morgensprache,
die
;
-Ø/-n
.
›am Morgen stattfindende Versammlung von Personen unterschiedlicher rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer Einheiten in einem gesellschaftlichen Verfassungsrahmen‹; die in Betracht kommenden Gruppen sind Handwerkerbünde, Schöffen, Bürger; die Zwecke der
morgensprache
sind Beratungen über jeweils interessierende Anliegen, Mitteilungen verfassungsrechtlich übergeordneter Instanzen sowie rechtsrelevante Beschlüsse; den
morgensprachen
wird teils die Tendenz zur Macht- und Kompetenzausweitung der genannten Gruppen und damit die Antastung herrschaftlicher Rechtsverhältnisse zugeschrieben; dies hat entsprechende rechtliche Gegenregelungen zur Folge;
zu (
der
1.
Nrddt. / md. / östl. Inseldeutsch; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
I, 456, , .
Syntagmen:
eine m. gebieten / haben / halten / tun / machen / absagen, jm. die m. lesen / niederlegen / verbieten
;
das handwerk auf den morgensprachen muten, j. (bürger) in der m. sein, in der m. teidigen, etw. in einer m. tun, in der m. aufsätze / unglücke / gebote aufsetzen, ein urteil in die m. schieben / ziehen
;
die m. der gilde / bruderschaft, der ambachte, handwerker
;
die geschriebene / verliedene
›gerade abgelaufene‹
m
.;
das urteil der m
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
1, 41, 9
(
preuß.
,
1385
):
manchirhande gebrechin, den wir alle in disem lande missen lyden, als von der morgensprache unde bruderschafte allir ammechte und hantwerkluthe, dorynne sy vyl ufsacze, ungelucke und gebot uff uns seczin.
Ebd.
323, 1
(
1418
):
czu der brudirschafften morgensprochen unde ander gemeyne getrenke noch czu dem kindelbir sal man deyne tentcze hegen.
Ebd.
5, 415, 25
(
1494
):
doch das dieselbigen bwrger inn denn cleinenn steten uff den armen gebawer kein morgensproch adder vorbwnntniszs habenn adder machenn solhenn, bey vorlust irer guetter.
Ebd.
475, 27
(
1503
):
Von der hantwercker morgensprache. Czum achten keyn hantwergk sal morgensprach ader ander vorsamelung halden, dann uff die vier quattempir im jare.
Helbig, Qu. Wirtsch.
1, 36, 6
(
md.
,
1402
):
Der fleischowermeister und sine gewerckin soln dristund des jars yr morginsproche habin.
Ebd.
84, 29
(
1459
):
wer meister werden wil, der sol das handtwerg muten vf zwo morgensprachen nocheinander volgende.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
So hilte der Rait zerzijt van allen louffen vnd sachen [...] eyne geschreuene morgenspraiche, die den gemeynden gelesen wart offenbierlichen. [...] Do sprach her Costijn [...], dat yn der Rait vorbas gunstich sijn weulde sij zo laissen und yn zo helpen zo yren guden alden vrijheiden.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1582
):
hat ein rait zu Coln morgensprach verlittener tage gehalten und gepotten, alle gaffeln sulten iren gaffelbrudern anzeigen, das [...].
Ebd. (
1587
):
ein erbar rait hat in verlittener morgensprach zu Colner gotztragt wie auch etlich mail zuvor vermorgenspracht und publiceirt, wer [...].
Löscher, Erzgeb. Bergr.
185, 31
(
omd.
,
1554
/
1633
):
alda sich die ehrlichen, wohlverhaltenen bergkleuthe undt mitbrüder versamblet ihre gewönliche früesuppen zu eßen undt morgensprache zu halten.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
1335
):
Morgensprache mugen si
[die
innung
der
becker
]
wol haben. Si sullen aber nicht mit urteilen teidigen in der morgensprache zu rechte ane der burgere willen.
Ebd. (
um 1450
):
sy sullen och keyne morgensprache haben nach newe ufseczcze finden, thun noch machen hinder dem rathe.
Rössler, Stadtr. Brünn (
mähr. inseldt.
,
1. H. 14. Jh.
):
Wi neu schephen in der ersten morgensprach schullen geporn. Wen neu schephen werden gesetzet, so schullen si ein morgensprach haben und die eltern schullen di iungern lern, wi si sich an dem schephenamt schullen halten.
Toeppen, a. a. O.
1, 308, 36
;
Hertel, UB Magdeb. ;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Ermisch, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  8.