misbrauchen,
V.
1.
›jn./etw. mißbrauchen‹; mit Obj. d. P. eher vereinzelt, mit Obj. d. S. regelhaft gebraucht, dann auf Gegenstände unterschiedlichster Art bezogen, die man ihres genuinen Zweckes entfremdet, demnach: ›etw. zu einem anderen als dem üblichen Zweck brauchen, etw. zweckentfremden‹;
vgl. [+ V.],  3.
Bedeutungsverwandte:
,  2, (V.) 12,  6; vgl.  2.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
got, die schwester
)
m., etw
. (z. B.
den gewalt, die geburt
›das Werk e. P.‹
/ zunge, ein ampt / gut / opfer, die dinge / fabeln / die sinne, js. gebot / kraft / namen, gottes geschöpfe
)
m., etw. mit lügen / worten, zu seinem geist m
.;
e. S
. (Gen.obj., z. B.
der begnadung / beiwonung / dispensation / gesundheit / gewalt / güte / freundlichkeit / kirche / stärke / warheit, des geistes, des namen gottes
)
m., sich e. S
. (z. B.
der bräuche / freiheiten, der frucht, eines gutes, des herkommens, js. geduld / gnade
)
m
.;
etw. mit schanden m
.
Wortbildungen:
misbräuchig
›falsch, fehlerhaft, nicht der Norm entsprechend‹ (von der Aussprache).

Belegblock:

Schöpper Vorr. a (
Dortm.
1550
):
Nun ist aber diese verachtung niergends anders auß erwachsen / dann allein auß der vngeschlachter mißbreuchiger pronunciation oder außdruckung der woͤrtter.
Ziesemer, Proph. Cranc Bar.
6, 27
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
ir oppir vorkoufin ire prister und missebruchin si, ouch phluckin ire wib dovan.
Luther, WA (
1544
):
Wie das ander Gebot [...] anzeigt, das Gottes Namen offt misbrauchet und nicht geheiliget, sondern entheiliget und geschendet wird.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
Wie vbel hab ich meine Zunge mißbrauchet.
Lappenberg, Fleming. Ged. (
1638
):
Schlechtes Volk hat Lust zu hadern, | Pöfel mißbraucht der Gewalt.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
30, 6
(
Frankf./M.
1550
):
Dergleichen Fabeln sind auch [...] durch vngeschickte Leute mißbraucht worden.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
103, 865
(
Zwickau
um 1540
):
Mißbrauch nicht meiner gut und freundligkeit.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
daß niemand veranlaßt werde / solch meine frey gebohrne [...] geburt
[›Werk‹]
[...] auff allerley weise zu mießbrauchen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Wie ich mißbraucht meine fuͤnff Sinn.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1555
):
das wir vorgemelt landlüt [...] bi iren guͦten fryheiten, brüchen, alten harkomen, sover sy sich derselbigen nit mißbruchend [...] bliben lassen wellend.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mißbrauchen / übel brauchen / verwuͤste͂ / muͦtwillen. Abuti. Deß leybs stercke vnnd gesundtheit Mißbrauchen. [...]. Einsi nammen schandtlich Mißbrauchen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 8, 5
([
Augsb.
]
1548
):
und ist kain ding nimmermehr so guͦt / man kans mißbrauchen.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
17, 1
;
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
5269
;
Froning, Alsf. Passionssp. ;
Pfefferl, Weigel. Ges.
31, 32
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
131, 10
;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var.;
Behrend, Spangenb. Anbindbr. ;
Goldammer, Paracelsus
4, 248, 14
;
Öst. Wb.
3, 779
.
2.
›jn. mißbrauchen‹ (im Sinne der Sexualmoral der Zeit); speziell: ›(eine Frau) vergewaltigen, zur Vergewaltigung frei geben‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 2; vgl. ,  7,  17.

Belegblock:

Fischer, Folz. Reimp.
25, 34
(
Nürnb.
1479
):
Wer die unvernufftigen thir ficht an | Das weib ein weib, der man ein man, | Wer die misprauchet in der ee.
Franck, Klagbr.
227, 3
(wohl
Nürnb.
1529
):
das sy aller menner / weiber / toͤchter vnd magt / ires rechtens machen / sy zu mißprauchen nach ires hertzen muͦtwillen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
Sy antwurten
.
Soll wir denn gewonen
[Var. 1475
2
–1518:
mißbrauchen
]
vnser schwester als ein gemeine.
3.
in jeweils nur einmal belegter Verwendung:
a) ›sich zu etwas hergeben‹;
b) ›etw. zu befolgen verweigern‹;
c) ›sich fehlverhalten‹.

Belegblock:

Zu a):

Rosenthal. Bedencken
38, 36
(
Köln
1653
):
Wessen sol sich die Menschliche Boͤßheit nit mißbrauchen / da sie sich auch wider die Goͤttliche Heiligkeit [...] auffbaͤumet?

Zu b):

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
E. 17. Jh.
):
welcher sich, [...], des vilfeltigen abmahnens mißbrauchet, solle [...] zur straff gezogen werten.

Zu c):

Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1561
):
abe sach were das unsere g. h. vermeinten, das sich ein armeman misbraucht het und den armen man nit erlassen kunten noch entragen wollen, so [...].