maus,
die
;
/-e + Uml.
1.
›Maus‹ (das bekannte Nagetier); vereinzelt auf Personen ütr.
Phraseme:
mäuse riechen
›alles kaum Wahrnehmbare mitkriegen‹;
mäuse reissen / treiben
›Witze, Zoten reißen; dummes Zeug machen‹;
magere mäuse ziehen
›kaum zu essen haben‹;
mit jm. das mäuschen spielen
;
der blinden maus spielen
1 ›die Katze im Sack kaufen‹;
(k)ein mäuslein ein anderes fürbringen
o. ä. ›aus einer Maus wieder eine Maus entstehen‹;
keine maus kan sich rüren
;
die maus erstikt nicht unter einem heuschochen
.
Syntagmen:
mäuse fangen / besengen / essen / zämen, zu dem tisch bereiten, die mäuse in ire löcher jagen
(Bezug auf Personen);
mäuse
(Subj.)
hören / essen / regieren, sich regen, vom käse beissen, korn, das sacrament fressen, in büchern nagen, schaden tun, etw. zu schaden machen, das gewächs zugrunde richten, vor des lewen haus kommen, dem lewen (nicht) in den bart springen, aus den hölen schleifen
(Bezug auf Personen),
durch die sonne ihr leben empfangen, die m. eine m. zu gast laden, mäuse klein, in äckern / wiesen sein, der katze eine m. beschert sein, aus dem ale mäuse werden, die m. aus dem ale geboren werden, wie eine m. schweigen
;
j. der m. rufen
;
die katze mit der m. spielen, nach mäusen jagen
;
die alte / junge m
.;
der schmak
›Geruch‹
der maus
;
die scheuer ane mäuse, die geschichte von der m
.
Wortbildungen:
mausbacht
(Gw zu
1
 1; dazu bdv.: ),
mäusefahen
,
mäusefänger
›Katze‹ (dazu bdv.:
1
 1),
mäusefrat
›Schädigung, Entzündung durch Mäusebisse‹ (Gw zu mhd.
vrat
›entzündet‹; ),
mäuse(ge)bis
›durch Mäusefraß entstandener Ernteschaden‹,
mäusegift
(Belege s. v. , ),
mäusehaber
Bezeichnung mehrerer Pflanzen (s. auch
Marzell
5, 359
),
mäusehorn
,
mäusehund
(dazu bdv.: [),
mäusekorb
›Mausefalle‹,
mäusekorn
,
mäuselstil
,
mäusemal
(s. u. Belegkommentar,
Luther, WA
41, 281
),
mäusen
›von Mäusen‹ (Adj.),
mäusezwiebel
›Meerzwiebel‹ (die Zwiebel enthält eine giftige Substanz; s.
Marzell
4, 912
),
mausfal
›fahl, grau wie eine Maus‹,
mausfarb
(dazu bdv.: ),
mäusleinlocker
›Angsthase‹ (oder
meisenlocker
? s. ),
mäuslich
›mäuschenstill, unauffällig‹,
mausnest
.

Belegblock:

Ziesemer, Marienb. Konventsb.
292, 11
(
preuß.
,
1412
):
7 m. 1 fird. Niclos Rothose czu Jonsdorff vor eyne musfale trechtege kobel.
Luther, WA (
1521
):
da sich nu yderman vorsahe eyniß grossen kinds wie eyn berck, da wart eynn mauß drauß.
Ebd. (
1527
):
als wenn die meuse odder sew das sacrament fressen.
Ebd. Anm. 4 (
1535
):
Gleich als hette dieser Hausvater ein meuse mal angericht und allein zu essen, aber nichts zu trincken gegeben
(Kontext: Argumentation gegen das Abendmahl in 1 Gestalt; Hintergrund: Mäuse dürfen nicht trinken).
Ebd. (
1538
):
ut pharisaeus, quasi mit unserm herr Gott das meusichen spielet.
Ebd. (
1540
):
Sic quidam Romani dicebant: Wie gehet mirs so ubel, die meuse haben mir die schuch
[Anm.: „Vgl. Plaut. Trucul. 765: Nec mi adeo est tantillum pensi iam quo capiam calceos“].
Ebd. (
um 1535
):
Reucht meüse.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
Wann sich nur ein Maus reget, weis ich vor angst nicht, wo ich aus oder ein sol.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
547, 1296
(
Magdeb.
1608
):
Die Katz sagt / ich sitz auff dem Herd / | Ob mir ein Meußlein wer beschert.
Herborn u. a., Rechn. Jülich
106, 28
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
gaint aff van muyssebisse(n), quistinge(n) ind krympe(n) van C maldern IIII malder.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
er Gotschalck zemde eme ein muys | ind maichde sy zo leste also zam, | dat sy spelende zo eme quam | wanne dat hie der muys reiff.
Schmitt, Ordo rerum
301, 19
(
rhfrk.
,
1414
):
eyn kacze uel müsefengir.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
Dann man do wunderbarliche mäüß gerissen unnd seltzame schnagken auff die bahne gebracht hat.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
vor zeiten luͦd ein mauß, so auff dem feld geborn [...] was, ein andere mauß in der statt wonhafftig, [...], zuͦ gast.
Als eines mals theten [sich versünen] ein maußhundt oder wildtkatz und eine mauß.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
45, 12
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Das die kornkeffer und meuse das korn nicht fressen nach im schaden thuen. Niemb truesten, [...].
Gille u. a., M. Beheim
328, 615
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ain kacz nit leben pringet, | ir kint nach meüsen springet.
Ebd.
354, 55
:
wiseln, hermlein, meüs, raczen | perait uns zu dem tisch!
(aus einem Schlemmerlied). v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Doch wil ich schweigen wie ein Mauß | Vnd gar nichts schwatzen auß dem Hauß.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Als Seitenspiel schweigt meusel still, | Der Kirchtag ist fuͤruͤber.
Bobertag, Schwänke (o. O.
1558
):
Dann man do wunderbarliche mäüß gerissen unnd seltzame schnagken auff die bahne gebracht hat.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Ayrer. Phaenicia
173, 56
(
Nürnb.
1618
):
ich spil nicht gern der blinden meus.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
weil ihnen Rudolphus allenthalben auf den dienst wartete / und die maͤuse wieder in ihre loͤcher jagte.
Merzdorf, Historienb. (
alem.
, Hs.
2. H. 14.
/
A. 15. Jh.
):
so machtent in
[dem
volg
]
die müsefrat das ir keiner möchte uff den aftern gesitzen von den bissen die in die müse tetten.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
so tuot der scheffmann gar müslich baren, | Das er dester mer tüg geben.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
dyeweyl dye katz slefft, so regiren dye meüße.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Es ist wider die natürlich art; | Vnd auch ein alte schüer on müß.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
Wan ich nit Vorteil brucht in Kauffen und Verkauffen in dem Gewicht, Maß und Elen, ich wuͤrd mager Muͤß ziehen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 103, 18
(
Hagenau
1534
):
Wenn die mauß satt ist / so ist das mehl bitter.
Sudhoff, Paracelsus ; (
1591
):
Und aus dem âle werden uf der erden wiederumb meuse.
Wiessner, Wittenw. Ring
3769
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Maus im sak und laus im nak, | Mätz im haus und feur im kübel | Die bzalent iren wirten übel.
Adrian, Saelden Hort
6175
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
hie ist der edel pfeffer | und bós musbaht | unordenlich zesamenbraht.
Maaler (
Zürich
1561
):
Meüsin / Das von meüsen ist. [...]. Meüßhaber oder gauchhaber / Ein kraut. Murinum hordeum, seu phœnix, Lolium murinum.
Meüßhorn / Ein kraut. Chamæmyrsine. Meüßkorn (das) Phœnix.
Ukena, Luz. Sp.
296
(
halem.
,
1575
):
Das wyber vollck stät vßher gat / | Trybend der müsen vil damit
[mit dem
Crütz
].
Morrall, Mandev. Reiseb.
84, 23
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
[sie] essent milch von allen tieren, und hund und katzen und mús.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
als er der Freiburger [...] meuslenlocker kleinmüetigkait vermarkt, do hueb er mit inen darein.
das kain maus, wie klain sie joch ist, under ainem grossen hewschochen erstickt
[bezogen auf eine zarte Frau mit einem
ungefüegen man
].
Wie er aber in Wildenstain sei verspottet [...] worden und das er nit herauss dörfen, [...]. Der alt herr Wilhelm truchsess, nampts nur das beschliessen im meuskorb, [...]. Iedoch kam im hernach dieser meuskorb wol zu statten im schmalkaldischen und auch im fürstenkrieg, do er sein böste haab, [...], dohin flöhenet.
es [...] würde die natur damit geschwecht, also das ein meusle ain anders meusle fürbrechte.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Die meuse vnd wuͤrm in balcken hoͤren auch.
Kein Mauß war je so bloͤde / starb der Loͤwe / sie sprang jm mutig in den bart.
Es gehoͤren vil mäuse darzu / wenn sie wollen ein Katzen todt beissen. [...]. Beisset ein mauß ein mahl vom kaͤß / sie kompt wider.
Mausfarb / Aschenfarb / graw.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz ir iegleichiu [katz] ir gewönleich stat behalte zuo irem mäusvâhen.
Mus haizt ain maus. der maus smack müeget die helfant.
VON DEM MÄUSZWIVAL. Squilla haizt mäuszwival, dar umb, daz daz kraut die mäus tœtet.
Klein, Oswald
59, 46
(
oobd.
,
1422
):
do si mir pfaiff der katzen lon, | do därrt ich ir der meuse don.
Deinhardt, Ross Artzney
233
(
oobd.
,
1598
):
So ain pferdt [...] nit zirchen mag Item so nimb ain maußnest, dar inn junge aufgezogen werden sindt, hackhs clain vnnd gibs dem pferd.
Peil, a. a. O.
502, 39
;
Herborn u. a., a. a. O.
112, 36
;
Harms u. a., Alberus. Fabeln
170, 7
;
Schmitz, Schiltb.
183, 11
ff.;
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
219b, 3
;
Ermisch u. a., a. a. O.
210, 26
;
Goedeke, Fischart Flöh Haz
2052
;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel,
651
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 168, 57
;
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 83, 34
;
Klein, a. a. O.
85, 24
;
Tpma
8, 152
ff.;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
2.
›Muskelfleisch‹; meist: ›einzelner Muskel‹; in letzterem Falle insbesondere: ›Oberarmmuskel, Bizeps‹; auch: ›Muskeln des Oberschenkels‹; ›Handballen‹, dazu als Metonymie: wie
mäus|chen
(s. u.).
Gewisse Beleghäufung für fachliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.
1
 5, ,
1
 1,  1.
Wortbildungen:
mäus|chen
,
mäusel
jeweils ›halbkugelförmige Eisenplatte zum Schutz des Ellenbogens‹ (dazu bdv.: vgl. ),
mäusfleisch
›Muskel‹.

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
190, 13
(
preuß.
,
1508
):
pulfercamer: 11 vorderteil, 4 bertte, 2 hinderteil, 2 par mewschen.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Sam. 6, 4
(
Wittenb.
1545
):
Fünff gülden Erse / vnd fünff gülden Meuse / nach der zal der fünff Fürsten der Philister.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
72, 1
(
Frankf.
1535
):
Der steyn
[
adlersteyn
; s. dort]
einer frawen an die mauß
[laut
Belkin
hierher: ›Oberarmmuskel‹; oder zu 3?]
gehenckt so sie geberen sol / macht er die geburt leichtlich kommen.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1513
/
5
):
Der arm vnder den tütlen herab ist preit
1
/
22
. Mitten jn der maws
1
/
20
.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
das du [...] snidest [...] zuͦ dem end der wunden ob das sin mag etlicher adern nerui oder lacertenn halp / das do sint müß fleisch vnd der edelen gelider.
Sudhoff, Paracelsus (
1536
):
Was alein fleisch trift, ist on schaden, es were dan das fercht, leben oder maus darin wer.
Maaler (
Zürich
1561
):
¶ Die Mauß / Das ist die aderachtigen teyl deß leybs / daran die stercke ligt / es seye an den armen oder an schencklen. [...]. Maußfleische / starck / aderaͤchtig / vnnd vnderscheydenlich von dem fleisch. Musculosus.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Rasis spricht, daz auf der plâsen mund sein zwai mäuslein.
Schmitt, Ordo rerum
333, 17
(
oobd.
,
1436
):
Musculus [...] maws in manv [...] maus in brachio.
Zingerle, Inventare (
tir.
/
vorarlb.
,
1479
):
i par meüsel.
Ziesemer, a. a. O.
118, 32
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 195
;
Hulsius
M ijr
;
3.
›Genitalien‹; sowohl ›weibliche Scham‹ wie ›männliches Glied‹.
Phraseme:
der blinden maus spielen
2 (obszön).
Bedeutungsverwandte:
 3,  7,
1
 3,  11,  5, ,  3; vgl.  6,  5.

Belegblock:

Lichtenstein, Lindener. Rastb.
147
(o. O.
1558
):
darnach offt in stall der blinden meüß spilten.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Alsdann, so er den bogen gespannen und die mus stechen wellen, hab er [...]
(obszön).
Klein, Oswald
73, 10
(
oobd.
,
v. 1408
?):
Ach Nickel, Nickel, trauter, schöner Kleusli, Repetitio | hals mich, küss mich, leich mir her das meussli!
4.
ein kleines Backwerk, im Beleg ütr. mit Anspielung auf 3.
Bedeutungsverwandte:
 1,
1
.

Belegblock:

Goedeke u. a., Liederb. (
Dresden
1570
):
Backen wir ein küchelein, | meuselein und streubelein.