1.
charakterisiert (allgemein) Bezugsgrößen als ›neu‹, die durch einen menschlichen Eingriff oder (deutlich seltener:) durch einen eher natürlichen Vorgang entstanden sind, wodurch eine zeitlich vorhergehende, als
alt
angesehene Gegebenheit durch eine
neue
ersetzt wird.
a) auf Größen handwerklicher, gewerblicher, baulicher, agrikultureller Art bezogen; im einzelnen: ›neu hergestellt‹ (von Gebrauchsgegenständen wie
1
hafen
); ›neu erbaut‹ (z. B. von einem Haus); ›neu eingerichtet / angelegt‹ (z. B. von einem Bergwerk); ›neu umgebrochen‹ (z. B. von Grundstücken); ›neu erschlossen‹ (z. B. von Bergfeldern).
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
ein bergwerk, der löffel, die agenda
)
n. sein
;
etw
. (z. B.
eine kapelle
)
n. machen
;
der neue grabe / hafen, der neue schuster
(im Gegensatz zu
),
der neue wein / weingarte, die neue burg / hofstat / leinwand / schäferei / schaftrift / zeche, die neue tafel
›tabula rasa, unbeschriebenes Blatt‹,
das neue antiphonarium, bergfeld / bergwerk / gereute / haus / leder / schif
.
Wortbildungen:
(wie
neubruch
),
1 (Adv.),
1 ›neu gefundenes Bergfeld‹,
(wie
neubruch
),
›Schuhmacher (für neues Schuhwerk)‹,
›neue Sandbank (in der Donau)‹,
ein neuartiges Fischnetz.
b) auf Größen bezogen, die durch einen konstitutionellen, rechtlichen Akt, durch eine sprachliche Deklaration oder einen ähnlichen in der sozialen und verbalen Handlungsmöglichkeit des Menschen liegenden Eingriff konstituiert werden und etwas Altes ersetzen; im einzelnen z. B.: ›neu eingeführt / ernannt / erwählt‹ o.ä. (von Personen in einer Funktion); ›neu erlassen‹ (von Regelungen, Auflagen aller Art); ›neu erzählt‹ (von Geschichten).
Syntagmen:
eine sache
›ein Rechtsfall‹
n
. ›rechtsanhängig‹
sein, eine invention n. sein
;
der neue babst / got / herre / knecht / könig / schepfe / pfenning / rat / ratman / sang / zunftmeister, der neu gesezte rat, der neu gemachte kurfürst, der neu aufgenommene bürger, der neu aufgestandene adel, die neue geschichte / gülte / last / lere / märe / satzung / selsorge / warheit / zeitung, die neu gefundene rede, das neue buch / gebot / gedicht / gesez / mas / recht / statut / tuch / wort, das neu angelegte dorf
.
Wortbildungen:
›gerade getaufter Christ‹ (dazu bdv.: vgl.
,
,
),
1 ›neu getauft‹ sowie ›dem kirchlichen Unterricht (als Katechumene) vor der Taufe beiwohnend‹.
c) Hier werden einige Belege zusammengefaßt, die sich den zu a) und b) genannten Belegen nicht gewaltfrei zuordnen lassen; z. B.: ›neu aufgekommen‹; ›neu entdeckt‹.
Syntagmen:
jm. ist etw. nicht neu
›nicht fremd, nicht unbekannt‹;
der neue has, die neue englische art / zeitung, die neue beschwerlichkeit / landschaft / materie
.
Wortbildungen:
˹
,
˺ ›auf Neues gespannt, neugierig‹ (dazu bdv.:
),
›den schwärmerischen, radikalen Gruppen der Reformation anhängend‹,
›neuer Betreiber von Schmelzhütten‹,
›neu gegründete Kirche‹ (s. auch
),
.
Belegblock:
Zu a):
Toeppen, Ständetage Preußen
4, 139, 28
(
preuß.
,
1453
):
das sy in dem wasser, [...], frey macht sullen haben zu vischen mit jeglichem gezeug, auszgenomen mit dem garn, nywat genant.
in sent Barbaren capelle, die bi siden steit an der kirchen, die he gantz nuwens up hadde doin machen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
108, 8
(
Frankf.
1535
):
Nim eyerschalen vnd thuͦ sie in einen newen hafen.
Beyer, UB Erfurt
(
thür.
,
1384
):
das ich [...] da selbins da dy apsyte sted wolde buwen eyn nuwe hus.
Thiele, Chron. Stolle
(
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
also das sy keinen nuwen gebu ane wissen unnd willen der wassermeister [...] thun sullen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
73, 5
(
omd.
,
1487
):
Arestoteles [...] sagt. Es seÿ mit Júngen kindern gleich als mit einer naẃen vngemaltten taffell.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
23, 3
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
und alle dy Tartirn dy nuge cleydin sich
[›sich neu kleiden‹]
uf den tak.
Hanns Weiszacker gibt auch jerlichen von eynem newen gerewte, [...] 5 firtal korns.
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
167, 37
(
nobd.
,
1475
):
So mugen auch die newmacher allem adel, reysige, geistlichen und werntlichen, das nicht arbeiter sein, ir schue firspen sullen und flicken.
do fundent sü daz dorf vol nüwes wines, des drunkent die armen, daz ir vil drunken wurdent.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
69, 49
(
halem.
,
1335
/
6
):
Es ensol in disem huse nieman stan, wan die mit núwem werke umbe gant und nicht altwerker.
Des selben glichen haben sy uff brochen in eim jar oder vieren und nüwacher gemacht.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
(
schwäb.
,
1587
):
Dergleichen sol es auch gehalten werden, wan man newe felder umbbricht.
da huͦb man an den niwen graben ze graben.
Dreckmann, H. Mair. Troja
10, 16
(
oschwäb.
,
1393
):
daz man im maister fund, ze machen ain niues schif.
Vogel, Urk. Heiliggeistsp.
1, 284, 15
(
moobd.
,
1396
):
die [ungerische guldein] wir angelegt haben in dem newlend vnd ackerzins in Sentlinger veld.
Winter, Nöst. Weist.
(
moobd.
,
1512
):
was newschut darin [urfar] sein und werden, die sein auch des vorgenannten gotshaus.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
(
smoobd.
, Hs.
15. Jh.
):
wer ainen newfund verveht mit seinen rechten [...], dieweil er nit joch und stempel geseczt hat in seine paw, der hat nit lenger frid, in welchem paw das ist, als zu dem newfund gehört wenn drei tag.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
288, 10
;
Vogel, a. a. O.
1, 379, 38
;
‒
Vgl. ferner s. v.
2
5,
1
8;
11,
,
,
2.
Zu b):
Große, Schwabensp.
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
NJeman ne mac irheben nuͦwe marcte noch nuͦwe muͦnze ane des lantrichters guͦnst.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 1, 8
(
Wittenb.
1545
):
DA kam ein newer König auff in Egypten / der wuste nichts von Joseph.
wen die konfftigen new angelegten dorffer ankommen werden im Ortelspurgischen.
Leman, Kulm. Recht
(
Thorn
1584
):
Das dy alden ratmanne dy nüwen waldigen. wenne dy alden ratmanne dy nüwen kysen. do swern dy nüwen ratmanne. vnd geloben den alden nicht abe tzu nemen allis das sy by yren getzyten [...] getan han. vnd wenne das geschen ist. so waldigen dy alden ratmanne dy nüwen vnd setzen sy an yre stat.
Köbler, Ref. Franckenfort
60, 8
(
Mainz
1509
):
So ordenen vnnd wellen wir / das die selbe nuwe constitucion den selben gegeben / hinfür in vnser statt gehalten sol werden.
Eggers, Psalter
70, 20
(
thür.
,
1378
):
Singit eme eynen nvwen sanc.
In dem selbin jare wart geboren der junge herzoge Frederich von Sachssen, des nuwen gemachten korfursten unde herzogen erster sson.
also balde worden zwen des nuwen gesatzten ratis die kopphe abe geslagin.
so findet mã yemer newer warheit die nye gefunden wart.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
665
(
schles. inseldt.
,
1480
):
isz das, das her [...] obir kommen wert mit eynem manne czw felde, [...], so sal dÿ sache alzo new seÿn alzo vor.
wann dem alzo were, so soll man auch newe masz schicken.
Neugelaubiger od’ neugetauffter neophicus.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
181, 13
(
els.
,
1362
):
Gesegent siest du, vnd von dir vnd dime kinde begere ich daz gekreftigent werdent die núcristen die bi mir sint.
Lemmer, Brant. Narrensch.
11, 9
(
Basel
1494
):
Kem einer von den dotten har | So lieff man hundert mylen dar | Das man von jm hort nuwe mer | Was wesens jn der hellen wer.
er [mensch] soll solche abgotterische ding gegen dem menschen, die do neu augures seindt (das seindt ,endtchristen‘ nach der neuen welt), verdecken mit erden.
Neüwer oder neüwe aufgestandner Adel [...] von Fürste͂ [...] mit dem Adel begaabet.
als ob soliche zunftliche regierung [...] von ainer erberen gemaind alhie erstmalen von neuem erdacht worden sei.
Amtsverwalter / so die vnderthanen mit newen laͤsten vnd tributen vbertreiben.
Chain newer got wirdet nicht in dir, wann ich pin der herr.
Sexauer, Schrr. in Kart.
230, 3
(
nöst.
,
v. 1450
):
sprechen da pater noster. vmb die heyligen müter der christenheit ayn mal / vmb den heyligen vater den pabst [...] vmb den Chayser / vmb di newgelaubig / vmb all gepresten vnd truebsal / vmb checzer.
Piirainen, Stadtr. Sillein
113a, 8
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Von neuwen phennı̄gen vnd von der muͥncze PHenninge sol man vor neuwen wenn ein neuwe herr chvͤmt.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
1325
;
Wyss, Luz. Ostersp.
7013
;
‒
Vgl. ferner s. v.
5,
1,
,
1
7,
,
2,
2,
(Adj.)
4,
6,
11,
1,
12.
Zu c):
Jst aber das nicht ein seltzame newzeitung, das Bepstissche wollen nicht Bepstisch sein?
weil ers aber so kurtz, einfeltig und schlecht furgibt, so seind wir sonst neugern und furwitzig [...] und geraten ynn das nachdencken.
die leute sind so newgirig, das man die haubtsache lesst faren und komert sich mit solchen sachen.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
178
(
Köln
1476
):
Der wechter truw Do nyet en slyeff, | Yem was niet nuw, Seer bald hie rieff: | [...].
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
134, 24
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Wer weyß sprach hertzog Nymo / ob der hünt ey(n)en alden oder eynen nüwen haß zü üwerm mage habe.
Ralegh. America ijr,
(
Frankf.
1599
):
ob wol diese frembde Reysen vnnd erfindung neuwer Landtschafften / denen / so sie fuͤrnemmen [...] zur [...] ersaͤttigung jres Geitzes gereichen.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
227a, 33
(
Frankf./M.
1649
):
Dieweil bey diesem Handel vnd Hexen Process / von Tage zu Tage newe Beschwerlichkeite͂ vorfallen.
Opitz. Poeterey
50, 18
(
Breslau
1624
):
Was Spanien von edlen dingen | Pflegt auß der newen welt zue bringen.
[Geschichten] alles [...] dahin gerichtet, das mans (gleichsam auff die neue Englische manier vnnd art) alles Persönlich Agirn vnd Spilen kan.
dar umb daz ein nuͤgiriger mensch, der nit alle zit mag in glichem ernst stan, daz der mengerley vinde, daz in zuͦ goͤtlichen tugenden gereizen muͤg.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 122, 28
(
Hagenau
1534
):
Wer newe zeyttung wil wissen / der erfare sie ynn barbier heusern / badstuben.
Roloff, Brant. Tsp.
14
(
Straßb.
1554
):
Nun seind wir des willens aber nun | [...] | Doch etlich new matery infuͤren.
an sollichem allem die neuen rottengaister, hailligen⸗ und kirchenschender und stirmeren, die neulerigen predicanten schuldig worden.
Müller, Handel Paumgartner
72, 10
(
Augsb.
1509
):
daß etliche sein, die im Inntal nach hüttwerk trachten und neuschmelzer werden wöllen.
Thiel u. a., Urk. Münchsm.
192, 32
(
moobd.
,
1381
):
fruͤmezz, die herr Haertweig [...], hat gestift vnd geschaft in die newstift vnd chirchen ze Abendsperg.
2.
kennzeichnet natürliche Bezugsgrößen verschiedener Art (z. B. Pflanzen, Pflanzentriebe, physische Kräfte des Menschen, Produkte wie Obst, Wein, Wachs); im einzelnen z. B.: ›frisch‹ (von Obst); ›jung, frisch‹ (von Pflanzentrieben); ›neu‹ (z. B. von Wein).
Syntagmen:
der safran n. sein, j. stätiglich n. an arbeit sein, js. ellen von streiten n. werden
;
der neue mist / schmer / schüsling / wein / zweig
.
Wortbildungen:
3 ›Frische (des Obstes)‹.
Belegblock:
Der Gotes degen getruwe | Was steteclichen nuwe | An arbeit, der in niht verdroz.
Neur schusling der wein reb.
daz das [saffran] der beste sy der frisch vnd nuwe sy.
Stackmann u. a., Frauenlob
7, 26, 19
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
[ein böser made] tut dem obez groz schaden (an) siner niuwe.
Do bevant ich an stette also gar grose núwe kraft in miner naturen.
Fúr die klainen ruden nim kenelun vnd / stoss die mit núwem smer vnd mach dar / vss ain salb.
euer kinder werden neu zweig sein, widerumb zu solcher frucht, als ir geborn haben.
Arndt, biechlin
A iiijv
(
Freiburg
1523
):
Jn disem monat sol man sich hietten vor neuwem obs.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
der slangen âtem [...] ist sô schedleich, daz er ainer newen gesnitenn gerten rinden [...] macht auf diezzend zuo plæterleinen.
newz wahs, daz allerêrst von dem honig gescheiden ist.
Dirr, Münchner Stadtr.
(
moobd.
,
1310
/
2
):
so wellen wir und setzen, daz man bi dem niwͤn wein dez pesten Welchweins den halben pfunder umb zwen pfenning schenchen [soll].
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
416, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Do er kam von den nöten, | do ward von streiten sein ellen all erst new͂e.
‒
Vgl. ferner s. v.
1
,
,
.
3.
›neu, wiedergeboren‹ als dem Menschen, seinem
geist
und
leben
aus eigener Kraft mögliche oder geschenkte religiöse Zielqualität, nämlich
nach got geschaffen sein
, in
gerechtigkeit, heiligkeit, warheit
. Diese Qualität kann von seiten des Menschen errungen werden durch
(ab)sterben, begraben
des
alten Adam
, durch
willen, glauben, liebe
zu
got
(nicht:
liebe sein selbst
›seiner selbst, zu sich selbst‹), durch
gehorsam
; sie wird von seiten
gottes
zuteil durch das
sich geben gottes
in
Christus
, durch dessen Erlösungstat, seine stets wiederkehrende
gnade
; die Gewichtung des eigenen Zutuns gegenüber der Gnade Gottes als dem Ermöglichungsgrund für
neu
wird mehrmals durch passivische oder funktional vergleichbare syntaktische Fügungen ausgeblendet;
neu sein / werden
in dem hier beschriebenen Sinne verbindet sich mit weiteren semantischen Qualitäten, darunter
neu von den schulden
›frei, gerechtfertigt‹.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): adjektivisch:
(Adj.),
,
3,
3,
(Adj.)
6,
; substantivisch:
2,
4,
1
1;
4,
2;
5.
Syntagmen:
die zunge neu sein (können), die geburt allezeit n. sein, j. neu
(z. B.
ane mittel, in dem sone, in dem geiste
)
(geboren) werden
;
die gnade jn. n. machen
;
got sich in der sele n. geben / giessen, der vater die dinge n. minnen
;
der neue geist / himmel / mensch, die neue geburt / minne / zunge, das neue gebot / leben / volk
.
Wortbildungen:
1 (bei Luther mit Tendenz zur Lexikalisierung).
Belegblock:
Pfefferl, Weigel. Ges.
13, 22
(
Hamb.
1646
):
Ich muß mihr auch absterben vnd mit Christo begraben werden, auff das ein newer Mensch in mir aufferstehe.
Do kompt die gnade von oben herab vnd machet vns wider new.
Das geistlich volck, durch die tauff Christi newe geschaffen, kan diß dinck vorsteen.
das eyn yglich Christen mensch ist zweyerley natur, geystlicher und leyplicher. Nach der seelen wirt er eyn geystlich, new, ynnerlich mensch genennet, nach dem fleysch und blut wirt er eyn leyplich, allt und eußerlich mensch genennet.
O wie ein froelich hertz wird sie da gehabt haben, da wird sie aller puͤffe und anstoͤse vergessen haben und nicht anders gewesen sein, denn als were sie newgeborn.
Eyn ander syn, muth, haudt muß do werden, Newgeboren, Non Cappa, platta et externis. Der alte Adam bleybet dennoch daryn.
Wer gleubet und sich teuffen lesst, / Sol dadurch selig werden, / Ein newgeborner Mensch er heisst, / Der nicht mehr koͤnne sterben.
Ders. Hl. Schrifft.
Offenb. 21, 1
(
Wittenb.
1545
):
ich sahe einen newen Himel / vnd eine newe Erden / Denn der erste Himel vnd die Erste Erden vergieng.
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wir werden ûzgeborn und wider îngeborn und werden niuwe geborn und âne mittel geborn in dem sune.
Ze dem dritten mâle sprichet er, daz disiu ,stat‘ ,niuw‘ sî. ,Niuw‘ heizet daz daz ungeüebet ist oder daz sînem anvange nâhe ist. Got ist unser anvanc. Swanne wir mit im vereinet sîn, sô werden wir ,niuwe‘.
Jostes, Eckhart
4, 37
(
14. Jh.
):
Der sun ist ewiclichen gewesen in dem vater, und er gebirt sinen sun an underlaz, und die geburt ist alle zeit newe. Waz bei sinem angang ist, das ist newe.
Hübner, Buch Daniel
(
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Den vierden ich ouch pruve | Gebrechens wesen nuwe | An alle sim geberde | Dem Gotis sune werde.
Strauch, Par. anime int.
59, 7
(
thür.
,
14. Jh.
):
Got gibit sich in der sele alliz nuwe in eime gewerdine.
Reichert, Gesamtausl. Messe
14, 31
(
Nürnb.
um 1480
):
Herre, zeuch oder schleyff mich auß den alten menschen mit seinen wercken und schleyff mich ein mit einem newen menschen, der da nach Got geschaffen ist in aller gerechtikeyt, heilikeit und warheyt.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
35
(
Nürnb.
1517
):
In disser neuen geburt sein der vatter: got, die muter: der will, der erweckend samen: die verdinstnus unsers herren Jesu Christi.
wo die lieb gots – nit sein selbst – ist, wo gehorsam – nicht die erwelung
[hier: ›Eigenbestimmung‹]
– ist, do [...] kan die gemeinschaft anderst nit dann himlisch, die werk götlich und die zung neu sein.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
Denne súllent sú mit núwen zungen sprechen, daz ist: der mensche sol die alte natúrliche zunge zemmen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 533, 1
(
Hagenau
1534
):
Der alt mensch und Adam muͦß sterben / der new mensch unnd Christus muͦß erstehen.
Es ist ein groß underscheid zwischen den irdischen und himblischen, das ist alten und neuen gepurt. darumb in der neuen gepurt sollen wir auf nichts irdisch mehr achtung haben.
Brett-Evans, Bonaventuras Leg. S. Francisci
52, 13
(
önalem.
,
v. 1478
):
(die) volkumen abziehung des alten menschen vnd anlegunge des nùwen menschen.
McClean, Havich
192
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
sy werdent hie mit rewe | wol ledig und auch newe | und rain von allen ir̈n schulden.
Bauer, Imitatio Haller
49, 13
(
tir.
,
1466
):
Also würt auch der mensch, der sich gancz ist kcheren czue got, [...] verkchert czue ainem neüen menschen.
‒
Vgl. ferner s. v.
,
(V.)
10,
3,
5.
4.
›aufreizend neu, neumodisch, modernistisch; gegenüber dem Eigenen, Älteren, Erprobten, Bekannten, Bewährten als aufgepfropft, unerprobt, unsicher, unbekannt, unbewährt, tendenziell moraltheologisch verderblich und ordnungsstörend verdächtigt‹ (von Sachen sowie Haltungen, Urteilen des Menschen, teils von diesen selbst gesagt).
Phraseme:
mit der neuen hand belukt
›auf neumodische (falsche) Weise‹.
Bedeutungsverwandte:
,
2,
,
(Adj.)
8,
,
.
Syntagmen:
der neue find / fund
(mehrfach)
/ freiweibel / glaube / sin, die neue lere / märe / teidung / weise, das neue evangelium / rotwelsch, neue practica
›neue Praktiken‹.
Wortbildungen:
4 ›neue Pflichten, Auflagen‹,
(dazu bdv.:
,
),
,
2,
,
2 ›der reformatorischen Lehre anhängend‹,
›neuerungssüchtig‹.
Belegblock:
Aber das man leret, wie ablas nit nod zuloͤßen, [...] das heyst die kirch und sacrament uneren und die Christen ergern. Das sag ich darumb, dass man hynfurder yhre sprache und das new rodwelsch vorsteen muͤge.
Wenn doch solche Newerey ym Bapstum schlecht newerey were oder sein kundte, so weren sie noch ettlicher masse vmb friedes willen zu leiden gleich wie einer seinen newen rock tregt oder leidet.
[wenn] ewr lugen predigt von ewr teuffelisschen newerey horet gleubt vnd folget, so wirds zur teuffels huren mit euch.
Was Weltliche Obrigkeit nit nur von wegen boͤser Sitten / sondern auch newer Lehren hab leiden muͤssen / vnd noch leide.
Anderson u. a., Flugschrr.
21, 3, 8
([
Zwickau
]
1525
):
das sind die frucht / des newen Euangeliums / Niemand gehorsam seyn / an allen orten entboͤrung.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
9, 28
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
wie die krefft und tugent des innern und des ewsern menschen [...] mit dem rost der missetat [...] erfullet und verzert sein als mit hoffart, eyteler er, ungehorsamkeit, rume, gleyssenheit, krieg, [...] newfindung.
Gille u. a., M. Beheim
22, 79
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Aller neuen sinn vinder acht er nicht, | czu fromden dingen er sich luczel reisset.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
(
nobd.
,
n. 1525
):
hat er understanden, new practica bey etlichen der gemaind zu machen, sie zu raitzen und anzulernen, das [...].
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
14. Jh.
):
das men also gerne nuwe mere seit, was die und die und der und der seit und tuͦt, so sint es alles affechtige bilde.
Ach mein Roberte / mit was newen unerhoͤrten thaͤding gest du da umb.
Lemmer, Brant. Narrensch.
82, 22
(
Basel
1494
):
All bschysß yetz von den buren kunt | All tag hant sie eyn nuwen funt.
Schorer, Sprachposaun
78, 1
(o. O.
1648
):
daß wann vnsere lose newsuͤchtige Hertzen nicht durch Hoffart vnd allerhand Falschheit solches verderbet / der Fried annoch bey vns zu Thuͤr vnd Fenster heraus schimmerte.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen
(
halem.
,
1572
):
diewyl ir gnad [...] khaine nüwglöubigen predicanten sol noch muͦß gestattnen.
Sappler, H. Kaufringer
30, 30
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die messer tragent sie wunderlich. | die heft kerent sie under sich | und kerent über sich den spitz. | das haisset alles newe witz.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
(
schwäb.
,
1471
):
Dein gewandt sey nit ergerlich, | Das mach auch nit neẅfundlich.
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
(
schwäb.
,
v. 1542
):
Eß entliefen ach ful burger auß der statt, wollten irem newen glaben nit vertrauen.
Meisen u. a., J. Eck
26, 3
(
Ingolst.
1526
):
das der frum christenlich fürst wider dise nuͤe verfierisch leer lutterisch und zwinglisch, [...] gantz entgegen ist.
Klein, Oswald
104, 53
(
oobd.
,
1429
):
was sich nicht wol gelimpfen mag, | das richt man auff ain stüli, | schon mit der neuen hand beluckt | nach welischer vernufft.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
(
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Des erklagten sich etlich dem kayser; der schueff mit im, solhe newn und unrecht abzethuen.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
(
smoobd.
,
1624
):
es soll kain richter noch niemants unbillich, beschwärlich neufund, neuerung und aufsatz machen.
Bauer, Imitatio Haller
89, 8
;
6.
›wieder, nochmals, erneut; immer wieder‹.
Phraseme:
(Normalisierung auf die Grundform
neu
hin):
auf ein neues
;
von neue(n)s
;
von neue(m) auf
;
zum neuen
;
das neue recht
›rechtliches Revisionsverfahren‹;
der neu und neue
›stets neue‹ (z. B.
unwille
).
Bedeutungsverwandte:
1;
3; vgl.
7.
Syntagmen:
n. streiten
;
etw. n. aufbrechen
(z. B.
einen garten
)
/ bauen
(z. B.
eine burg / stat, ein gebäude
)
/ empfangen
(z. B.
ein lehen
)
/ stiften
(z. B.
eine canonei
)
/ publizieren
(z. B.
eine ordnung
)
/ übersehen
(z. B.
eine rechnung
)
/ bezalen / trinken, jn. n. kreuzigen (den herren) / aussenden / belagern
; refl.:
sich n. weihen, die sonne sich n. preisen
.
Belegblock:
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
bischof Heinrich von Ermelant | burg und stat Brûnsberc genant | andirweit vornûwete | und si nûwis bûwete.
Wen ich [Crist] bins der osterkern, | Des lange was vergessen, | [...] | Von nwens aber uz gesant | Her und dar in alle lant.
Di sunne das bewiset | Di nwens sich jo priset | Alle tag und under get.
Wyss, Limb. Chron.
(
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Unde wart in der selben zit da selbes gestiftet ein canonie von nuwen uf.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl.
(
mosfrk.
,
1346
):
sollen wir von nuwens uf duͦn brechen [...] zwene morgen wingarten.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
259a, 4
(
Frankf./M.
1649
):
zu wuͤnschen daß Kaͤys. May. von newe eine solche peinliche Halsgerichts Ordnung ins gantze Roͤm Reich Publiciren liesse.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
,
1359
):
und wurt rechte unser herre also ob er nuwe gecrúciget werde.
[der hochmuͤetig von Lotreck] machet nuͤw und nuͤwen unwillen, also dass [...].
min gn. h. haben inen nach allem handel ein nuw recht uffgetan.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
1, 341, 17
(
halem.
,
1508
/
16
):
Si sond ouch alli lechen uf ein núws empfachen und dem apt deshalb schweren.
Andreae. Ber. Nachtmal
19v, 18
([
Augsb.
]
1557
):
das ich hinfürt nicht trincken werd vom gewaͤchs des Weinstocks / biß auff den tag / da ichs new trinck.
Loesch, Kölner Zunfturk.
1, 203, 7
;
‒
Vgl. ferner s. v.
1,
7.
7.
dient als Attr. zu
mon(d)
oder als Prädikatsadjektiv der Charakterisierung des Neumondes als der Zeit der Unsichtbarkeit des Mondes; mehrfach subst.: das
neu / neue
.
Syntagmen:
der mond n. sein / werden
;
das neue heiter / schön, im menschen empfindlich sein
;
ein
[bestimmter]
tag auf ein neues kommen
›auf den Neumond fallen‹,
der teufel jn. um das neue fegen
;
bis auf das neue kalt werden
;
der neue mond
(oft),
das neue liecht, das erste / andere / dritte
(usw.)
neue, das anstechende neue
›zunehmender Mond‹;
das neue des monen / monats
.
Wortbildungen:
›Festmahl zum Neumond‹,
.
Belegblock:
Ziesemer, Proph. Cranc Hos.
2, 11
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
ich wil ab lazen gen al ire vroude, ire achberkeit, ire nowemond, ir sunnebent unde al ire hergezit.
Beckers, Bauernpr.
58, 12
(
Köln
1515
/
8
):
So besye in welcher vr eyn neuwer maen wyrt, an welchem tzeichen / vñ welcher planeet tzo d’ seluen vr regiert.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
251, 37
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Ist gutt impfen und propfen 2 oder 3 tage fur oder nach dem neuen licht.
darnach in des selben mons abnemen ward es die 14 tag auch gar kalt pis auf das neu auf den hornung.
Fischer, Folz. Reimp.
46, 17
(
Nürnb.
1479
/
80
):
Hornung Das ander new wirt an der Schleckmeczen vasnacht vor mitter nacht im webssenstock.
so aber das neü eins iden menets erklert ist, zimpt uns auch zu sagen von der fül.
Vor dem neumôn zogen si [die Teutschen] nit in den krieg oder ins feld.
Nun kombt, last uns hin auff den saal | Halten ietzt das new-monat-mahl.
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
13, 2
(
Coburg
1626
):
als wir das Getreide von einem Newmond zu dem andern [...] auffhielten.
Menge, Laufenb. Reg.
574
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Wússe wa die guldin zale desselben Iares stot In dem kalendario vff den selben tag ist der mone núwe.
das der mensch muß nachgeben das der neumon, vollmon, quart rc entpfintlich sei in im und sich rüre in im.
Schib, H. Stockar
79, 17
(
halem.
,
1520
/
9
):
Wen santi Hans dag des Düffers uff ain nüw kunt, sol ain gutt jar kon.
Das Neüw oder neüwmon, Coitus lunæ, Jntermenstrua luna. Anstaͤchends Neüw / Weñ sich der mon erneüweret. Das Neüw ist schoͤn vnd heiter.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
(
oobd.
,
1349
/
50
):
daz tier [aff] fräwt sich wenn der môn neu ist.
dar umb prüefent die holzhacker an daz wädel und daz new des mônen, wenn si daz holz [...] hawen wellent.
Kummer, Erlauer Sp.
(
m/soobd.
,
1400
/
40
):
mich [Pusterpalkch] vegt der teufl umb das neu, | den paternoster chan ich nicht wol.
Fischer, a. a. O.
46, 13
;
23
;
29
;
35
;
42
;
48
;
55
;
61
;
67
;
73
;
78
;
8.
steht attributiv zu
jar
für den 1. Januar (den Neujahrstag) als Zeitpunkt für Geschenke, Glückwünsche, Abgaben, Prognostizierungen, Festlichkeiten, Bräuche.
Syntagmen:
jm. viel neuer jare wünschen
;
den armen etw. auf das neue jar geben
;
zu dem neuen den zins geben
;
das neue jar
;
der neue jars tag / abend
(›Vorabend des 1. Januar‹).
Wortbildungen:
,
›Neujahrstag‹ (dazu bdv.:
); auch: ›Geschenk zum Neuen Jahr‹.
Belegblock:
der newjarsz tag lieff eylend davon und wolt jah ditz geschenck mit bringen. Behut dich mein gunst und gnade, du holdseliger, freuntlicher, heyliger stuel!
Beckers, Bauernpr.
57, 26
(
Köln
1515
/
8
):
du salt dem vee zo kerßmis die drey rouch nacht dat is am kerßauent. am neuwen jairs auent vñ der heiliger dreyer koninck ave͂t die krybbe gair reyn machen.
is idt an den neuwen jairs dach vyl morgen roͤte an dem gewuck So wyrt idt ey͂ tzornnich jair.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
(
osächs.
,
1523
/
4
):
Was ir des schaden habt, das er euch auf das neujar nicht bezalt hat, darumb mogt ir ine schuldigen auf seine antwort, so es auf das neujar beteidingt ist.
ich wunsch ewch vill guter seliger newer jor vnd all der eweren.
Wie hat euch [fraw] gfallen mein new-jar, | Das euch hewt pracht die schwester mein, | Das ir dis jar mein puel solt sein?
Lemmer, Brant. Narrensch.
65, 38
(
Basel
1494
):
wer nit ettwas nuwes hat | Vnd vmb das nuw jor syngen gat / | [...] | Der meynt er leb das jor nit vß.
Geier, Stadtr. Überl.
(
nalem.
,
1554
):
Und sollen die pfleger allwegen jedes jars anfachen uf sant Steffans tag zuͦ weihennächten die spend geben, und die taglichs allen armen leuten, [...], geben, bis uf das neue jar.
Thiele, Minner. II,
3, 9
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
uwern zucker mund so süssen | dem wonsch ich heil zu eym nuwen jar.
Ebd. 22, 4
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
se wilt daz ich gent nuwe jair | myn leben setze in eyn onraste | unde mit zynne dair na taste | beyde zo dichten und zo scriben | was heylsams heylz kuͦm van wyben.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
1816
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Do diser herre aͮn allen nÿd | Ainen knecht sant zuͦ rechter zÿt | Zuͦ enan, die im da mit triwen | Ÿe soltend geben zuͦ dem niwen | Den zins mitt willen aͮne werren, | Des begundet sich die lúte sperren.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron.
(
schwäb.
,
1548
):
am mittwoch nach dem nuwenn jar, kam ein grosser blytz.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
(
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Da wurden sy [dinstleut] alle von dem kunig getagt auf das Newjar kunftig wider gen Wien zu stellen.
Herborn u. a., Rechn. Jülich
92, 4
;
Lippert, UB Lübben
2, 136b, 23
;
235b
, 9;
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1583
;