müen,
mühen,
mügen,
V.
– 1 und 2 oft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, auch berichtende Texte.
1.
›sich in einer Sache zur Erreichung eines Zieles (meist sozialer, innerweltlicher, seltener geistlicher Art) abarbeiten, abmühen, alle Kräfte auf etw. verwenden; sich intensiv mit e. S. befassen; äußerste Mühe erfordern‹;
vgl. (
die
1.
Bedeutungsverwandte:
 4,  1,  1,  8.
Syntagmen
(meist refl.):
sich faste / viel / minder / sere / treulich / untugendlich / vergeblich m., sich ane unterlas, für jn
. (z. B.
für die bürger
),
in etw
. (z. B.
in einer sache
),
über js. kraft, um etw
. (z. B.
um frieden / einigkeit
),
zu felde, zu der offenbarung, zu einem zeichen m., sich m., zu [...]
; ohne Reflexivum, mit Akk.obj.:
jn., seine glieder m., es bis auf ein ende m., müen, das [...]
; mit Gen.obj. d. S. (1 Beleg):
keines ungemaches m
. ›kein Ungemach scheuen‹.
Wortbildungen
müung
1 ›ernsthaftes Anliegen; Sorge, Mühe; Anstrengung‹ (dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
ey ich hab mich also gemuͤet, hab geloffen, gewaeschen und zuͦgericht ec. noch sol mein mainung nichts sein.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
21, 20
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
gerochen müßt es werden [...] und solte darumb hauen und schaufeln noch eins gemutet
[Var. 1449:
gemuet
]
werden!
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
so muwete sich der rath dar inne also sere, das es entricht wart.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
149, 26
(
thür.
,
1474
):
ir habt euch von raths wegen fur ewer burgere darunder so vil gemuhet unde bearbet.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Doch sag ich eüch hy kein riffir, | Ob ir es müt pis aüf ein ent.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
wann in arbeit vnd in múung
[
Luther
1545, 2. Thess. 3, 8:
mühe
]
wir worchten tags vnd nachts.
die bezalung diser arbeit vnd ditz buͦchs sol mir bezalen ewer gebete: wenn ich vntterweiset werde das euch das ein múung ist daz ir euch habet gewirdiget vnd habt mich geheissen daz zuͦuolbrengen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
276, 5
(
halem.
,
1534
/
5
):
wie sj von jrn herren und obern / befaͤlch haͤttend sich jmm handell zuͦ muͤjen / angsechen / das dz recht ettwan untrüntlich waͤr.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
59, 51
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
das nicht leicht [...] ist ze glauben aim gaistleichen menschen, der sich stätichleich muͤet vnd arbait, gedenkund vnd merkchuͤnd gaistleicher ding.
Ebd.
75, 82
:
Etleich sind so vͤbergierig vnd sint pesunderleich sich muͤent vntuͤgentleichen zu gotleichen offenparung vnd zaichen, das da ist ain mass der versüchung gots.
Ebd.
85, 53
:
der sint aynchleich gewesen die mit den chuͤnsten der messung fast sint gemuet gewesen.
Niewöhner, Teichner
609, 62
(Hs. ˹
moobd.
,
1469
˺):
stuend er auf und muet seine glider, | er gewuͤn vil schier guet | dann das er mit slaffen tuet.
McClean, Havich
3340
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
si müten chaines ungemach | den man durch Got vertragen sol.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Zulest müet sich vasst obg’nante künigin Braunhild, [...], kaufet frid von den Haunen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1630
):
so mühe er das er ain wahrzaichen, [...] in den burkfrüdt bracht.
v. Maren, Marquard. Ausgabe
12, 14
(
Venedig
1483
):
Als die tuͤn die das haͤiß eisen tragend: oder sich selber zuͦ vil vͤber ir kraft muͤend.
Grosch u. a., a. a. O.
149, 26
;
Thiele, a. a. O. ;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
257, 2390
;
Mayer, a. a. O. ;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Adrian, Saelden Hort
4824
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Schmitt, Ordo rerum
159, 9
.
Vgl. ferner s. v.
1
 2.
2.
›jn. ärgern, verdrießen, grämen, aufbringen; sich ärgern, über etw. aufregen‹ (von einzelnen Ereignissen, einem einzigen, meist vorübergehenden Tatbestand gesagt).
Bedeutungsverwandte:
, (V.) 1, ; vgl. (V., unr. abl.) 6,  2,  4, , , .
Syntagmen:
es müet jn., jn. von etw
. ›über etw.‹
m
. (dies ohne Subj.); mit Subj. d. P./S. und Obj. d. P.:
etw. jn. (übel) m., jn. sere m., jn. sere m., das [...], etw. jn. hin zu jm. m
. ›jn. über jn. aufbringen‹,
j. sich (mit leiden, harte / faste) in dem sinne m., j. sich auf jn
. ›über jn.‹
m
.; passivisch:
j. gemüt werden
.
Wortbildungen:
müung
2 ›Verdruß, Ärger‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
iz mûwete in und tet im wê, | des er ein her ouch lûd in sam.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
den kerl sere daz vordroz | und begunde sich vaste mugen, | daz her sich solde uzschugen.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
durch dat so moit it sy van reichte | [...], | dat it in eirgen missegeit.
Ebd. (
Köln
1499
):
he hadde in sime leven vil koninge under sich gezwongen: dat moit die romer ind santen zo eme, umb [...].
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
732
(
mrhein.
,
um 1335
):
Der groze spot dut mir vil we. | Doch muͦwet mich der schade me.
Froning, Alsf. Passionssp.
731
(
ohess.
,
1501ff.
):
Herodes konigk, [...], | wysße, das mich muhet ßo sere, | das du host lossen von der gan | den viel ungezogen man.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Sin tœten unverseret | Die Babylonen muete.
Pyritz, Minneburg
4503
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Ir wart uff mich so rehte zorn | Und muͤt sie uff mich also sere, | Daz [...].
Goedeke u. a., Liederb. (
Nürnb.
1539
):
laß du nicht ab, obs einen mut!
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
374, 1
(
els.
,
1362
):
Do von wart der richter so gemuͤget, daz er das kint von ime warf.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz muͤte den boͤsen geist úbel, und erschain guͤten menschen vor und trowte im.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
25
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
hettist ain weltlichen man, | Mit dem müstist tag und nacht úbel zit han | [...] | Und darzü müyung mangerlay.
Kottinger, Ruffs Etter Heini V. (
ohalem.
,
1538
):
die buren syend herren. | das müeyt mich: ich möcht‘ mir selbs har usszeren.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 2, 12
(
halem.
,
1508
/
16
):
Des nam sich sin fater an zuͤ moͤyen, beschikt den sun wider.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Doch wiszt, das mich myett | Von eẅrem mynneclichen leib.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Ains andern glück das müet mich.
Bäumker, Geistl. Liederb. (
oobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Dy red müet ainen seiner knecht.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Do her Heinreich von Tuͦren in der vanchnuͤss hielt [...] bischoff Ulreichen, daz ser chünig Otakchern hincz im müt.
Kurz, Waldis. Esopus ;
Thiele, Chron. Stolle ;
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe ;
Pyritz, a. a. O.
4078
;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Williams u. a., a. a. O.
374, 1
;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Koppitz, Trojanerkr. ;
Dierauer, Chron. Zürich ;
Haltaus, a. a. O. ;
Primisser, Suchenwirt ;
Klein, Oswald
117, 52
;
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
1038
;
3.
›jn. militärisch angreifen, anfallen, überfallen‹; auch vom Angriff von Tieren gesagt.
Narrative Texte.
Bedeutungsverwandte:
,  23.
Wortbildungen
müeling
›jn. anfallender böser Geist, Dämon‹ (dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
în semelîchin reisin | pflag er ofte neisin | dî Ousteiten in dem zil | sî mûhinde unmâzin vil | mit manchim swindin schuire.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
vor Sost in Westvalen, da das reich mit dem von Wirtzburg vast gemüt waren.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
sy múten die stat von der erden vnd von dem mere
[Var. 1475
2
–1480:
kûmerten
;
Froschauer
1530, 1. Makk. 15, 14 /
Dietenberger
1534:
bekümern
;
Luther
1545:
belagern
].
Brett-Evans, Bonaventuras Leg. S. Francisci
79, 9
(
önalem.
,
v. 1478
):
do komen die muͤgling vnd fielent grimicklich vff den ritter v̀nsers herren.
Gereke, Seifrits Alex.
5434
(
oobd.
, Hs.
1466
):
die tier muetten sy gar ser; | die willden leben und die pern | [...] | versuechten den tag dikch an sy.
4.
›jn. belästigen, behelligen, molestieren, jn. / etw. stören; ein Etwas angehen, störend berühren (z. B. das Reich Gottes)‹.
Phraseme:
aus etwas müens
›um zu querulieren‹;
jn. in dem magen müen
›jm. auf den Magen schlagen‹.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Feudel, Evangelistar
96, 30
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
jener dor ynne entwort [...]: muhe mich nicht, wen myn thuͤr ist czu geslozzen [...], ich inmak nicht uf sten dir icht czu gebene.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
1335
):
der zolner kume unde spreche, he habe nicht verzollet, unde wolle in muwen unde potewarn zu unrechte.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Gedechtnuß, rot, betrachtung muet nie sein [Got] reich.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
mitrat von Diessbach, – so iez uss etwas muͤens, nit uss ernst, sich hat vom ette kuͤng an Rom und Meyland geleint.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
si [elephanten] fürhtent die mäus [...], wan ir smack müet si.
ez klingelt daz kupfer lauter dann ander gesmeid, aber ez müet daz gehœrd.
Ukena, Augsb. Hl. Kreuzsp.
1246
(
stir.
,
v. 1494
/
n. 1520
):
Sye müessen mir darumb pagen | Das sy würt müen jn dem magen.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Schönbach, Adt. Pred. ;
Dinklage, Frk. Bauernweist.
111, 21
;
Gereke, Seifrits Alex.
5614
.
5.
›jn. psychisch, aufgrund seiner moralischen Überzeugungen, religiöser Glaubensinhalte quälen, martern; jn. versuchen, anfechten; sich grämen, sorgen, quälen‹ (von schwerwiegenden, teils krankheitsähnlichen Gemüts-, Moral-, Glaubensbelastungen e. P. gesagt).
Texte der Sinnwelt Religion / Didaxe‘; älteres und mittleres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
1
 3,  2; vgl.  4,  2,  2,  2, .
Syntagmen:
der teufel, der fras, böse geiste jn. (sere, schwerlich, mit anfechtungen / anweigungen, an js. ende) m
.;
der anstos der untugend den lon in dem müen
(subst.)
bringen
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wan der anstôz und diu bewegunge der untugent diu bringent die tugent und den lôn in dem müejenne.
Feudel, Evangelistar
140, 34
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
abir dy do gemuet waren von den bosen geisten, dy wurden gesunt.
Neumann, Rothe. Keuschh.
4257
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
das begriffen
[des
ysen
]
alsus auch muͤet | des menschen sinne unnd auch mud, | wer ess in fleischlicher liebe tud.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Ein bruder was heiliges lebenes, den mute der tufel gar sere mit anvechtunge der vnkvischeit.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
15, 64
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
[den] der czorn [jn.] nicht enczundet hab, der fraß nicht gemuet hab, die unkeusch nicht vermayligt hab.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
swie guͦt joch der mentsch ist, so muͤgent in doch die boͤsen gaist an sim ende.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
73, 48
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
davon verhengt got, daz sy mit swaren anweigungen werdent petruͤbt vnd gemuͤet, in den sew dann vallent mit vngedultichait.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
134, 35
.
6.
›jn. aufgrund sozialer, politischer, gesundheitlicher (o.ä.) Probleme belasten, jm. schwer auf der Seele liegen, jm. Schwierigkeiten bereiten; jn. durch Macht-, Gewaltanwendung bedrängen, belasten‹; auch (intrans. / absolut): ›leiden, Leid ertragen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl.  1, ,  1,
1
 10,  1,  1, (V.) 1,  3.
Syntagmen:
j
. (z. B.
der arme
)
m
.;
jn. m., der übermut, das verderben jn. m
.;
die bürger / inwoner, der könig (faste) gemüt sein, der schultheis gemüt werden
.
Wortbildungen:
müung
3 ›Not, Krankheit‹.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
solchs ist gemein bey den Reichen, | Wo sie die armen moͤgen erschleichen, | So muß der arme allzeit muͤgen.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
19, 4
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Gewaltes treibt ir zumale vil, [...], das müet mich allzu sere.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
131, 6, 15
(
schles.
,
1350
):
daz sy beide, burger vnde inwoner [...], ane schult mit manchirley gepfote gemvhit sin.
Fischer, Folz. Reimp.
41, 276
(
Bamb.
1485
):
When die plutspeyung zu ser mü | Und wer ein grimen pauchflus hab.
Dierauer, Chron. Zürich (
halem.
,
15. Jh.
):
klagtent im, wie es inen so úbel gieng [...], das si in fast úbel erbarmtent, und stet und heren die muͦgt es all der úbermuͦt.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1479
):
dadurch
[
schulden
durch
fremde
]
ain schulthais und das gericht zuͦ vil malen gemuͤget und bekuͤmert werden.
Werbow, M. v. Amberg. Gew.
588
(
omd.
/
oobd.
,
v. 1382
):
er
[eine Person im
zorn
]
tuwe daz selber ader schicke daz daz ander lewte mwen an seiner stet.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
75, 70
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Die ander [...] sint raichunt die materij der schedleichen muͤung der chrankken.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Darumb was der Romisch kunig vast gemuet und (hett) gern anikhait gemacht.
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1580
, Hs.
1629
/
43
):
wenn einer gemüet wiert, das er sich leibsnot wären mueß.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Grossmann, a. a. O. ;