milte,
die
;
-Ø/–
.
– Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
1.
›freundliches Verständnis, Freundlichkeit, Milde, Güte, Toleranz, Sanftmut (als Haltung des Menschen und als Verpflichtung zu entsprechendem Handeln); Wohlgefallen e. P. gegenüber einer anderen‹;
vgl. am ehesten (Adj.) 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , , ,
1
 5,  12,  2,  1,
2
 2.

Belegblock:

Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
11, 13
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Ere, zucht, keusche, milte, treue, maße, sorge und bescheidenheit wonten stete an irem
[
ewig selige
]
hof.
Roloff, Brant. Tsp.
2306
(
Straßb.
1554
):
Tugent / sterck / mildt / hatt ich
[
Julius
Caesar]
allsammen | Fraw Tugendt darff sich mein nit schammen.
Sappler, H. Kaufringer
8, 493
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
er lies es alles wesen guot; | ob si
[
weib
]
gen im wart ungemuot, | das er truog der milte kron, | das übersach er ir vil schon.
Klein, Oswald
62, 13
(
oobd.
,
1417
):
mit gerner mild | ich das hör und sich. | dein eren an schad | so wil ich jehen.
2.
›Mildtätigkeit, Großherzigkeit, Freigiebigkeit als Haltung des Menschen (damit in engem Anschluß an 1), wie sie sich im Schenken, Geben, in der Opferbereitschaft (oft des sozial Überlegenen) gegenüber einem anderen äußert‹;
zu (Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Wertefeld): , ,  3,
1
 24,  3,  1, ,  2,  1, , .
Syntagmen:
got m. reden; js. m. danken; an der m. genügig sein, aus m. gebieten / stralen, jm. sein gut in m. teilen, sich in m. frute machen, mit m. jn. gehend machen, etw.
(z. B. ein Kloster)
von m. empfangen, die tugend zu m. reich werden
;
die m. der voreltern
;
die fürstliche / grosse / königliche m.
;
die lere der milte
(Personifikation).

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sich üebende wirt si
[
tugent
]
kreftic, und von milte wirt si rîche.
Küther, UB Frauensee
274, 18
(
thür.
,
1494
):
als haben wir von fuͦrstlicher milde unnd suͦnderlicher gutlicher zuͦneyguͦng unnd guͦnst, [...] das genante closter [...] in [...] unsern schuͦtz schirm und vorteyding empfangenn.
Jahr, H. v. Mügeln
1964
(
omd.
, Hs.
1463
):
zu gotte er nicht kummen kan, | der hie nicht folget miner
[der
Barmherzikeit
]
ban, | und teilt sin gut der armen schar | in milde sam der adelar.
Sachs (
Nürnb.
1561
):
Acht ding wol zuversuchen send: | Der ochß im pflug; der starck im streit; | [...] | Der reich gnügig an seiner mild.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
„[...] wann wer nit hat, der muͦz streben | umb eins andern habe. | da von kuͤmet er eren abe.“ | daz waz der Milten lere.
Gille u. a., M. Beheim
124b, 1049
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wann wir in sölcher weise | Müssen uns in temute | mit messikait, gedult und frit, | milt, keuschikait, emssigem sit | in gacz dienst machen frute, | Daz wir gat also opfern hie | unser czeitliche hab durch die | armen leut auff der erden.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Doch danck ich eurer milt vnd güt | Vnd wil vmb eur danckbars gemüt | Mein Gebet fleissig thun für euch.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
was secht ir vns an: das wir disen haben gemacht gend als mit vnser kraft oder mit milt?
[Var. 1475
1
–1518:
guͤtigkeit
;
Luther
: Apg. 3, 12:
verdienst
].
Schmidt, Rud. v. Biberach
45, 23
(
whalem.
,
1345
/
60
):
merke, das got in vns ret fride, gerechtikeit milti, vnd was ze tvͥgenden vnd ze guͦte hoͤret.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
tzu Chuͤnigezperch, | Da sach man hocher heren werk | Mit grozzer milde offenwar.
Vgl. ferner s. v.  2.
3.
›Liebe, Barmherzigkeit, Güte Gottes (auch der Gottesmutter Maria) zu den als sündenverfallen und damit als erlösungsbedürftig gesehenen Menschen‹; als Offenbarung der
milte
gelten die Erschaffung des Menschen, die Erlösungstat Christi, irdische Gnadengaben, die versittlichende Wirkung der
milte
; mehrfach erscheint
milte
als zwar an Gott gebundene, aber selbständig wirkende Gegebenheit;
vgl. (Adj.) 3.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
HERE, himelesche vater, duͦrch dine milte geschuͦfes tuͦ den minschen in drivaldeger werdeheyt.
Gille u. a., M. Beheim
49, 28
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
O maget frey, | o gutigo, | der mild ein pach, | o susse magt Marey.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Ein sper die seyten sein verschneit, | Dar auß floß alle milde.
Roloff, Brant. Tsp.
1387
(
Straßb.
1554
):
Aber Gott hat durch sein milt und guͤten | Mich armen jungen woͤllen behuͤten.
Stammler, Berner Weltger.
534
(
ohalem.
,
1465
):
Herre, din milte zuͦ vns send, | Das es etwen nem ein end!
Ebd.
754
:
so bittet in sant Johans der xij bott: | Herre, din milte erkenne ich wol.
Sappler, H. Kaufringer
25, 97
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
der hailig gaist geit guoten wert | darwider der sel zuo erznei. | da kain vergift wonet bei: | die gab der güet und milte sein. | die sel würt davon clar und fein.
4.
›Zartheit, Feinheit, Lieblichkeit (der Natur)‹.

Belegblock:

Jahr, H. v. Mügeln
1298
(
omd.
, Hs.
1463
):
ir
[der
frucht
]
milde der naturen tut | ein ander forme sunder wan.
Klein, Oswald
21, 17
(
oobd.
,
1416
):
Perg, au und tal, forscht, das gevild | sich schon erzaigt aus grundes mild.