meier,
auch
meiger,
der
;
-s/-Ø
;
zu
mhd.
mei(g)er
,
ahd.
meiger
(o. ä.), dies aus
lat.
māiōr(em)
›größer, höher‹
(
Kluge/S.
2002, 610
; ).
- Die semantische Interpretation der Belege setzt in einer Vielzahl von Fällen die genaue Kenntnis der örtlichen, persönlichen und sozialen Gegebenheiten voraus; sie sind infolgedessen oft nicht sicher zu 1 oder 3 zuzuordnen.
1.
›von einer Grundherrschaft bestellter Verwalter eines Fronhofes und zugleich Leiter eines Hofgerichtes oder einer anderen Instanz der niederen Gerichtsbarkeit‹; je nach Zeit und Raum auch: ›gewählter Ortsvorsteher; Gutsbesitzer und als solcher Herr über das Gesinde‹.
Keine omd. Belege; gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): , , ,  5, , , .
Syntagmen:
den m. aus dem rate nemen, aus den hubern wälen, jm. einen m. (auf)setzen, j.
(z. B.
die genossen
)
einen m. haben
;
der m. steuerbar sein, zu gerichte, ane
›außer‹
diebe / mord / notzucht, nach verdienst der übeltat richten, jn. schätzen, dem rate schweren, die gedinge gebieten, eine aue innen haben, ein gut verkaufen, der m. schaffen, das [...]
;
die bänne / gezwinge des meiers sein
;
dem m. arbeiten, etw. geben, zu bauen, zur arne gehen, gehorsam sein, dem m. haus / hofhaltung befolen sein, wat / waffen werden
;
ein fronhof ane m. sein, das wissen auf den m. stellen, jn. vor dem m. beklagen
;
der reiche m
.;
der rüde, das dienstgesinde, die arbeit / erfarung eines meiers
;
meier Heinrich
;
der m. zu
[+ Ortsangabe].
Wortbildungen:
meierbrief
›Urkunde über die Verleihung eines Meiergutes‹ (a. 1504/05),
meiergesinde
(Gw zu ,
das
, 3),
meiergut
›dem
meier
übergebenes Gut‹,
meierhaus
,
meierhube
(a. 1569), ˹
meierin
1,
meiersche
1˺ wohl ›Frau eines
meiers
‹,
meierstube
›Sitz der Klosterverwaltung‹,
meierwerk
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Grimm, Weisth. (o. J.):
sollen die huber eim ieden usswarten also gehorsam sein also dem meiger.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1458
):
als lange ein meiger, der ein meiger zu H. gewest ist, uf eime sessel ungehalten gesitzen mach, so solle er umb alle sachen. die sich vor ime, [...], verhandelt vollenfurt und verußert, glaupt sin.
Ebd. (
1291
):
daz jerliche und degelichs gedinge an allen hoven der abdie van Pruͦme [...], die meiere und scultes van den hoven suͦllen bedingen.
Jürges u. a., Waldecker Chron. (
wmd.
,
1546
):
Der gehort der meierschen zu Gemmecke ein.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
247, 11
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Damit des mayers dienstgesindlein nicht müßig sey [...].
Thiele, Minner. II,
13, 119
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
sie [juden] bellen widerstrit, | als in eym hoff eyns richen meyers ruͤden.
Bremer, Voc. opt.
13007
(
wobd.
,
15. Jh.
):
Villicus mair [...] mayger [...] Versus: Villicus a uilla, quia res desponit in illa.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Ein man was reiche der hett einen meyer
[
Froschauer
1530 /
Luther
1545, Lk. 16, 1:
Haushalter
o. ä.].
Rennefahrt, Stadtr. Bern (
halem.
,
1352
):
umb geltschulde [...] sol der, der die ansprach hat, [...], den er ansprichet, [...] beklagen vor dem schultheissen oder vor dem meyer.
Leisi, Thurg. UB
8, 603, 27
(
halem.
,
1387
):
Weller aber die zins, [...], nit antwurti, so sol der käller zuͦ einem mayer gon ald zuͦ sinen amptlüten.
Kläui, Schweiz. Urbare
2, 30, 28
(
halem.
,
1394
):
die alt mayerin solvit de bonis, que ipsa colit monasterio 5 ℔ ₰.
Ebd.
3, 123, 21
(
1373
):
Min her von Uͦtzingen got 3½ ₰ von der von Kyenberg vatter erb, [...], aber git er 15 ₰ von dem meigerguͦt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Baurenwerck oder meyerwerck treyben / auff einem meyerhoff oder lehen sitzen / vnnd das bauwen. Villicari.
Meyer (der) Consul. ¶ Meyer / Lehenmann / Verwalter vnnd schaffner eines meyerhoffs.
Löffler, Columella/Österreicher (
schwäb.
,
1491
):
nit die aͤmsig arbait und erfarung des maigers, [...] schinend sol vil als ain ainig gegewirtikait des herren.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1502
):
es soll auch niemands gehen [...] uff des gottshauß mayerhauß, schweinhauß.
Müller, Welthandelsbr.
232, 13
(
schwäb.
,
1508
):
So muß man dem meir geben, ist der oberster von der statt, [...], von einem packh, [...], von yedem ℔ – ₰ 4.
Schwarz, Awürt. Lagerb.
1, 16, 4
(
schwäb.
,
1523
):
yeder [...] sol aynem mayer vier tag zu den vier arnen buwen und zu acker gen.
Müller, Stadtr. Ravensb.
301, 14
(
oschwäb.
,
1558
):
das si [sattler] den mayern auf dem land auf ir erfordern arbaiten und stören mögen.
Vogel, Urk. Heiliggeistsp.
1, 132, 21
(
moobd.
,
1357
):
mair Hairn(eich) von Weingarten.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1468
):
dass vor ihm und dem
erberen geding
in des Klosters [...]
mairstuben Erhart Aichinger
[...] geklagt habe
.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1512
):
Ain ieder mair in der aw oder der die aw innen hat, der soll die aw halten, damit [...].
Mell u. a., Steir. Taid. (
m/soobd.
,
1638
):
[die rottmeister] haben alsdann ir eßen bei den mairgesind.
Lamprecht, a. a. O. ;
Weingart u. a., Seelb. Rhodt
307, 1
;
Geier, Stadtr. Überl. ;
Kläui, a. a. O.
2, 4, 33
;
15, 18
;
3, 221, 16
;
244, 32
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 627, 12
;
Rwb f.; f.;
Vgl. ferner s. v.  10.
2.
›als
meier
1 gedachter hoher Gebieter (Gottes), Machthaber, Herrscher über die
tugende
‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Wortbildungen:
meierin
2,
meierschaft
2 ›Eigenverantwortlichkeit des Menschen gegenüber Gott‹,
meiersche
2.

Belegblock:

Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
5204
(
rib.
,
1444
):
sijt yr [Redelicheit] eyne dreuwersse, | Off sijt yr eyne nuwe meyersse?
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Alda hait der gebure | Genommen uff syme stabe eine sture | Und sprach: ,sint ir meygerynne | Odir eine nuwe ersuͤcherynne?‘
du [mutter und maget] haist alle gewalt, | Du bist dar ane meygerynne.
Jahr, H. v. Mügeln
128, 2018
(
omd.
, Hs.
1463
):
die fürsten gottes meier sint.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 81, 9
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
sin mut | was aller tugende meiger, | selde und ere ein zeiger.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
der mensche muͦste antwort geben von sinre meigerschaft.
3.
›Pächter eines abgabepflichtigen Gutes; Bauer; Dorfbewohner‹; auch: ›grober Kerl‹; der Ausdruck bezieht sich in den im Folgenden gebrachten Belegen auf das gesamte soziale Spektrum zwischen
meier
1 und dem in den verschiedensten Formen der Abhängigkeit Stehenden.
Zur Sache:
A. Huber in: Dückert, Norm lex. Ebene
1976, 17-54
.
Gehäuft wobd., auch oobd.; meist Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
einen m. haben, den m. abtreiben, zur verrichtung der zinse anhalten
;
der m. fruchtigen, steuer ausrichten, beschwerde tragen, sich von einem gut scheiden, von einem gut hinwegziehen, bürgschaft tun, zinsen geben, von seinem gut etw
. (z. B.
kern / haber
)
geben, auf dem hof sitzen
;
dem m. gebieten, einen hof leihen
;
bürge für den m. werden
;
von dem m. etw
. (z. B.
brot, fleisch
)
einnemen, die warheit zu dem m. verkaufen
;
der letze / reiche / säumige m
.
Wortbildungen:
meierbrauch
›übliche Abgabe‹ (a. 1648),
meierhund
(dazu bdv.: ),
meiersmut
›dem Bauern, Landbewohner ,romantisierend‘ zugeschriebene Fröhlichkeit, hohe Stimmung‹ (auch zu 1 und 2 stellbar),
meiervogt
›Vorgesetzter der Pächter herrschaftlicher Höfe‹.

Belegblock:

Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Bauwer. Bauwersman. Ackerman. Mayer. Dorffbewoner.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Die [terminierer] tuond denn die warhait verkauffen | Zuo den geburen und maiger | Umb kæs, smalz und aiger.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
um 1652
):
daß er [thalvogt] allen denen in dem thal [...] gebiete, [...], namblichen denen meiern, einsässen, dienstknechten, söhnen [...] und sollen alsdann alle die, denen, [...], zue ermeltem jahrgericht gebotten worden, gehorsamblich erscheinen.
Goedeke, Fischart
251
, Titel (
Straßb.
1579
):
Fürtreffliches artliches Lob, deß Landlustes, Mayersmut und lustigen Feldbaumans leben.
Golius (
Straßb.
1579
):
ein Bawren Hund / Meyerhund.
Leisi, Thurg. UB
7, 921, 19
(
halem.
,
1355
):
der maier von Emuwanch git von ainem guͦt xj mut kern, x mut haber.
Müller, Grafsch. Hohenb.
1, 299, 34
(
schwäb.
,
1412
/
3
):
Als man mit dem mayervogt rechtet, ward den burgern gegeben 3 lb. h.
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
370, 33
(
schwäb.
,
1415
):
daß
der mair, gemainsami, diü daz gantz dorff angät, mit dem dorff halten und im dorff zuͦ gericht gän
solle
.
Maaler (
Zürich
1561
):
Raucher Meyer / Grob ernsthafft. Horridus, Seuerus agricola.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1550
):
auch haben die meier steur und beschwerden mit uns helfen tragen ir ungebür geheben.
Ebd. (
1531
):
So ist ainem jegklichen worden, er sei ain maier oder ainer, der ain lehen oder söld besitzt, zu seinem tail worden vier hundert wellen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 434, 12
(
schwäb.
,
1531
):
wir die einwoner und mayer zuͦ Oberwachingen bekennen by unsern ayden, das [...].
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
135, 14
(
smähr. inseldt.
,
1414
):
sullen se das hofpaw infuren vnd der mair sol es schybern.
Jürges u. a., Waldecker Chron. ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Hauber, UB Heiligkr. ;
Wintterlin, a. a. O. ;
Schib, H. Stockar
100, 10
;
Wopfner, Urk. Agrargesch.
343, 7
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Schmitt, Ordo rerum
168, 4
;
Hulsius
M ijr
;
Öst. Wb.
3, 775
.