nadel,
die
;
–/-(e)n
.
1.
›Nadel, kleiner, spitzer Metallstift mit einem Öhr zum Durchziehen eines Nähfadens‹; als genuiner Zweck der
nadel
erscheint das Nähen; die Nadelspitze dient vereinzelt auch zur Prüfung der Schmerzunempfindlichkeit bestimmter Körperpartien von ,Zauberern / Hexen‘ sowie zur Prüfung des Härtegrades von Münzen (s. dazu auch 3).
Phraseme:
˹
nicht eine nadel
;
als klein als eine nadel
˺ dient der Kennzeichnung der Geringfügigkeit, Nichtigkeit einer Bezugsgröße;
sich / jn. mit nadel und spindel nären / hinbringen
›seinen Lebensunterhalt mit Näharbeit (einfach, demütig) bestreiten‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld; oft in Aufzählungen von Alltagsgegenständen):
1
 12, ,
1
,
2
 1, u. ä.
Syntagmen:
nadeln machen, eine n. suchen
, [wohin, z. B. in den Körper des Zauberers, der Hexe],
durch die wunde stossen, ein stein eine n. an sich ziehen
;
die n
. [Subj.]
jn. ritzen, ein auter stechen, nadeln im knopf der
2
geiseln sein
;
eine taube mit einer n. stechen, etw. mit der n. nähen, jn. mit der n. werfen, durch die oren stechen, mit der n. eine linie machen, gold mit der n. versuchen
›prüfen‹;
für nadeln
[ein Betrag];
die messene / silberne n
.;
der punkt, die einsteckung, die spitze der n
.;
das werk mit der n
.
Wortbildungen:
nadelbeutel
,
nadelloch
(dazu bdv.: ; dort Beleg),
nadeln
›aus Nadeln gemacht‹,
nadeltäschel
(Gw zu
1
 1) ›Hirtentäschelkraut‹ (denkbare Motivation: Schote des Hirtentäschelkrautes wie eine Nadeltasche),
nadelwerk
›Nadelarbeit‹ (Beleg s. v.  7),
nadelzeug
›Werkzeug zum Nähen‹ (
Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 214
).

Belegblock:

Joachim, Marienb. Tresslerb. (
preuß.
,
1403
):
3 sch. vor garn und nolden, die secke zu nehen.
Luther, WA (
1526
):
wenn ich das kleiniste gelid [...] mit einer nadel steche, so treffe ich die gantze seele, das der gantze mensch zappelt.
Ebd. (
um 1535
):
Auff nadlen gehen.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
376a, 14
(
Frankf./M.
1649
):
ob man schon eine Nadel oder Pfriemen hinein [oͤrter an Leibern der Zauberer] stoͤst / es dannoch weder Schmertzen oder Blut gebe.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz dâ guot ist [...], daz hân ich allez in ,dem geiste der wîsheit‘, [...], daz niht ûz blîbet als grôz als einer nâdel spitze.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
10106
(
rib.
,
1444
):
Sij deit ouch den rijchen gelijchen | Dem kemele, de neit en kan geslichen | Durch der naelden ouge enge.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1568
):
Engin ein naldenbudel und 4 alb. darin; verzert 13 alb.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
der [kremer] hatte vyngerhute nalden trummen floiten blien vorspan unde leffel.
[die Flagelanten] hatten geisseln (mit dren rymen), do waren vorne knoten an do stackten naldin spitze ynne
(Beleg auch als Kompositum
nadelnspitze
lesbar).
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt. (
osächs.
,
1343
):
lîchter ist eime kamêle durch zuͦ gêne durch einer nâlden loch, wan daz der rîche in gê in daz rîche der himele.
Keil, Peter v. Ulm
111
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Ain andere guten salben: Nym walwurtz, synaw, gochhail, nadeldeschel, paldrian vnd hainwurtz.
Gille u. a., M. Beheim
117b, 22
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Es spricht Jeranimus, daz sy [Mareia] | mit der nadel und spindel hie | sich und irn sun waz neren.
Reichert, Gesamtausl. Messe
27, 8
(
Nürnb.
um 1480
):
das sie [Maria] so arm gewesen sey, das sie sich und iren sun Ihesum mit der nadel und mit dem faden hinbracht.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
und geischeltent sich mit geischeln von riemen, die hettent knöpfe voran, darin worent nolden gestecket.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
dis ist also ungelich und also kleine [...], also einer nalden puntelin gegen dem grossen himel.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
so bin ich als gar us gegossen von minnezeichen, daz man einer nadlen púntli nit moͤhti han gesetzet an minem durmarterten libe ane sin sunderlich minnezeichen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
742, 28
(
els.
,
1362
):
Din [richter] gewalt ist als ein úter vol bloses: wenne das eine nolde stichet so fúrgat alle sine kraft.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Der tüffel hat die meß erdicht, | Vnd bessern vnß ein nadel nicht, | Weder im leben, noch im dot.
Roloff, Brant. Tsp.
313
(
Straßb.
1554
):
Die Schuͦster werffen an mich [Wahrheit] leysten und alen | Die Schneider ihr scheren und nalen.
Plant u. a., Main. Naturl.
295ra, 21
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
vn̄ geschiht der zit als der ein linigen mache wil mit einer nadeln durch win in eime napfe dc gestrichene ein ist niht dc dv solt strichen.
Bremer, Voc. opt.
17051
(
halem.
,
1328 f.
):
Acus nadel [...] est subtile ferreum instrumentum preacutum et posterius perforatum, quo vtuntur homines ad res aliquas consuendas.
Morrall, Mandev. Reiseb.
103, 12
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
nement ainen stain der haisset calamita, und der selb zúcht ain nadel an sich vnd halt sie vast.
Quint, a. a. O. ;
Loesch, Kölner Zunfturk. ;
Lau, Qu. Neuß ;
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. ;
Schmidt, Frankf. Zunfturk. ;
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
76, 2
;
Bihlmeyer, a. a. O. ; ;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel ;
Klein, Oswald
18, 38
;
19, 155
;
48, 14
;
Deinhardt, Ross Artzney
38
;
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
622
;
Schmitt, Ordo rerum
410, 35
;
Rwb f. (hier Bezug auf
nadel
als „Werkzeug der Beweisführung in einem Hexenprozeß“);
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v.  1, (V.) 8,  1.
2.
›ein mit einem nadelähnlichen Stift versehenes Kleingerät zu verschiedenen Zwecken, darunter zur Aufbereitung der Frisur, zum Zusammenstecken von Kleidungsstücken, zur Zier der Erscheinung‹; im einzelnen daran anschließend etwa: ›Spange‹; ›Klammer‹; ›Schnalle‹; ›Kamm‹; auch: ›Zirkel (des Malers)‹; ›Magnetnadel‹; ›Nadel des Wundarztes‹; in einem Teil der Belege nicht sicher von 1 zu trennen.
Bedeutungsverwandte:
1
,  1, ,
2
 1, .
Wortbildungen:
nadelbändlein
wohl ›feines, gesticktes Bändchen (als Kleiderzier)‹.

Belegblock:

Apherdianus (
Köln
1575
):
riem sonder nadtelen.
Karnein, Salm. u. Morolf
708, 4
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
er sprach: ,wer git mir spillen und nadeln, | ein kremer wolt ich gern wesen, | gurtel, bendel, seckel und garn, | also ein kremer.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1513
):
wen jch hy fan puncten oder linien red, [...], so red ich doch hy fan eim solchen puncten vnd linien, dy mit einer nadell oder spitzigen federen getübft vnd gerissen mügen werden an eim richtscheit.
Rohland, Schäden
484
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
nym ein nadlen mit eim faden vnd sthich in wendig des bluͤttes in die audern.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Nadel damit man das haar scheydet. Discriminale, Discerniculum. Nadel da mit man das haar krumm machet. Calamistrum.
Pfeiffer-Belli, Murner im Glaubensk.
3, 46, 7
(
Luzern
1528
):
Die frucht disses glaubens sint stelen, rauben, [...], den huͦren nodelbendly vß meßgewendren schniden.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein Barbierer / der mit einem pfriemen oder nadel von helffenbein das haar buͤffet / kraͤuset.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wan sô die schefläut auf dem mer niht gesehen mügent vor den dicken nebeln wâ si varn zuo dem gestat, sô nement si ain nâdeln und reibent die mit der spitz an den adamanten.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. ;
3.
›mit der
nadel
1 geprüfter Feingehalt / Härtegrad von Münzen‹.
Phraseme:
etw. (die münze) auf nadeln schlagen
.
Bedeutungsverwandte:
 5, ,  1.
Syntagmen:
der nadeln x sein
;
gold nach den nadeln versuchen
.
Wortbildungen:
nadelnstrich
›Probestück auf dem Probierstein zur Prüfung des Feingehaltes‹ (a. 1482).

Belegblock:

Schmidt, Hist. Wb. Elsaß (s. v.
Nolde
).