gesehen / du darffest nun keyne Nunne werden.
Goedeke, Fischart Flöh Haz
3660
(
Straßb.
1594
):
man muß die zen euch schaben, | Euch nun mit nonnenblast erlaben.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
):
wil euch hierin gebeten haben münch, nunnen und was irs gleichen mit müßig gen, den kranken zu raten, geflissen ist.
Bremer, Voc. opt.
18009
(
ohalem.
1. V. 15. Jh.
):
viler [...] nunnenwile [...] haurband [...] est ligatura qua crines mulieris capiti colligantur. Et dicitur a vincio [...], quod significat ligare. Et transsumitur vitta pro ligatura, qua corrona capiti colliogatur; et eciam accipitur pro ligatura, qua infula capiti colligatur.
Ebd.
18010
:
Velum nummenwile [...] vmhand.
Kottinger, Ruffs Etter Heini (
ohalem.
,
1538
):
iarzytt stifften, opfer bringen, | orglen, pfifen, läsen, singen, | clöster stifften, nunnen machen: | das diene alls zuo disen sachen
(958:
wolstand
).
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
346, 19
(
Genf
1636
):
Nonnenkutt / oder Nonnenrock.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Hierauf
[nach finanzieller Zuwendung]
wardt die nonnenhochzeit fürgenomen.
Rot
332
(
Augsb.
1571
):
Nunn oder Nonna, Ein außlendisch woͤrtel / das in die Lateinisch sprach nit gehoͤrt [...]. Wirdt ein kloster fraw oder betschwester damit verstanden.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
singen’s peten’s lesen’s gleich wie man spricht als ein nun den psalter, wissen nit was ist.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
ez mag nicht allez werden versunnen, | ez misticht ein muͤnich auf einer nunnen.
als mein muͦter waͤnt, ich les den salter, | so mint ich ein nunn hinter dem alter.
hundert man an diser frist, | di wag ich als einen nunnenvist.
Große, Schwabensp. ;
Rosenthal. a. a. O.
28, 25
;
40, 23
;
Sievers, a. a. O. ;
Küther, UB Frauensee
374, 4
;
Dietrich. Summaria
30r, 17
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
613, 2
;
Thiele, Minner. II,
13, 126
;
18, 11
;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Goedeke, P. Gengenb. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Roder, Hugs Vill. Chron. ; ;
Baumann, Bauernkr. Oberschw. ;
Klein, Oswald
32, 57
;
42, 66
;
Shess. Wb.
5, 257
;
Vgl. ferner s. v. , .
2.
›(verschnittenes) weibliches Schwein‹; Motivation (wie bei
mönch
2) über das Keuschheitsgelübde von
nonne
1.
Bedeutungsverwandte:
2
 1,  2, , , ; vgl. , , .
Wortbildungen:
nonnen
(V.) ›(weibliche Schweine) verschneiden‹,
nonnenmacher
›Schweinegelzer‹ (dazu bdv.: vgl. ).

Belegblock:

Joachim, Marienb. Tresslerb. (
preuß.
,
1402
):
1 firdung, dy suge im Caldenhove zu nonnen.
Bremer, Voc. opt.
54141
(
wobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Porca [...] muͦterswin [...] nunn.
Maaler (
Zürich
1561
):
Nunn / Ein verschnittne loß. Nunnenmacher / Der den seüwen außhauwet.
Boner, Urk. Aarau
736, 9
(
halem.
,
1587
):
als sy zuͦ Ruͤd by tisch gesessen sind [...], habe Hans Ersam der nunnenmacher von Zofingen gerett, das [...].
Rot
332
(
Augsb.
1571
):
Nunn [...] Jtem ein schweinßmuͦter.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
diu verhermüeterlein werdent sneller vaizt, sô man si genunnet hât.
Schib, Urk. Laufenb.
319, 8
;
Vorarlb. Wb.
2, 555
;