müller,
mülner,
der
;
-s/-Ø
;
erstere Form aus letzterer assimiliert (
-ln-
zu
-ll-
), diese über
mhd.
mülnære
() aus (m)
lat.
molı̄nārius
.
›Müller‹ (als Berufsbezeichnung sowie als Name, damit personenidentifizierend); ›Handwerker, der eine eigene Mühle betreibt oder eine Mühle in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis (nach Leihe-, Pacht-, Meierrecht, so ) bewirtschaftet‹; in den Belegen häufen sich Aussagen zur Instandhaltung der Mühle und ihres unmittelbar betroffenen Umfeldes, zur Rechtsstellung des Müllers und seiner Befugnis, wirtschaftlich verwandte Tätigkeiten (oft Backen, Halten von Schweinen oder Schafen) ausüben zu dürfen, zu seiner Entlohnung und seinen Abgabeverpflichtungen, zu wasserrechtlichen Regelungen, zum sozialen Leumund des Müllers, speziell zu der ihm zugeschriebenen Neigung zu kleineren moralischen Mauscheleien.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte; auch Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
einen m. annemen
›anstellen‹
/ aufrücken
›adeln‹
/ vereiden, zum fürsten machen, in die helle setzen, mit dem dieb vexieren, der esel den m. reiten
(als Zeichen einer
verkerten welt
);
der m. (nicht) stelen, die müle richten, in bau halten / verleihen, korn kaufen, in die müle füren, schafe halten, schweine haben / schlachten / aushauen / auswegen, säue verkaufen, wasser suchen, mit wasser malen, (nicht) backen, ane maut, ane belonung malen
(z. B.
getreide
),
das mel ärgern / fälschen, die gemeine beschweren, dem brot sein gewicht (nicht) geben, dem armen man mel geben, mit jm. zu krieg werden
(um die Wassernutzung),
dem becker nichts leihen sollen, die säcke bestellen
, [einen Betrag]
achterstellig sein, jm. die kunden abgutzeln, dem (-)herren etw. verbunden sein, korn verzollen, zins andelagen, jm
. (z. B.
dem vikar
)
flachs bleuen, ein kerbholz halten
, [einen Geldbetrag, eine Naturalabgabe]
zinsen, etw
. [eine Naturalabgabe]
schuldig, für dienst gefreit sein
;
der becker kein müller sein sollen
;
dem m. etw. zu jarlon geben, nicht mer geben denne [...], (nicht) über den ablas faren, dem m. die magd entlaufen, der kastner den müllern um gülte richten
›in bar bezahlen‹,
einem m. weren, wo [...]
;
an dem m. untreue finden, keine pachtung mit den müllern machen, nach einem (guten) m. trachten, bericht von dem m. bringen
;
der fremde / gute / untreue m
.;
das gut des müllers, die zunft der müller, die geselschaft von müllern
.
Wortbildungen:
mülleresel
,
müllerin
›Frau eines Müllers‹ bzw. ›Betreiberin einer Mühle‹,
müllermetze
(zum Gw vgl.
1
in der dort nicht belegten Bedeutung ›Mühlensteuer‹),
müllersmagd
›Frau einfachen Standes‹ (im Beleg religös überhöht),
müllerwerk
,
mülnerbruder
›Müllerknecht‹.

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
101, 15
(
preuß.
,
1440
):
36 scheffel korn, das do schuldig ist der molner von Alde Kykoth.
Toeppen, Ständetage Preußen
2, 251, 8
(
preuß.
,
1440
):
wie dy molner an der Lancke kouffen das korn von den gebuwern und lassen is en in dy mole furen.
Ebd.
3, 84, 26
(
1448
):
welchem manne seyn man, molner, gertener, knecht adir magt [...] entlouffen, [...], die sal men en [...] widderkeren.
Luther, WA (
1522
):
es thutt eyn mullersmagd, ßo sie glewbt, mehr gutts, [...], denn alle pfaffen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
5366
(
rib.
,
1444
):
Dat wasser da mit der moelner meelt, | En kunde uch [Grof Verstentnisse] dan aff
[von der Verdrehung der Tatsachen]
nyet gereynen.
Schoop, Qu. Düren
2, 36
(
rib.
,
1545
):
seint den smeden zu verordent [...] die geselschaft van [...] goltsmede, kannegeisser, ackerluide, mulner.
Struck, Cist. Marienst.
1033
(
mosfrk.
,
1457
):
das eyn molneir broder Konczgyn dem koufers synen bart eyns deils ußzoczte.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1377
):
wer eyn molner sin wil, der sal nit backen, wer eyn becker sin wil, sal nit eyn molner sin.
Mone, Adt. Schausp. (Hs. ˹
omd.
,
1391
˺):
brenge mir den muller mit der meczen, | den wil ich czu
e
hinderst in dy
e
helle seczen.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
qwomen zu eyme molner, [...], unde ruckten den uff unde machten on zu eyme fursten.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
4, 32
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Die muller soll er
[der Vorwerksverwalter]
auf ein genant gelt vor alle underhaltung von jaren zu jaren annemen, damit aller gewerb und nutzung der muhlen und mastunge uns allein bleibe.
Ebd.
146, 11
:
Der müller soll alles getreide, so zur hofhaltung alhier [...] vorbraucht, [...], ohne einige metze oder belohnung zu mahlen schüldig sein.
Ebd.
150, 28
:
Und sollen die müller die leufte uff ihren kosten schaffen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1631
):
soviel die viehsteuer anbetrifft (gar nicht aber ratione der müllermetze und des fleischpfennigs).
Gille u. a., M. Beheim
247, 17
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der has den jegermaister veht, | der esel reit den muller.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 157, 23
(
nobd.
,
1464
):
Mulner zwͤ Greymszdorff gibt von der muͤle daselbst jerlich 1½ gulden fuͤr zwey swein.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
109, 21
(
um 1540
):
wenn der muller das wasser suchen will, so solle er es drey trag darfor allen anstosseren, [...], ansagen.
Ebd.
37
:
Uber das hat ein muller macht, einem frömbden muller zu weren, wue einer herein faren und koren hinaus füren wolte.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Den bütner nennt ein pumerleypumb, | [...] | Den müllner vexiert mit dem dieb.
Boner, Urk. Zofingen
763, 12
(
halem.
,
1553
):
Ruͦdolff Sutters des müllers guͦtt.
Bremer, Voc. opt.
13097
(
halem.
,
1328 f.
):
Molitor muller [...] múlner [...] dicitur iste, qui habet artem molendi, id est frumentum in minutissimas partes, id est farinam, conterendi.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1450
):
das einkein pfister noch ander person kein pactung mit den muͥllern nit machen sol vmb iren lon.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mülleresel / der die müle treybt vnnd die maͤlseck muͦß tragen. [...]. Das Müllerwerck / Das malen. Molitura. Müllerwerck treyben / [...] / Sich mit mületreyben erneeren.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern (
halem.
,
1634
):
daß kein müller dem anderen synen kunden abwigglen [...] sölle.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1403
):
daz die zunft der muͥller, [...], als gar baͤrlich an luͥten abkomen waz.
Sappler, H. Kaufringer
17, 1
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
Ain müllerin vor zeiten was: | von der vind ich geschriben das, | das si mit tugent was behaft.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1643
):
Der pfarrer, ein ganzer paur und jeder müller darf einer acht [...] schaff halten.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1310
/
2
):
Man sol cheinem muͤlner mer geben von dem mutte denne drei pfenning.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
n. 1347
):
Swenn zwen müllner mit ainander ze chrieg werdent, [...], umb ir wazzer, den sol man fümf müllner darzuo schaffen, die [...].
Ebd. Anh. [7], :
der chastener sol rihten hintz den mülnaern niur umb gült.
Niewöhner, Teichner
445, 22
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
der mulnaͤr, | wann er sein mul gerichtet wol, | so siecht er zu an allez dol | daz er nymmer leidet ach.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
1, 229, 14
(
moobd.
,
1524
):
vnnser gnedigister Herr [...] gebewt auch mit ernnst, das kain mullner das meel erger.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
[herzog Oto] verzeret das gelt [...] mit ainer mülnerin.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
um 1660
):
die müllner [...] sein verbunten [...] dem lantgerichtsherrn [...] ain thaller gelt.
Ebd. (
15. Jh.
):
was ain mensch tragen mag [...], das selbig sullen im die muldner ân maut mallen.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1568
):
so solle kainem mülner ferrer zuegelassen, brot auf failen kauf [...] zu pachen.
Wopfner, Bauernkr. Tirol
42, 2
(
tir.
,
1525
):
als der gemain man von [...] den mullern, grŏslichen beswărdt wirdet, darin wenndung zu tun, [...], unnd das die mŭller, [...], ainem ieden sein recht mel nit verwexln, nach der wag geben, aŭch den mŭllern ze pachen oder failzehaben nit gestattn.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
23, 1
;
Lohmeyer, K. v. Nostitz ;
Rudolph, Qu. Trier ;
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Küther, UB Frauensee
217, 17
;
v. Liliencron, a. a. O. ;
Ermisch u. a., a. a. O.
148, 3
;
Wiessner, Wittenw. Ring
3376
;
Müller, Stadtr. Ravensb.
168, 12
;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 167, 36
;
Niewöhner, a. a. O.
445, 3
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
176, 2
;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 86
;
Vorarlb. Wb.
2, 463
.