meistern,
V.
1.
›etw. (Konkretes) bauen; etw. (eine Haltung) gestalten, anerziehen; jn. belehrend auf etw. verpflichten; etw. wie einrichten‹;
vgl.  2.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  6, ,  3, (V.) 1,  12.

Belegblock:

Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
Noe der meisterte di arken | als uf dem mere eine barken | ein wiser nakeler dicke tut.
Maria [...] | di ich uch hie nenne Noe, | meistert uns mit irre lere.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
29, 11
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
das kein manneszucht mag wesen, sie sei dann mit frauenzucht gemeistert.
Gereke, Seifrits Alex.
352
(
oobd.
, Hs.
1466
):
Nectanabus hat gemaistert das | das sy in dem trawm sech | wie Amon der got wech | pey ir an dem pet leg.
Ebd.
7687
:
[das gepaw was] zu wuͤnsch gemaistert so gare | [...] | mit silber und mit gold.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
184, 3
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Got ir [Helena] schön het gemeistert – | des wolt Paris in minne strick erworgen.
2.
›selbstbezüglich, dünkelhaft, spitzfindig herumdiskutieren‹;
vgl. am ehesten  2.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1, , .

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Curiosum esse. Fürwitzen kluͤgeln meistern.
Luther, WA (
1535
):
es gilt nicht bey den Christen disputirens, forschens, kluͤgelns und meisterns aus unser vernunfft.
3.
›jn. einer Nötigung, Gewaltanwendung unterschiedlicher (sowohl verbaler wie physischer) Art sowie unterschiedlicher Stärke unterwerfen; (Tiere) beherrschen, regieren, leiten; etw. (negativ oder positiv bewertete Bezugsgrößen) dem eigenen Willen oder einer Notwendigkeit unterwerfen‹; im einzelnen z. B. ›jn. bedrängen, nötigen, unterdrücken, überwältigen, gefügig machen, bevormunden, gängeln, zurechtweisen, kritisieren, von oben herab behandeln, besserwisserisch fremdbestimmen, auf etw. verpflichten‹; ›etw. (z. B.
das wort
) zurechtbiegen‹; ›etw. (z. B. den
zorn
) bezwingen‹; ›sich kasteien‹;
vgl.  3.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
sich, got, die götter, den herren / meister / eine frau, ein weib / kind, die bürger / predikanten / rechtfertigen / ungehorsamen, die Dänen / Spanier
)
m., ein land, die welt, den rat m., ein tier, die vögel m., die hinde das kälbel mit den klauen m., der kragen jn. am halse m
. ›drücken, reiben‹,
der zorn jn. m., jn. zu etw
. (z. B.
zu hertigkeit
)
m.
;
etw
. (z. B.
die lüste / begierden, den frevel / glauben / leib / zorn, die liebe / schrift / verwegenheit / zunge, das sacrament / wort, einen artikel
)
m., das werk die bescheidenheit (nicht) m
.;
jm
. (Dat.obj.)
m
.,
jm. das handwerk m
.
Wortbildungen
meisterung
›überlegenes Verhalten, herrisches Gebahren‹ (dazu ggs.: ).

Belegblock:

Luther, WA (
1517
):
die [großgeystlichen] sich altzeit understeen die selbigen rechtfertigen zu meystern.
Hye haben unsere hochgeleerten Doctores den hailigen gaist wellen meistern.
Also mus sich die weysheyt zur schul furen und meystern lassen von den kluglingen.
Ebd. (
1527
):
also das alle gepot durch die selbe [liebe] sich meistern lassen.
Und hab offt hoͤren sagen, Das es [Sacrament] so gemeistert wird, das niemand gewis sey, was und wie mans meine.
Niemand unter winde sich, die Götter zu richten, zu straffen noch zu meistern.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
31, 14
(
Frankf./O.
1557
):
Woher kompt aber solche weise / Gottes wort also zu meistern / welchs man doch keinem weltlichen Fuͤrsten thun doͤrffte.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
689, 5731
(
Magdeb.
1608
):
Wer ander Meister meistern will / | Helt mit kluͤgeln wedr maß noch ziel.
Thiele, Minner. II,
31, 501
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich wil met arbeide | em meisterin und zwingen, | das er myn liet moes singen.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
heiz kalt dorre naz. | wie di meisteren menschlichen lip.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Dar nach der bose krag | [...] | An dem halse meistert mich, | Das mich duncket er wolle erwurgen mich.
v. Keller, Amadis (
Frankf.
1571
):
ich glaub daß der zorn jne gemeistert, als er dieses geredt hat.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Meistern. Beguͤtigen. Demmen. Zemen. Gestillen. Geschweigen. [...]. Messigen.
Gille u. a., M. Beheim
54, 13
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sy [creu] maistert die | waltvogel und die tir | Auf dem gevild.
Ebd.
139, 297
:
Er vast, pet, er wach, er master | und kestig sich und geb sein hab | armen leuten.
Euling, Kl. mhd. Erz. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
):
An der meisterung ist val, an dem lobe bestùrzunge, aber an der demuͤtikeit des vndertonen ist der selen gewin.
Sachs (
Nürnb.
1554
):
Komb, du must schawen, | Wie ich daheim meister mein frawen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
wel werg ir wúrckent das die bescheidenheit nút meistert, das ist nút guͦt.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Uwerre eptissin und uwerre priorin und wele úch meistern und regieren sol, den süllent ir gehorsam sin.
Pfeiffer-Belli, Murner im Glaubensk.
3, 64, 33
(
Luzern
1528
):
wo zwen glauben je in einander gewietet haben, het allwegen der ein den andren gemeisteret vnd ab gethon.
Jörg, Salat. Reformationschr.
64, 1
(
halem.
,
1534
/
5
):
[sy] bügend / und meysternd das evangeliumm uff jr ton und kopf mit gwallt.
Ebd.
336, 7
:
darzuͦ wottend sj mit jm setzen jr lyb / eer / und guͦtt / die unghorsamen zuͦ meysternn.
Maaler (
Zürich
1561
):
Eines fraͤfel oder verwaͤgenheit zaͤmen vñ gemeisteren. [...]. Von einem weyb Gemeisteret / vnnd nach jrem guͦtduncken geregiert werden.
Die begirden vnnd lüst Meisteren / Seine lüst überwinden vnd daͤmmen. [...]. Die Liebe Meisteren vnd hinder sich halte͂. [...]. Jch muͦß mein zungen Meistern / Jch muͦß schweygen / Jch muͦß der zungen ein biß eynlegen. [...]. Seine kind Meisteren / in zucht vnnd meisterschafft halten.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
322, 9
(
Genf
1636
):
Meistern / die Oberhandt vber einen haben / vnd Regieren.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
swer in [herre] also maistret, der súndet och an Gotte.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
daß sie des gemeinen nutz ordenlich und recht pflegen, nit wie jetzt burgermaister, daß sie die burger trucken und maistern.
er kundte seine Spänier nit meistern, sie sehen dann stetigs und teglich die straff vor augen.
Rot
317
(
Augsb.
1571
):
Impression, schaffen / gebieten. Jtem meystern / gweltigen / eim etwas auflegen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
aber der letscht an der schar
[der
vögel
]
maistert die andern.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
als er [Pippin] vil umligender landt gemaistert het.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
der hielt dem konig den rucken, der meistert die Tennen und bracht sie zuͦ gehorsam.
Pfaff, Tristrant (
Augsb.
1498
):
wie so gar grosse krafft das getranck in yn gewürcket und sy gemeistert hat zuͦ sollicher grosser hertigkeit.
Peil, a. a. O.
484, 6890
;
Fischer, a. a. O. ;
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 3, 17
;
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 484
;
V. Anshelm. Berner Chron. ;
Warnock, Pred. Paulis
22, 120
;
Pfeiffer, a. a. O. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1629
.
4.
s.  3.