mirre,
myrhe
o. ä.,
die
;
–/-n
, teils lat. Flexion;
Herkunft über das
Lat.
und
Griech.
letztlich aus dem
Semit.
(
Pfeifer
2000, 904
).
1.
›Myrrhe, ein Baum der Gattung Commiphora; Myrrhenzweig‹.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
6, 978
.
Wortbildungen:
mirrenbaum
(Bw auch mit epithethischen
-t
:
mirt-
),
mirrenberg
,
mirrenbündel
(Gw auch
ge-
) ›Myrrhenstrauß‹,
mirrenbüschel
›Strauß von Myrrhenzweigen‹ (tropisch auch für
traut
›Geliebte‹ gebraucht; im Beleg
Bihlmeyer, Seuse
, mit gen. explicativus), demnach: ›Busch des Leidens Christi‹; motivlich an 2 in der Nuance ›Tod, Leiden‹ anschließbar,
mirrenzaher
›Myrrhenharz‹; ›daraus bereitete Galle‹,
mirstaude
(Bw auch mit epithetischen
-t
:
mirt-
, dann von der Zeichengestalt her von
mirte
nicht zu unterscheiden).

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Ez.
27, 19
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
Dan und Grecia und Mozol legetin uz uf dine mercte ysin, manchirley gesmit, mirrinczor und mit calamo an dinim koufslagin.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
min lip ist wol sam ein nardus | und ein myrrenbundelin.
do der brutegam vom erem worte, | daz si gesprochen hete horte, | daz her ein myrrenbundelin | nach irre rede solde sin, | des antwerte her ir zu hant: | myrren hat getroffen mine hant, | mine vingere myrram di besten.
in deme wachsen boume blumen, | di ich uch sundir wil numen. | [...] | myrra crocus aloes cassia pyper cynamonus.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
23b, 33
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
Min traut ist mir ain mirren puͤschelein.
Ebd.
24a, 31
:
ditz mirren puͤschelein haizzet dev minnendev sel anderswa ainen mirren perck.
Fischer, Folz. Reimp.
45, 29
(
Nürnb.
1482
):
wan ich gar in fil deutschen recepten die namen verkert gesehen hab, alls für mirra mirretich, [...], für bdellium bibneln.
Sachs (
Nürnb.
1566
):
Es solln tannen wachssen für heckn | Und myrren für doren außstreckn.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz gebluͤmet mirrenbúschelli des bittren lidennes mins geminten herren hab ich [sant Bernhart] minneklich gevasset entzwúschent minú brústlú.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
‚ich und dú sele‘, sprichet únser herre, ,sont ain wonung mit enander han.‘ so daz geschiht, so sprichet dú sele: ,ich han min liep begriffen und trage ez bi mir under minen brústen alz ain mirren gebúndelin‘. und alz ist gefuͤgt daz pinlin zuͦ dem honge.
Bremer, Voc. opt.
48145
(
halem.
,
1328ff.
):
Mirtus mirtelstude [...] mirrstaud [...] mirstud [...] est arbor medicinalis (que ut in plurimum in maris litore solet nasci).
Ebd.
48156
(
alem.
,
15. Jh.
):
Mirra mirrenboͮm [...] arbor Arabie altitudinis quinque cubitorum similis spine.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Nicodemus prach mirren und aloes bey zwayn hundert pfuntten und wickelt den herren in ain rain tuͦch.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
VON DEM MRRENZAHER. Stacten, [...] ist ain zaher, der fleuzet von dem mirrenpaum.
Fischer, Brun v. Schoneb. ; ; ;
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var.;
Keil, Peter v. Ulm S. 
425
;
2.
›Myrrhe, weihrauchähnliches, bitter schmeckendes, wohlriechendes gehärtetes Harz der
mirre
1‹; die
mirre
steht zeichenhaft für die Bestimmtheit des Menschen Christus zum Tod, für die Tödlichkeit sowie für die Reue des Menschen; von daher ergibt sich die Metonymie ›Tod, Tödlichkeit; Qual, Bitterkeit, Leiden‹; mehrfach begegnet
mirre
als Stoff bei der Einbalsamierung von Leichen; in der Sinnwelt ,Alltag‘ fungiert sie als Grundstoff für die Herstellung von Salben (gegen verschiedene Krankheiten von Mensch und Tier) sowie (vereinzelt) als Räucherstoff in der Kirche.
Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, vereinzelt Fachtexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  2,  2, , ,
2
, , ,  1, , ,  156,
1
,  1, , , , , , , ˹ (
der
);
1
 2˺ (diese mit Bezug auf die religiös-zeichenhafte Verwendung sowie auf den Kreuzestod Christi).
Syntagmen:
(die) m. loben / nemen / zusammentragen, die m. in der minnen, aus dem grunde nemen, got
(Subj.)
m. geben, jm. mirren opfern
(
Christo
, mehrfach)
/ geben, ins grab legen
;
m
. (Subj.)
ein saft, bitter, vol bitterkeit sein, der fäule weren, aus den bäumen fliessen, die reue bezeichnen, den tod bedeuten
;
der m
. (Dat.obj.)
recht tun
;
etw. in m. verwandeln, in den mirren einen sterblichen menschen bedeuten
›versinnbildlichen‹,
sich / Christum, einen cörper mit mirren salben, jn. mit mirren tränken, etw. mit mirren mischen, die räuchung mit mirren geschehen
;
die m. der busse, des herzen
;
die bittere / gemengte / schwarze / weisse m
.;
pulfer von der m
.
Wortbildungen:
mirrenak
›Geruch der Myrrhe‹,
mirrenöl
,
mirrenpulfer
›zerstoßenes Harz der Myrrhe‹ (a. 1659),
mirrenstük
›gutes, edles Werk‹,
mirrentropfe
›Myrrhensalbe‹,
mirrenwein
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Smirne bezeichent ›mirre‹, | [...] | Mirre den tot bedutet, | Alsus vant ich an der schrift; | Do van brachten sie zu gift | Die drie kunige Criste.
Luther, WA f. (
1526
):
Yn dem myrrhen haben sie ainen sterblichen menschen bedeut. Dann mit Mirrhen hat man die todten coͤrper gesalbet, das sie in etliche vil jar seind unverwesen bliben, Mirrhe aber ist aynn starcker bitterer safft, der auß den bewmen fleußt inn Arabien [...]. Dann aber opffern wir Christo Mirrhen, so wir krefftiglich glauben, das Christus durch seinen tod inn seinem sterblichen leibe uberwunden habe unseren tod, [...], Der tod wirdt mich wol unverzeeret lassen, Dann ich habe den Mirrhen, das ist, den todt des HERREN Christi in meinem leibe und seele.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
Wie Christus gewaschen ward / [...] / vnd mit Aloe vnd Mirra gesalbt.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1173
(
mrhein.
,
um 1335
):
Nuͦ dring, daz ist vnser drang. | [...] | Ez ist mirre vnd galle.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
her Joseph von Aromatia | brachte myrram ouch al da.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1475
):
1 pfundt wyroch und 1 pfundt mire kegen dem grunen donerstage.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
79, 22
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Eine andere vihearzney. Rp. 1 lot. schwefel, 1 lot. salz, 2 lot. mirren.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl. 23b
31
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
Dar vmb daz dv [Herr] mir [sant B’nhart] woͤrhte si [wercke] vnd niht dir ditz sint dev mirren stucke.
Ebd.
24b, 2
:
Jch wil mit andahtigem hertzzen di mirren vnd di jamerckait vnsers herren zesammen tragen in meı͂ hertzze.
Keil, Peter v. Ulm
213
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Denasmus ist ein sucht, daz einen lust zu stul geh, vnd mag doch von jm nicht komen, [...]: nym ij quintin mirren, clibani vnd ameos.
Fischer, Folz. Reimp.
45, 141
(
Nürnb.
1482
):
die reüchung der gemech sol gescheen mit durren rauten, wacholterper, mirra, ligni aloes.
Gille u. a., M. Beheim
82, 197
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Mirren als dem der doe | wur sterben umb als menschlich heil.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Alle die mirre die Got git die sint in rechter ordenunge, daz er den menschen zuͦ grossen dingen wil ziehen durch lidendes wilen; [...], das er ime gefellig werde uf daz hoͤhste, der diser gaben und der diser mirren reht tete.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
die drige künige [...] gobetent dem kindelin ieglicher künig mirre zuͦ einre bezeichenunge sines lidens, wiroch zuͦ einre bezeichunge sinre begrebede, und golt zuͦ einre bezeichunge sines kuniglichen gewaltes.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
sy gaben im mirren wein zetrincken.
ir
[der
ismaheliter
]
kemlein die truͦgen aramathen. vnd hartz. vnd mirren tropffen in egipt.
[sy] wusch iren leyb. vnd sielb sich mit der aller besten mirren.
also vil einlich das sy [meyde] .vj. monet wurden gesalbet mit mirren oͤl.
Adrian, Saelden Hort
1820
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
in mirren, rúwe, naigen dich | und sprich din schulde
(in der Anm. Hinweise auf die Herkunft der Deutung).
Lindqvist, K. v. Helmsd.
4296
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Sin oͮgen mitt tuͦch verbunden, | [...] | Mitt essich, gallen, mirren getrenkt.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Durch si
[Maria]
flússet alles guͦt | Und git so wunder schoͤnen smak | Als sam der beste mirre nak.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
Vro Hester dú wuͦsch sich vor hin sechs manode mit mýrren: dú mirre dú ist bitter und bezaichent die rúwe die ain mentsch sol han umb sine súnde.
Henisch ff. (
Augsb.
1616
):
Der artzt lobt wol die myrrhen / dennoch ist sie voll bitterkeit.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
aber sein [mirt] früht sint pezzer, die haizent mirruli und ze däutsch mirrel.
Jaksche, Gundacker (
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
die mirren der bûze, | daz ich mich selben unsuze | chestige um alle mein sunde.
er [Joseph] bestat in schoͤn nach der ê | unt lait im mirren unt aloe | zu im hundert phunt dar in.
Deinhardt, Ross Artzney
150
(
oobd.
,
1598
):
So sich ain pferdt gedretten hatt [...] nimb innslet, schmer, mirrn, henig, baumöll.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
8, 17
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
zimein / unde negelein, | mirren und balsam darein, | das überreucht dein smak vil gar.
Weitz, Albich v. Prag
138, 16
(Hs. ˹
oobd.
,
A. 16. Jh.
˺):
Welche wund vast weit sey, daz sy pald zu samen hail. nym mirren, weirauch vnd attrament.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
76, 16
;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh. ;
Sermon Thauleri
11rb, 4
;
Keil, a. a. O.
255
;
277
;
Gille u. a., a. a. O.
442, 48
;
Fischer, Folz. Reimp.
44, 188
;
45, 67
;
71
;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Weitz, a. a. O.
149, 20
;
Menge, Laufenb. Reg.
5193
;
Strauch, Schürebrand ; ;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Lehmann, Rezeptb. S. 
22
.
Vgl. ferner s. v.  2.