nichtigkeit,
auch
nichtekeit
;
die
;
-Ø/–
.
– Für 1 und 2 Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
1.
›Existenz religiöser Bezugsgrößen (der
dreiheit
, des
geistes
) in ihrer Unumreißbarkeit, Unsagbarkeit‹;
vgl.  9.

Belegblock:

Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz ist na sinem namlosen namen ein nihtekeit, nah dem inschlag ein weslichú stilheit, nah dem inneblibenden usschlag ein natur der driheit.
do sich der geist an im selber hat gekeret von sin selbs und aller dingen gewordenlichkeit in die blossen ungewordenheit der nihtekeit.
2.
›relativ zur unsagbaren mystischen Existenz Gottes gesehene Nichtigkeit, Wertlosigkeit des Menschen und der Dinge‹;
zu  1.
Gegensätze:
 1,  5, .
Syntagmen:
die n. beschauen / loben, humilitas n. verdeutschen
;
die n
. (Subj.)
sich eräugnen
›sich zeigen‹;
auf die n. schauen, sich in n. neigen, mit n. umgeben sein
;
die n. des betlers / menschen, der dinge, der kreatur, des siches
.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
die weil denn nu sein art ist ynn die tieffe unansehelich ding zu sehen, hab ich das wortlin ,humilitas‘ vorteutscht ,nichtickeit‘ oder ,unansehelich weszenn‘.
Derhalben thun sie yhr [Maria] unrecht, die do sagen, sie hab sich nit yhrer junckfrawschafft, sondernn yhrer demut gerumet: [...] Denn yhr [Marias] nichtickeit ist nit zu loben, szondernn gottes ansehen, gleich alß wo eyn Furst eynen armen bettler die hand reicht, ist nit des betlersz nychtickeit, szondernn des Fursten gnade [preyssenn].
Ebd. (
1543
):
All sein Thun ist verloren, | Die Erbsuͤnd machts zur nichtigkeit.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
6, 10
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
das hat der mensch von aygenschaft seiner beschaffung und verrucklikeit, das er ist von nichte und umbgeben ist mit nichtykeit und in nichtikeit sich neyget.
Ebd.
11, 46
:
darumb sullen wir [...] das aug unser vernunft an unterlaß keren czu beschawen unser nichttikeit und geprechlikeit und unser end und aller dinge.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
18
(
Nürnb.
1517
):
das [...] im
[dem
menschen
]
alle leipliche ding untertenig werden zu dem lob und glori gots, do ereugnet sich zuhandt der creatur nichtikeit und das unmöglich were, das sie, so sie ir selbst gelassen [...], nit widerging zu und in nichte.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
wan sú [guͤtú vernúnftigú bilde], vernünftig sinne entgrobent den menschen und zoͤgent im sinen adel und des goͤtlichen wesennes úbertreffenlicheit und aller andere dingen nihtikeit.
daz er mit eime entsinkenden inblike kerti auf die nihtekeit sins eigenen siches, schoͮwende, daz daz sich und aller dingen sich ein nicht ist.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
wan so im
[dem
menschen
]
ie klerlicher und bloslicher in lúcht Gottes grosheit, so im ie bekentlicher wirt sin kleinheit und sin nichtkeit.
Bihlmeyer, a. a. O. .
Vgl. ferner s. v.  7.
3.
›weltimmanent gesehene Nichtigkeit, Eitelkeit, Wertlosigkeit (des menschlichen Tuns); Belanglosigkeit (selbst des Todes)‹;
vgl.  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Opitz. Poeterey
23, 6
(
Breslau
1624
):
das sie alles was in ein kurtz getichte kan gebracht werden beschreiben koͤnnen; [...] Weinberge / lob der maͤssigkeit / nichtigkeit des todes.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
die Nichtigkeit der Edelen Medicin, die Falschheit der Herrlichen Iurisprudentz.
4.
›Ungültigkeit eines Rechtsverfahrens aufgrund von Irrtum, Fehlerhaftigkeit des Verfahrens; ungültiges Urteil; Rechtsfehler‹;
zu  2.
Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
 2, .
Syntagmen:
die / eine n. anfechten / anziehen / erfinden / erkennen / verhüten
;
die n
. (Subj.)
aus etw. erwachsen
;
eine aussage, ein urteil eine n. sein
;
etw. für eine n. anziehen / halten / erkennen
(z. B.
ein testament
);
die n. des handels / prozesses / urteils
;
die strafe, das laster der n
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
40, 20
(
Worms
1499
):
als da der formlicheit halben. der verhoͤrung offenbar irrung. vnd nichtickeit erfunden wurden.
Ebd.
123, 33
:
so yme zu wider diser vsszug einer geurteilten sach fürgezogen würde. mag der selb cleger nichtikeit der vrteil anziehen.
Ders., Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
deßglichen hett er ein vngeschickte mißfoͤrmige nichtige klag vor gericht gethon also das die vrteil oder nichtigkeit deßhalben angefochten würd.
ders., Ref. Franckenfort
38, 17
;