merwunder,
das
;
–/-Ø
.
›Meerwunder, zweigeschöpfliche, in der Regel aus einem Menschen oder Tier und einem Wasserwesen gebildete Miß-, Ungestalt, die die Menschen meist erschreckt, sie bedroht, von ihnen als gefährlich erachtet wird, seltener aber auch durch äußeren Schein angenehm wirkt‹; von der Doppelgestalt aus auf jedes den Erfahrungsrahmen sprengende mythische Wesen (wie Sirenen, Kentauren), auf meist als negativ deklarierte Personen (Männer wie Frauen, mit je unterschiedlichen Zuschreibungen, Kleriker), in 1 Beleg auf die Mutter Gottes, ferner auf Fastnachtfiguren ütr.; generalisiert auch auf Naturerscheinungen (z. B. den Meeresstrudel ,Charybdis‘) bezogen;
zu
1
 1.
Phraseme:
[...] als / dan ein merwunder
.
Bedeutungsverwandte:
 123, , ,  4, , ; vgl. .
Syntagmen:
ein m. gebären / tragen / anbeten / fangen / bringen / ersehen / fliehen
;
das / ein m. jm. antworten / bekommen
›begegnen‹,
jn. bezaubern / erschrecken, im wasser sein, süssen klang machen, von den wasserleuten kommen
;
etw. als ein m. anzusehen sein, j. eines jeden m. sein, j. als ein m. gehörnet / gekrönet sein
;
das m. charybdis
;
das neue / scheuzliche / schrekliche / seltsame m
.;
der zan von einem m
.

Belegblock:

Schöpper Vorr. (
Dortm.
1550
):
also gantz / das ein Westpheling schyr eins jeden affe vnd meerwunder / seiner sprache halben / hat sein muͤssen.
Voc. inc. teut.
q iv
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Merwunder mõstru͂ marinu͂.
Wunderlich, Fierrabr.
51, 26
(
Simmern
1533
):
derselbig Rock wardt gemacht durch ein Merewunder.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
daß auff ein ander zeit ein meerwunder, welchs ein fraw gewesen, gefangen worden.
Gille u. a., M. Beheim
23, 42
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
man chumpt auch an dem mer an manchen enten, | da manch mer wunder machet sussen clank.
Fastnachtsp. (
nürnb.
,
v. 1485
):
du kiteltuch, teufelsslucht und rollfas, | Du merwunder, ungelucksnest, du falldubel, | Du mürfeltier, du herhur, du lasterschubel
(Bezug auf die Ehefrau).
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
um 1480
):
Dar in du, jugfraw here, | Keuscheit behilltest alle frist, | Des du ein new merwunder pist.
Franck, Klagbr.
226, 36
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
(so gar bezauberen vnd erschrecken dise meerwunder der menschen / mit iren aigen fuͤnden vnd listen das volck) das disem wider ist
[Bezug auf Kleriker].
Sachs (
Nürnb.
1550
):
Das wütig meer in wider bracht | Im schiff und an den felsen stieß | Bey dem meerwunder Caribdis.
Ebd. (
1540
):
Wann ich [Faßnacht] bin der welt ein meerwunder. | Mich selb ich auch nit sehen kan, | Was ubel oder wol ist stan.
Ebd. (
1557
):
Samb hab die königin besunder | Geboren ein schrecklich meerwunder, | Das immerzu thu wütn und toben, | Unden ein thier und ein mensch oben.
Ebd. (
1560
):
von wann bringst du das meerwunder? | Mich dünckt nit anderst, er sey besunder | Aller meerwunder ein trommeter, | Wie ein beltz auff sein ermeln steht er; | Hat ein groß maul, auffgschwollen backen.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
wöllen wir [...] melden, das etwas im wasser sei, das [...] uns gleichförmig ist, als mêrwunder oder ein ander gestalt wie wir an uns haben.
Ebd. (
1529
/
32
):
auch die mêrwunder und der gleichen, die also von den wasserleuten komen, seind auch solch gleichmeßige cometen.
Morrall, Mandev. Reiseb.
32, 3
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
ain hailiger ainsydel, und dem bekam in der wuͤstin ain mer wunder. Das waz von dem houbt byß zuͦ dem nabel geschaffen als ain mensch, wann daz es zway scharpffen horn hett an der stirnnen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
das bairisch volck sach die von Augspurg an, als wären sie ain merwunder.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Nu ist zeit, daz wir sagen von den merwundern, dâ pei wir verstên auch oft guot und übel an dem menschen.
Abides ist ain merwunder, daz mag ze däutsch haizen ain auzgängel, dar umb [...] daz tier ist ain mertier und ist des êrsten ain wazzertier [...]; dar nâch verändert ez sein nâtûr und verkêrt sein gestalt aller ding und gêt auz dem wazzer und wirt ain lanttier [...] und haizt dann ze latein astois, daz mag ze däutsch haizen ain peiständel, dar umb, daz ez dann pei uns stêt auf dem land.
Karnein, de amore dt.
184, 11
(
moobd.
,
v. 1440
):
der ist [...] versmächt vnd ist zufliehen als ain scheützlich merwunder.
Niewöhner, Teichner
635, 114
(Hs. ˹
moobd.
,
1469
˺):
es ist nicht frumb noch er darunder. | sy
[Fastnachtgestalten]
sind wirs dann mer wunder.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
10, 4
;
Reissenberger, Väterb. ;
Österley, a. a. O. ;
v. Tscharner, Md. Marco Polo
55, 15
;
Mayer, a. a. O. ;
Rupprich, Dürer ;
Bihlmeyer, Seuse ;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Koppitz, Trojanerkr. ; ;
Adrian, Saelden Hort
770
;
Barack, Zim. Chron.
204, 34
;
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
105
;
Schmitt, Ordo rerum
322, 14
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v.  1.