niederlassen,
V., unr. abl.;
zur Formenvarianz s. ; ferner:
Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
1988
, Zugang über S. 573. – Alle Bedeutungsansätze von der Abwärtsbewegung von  1 her motivierbar;
-lassen
am ehesten an  2 anschließbar.
1.
›etw. (Bezugssachen) / jn. (Bezugspersonen, seltener) von oben nach unten bewegen, herunternehmen, -stürzen, -werfen‹; refl.: ›sich [wo] hinabstürzen‹; mit Subj. d. S., z. B. von einem Stein gesagt: ›niederstürzen, -fallen, -prasseln‹; im einzelnen (je nach Handlungszusammenhang): ›(die Schwurhand) senken‹; ›(eine Waffe) senken, zum Boden richten, hinlegen‹; ›(ein Kreuz) auf die Erde legen‹; ›(das Zelt) abbrechen‹; ›hinabschießen, -stoßen‹ (von Raubvögeln gesagt).
Phraseme:
das garn niederlassen
›Nachsicht walten, jn. davonkommen lassen‹;
jm. ein seidenes küssen niederlassen
›jn. schonend behandeln‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.
Gegensätze:
 1,  2,  12.
Syntagmen:
j
. (der Schwörende)
n
. (absolut) ›die Schwurhand senken‹;
die hand n
. (dasselbe),
etw
. (z. B.
eine brücke, das kreuz, das zelt, die spiesse
)
n., jn. in die lewengruft n., sich aus der luft n
. (vom
falken
gesagt),
sich in die luft, auf die knie, zur erde n
. (z. B.
an einem strange
); (
ein stein
, Subj.)
sich n
.
Wortbildungen:
niederlas
1a) ›Abhang am Kirchendach‹; 1b) ›Auflage, Rampe, auf der die Decke einer Brücke ruht‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz unser herre Jhesus Crist | Durch des hochvertigen vleisches guft | Sich lieze nider in die luft.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
250, 6358
(
Magdeb.
1608
):
KNeiper der Falck ist sehr geschwind / | Wenn wir am allersichersten sind / | [...] | Auß der lufft er sich nidder lest.
Redlich, Jül.-Berg. Kirchenp.
2, 391, 7
(
mfrk.
,
1452
):
Subjugentes ulterius quodsi esset appendium vulgariter „nederlaiss“ ad hoc abbatissa.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Der stein der sich nider liez | Und die sule gar zurstiez, | Wart zu eime berge groz.
Nider wurden sie en lan | Unden in der lewen gruft.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
1355
):
Also sullen si mit einander sweren alle sechse, mit einander ufheben, mit einander niderlazen.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
6, 86, 18
(
Straßb.
1520
):
Denen sol der bapst deiner achtung ein seidin küssin setzen / vnd sanfft nider lassen / oder kiechlin bachen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
umb das | Muͦstent sú von ersten wider | Uf die erde lan das crúce nider.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1498
):
Och die kurtzen rök und mäntel, das kainer die kürtzer trag, denn ainer mit siner nidergelaussnen hand raichen mag.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Und gieng damit uß keysers zält, desglichen die andren fŭrsten ŏch, und liessend ire zälten nyder von stund an.
Maaler (
Zürich
1561
):
Das garn Niderlassen / Darmit einer daruon komme / Einen lassen streychen vnd darvon faren.
Sappler, H. Kaufringer
14, 192
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
die slagprugg muost er niderlan.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
huͤb er die hant auf, e in der richter oder der scherig hiezz, oder liezz die hant nider, so er den ait volbraecht hiet, [...], daz sol im [...] unschedleich sein.
daz die enspaem zwischen der joch haben sechsunddreizzich schuͦch und daz man die niderlazz beschuͤt.
Weber, Füetrer. Poyt.
293, 2
(
moobd.
,
1478
/
84
):
HIe mit er an dem stranngen | sich ließ zer erden nider.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
136
.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›sich hinsetzen, Platz nehmen; rasten, sich ausruhen; sich niederlassen (von Vögeln); sich zur Ruhe legen, schlafen gehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  5; vgl. ,
1
.

Belegblock:

Luther, WA (
1527
):
Denn wye sich der leib naiget unnd das knye bucket, Allso lest sich das hertz ynnwendig für got nider.
Karnein, Salm. u. Morolf
740, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
sie ließent sich nider an ir ruge, | bitz von dem tage es liechten began.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
63, 17
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
so sint di lute do unde merkin wo sich di aren nidir losin czu genyzen des vleyschis.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
da manig stolze hirtze nach hitzigem ernste sich hat nider gelan und da erweichet und unmehtig worden ist, und daz ist laͮwes leben nach eime hitzigen anvang.
Adrian, Saelden Hort
7983
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
daz si [sünderin] ze sinen fúessen | sich rúwenclich nider lie.
Ebd.
8817
:
Jesus hies sich do nider lan | bedú frowen und man.
3.
›sich wo niederlassen, dauerhaft ansiedeln; wo Wohnung, Herberge nehmen‹ (jeweils von Personen gesagt); ›wo einfallen‹ (von
heuschrecken
gesagt).
Bedeutungsverwandte:
 2, ; vgl.  2,  2,  4,  3,  1.
Syntagmen:
sich
[wo, z. B.
an der Sale / Werra, bei der Donau, in einer gasse, in ein land, in Sachsen
]
n., sich unerlaubt, mit arbeit / bau / herschaft, weib / kindern
[wo]
n., die heuschrecken sich
[wo] (z. B.
am getreide
)
n
.

Belegblock:

Thür. Chron.
10v, 21
(
Mühlh.
1599
):
auffs letzte kamen sie [etliche Roͤmer] in Sachssen / da liessen sie sich nieder / vnnd Baweten.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
146r, 28
(
Leipzig
1588
):
[die Hewschrecken] Haben allenthalben grossen Schaden gethan / am Getreyd vnd Wiesen / wo sie sich niedergelassen.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica (
schles. inseldt.
,
1481
):
das ir woldet dem czeÿger desses briffes gẅtte wellen dirczeyen [...], vnd wo her sich wert neder lossen.
Goedeke, P. Gengenb. (
wobd.
,
1516
):
Zuͦ Basel in der Malentz gassen, | Do hat sich fraw Venus nider glassen.
Adrian, Saelden Hort
1262
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
da Joseph sich da nider lie | mit der zartun frowen sin.
Maaler (
Zürich
1561
):
Sich in ein land Niderlassen vnd wonen.
Moscouia
B 2r, 36
(
Wien
1557
):
das Slauonisch volck sey auß der Nation Japhet / vnd hab sich bey der Donaw nidergelassen.
Rueff, Rhein. Ostersp.
1587
;
Thür. Chron.
97r, 16
;
Vgl. ferner s. v.  1,  8.
4.
›aufhören‹ (von physikalischen, psychischen, sozialen Bewegungen und Zuständen unterschiedlicher Art gesagt); im einzelnen: ›müde werden‹; ›abebben‹ (von einem Wasserschwall); ›ein Ende nehmen‹ (von einem Krieg); am ehesten hier anschließbar: ›(den Zorn) fahren lassen, sich beruhigen‹; auch: ›sich demütigen, selbst herabnehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
 19.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
Das [...] ich teglich [...] vorwarnet werd, ich sol mich nit so gemeyn yderman machen, und schelten meynen altzu nidergelassenn geyst, [...]: hatt noch niemant mir eynen hochmuͤttigen geyst geben denn allein Emser.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
lant úwern sin und muͦt nider, die wile es got und úwer ohren von úch wellen han.
Maaler (
Zürich
1561
):
Den zorn Niderlassen. Iracundiam remittere. Die grimmen hertzen Niderlassen. [...]. Nach dem vnd sich der zorn Niderließ vnnd gestillet was. [...]. Sein gemuͤt Niderlassen / vnnd zuͦ friden stellen.
hail. altvaͤter (
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
do liess sich das wasser
[vorher:
wag
]
nieder vnd vergass aller siner vngestuͤrmi.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Do sich diser krieg mit sölichem löblichem end nieder liess [...], ward [...].