mörderei,
die
;
-Ø/–
.
1.
›Gesamtheit der Haltungen und ihnen entsprechender Taten, die unter moralischen, theologischen, sozialen, rechtlichen Aspekten gegen die geltenden Normen verstoßen, Übeltat, Vergehen, Verbrechen‹ (generell); in der Regel auf schwerere, teils
fürsezlich
begangene Fälle innerhalb dieses Spektrums bezogen, dann: ›schwerer Diebstahl, Raub‹; ›Vergewaltigung‹; ›Tötung‹ (mit diesen Gebräuchen offen zu 2); ›allgemeines Gemetzel‹, ohne daß die einzelnen Tateinheiten klar identifizierbar und von anderen abgrenzbar wären;
vgl.  1,  1.
Gegensätze:
,  1.
Syntagmen:
m. anrichten / machen / sehen / meren / verbüssen / volbringen, (an einem volk, mit vorbetrachtung) begehen, an das landgericht bringen
;
(die) m. gemein werden, überhand nemen, aus einem gezünge geschehen, das malefiz berüren, dem landgericht zubehören, dem gericht verfallen sein, unbestraft bleiben, jm. m. gefällig sein
;
der m. ledig werden
;
der m. feind sein
;
jn. für m. schätzen, etw. mit m. gewinnen, j. zu m. geneigt sein
;
die fürgesezte
›beabsichtigte‹
/ gräuliche / grosse / unchristliche / wütende m
.;
der gottesdienst, die rache der m
.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Wenn gleich alle reuberey, moͤrderey, ehebrecherey, hurerey auff einen hauffen gerechnet wuͤrden, so ubertrifft diese suͤnde alle andere suͤnden.
Ebd. (
1538
):
Das ander alles ist eittel todt dieng, eittel mordt, morderej und eine mordtgruben, als das Bapstumb stickt voller mordtgruben und morder.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Latrocinium. Mordt moͤrderey todtschlag.
Aubin, Weist. Hülchrath (
rib.
, Hs.
17. Jh.
):
zu strafen stehet: falsche münz, falsch gewicht, unrechte weg, unrechte steeg, unrechte elle, unrechte waßerflüß, kirchweg, leichweg, hurerei, dieberei, morderei, zauberei, wichelei, scheltwort, kiefwort, faustschläge, metzertrecken, blütige wunden.
Langen, Myst. Leben
159, 10
(
nobd.
,
1463
):
daz er [der kranck] in chain / weg verczweifel vnd ob er | all morderey, dyberey, vnkewschrey vnd wucher verpracht het.
Gille u. a., M. Beheim
445, 145
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ab aim ain erb gevelt | an erbschafft, aigen ader gelt, | er rucht, wie es gewunnen sei | mit wucher, spilen, raben, | mit diebstal oder morderei.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
203
(
Nürnb.
1517
):
Daraus erwachsen absunderung der reiche, zank und hader, plackarei, rauberei, aufhauung der güter, todschleg, morderei.
Sachs (
Nürnb.
1555
):
Brauchten den gots-dienst frü und spat, | Biß endtlich der römisch senat | Diesen gotsdienst der mörderey
[gen. explicativus; ›Blut-, Menschenopfer‹]
| Verbot und den außrottet frey.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
[Si] nend den armen das almuosen uss der hand: | Ist das nit mordri, laster und schand?
Goldammer, Paracelsus
7, 162, 21
(
um 1530
):
wann nun ein krieg wird angespannen, so begeen die andern alle vermessene totschläg und mörderei.
Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1524
):
uns ist auch [...] gefellig gewesen die groß hoffart, geitigkeit, unkeuscheit, neid, haß, wuͦcher, mörderei und aller schand und laster, so bei euch teglichen gewont ist.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
M. 15. Jh.
):
mörderei prant und dieprei, die gehörn dem landgericht zue.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
, Hs.
A. 17. Jh.
):
Dieperei, eheprecherei, zauberei, mörterei ist dem gericht leib und leben verfallen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
22, 19
;
Mannack, Rist. Pers.
281, 8
;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
138, 26
;
Jerouschek, Nürnb. Hexenh.
3r, 43
;
Schade, a. a. O. ;
Bachmann, Morgant ;
Winter, a. a. O. ;
Mell u. a., Steir. Taid. .
2.
›Mord, Totschlag‹; im Unterschied zu 1 eher (oft kaum abgrenzbar) auf das individuelle, mit Absicht, aus niedrigen Beweggründen vollzogene Tötungsdelikt bezogen;
vgl.  2,  2.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. , (
die
1.

Belegblock:

Voc. inc. teut.
q vjr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Morterey Homicidiū volgariter todsclag.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl xvi,
18
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
daz er [Cayn] sich von seinem [got] angesiht het abgetailt mit der morderey.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
die sachen, darinnen die armen lewt mit der kostung, [...], einander helffen soͤllen: Nemlich, vmb mayneydtschweren, vmb Zauberey, Rauberey, Prennerey, Verreterey, Felscherey, Dieberey, furgesetzte moͤrderey, die mit bosshafftiger vorbetrachung vnd verwartung geschicht.
Maaler (
Zürich
1561
):
Moͤrderey (die) Greüwlicher todschlag. Trucidatio, Latrocinatio.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
17. Jh.
):
es betrëffe der unterthannen persohnen oder güeter an ausgenommen mörderei, dieperei, nottzwang und in frävelssachen, so fürsëczlicher und betrieglicher weise beschechen.
das malefiz berüerend, nemblich merderei, diebstall und benöttigung.
3.
polemisch auf Verfahren und sich daraus herleitende Therapien der Medizin bezogen, die mit
blutvergiessen
assoziiert werden; vereinzelt als
mörderei
metaphorisierte ›Verderbnis der Seele‹;
vgl.  3,  3.

Belegblock:

Luther, WA (
1523
):
[die Junker] martern die seelen mit unseglicher moͤrderey.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
):
dieweil nun die schul auswendig und nicht inwendig ist, so folgt hieraus, das kein schul ist, da wir müssen durch mörderei meister werden. dan so ein arzet in dem leib sein schul sucht [...], so ergibt er sich der mörderei.
Ebd. :
also das kein arzet gut werd, er fülle dan mit seiner mörderei etliche kirchhöfe vol.
das ir nit durch die weg der mörderei ingangen in die meisterschaft der arznei.
das heißt kein kunst der arznei, sonder ein erfarenheit aus dem mörderischen weg.