morgen,
der
;
-s
/auch
.
1.
›Morgen, Zeitspanne des Aufgangs der Sonne, des anbrechenden Tages (in der Folge
morgen, mittag, abend, nacht
)‹; vereinzelt als pars pro toto für den ganzen Tag sowie für den folgenden Morgen gebraucht; mehrfach wird der Morgen als Termin für Gerichtssitzungen und andere rechtliche Handlungen angegeben; vereinzelt auf das jenseitige Leben ütr.
Phraseme:
am / zu morgens
Kontamination von
am / zu morgen
und des Kasusadverbs
morgens
;
abend und morgen
polare Paarformel für ›den ganzen Tag‹;
einen frölichen / guten morgen
(ein Gruß).
Gegensätze:
 1,  2.
Syntagmen:
etw. einen m. heissen
(ütr.); ˹
den ganzen morgen schlafen, alle morgen die augen bestreichen, abend und morgen sorgfältig sein
˺ jeweils Akk. der Zeiterstreckung;
des morgens aufstehen, auf sein, ein recht nemen, jn. des morgens beläuten, got des morgens loben, des morgens einen imbis für jn. bezalen, sich des morgens zu jm. halten / vergadern
;
auf den m. die wunden besehen, für den andern m
. ›den folgenden Tag‹
sorgen, mit dem m. zu jm. kommen, gegen dem m. lachen, zu m. essen
(oft)
/ aufstehen
;
der fröliche / graue / liechte m
.;
am morgen, des morgens frü
.
Wortbildungen:
morgenbekantnis
(Beleg s. v. ) ›Erkenntnis der
creaturen
in Gott‹ (d. h. ›ohne ihre Eigenheiten‹),
morgendunkel
›Morgengrauen‹,
morgenfrüde
(mit
-de-
Suffix) ›Morgenfrühe‹,
morgenglanz
(dazu bdv.: , ),
morgenheitere
›Morgenhelle‹,
morgenimbis
,
morgenlich
1 ›für den Morgen kennzeichend‹ (dazu ggs.: ),
morgenopfer
in der Anlehnung an das den Israeliten gebotene, am Morgen darzubringende Opfer wohl: ›morgendlicher Gottesdienst‹,
morgenregen
(Beleg s. v. ),
morgenruf
1 ›morgenliche Verkündigung des Marktes und der Marktordnung‹ (a. 1581); 2 als Metonymie: ›vom
morgenruf
1 erfaßter Bezirk‹ (a. 1527; dazu bdv.: vgl. ),
morgenschein
(für Maria),
morgensegen
›morgendliches Bittgebet‹,
morgensrogge
›Brötchen‹,
morgenssemmel
,
morgentau
,
morgenwacht
›morgendliches Wachsein‹,
morgenzeitig
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Keuscheste Tochter
[Maria],
reineste Lilg, | [...], | Ein vnbeflecktes Maͤgdlein, Ein klare Monn vnd Morgenschein.
Ebd. (
Köln
1582
):
Mein augen vor der morgenwacht | Sind zeitlich fruͤ zuͦ dir erwacht.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Man sol nicht zum Morgen Jmbs aufftragen was man beym Schlafftrunck eingebrockt.
Ziesemer, Proph. Cranc Hos.
6, 3
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
sin
[des
herren
]
uzgang iz bereit als ein morgentunkil
[
Luther
1545:
Morgenröte
],
und er wirt kumen uns als ein vruer reyn und ein spate reyn der erden.
Luther, WA (
1530
):
das wir auch schuldig sind unsernn herrn zu preisen et loben und unser morgenopffer auch aufzurichten.
Ebd. (
1532
):
Darumb sorget nicht fur den andern morgen, Denn der morgend tag wird fuͤr das seine sorgen.
Ders. Hl. Schrifft.
Jes. 5, 11
(
Wittenb.
1545
):
WEh denen die des morgens früe auff sind / des Sauffens sich zu vleissigen.
Logau. Abdank.
170, 9
(
Liegnitz
1651
):
seine Guͤtt und Treu ist alle Morgen neu.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
swenne daz lieht der sêle überschînet die crêatûren, dar inne sie ir wesen nement, daz heizet er einen morgen.
In dém tage blîbet morgen und mittag und âbent mit einander ein und envellet niht abe; aber disem tage der zît sô vellet morgen und mittac abe und volget der âbent.
Thiele, Minner. II,
30, 1
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
Ich lach in eyner morgen vroit, | da mich ombeloere der sorgen vloit.
Dat nuwe Boych (
rib.
,
1396
):
dat darna vp dat leste vp eynen vrijdach zo auent vnd des morgens die Scheffene [...] sich [...] vergaderten.
Loesch, Kölner Zunfturk. (
rib.
,
1473
):
ein moirginsrogelgin, dat 31 loit weig, 29 loit ind ein moirginssemelgin, dat 17 loit weig, vort 16 loit.
Rudolph, Qu. Trier (
mosfrk.
,
1593
/
4
):
hat man die morgen-imbiß auf zween oder drei tag in der wochen verkürzt.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
400a, 33
(
Frankf./M.
1649
):
welcher frommer Mensch fuͤrchtet sich wann er deß Morgents auffstehet / dz er desselbigen tags von den Hexen bezaubert werden solte?
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
194, 26
(
thür.
,
1474
):
Sobalde abir uff den morgen hat her dy wunden besehen, messin unde belegen laßin.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk. (
osächs.
,
1343
):
alliz volc hîlt sich des morgens zuͦ ime in dem tempele en zuͦ hôrene.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Wie [...] die erste morgen⸗liche / und letzte abendtliche erscheinungen der *Stern* außzurechnen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
35, 31
(
nobd.
,
1488
):
das man jerlich [...] das endtlich gericht pflegt zu halten und dieselbigen des nachts beschreit und des morgens zu rechter tagzeut beleudt.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Wie die sonn mit irn liechten strangen, | Wenn sie zu morgens auff ist gangen, | Scheint an dem hohen himel klar.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Ein guten morgn, EI, mein Haußfrau!
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
wanne der morgen daz ist ein ende der naht.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Dis ist der vor genant lobrich gruͦz und gewer morgensegen, den ein mensch got ze lob fúr ungelúck sol sprechen.
Stammler, Berner Weltger.
79
(
ohalem.
,
1465
):
Daruff moͤgent jr sorgen | Den aben vnd den morgen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Der Morgen / Erste morgenheitere. Diluculum, [...]. Am Morgen fruͤy [...]. Den gantzen Morgen schlaaffen. [...]. Ze Morgen aͤssen / Sich entnuͤchteren. [...]. Morgenglantz (der) Morgenroͤte / Morgenscheyn. Matuta. [...]. Morgenheytere (die) Anbraͤchender tag.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
35, 12
(
noobd.
,
1347
/
50
):
der werltleich underval ist gegen dem morgen, so deu sunne aufget.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Di par, di ee gefeinet | Mit morgen⸗tau geperlt lak, | Di het verchert ein truͤber tak.
Schmitt, Ordo rerum
455, 13
(
oobd.
,
1466
):
Mattutinus mettenczidig [...] morgenzeytig.
Bauer, Imitatio Haller
91, 15
(
tir.
,
1466
):
Der fröleich morgen der macht offt traurig an dem abent.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
124, 17
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
81, 41
;
M. Cunitia. a. a. O. ;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 412, 20
;
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Goldammer, Paracelsus
4, 242, 12
;
Sappler, H. Kaufringer
14, 100
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Klein, Oswald
1, 112
;
19, 84
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Vgl. ferner s. v. ,  1,  3, ,  1,  1, .
2.
›Osten (als die Richtung, von der her der Morgen graut)‹; Metonymie zu 1.
Seit dem 16. Jh.
Wortbildungen:
morgengang
›Erzader im Bergwerk, die in östliche Richtung ausstreicht‹.

Belegblock:

Löscher, Erzgeb. Bergr.
219, 14
(
omd.
,
1554
/
1633
):
Zum andern werden morgengänge genannt, welche ihr streygens in 3, 4 oder 5 haben.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
147v, 30
(
Leipzig
1588
):
Darauff bald widerumb ein ander Comet gefolget / [...] / hat gegen Morgen gestanden.
Brandstetter, Wigoleis
213, 39
(
Augsb.
1493
):
zuo letst ryt er nach mittem morgen.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
ein anderer Wind / von den orten Morgens vnnd Mittags wehend / Sirocco.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1564
/
5
):
was gegen morgen von diesem pigmarchen ligt.
3.
motivlich: ›Grundstücksfläche, die 1 Ochsengespann an 1 Morgen zu pflügen vermag‹; von da ausgehend unterschiedliche Flächenmaße bezeichnend (dazu Genaueres: mit weiterer Lit.; ferner
Maag u. a., Habsb. Urbar
2, 2
, S. 305).
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
; vgl. (
das
4.
Syntagmen:
x morgen absteinen / ausgeben / (auf)brechen / eren / (aus)roden
;
jm. x morgen
(Subj.)
verfallen, anerstorben sein, jm. auf x morgen 6 schnitter gebüren, für x morgen
[einen Betrag]
zinsen
;
x morgen busch / erbschaft / holz / weinwachs, x morgen ackers / feldes / waldes / getreides / kornes
;
eines morgens breit
.
Wortbildungen:
morgenbet
ein kleineres Ackermaß (Gw zu
2
,
das
, 2),
morgenblat
wohl ›Pflugschar‹ (dazu bdv. bzw. Orientierungsfeld: II, 1, ; hierher?),
morgenmas
›Morgen als Meßgröße für die Berechnung der Bede‹,
morgenrute
(15, 5 Fuß),
morgenzins
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
und irslu̇gin ir zuhant | wol zwėnzic, di man ligin vant | ku̇m eine halbin morgins breit.
Ziesemer, Marienb. Konventsb.
99, 18
(
preuß.
,
1403
):
das dorff dedit 36 m. und 1 fird. hubenczins und morgenczins.
Ders., Gr. Ämterb.
353, 34
(
preuß.
,
1485
):
2 schar, item 5 sech, item 7 morgen bletter.
Thielen, Gr. Zinsb. Dt. Ord.
83, 9
(
preuß.
,
1437
/
8
):
Pyrlawko das dorf hat 56 huben minus 10 morgen, und der scholcze hat 4 huben und 52 thun geleich und recht minus 10 morgen.
Herborn u. a., Rechn. Jülich
98, 11
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
van XL morgen puell korns, ertze ind wycken te meyen, vanden morgen IIII ½ schilling.
Chron. Köln (
rib.
,
1435
):
do ervroir mench morgen busch ind mench hundert morgen wingartz.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
14. Jh.
):
15½ schuh oder ein morgenrat.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1603
):
Und ist dieses walds das Jungholz genant am meß, da 170 creuzruten vor ein waldmorgen gerechnet und die meßruten 16 werkschuch hat, zusamen 236 morgen ½ virtel.
Kollnig, Weist. Schriesh.
282, 45
(
rhfrk.
,
1655
):
Selbige [beth] würdt [...] ordentlich nach der morgenmaß [...].
Schmitt, Fachprosa
23, 6
(
omd.
,
A. 15. Jh.
):
heysset man etlych geuilde, bekant vnde offenbar der gemeyne, morgen, etlyche huben. Der morgen noch des Prusenschin lande behaldende yst 300 tafilen.
Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
daz slosse hat ein gantzen pawͤ, und gehoͤrt in yde cellig oder art bey 20 morgen paufelds.
Ebd.
2, 1, 33, 21
(
1464
):
so gebuͤrden im auf ein itlichen morgen im kornschnyt sechs snytter.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
die erste plag. die ionathas schluͦg vnd sein wepner
.
in mitzt eins teils einer morgen
[
Luther
1545, 1. Sam. 14, 14:
huffen
]
.
die ein par ochsen het gewonet zeeren an eim tag
.
die ward gemachet als .xx. der mann.
Bremer, Voc. opt.
13011
(
halem.
,
1328 f.
):
Iuger [...] iuchart [...] morgen [...] est spacium terre vno aratro et eiusdem iugis boum arrabile vna die.
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
199, 35
(
schwäb.
,
1361
):
Garten: 2
morgenbett
und 2
ruͦten.
Thielen, a. a. O.
27, 35
;
48, 41
;
Herborn u. a., a. a. O.
47, 2
;
Kollnig, a. a. O.
136, 24
;
182, 10
;
Lamprecht, a. a. O. ;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
3, 11
;
128, 5
;
Mon. Boica, NF.
2, 1, 78, 6
;
Roder, Stadtr. Villingen ;
Schmitt, Ordo rerum
34, 10
;
Vgl. ferner s. v.  1,  1,
1
 5,  2, .