nachtmal,
das
;
-s/-mäler
.
1.
›Abendessen, Abendmahlzeit, letzte Mahlzeit des Tages (vor dem Schlafengehen), jeweils verstanden als der Zeit unterliegende Handlung der Esseneinnahme‹; nach den Belegen handelt es sich meist um eine soziales Ansehen dokumentierende, daher mit entsprechenden Ritualen verbundene feierliche Einrichtung; vereinzelt metonymisch für ›Abendspeise‹;
vgl.
1
 4,
1
 4.
Bedeutungsverwandte:
 1, (
das
1,  1,
2
,  1,  1.
Syntagmen:
das n. zubereiten / geben / haben / essen / nemen / verbringen / volbringen / enden
;
im n. singen, jm. im n. ein fischhaupt fürtragen, nach dem n. stehen, spazieren gehen, wein geben, sich nach dem n. erbrechen, vom n. heim gehen, zum n. trinken, zu dem n. blasen / gehen, (jn.) zum n. füren / laden
;
das angeneme / herliche / holdselige / köstliche / liebliche / saubere / wolbereitete n
.;
zu abend nach dem n
.

Belegblock:

Dedekind/Scheidt. Grob.
184, 9
(
Worms
1551
):
Jm nachtmal trinck zum oͤfftermol / | Das feucht / vnd daͤwt im magen wol.
Euling, Kl. mhd. Erz. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
):
wiltü der jar hie werden alt, | so soltuͦ nach dem nachtmal sten | oder nach lüst spacziren gen.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1516
):
adi 5 febrer faßnacht czu abet nach dem nachtmal gehabt 30 frawen und 15 junckfrawen, damit ein faßnachthof gehalten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Nachtmal (das) Cœna. Frey essen Nachtmal daß die reychen denen gabend die sy heimsuͦchtend. Recta cœna. Kostlich herricht vnd wolbereit Nachtmal.
Nyberg, Birgittenkl.
2, 272, 5
(
schwäb.
,
um 1543
):
vff demselben [reichstag] starb sein gnad; het mit dem k(oͤ)nig daz nachtmal gessen.
Rot
328
(
Augsb.
1571
):
Abendtessen / das abent brot / der vntern / Jausn / Jst ein speysung die zwischen zweyer mallzeit geschicht / ein stund oder zwo vor dem nachtmal.
Schaer, Pyr.-Thisbe-Sp. III,
178, 418
;
Roloff, Brant. Tsp.
1796
;
Wickram
4, 45, 26
;
Kläui, Schweiz. Urbare
2, 14, 12
;
Lauater. Gespaͤnste
16r, 26
;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Bremer, Voc. opt.
13247
;
Goertz, Liturgie.
1977, 275
.
Vgl. ferner s. v.  30.
2.
›Zeit des
nachtmals
‹; eng an 1 anschließbar.

Belegblock:

Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1445
):
unser fyent uf die gúl und randen zuͦ ir siten zuͦ dem slos. das was im nachmol.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Do begab es sich ongevaͤrd ums nachtmals, dass etlich Eidgnossen [...] ein gestuͤrm anfiengen.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
1415
/
20
):
Das beschach am nechsten sunnentag darnach umb das nachtmal.
3.
›letztes, festliches Abendmahl, das Christus seinen Jüngern als Heilsgabe spendet‹; als Metonymie: ›Brot und Wein als Substanzen des
nachtmals
‹; auch: ›künstlerische Darstellung des
nachtmals
‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  2.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Der herr aber schleuest starck und sagt ,Nit einer auß disen mennern wirt schmecken mein nachtmal’.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Es ist der uffhab der da uber blieben waz | An dem nachtmale da Got selbs aß, | Der das brach und gedeilet hait | Sinen frunden.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
als du [Ewigú Wisheit] nah dem jungsten nachtmale uf deme berge von angsten dines zarten herzen wurd hinvliezende von dem bluͦtigen sweize.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
319
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Das ward ob dem nachtmal wol erzaigt, | Do er
[Johannes]
sich uf din götlich brust naigt.
Wyss, Luz. Ostersp.
6677
(
Luzern
1545
):
[Cristus] nam ouch mit in sin letst nachtmal | zuͦ Hierusalem in einem saal.
Ebd.
7141
:
wie Cristus vil guͦtter leer vnnd wort | mit den synen im nachtmal ret.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 25
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Was des nachtmals Christus handelt, | das zu treiben er do wandelt | vor in der gedächtnüß sein.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
München
1586
):
Als du [Herr Jesu] am Tisch satzest, | Gar in grosser demut, | Mit jhnen das Nachtmal assest, | Gabst jhn dein Leib vnd Blut.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
612
(
oobd.
,
1607
/
11
):
Das nachtmal Christi und der englisch gruß.
Wyss, a. a. O.
6812
.
4.
›Abendmahl, das von der christlichen Kirche in Anknüpfung an
nachtmal
3 in die Tradition aufgenommen wird‹; als Sakrament von Christus eingesetzt, vom Priester gespendet, in seiner Existenz unbestritten, in seiner Auslegung und Funktion aber der Geschichtlichkeit unterworfen, dient es außer als Sakrament auch der Stärkung kirchlich bestimmter religiöser Dogmatik, der Steuerung des Verhaltens der Glieder der Kirche, durch gemeinsames Feiern auch der Unterstützung der Macht theologisch bestimmender Gruppen sowie der Ausgrenzung anderer. Die Quellen betonen weniger die Sakramentalität des
nachtmals
als die dogmatischen Differenzen in seiner Auslegung und seiner Handhabung sowie seine Instrumentalisierung im sozialen und konfessionellen Machtkampf; vereinzelt geht es auch um Alltäglichkeiten im
nachtmal
-Ritual; in 1 Beleg ist
nachtmal
auf einen Zeitpunkt bezogen (
Bischoff u. a., s. u.
);
zu
1
 4,
1
 4.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl.  2.
Syntagmen:
das n. bestellen / einsetzen / halten / essen / fliehen / verachten / empfangen
(z. B.
von js. hand
),
unter beider gestalt nemen, jm. ein n. bestellen
;
jn. des nachtmals stilstellen
;
auf das n. warten
(Zeitangabe),
das brot im n. nemen, im n. den leib, das blut darreichen / übergeben, sich von dem n. enthalten, jn. von dem n. ausschliessen, vom n. predigen, j. zum n. gehen
;
das n. des herren
(mehrfach);
das n. in / unter einer / beider gestalt
;
das heilige / hochwirdige n.
;
ein hergot im n
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
zum Sacrament gehen sich communicieren lassen des Herrn nachtmal essen.
Pfefferl, Weigel. Ges.
25, 2
(
Hamburg
1646
):
wer nu den [Christum] im glauben hat, der ißet sein fleisch, vnd trincket sein Blut rechtschaffen, ob er auch das Nachtmal von der Hand des Priesters nicht empfinge.
Luther, WA (
1544
):
das die not erfordert, das man ein gewisen tag habe, auff welchen man vom heyligen Sacrament oder Nachtmal des Herren predigen soll, So woͤllen wir yetzund den Text des heiligen Pauli für uns nemen. Jn dem selben sehet jr, wie unser Herr Jesus Christus unns ein Nachtmal bestellet hat, da wir biß an den Juͤngsten tag von essen sollen.
Aber der Bapst [...] verdambts noch heuͦttigs tags als ein ketzerey, wer das Nachtmal unter beder gestalt nimbt, wie es Christus, [...], eingesetzet und gebotten hat.
im Nachtmal: Esset, das ist mein leyb, der für euch geben ist, Trincket, [...].
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
264a, 14
(
Frankf./M.
1649
):
sintemahle auß [...] Fürsten vnd Herren hoͤffen / etliche Inquisitores, gefunden werden / welche nicht allein / die Baͤpstliche Bull / vnd bann / beym Nachtmahl verachten [...].
Mylius (
Görlitz
1577
):
Cœna domini Nachtmal des Herren.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1538
):
Da was ein Herrgott, als man ir dann in eim solchen Passion etwan drey oder vier muͦß hon, als ein, der das Creuͤtz tregt, und ein im Nachtmal unnd ein auff dem Balmesel.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1559
):
dieselbigen von dem tisch gottes ußzeschlyeßen und des herren nachtmalls stillzestellen.
Fellmann, Denck. Schrr.
2, 109, 31
(o. O.
1528
):
Vom brot und kelch, nachtmal oder gedechtnuß des leibs und bluts deß herrn.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1549
):
und [hertzog Morytz] gedacht nitt mer an sein frindschaft noch ann das enpfachenn des hailligenn nachtmals noch me an trey und aid.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1515
):
ist es aber ander sach und ist ausserhalb des rechten, so sol ain partei auf die ander warten hinz auf herren nachtmal, das ist auf die drit stund nachmittag.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth ;
Andreae. Ber. Nachtmal
18v, 7
;
Franck, Klagbr.
222, 27
;
Rennefahrt, Gebiet Bern ;
Nyberg, Birgittenkl.
1, 449, 29
;
Vgl. ferner s. v. , .
5.
in obszöner Metaphorik auf eine Frau, auf die sexuelle Hingabe einer Frau (jeweils vom Mann aus gesehen) sowie auf die sexuelle Bereitschaft eines Mannes (von der Frau aus gesehen) bezogen; anschließbar an 1.

Belegblock:

Fastnachtsp. (
nürnb.
,
v. 1486
):
Die [weiblein] nem ich fur mein nachtmol heint, | Und wer man mir ein jar darumb feint.
Auch haben sie mich macht zu strafen, | Ob ich von einer ein nachtmal nem | Und nit pald genuk hin wider kem.
Ebd. (
15. Jh.
):
Mein [frau] man tregt mir daß nahtmal auß | Und ich pedörft sein selber wol im haus.