nichtig,
Adj.
(1; 2), subst. (3).
1.
›angesichts eines vorausgesetzten Vergleichs-, teils Glaubens- oder Überzeugungstatbestandes unbedeutend, nichtig; wertlos, vergänglich‹ (meist vom Menschen und seinem Handlungsfeld gesagt);
vgl.  10.
Oft didaktische und religiös motivierte Texte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): (Adj.) 2, (Adj.), , , , (Adj.) 23,  3,  23, , (s. v. , Adj., 4),  2,  1, , , , , , , .
Gegensätze:
(Adj.) 121314, ,  1.
Syntagmen:
n. zu zol geben
;
die farbe
(Subj.)
n. sein, die ere für n. halten
;
der nichtige esel / glaube / leib / tropf, die nichtige hütte, das nichtige tier, nichtige dinge / werke
.
Wortbildungen
nichtigen
1 ›jn. / sich erniedrigen, demütigen‹ (dazu bdv.:  12, ,  2).

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Vilis. Schlimm schnoͤd nichtig feig hinwuͤrffig ringferig geringschätzig [...] vnschetzlich vnachtbar.
Luther, WA (
1521
):
Der schrifft brauch ist, das sie ,humiliare‘ heisset ,nydrigen‘ unnd ,zu nicht machenn‘, unnd darumb heyssen die Christen [...] ,pauperes, afflicti, humiliati‘, ,arm, nichtige, vorworffene leut‘.
Ebd. (
1521
):
das er
[Gott]
auff mich
[Maria]
nichtige und meyne nichtickeit gesehen hat, da der vorige versz von sagt: wo gnediger wille ist, da sind auch gaben.
Ebd. (
1521
):
wer alßo geschickt ist, das er williglich sich demutigen unnd nichtigen will, dem schadet des Bapsts gesetz nit.
Ebd. (
1535
/
6
):
Nichtigen: ut est videndum, ab ineunte etate beschmeissen unserm herr Gott sein land, viel jemerlicher, quando morietur, wol jemerlicher, elender leib, et hoc oportet ferre.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
derwegen sie dan / daßihenig nit glauben koͤnnen / welchs vber die begreiffung jrs menschlichen nichtige͂ vernuffts ist.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
So er [Fuchs] doch billich solt geniessen | Der bletter vnd des gruͤnen Graß, | Wie das Koͤniglin vnd der Haß | (Denn er ist je ein nichtig Thier).
Ir
[der Welt]
schoͤne Farbe ist gar verblichen. | Jst rostrig, Schimlig, seyger, kamig: | [...] | Vnrechtlich, heßlich, scheußlich, nichtig.
v. Ingen, Zesen. Ged.
387, 23
(
Breslau
1641
):
alles ist nichtig / alles ist fluͤchtig! Wie groß auch die Ehre.
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
58, 21
(
Coburg
1626
):
so schliessen wir, daß die jenigen [...] vor Narren muͤssen gehalten seyn / die da vmb einer nichtigen Huͤtten willen [...] die ewigen Wohnungen verlieren.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Begschierer / leichtfertiger / liederlich / der mit eitelen / nichtigen dingen vmbgehet.
Andreae. Ber. Nachtmal
72v, 12
([
Augsb.
]
1557
):
das Christus vnsere nichtige leib verklere͂ werd / das sÿ seinem verklerte͂ leib ehnlich werden.
2.
›rechtsirrelevant, ungültig, kraftlos‹; als Spezialisierung zu 1 auffaßbar.
Meist Rechts-, auch Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
1
 8, ,  2, (Adj.),  5, , , , , .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
ein contract / gericht / gerücht / handel / indicium / kauf / prozes / urteil, eine bekantnis
)
n. sein
;
n. verfaren
;
etw. n. machen
(z. B.
den prozes
),
etw n
. (›für nichtig‹)
bekennen / sprechen / urteilen, ein testament als n. anfechten; das nichtige gebot
.
Wortbildungen
nichtigen
2 ›etw. kraftlos werden lassen, schwächen, zerstören; etw. für ungültig erklären‹ (dazu bdv.: ),
nichtigung
›Auslöschung, Aufhebung, Vernichtung‹.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Irritum. Nichtig vnwerd vnkrefftig machtloß krafftloß vnbuͤndig von unwirden vntuͤglich.
Luther, WA (
1521
):
[der Bapst] betreugt nur Christlich gewissen mit seynen nichtigen effischen gepotten.
Ebd. (
1533
):
Da gegen soltu deine Tauffe widderumb hoch heben und preisen, [...], den schendlichen grewel widderumb auch zu schwechen und zu nichtigen.
Köbler, Ref. Wormbs
67, 33
(
Worms
1499
):
wo solichs beschehe so were der selb Process crafftlos vnnd nichtig.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
268a, 1
(
Frankf./M.
1649
):
Wuͤrde hieruͤber [...] ein Richter zur tortur schreiten / vnd dadurch von de͂ Beklagten die Bekantnuß herauß zwingen / so ist eine Bekãtnuß an sich allerdings Null vnd nichtig / vnd zu bestraffung vnkraͤfftig.
Ebd.
341b, 19
:
derowegen das indicium so vorhin nichtig vnd vnduͤchtig war / nunmehr newe Krafft vnd Safft erlanget hette.
Küther, UB Frauensee
333, 17
(
thür.
,
1519
):
was derhalb furgewendt wurd, [...], das sal alles nichtig und untoglich sein.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Were sach das vrteiln by vns ervolgt würden [...] vnd sich aber erfünd dz dieselbig vrteil nichtig wer / so [...].
denn es
[ein
artikel
]
gar nach zuͦ nichtigung aller irer
[der
herrschaften
]
herrschaften dienet.
Köbler, Ref. Wormbs
121, 11
;
198, 1
;
ders., Ref. Franckenfort
13, 12
;
Oorschot, a. a. O.
428b, 39
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
152r, 35
;
Vgl. ferner s. v. .
3.
›Fehlendes, nicht Vorhandenes, Nichts‹;
zu  11.

Belegblock:

Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
,Poët‘ [...] ist in unser sprach ,schöpfer‘ oder ,macher‘, haist einen, der etwas beschaft und aus nichtig etwas macht.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
49, 11
(
mslow. inseldt.
,
1542
):
allerley farende hab, [...], an gelt, an śchulden, vnnd ander farender beraitśchaft nichtig auśgenommen.