niederfallen,
V., unr. abl.
1.
›aus physikalischen Gründen oder aus damit verglichenen Kräften niederfallen, niederstürzen‹; am ehesten hier anschließbar: ›untergehen‹ (von Himmelskörpern);
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (intrans. Variante),  3.
Syntagmen:
ein flus, ein eisen / stein
, (ütr.:) ˹
himmelbrot, die himmelzeichen / sterne˺ n., etw. als der saum eines kleides n
.; subst.:
das niederfallen des wassers
.
Wortbildungen:
niederfällig
3 ›baufällig‹ (a. 1430).

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Ein îsen, des natûre ist, daz ez nidervellet daz hebet sich ûf wider sîne natûre und henket sich an den agestein durch edelkeit.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ein offenbâre bewîsunge an dem steine: des ûzer werk ist, daz er nider valle und lige ûf der erde.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
dieweil der Fluß Amazones so starck niderfellt / daß [...].
v. Tscharner, Md. Marco Polo
63, 12
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
di adamant, di vint man in den rissin in den das wassir nidir vellit.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
sô entsleuzt sich der gar edel dunst in sô zartez wazzer [...], daz man sein nidervallen niht prüeft unz daz diu löckel naz sint.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
6, 51
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
das himmelprot viel nider auf den kle.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
14, 12
(
noobd.
,
1347
/
50
):
die zwelf himelzaichen und auch die stern gent niht geleich auf noch vallent geleich nider allen leuten auf erden.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
122, 16
;
Hübner, Buch Daniel ;
Brévart, a. a. O.
45, 8
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
2.
›umstürzen, zusammenbrechen, umfallen‹ (von Gebäuden o.ä. gesagt).
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 5,  7.
Syntagmen:
ein stal / wirtshaus / gebäu, eine burg / mauer n
. (z. B.
mit brosteln, mit einem knal, in den boden
); vgl.  1.
Wortbildungen:
niederfal
2 ›Einsturz‹ (z. B. von Mauern).

Belegblock:

Herborn u. a., Rechn. Jülich
95, 26
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
dee selve meist(er) Wilhem [...] hait [...] an eyne(n) stalle, de ned(er) gevallen was, gearbeit.
v. Groote, Wierstraat. Bel. Neuß vor (
Köln
1497
):
Wie die stat van Nuzss groyss anxt ind arbeyt hatte vmb nederval der vyssersten muyren.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
[Anno 32] fuel ain groß wurtzhauß in boden nider.
Heydn. maister
34r, 7
(
Augsb.
1490
):
Jn de͂ selben auge͂blick viel nider das haus.
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 244
;
Hulsius
E jv
;
3.
›aus unterschiedlichen Gründen unkontrolliert nieder-, zur Erde fallen, zusammenbrechen, in etw. abstürzen‹ (von Personen, vereinzelt von Tieren gesagt); hier als Ütr. anschließbar: ›in den Abgrund, in die Verdammnis fallen‹; ›auf Irdisches zurückfallen‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
das vieh n., j. n
. (z. B.
schmerzlich, wie das vieh, vor zorn, von einer bürde, in amacht, auf die erde, auf den plan, in eine gruft
).

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Vorwuͦndet ein tier in einem ban vorste vnde daz louͦfet vor im vz vnde cuͦmt in anderen ban vorst vnde iz vellet da nider, wes daz si, des vrage we.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
629, 3601
(
Magdeb.
1608
):
So bald die Feind wolten anlauffen / | Gliedweis abschossen in den Hauffen / | Vnd die vorn stunden niderfielen.
Beckers, Bauernpr.
53, 29
(
Köln
1515
/
8
):
so vallet dat veich ned’ vñ steruet.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
123, 33
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Als die konnigynne das gehort da viel sij nyeder in amacht.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
der Ritter in kurtzem sie so wüst hingerichtet, daß er sie alle beyde onmechtig auff den platz niderfallen gemacht.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
wer den ban | Breche, den solde man lan | Vallen gar an allen wan | Nider in der lewin gruft.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
so viel er nider uf die erde [...], und von dem nidervallene so gesteketen in ime die nagel
(eines ihn kasteienden Kreuzes).
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
die
[die einen bestimmten Weg nicht gegangen sind]
vallent alle dernider und vallent in den grunt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Niderfallen / Fürsichfallen oder schlipffen. [...]. Schwarlich Niderfallen. [...]. Vnder der burde Niderfallen.
Bauer, Geiler. Pred.
79, 25
(
Augsb.
1508
):
Wenn du dein hertz wildt übersich tzuͦ gott dem herren keren / und es als balde wider nider fal auf irdische ding / zuͦhand zeüche es [...].
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Von stundan wart ein grosse teuerung und hunger im land, vielen die leut wie das viech nider.
Karnein, Salm. u. Morolf
762, 2
;
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
11, 19
;
Päpke, Marienl. Wernher .
Vgl. ferner s. v. .
4.
›vor jm. (einer religiös herausgehobenen Person) / e. S. (z. B. vor einem Altar) zum Zeichen der Anbetung, Verehrung niederknien, niederfallen‹;
vgl.  1.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
,  2.
Gegensätze:
 1.
Syntagmen:
j. n
. (z. B.
auf die knie, auf das angesicht / erdreich, für Francisco, für den altar, das sacrament
);
j. jn. niederfallend anbeten
.

Belegblock:

Luther, WA (
1523
):
Euserlich anbeten ist, wenn du euserliche stett und geperde datzu erwelest, als wenn du ynn der kirchen odder fur dem Altar odder sacrament nydder fellest, knyebeugist, dich buͤckest.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
Die Leute fielen fur Francisco nider / Vnd kuͤsseten jm seine Fuͤsse.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Maria die vil reine, | Fiel nider auff jhre knie.
Feudel, Evangelistar
20, 28
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
diz gebe ich [tuvil] dir [Jhesus] alczumale, ist iz daz du nedir velles unde ane betes mich.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
2, 31
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
do weynten sie [...] und vilen nyder auff ir angesiht auf das ertrich.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
47, 38
(
tir.
,
1464
):
Vor dir [Jesus] werden denn nider fallen die chünnge der erden.
Kehrein, a. a. O. ;
Lauchert, Merswin ;
Vgl. ferner s. v.  1.
5.
›wo lagern‹ (von einem
her
›Heer‹ gesagt); ›einfallen‹ (von einem Schwarm der
haberschrecken
gesagt); am ehesten hier anschließbar: ›(vom Pferd) steigen, absitzen‹; jeweils als ,niederfallen‘ metaphorisiert;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  18,
1
 6,  2.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Da der amptman unde ander ritter [...] di antworte gehorten, da filen si nider.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Der Buschoff gaderde menchen man, | eyn michel her dat hie gewan | da veil hie myt vur Coelne neder.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wo sy [haberschreckh] niderviellen, do verderbten sy alle frucht.
6.
›nicht stattfinden, ausfallen‹ (ütr. vom
jarmarkt
gesagt); ›schwinden‹ (von
freude
);
vgl.  1.
Wortbildungen:
niederfällig
4 ›auslaufen, nicht mehr anfallen‹ (im Syntagma
niederfällig werden
; von
opfer, almosen
gesagt).

Belegblock:

Luther, WA (
1535
):
Est gewaltig exempel, quod papistae obscuraverunt et non libenter audiunt praedicare, quia jarmarckt felt nidder, [...], fellt purgatorium et omnia, quae habent.
Franz u. a., Qu. hess. Ref. Bd.
2, 14, 27
(
hess.
,
1526
):
nachdem dem Kloster
di opfer almußen (daruf unser orden gestifft ist) nidderfellig werden.
Pyritz, Minneburg
3747
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Min freude vellet dar umb nider.