mütterlich,
Adj.
1.
›mütterlich‹; bezogen auf den Körper (z. B. den
leib, schos
), auf die biologische Funktion (z. B. die
bärhaftigkeit
), auf die Haltungen (z. B.
keuschigkeit, lauterkei, zucht
) und Tätigkeiten (z. B.
pflege
), die einer
mutter
1 zugeschrieben bzw. von ihr erwartet werden und die man (mehrfach) in der Gottesmutter erfüllt sieht; damit offen zu 3; im einzelnen: ›der Mutter eigen‹; ›liebevoll‹; ›fürsorglich‹; ›gesittet‹; ›muttersprachlich‹;
vgl.  1.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
der mütterliche leib / schos / sitte, die mütterliche bärhaftigkeit / brust / deutsch / ergez / not / pflege / pflicht / rute / sprache / traurigkeit / treue / vernunft, das mütterliche herz
.

Belegblock:

Schorer, Sprachposaun
40, 11
(o. O.
1648
):
daß jhr [...] ewer eigen Muͤtterlichen Woͤrter Krafft vnd Eigenschafft dermassen verentheiliget.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
seht an koninglicher kore | den koning Salomonem sitzen | und wie mit muterlichen witzen | in sine muter gekronet hat.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
die jungen sollen ir obersten heizzen nunnen: daz ist muterliche zucht.
Froning, Alsf. Passionssp.
6187
(
ohess.
,
1501ff.
):
myn armes muderliches hercz | das ist vol alles smerczen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
24, 16
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
ein mensche wirt in sünden enphangen, mit unreinem, ungenantem unflat in müterlichem leibe genert.
Gille u. a., M. Beheim
120, 202
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
[er] bedorffet mit aine | Der spünn, essens, trinkens und pacz, | anderr müterlicher ergacz | und pfliht sam andre kinde.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
97
(
Nürnb.
1517
):
Jesu, noch in müterlichem leib verschlosen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
die muͤterliche berhaftekeit die geschach megdelicher kúschikeit in rehter luterkeit.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Gedenck, edler ritter klüg, | Daz ich dich [Hectör] mütterlichen trüg | Vierzig wochen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der kranwitpaum haizt in meiner müeterleichen däutsch ain wechalter.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Muͤtterlich sprach. Materna lingua.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
sunder alle müeterliche vernuft oder scham ervodert sy sölichs an in und begerte seins unzimlichen beiligens.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
860
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Gille u. a., a. a. O.
82, 564
;
162, 422
;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Kummer, Erlauer Sp. .
2.
›vermögensrechtlich der Mutter zugehörig; erbrechtlich aus der Linie der Mutter eingebracht und den entsprechenden erb- und vermögensrechtlichen Bestimmungen unterliegend‹; als rechtssprachliche Spezialisierung zu 1 auffaßbar.
Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
 2, .
Gegensätze:
.
Syntagmen:
der mütterliche anfal / erbfal, das mütterliche angefälle / erbe / (erb)teil / gut / testament
.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
27, 29
(
thür.
,
1474
):
sy sollen durch recht sollich gud, so ir muter darynbracht hadt, [...], ir veterlich unde muterlich gud gewest ist, [...] zcuvor erußnemen.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
als sie hie clagen zu Peter Heintzen von ires veterlichen und muterlichen guts wegen.
Köbler, Ref. Franckenfort
38, 19
(
Mainz
1509
):
Es sall auch in den müterlichen vnd von vffstygender frauwlichen linien Testamenten die pretericion vnd vorgehunge / als so der kindere jm Testament nit gedacht wirt nit anders crefftig sein / Es geschee dañ [...].
Maaler (
Zürich
1561
):
Das Muͤterlich vñ vaͤtterlich guͦt ist durch hin gericht.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
n. 1347
):
Die gesworen [...] habent erfunden uud gesprochen umb müterleich guot: [...].
Grosch u. a., a. a. O.
80, 4
;
121, 4
;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
73
;
Köbler, a. a. O.
55, 11
;
Voc. inc. teut.
q vijv
;
Vgl. ferner s. v.  3,  2,  2,  4.
3.
›mütterlich‹; bezogen auf die Mutter Gottes als religiös herausgehobene, mit besonderen Gnadengaben (
gnade
1; 5,
barmherzigkeit
1) ausgestattete, dem Menschen helfende Person; in den Belegen bei
Quint
(s. u.) Tendenz zu ›feminin, weiblich‹, lat. (adv.)
receptive, contentive, conservative
im Unterschied zu dem für
vater
gültigen
active
;
zu  3.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Wortbildungen:
mütterlichkeit
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wîsheit ist ein müeterlich name, wan müeterlich name ist eigenschaft eines lîdennes, wan in gote ist würken und lîden zu setzenne
(zur theologischen Interpretation der Textstelle vgl. die Anm. des Herausgebers).
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
daz du [Maria] nach muterlichem site | dine genade uns teilest mite.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
641
(
Köln
1476
):
O hymmelsch keyserynne, dye by dym kynde byst gesessen, | Moederlych in dynner grundeloeser barmherticheyt | Dye selen in gnaed to brengen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
thu vns senden, | Muͤtterlichen Gnaden Trost, | Wenn vns ein grosse noht anstost.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3419
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Wie Maria aͮn endes zil | Muͦterlichen úns enpfaͮt | Under den mantel ir gnad
(Bild des
mantelkindes
im Hintergrund).
Spechtler, Mönch v. Salzb.
4, 30
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Oben loben got und dich, | leiden meiden ewiklich | hilf uns, müterleiche mait.
Stammler, Berner Weltger.
750
.