marter,
dissimiliert:
martel
;
die
;
-Ø/-Ø
.
1.
›Passion, Leiden und Tod Jesu Christi als Erfüllung des göttlichen Heilsplanes‹; in den Belegen steht
marter
in der Folge Menschwerdung (
geburt
),
urstende, auffart
; sie ist die theologische Voraussetzung für die Befreiung, Erlösung, Rechtfertigung des Menschen von der Sünde.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Zur Sache:
LThK
8, 1986, 144
f.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):
1
 1, (
das
2,  7, , (
die
1, ; vgl. .
Syntagmen:
got, der son die m. empfangen / leiden, auf die wage legen, j. die m. betrachten / eren / künden, die m. in eine kirche machen
›darstellen‹;
die m.
(Subj.)
die menschheit erlösen
;
der marter danken / gedenken, der mensch der marter teilhaft werden
;
got
(Dat.)
an der m. leid geschehen, das gebet bei der m. sprechen, bei (gottes) m. schweren, jn. durch die m. trösten, jm. durch die m. gnädig sein, den son in die m. geben, den menschen in der m. freien, j. von der m. erstehen
;
die m. des herren / gottes
;
die bittere / grosse / heilige m
.;
die betrachtung / pein, der kelch der m
.;
der tag nach der m
.
Wortbildungen:
marterkelch
›Kelch der Passion Christi‹,
marterpein
,
marterspiel
(dazu bdv.: ),
marterstük
›bildliche Darstellung der Passion Christi‹,
martertag
›Tag der Kreuzigung Christi‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
[Die] zu jungest trunken | Uz Gotes marter kelchen.
Luther, WA (
1544
):
Christ ist erstanden von seiner marter alle.
Ebd. (
1540
):
Manichei martertag hieltens schoner quam den ostertag.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
des vritages gescoͤp goͤt den ersten menschen vnde vriete in mit siner bitteren martere.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
dô der sun in der gotheit mensche werden wolte und wart und die marter leit.
Strauch, Par. anime int.
55, 16
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz der mensche teilhaft wirt alles des lebines und alle der werke und der martil und des todis Ihesu Christi.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
78, 17
(
Frankf./M.
1550
):
Vnd schwerst Gotts tauff / Gotts Sacrament / | Dardurch wirdt Gottes ehr geschendt / | Sein blut / sein marter / wunden / pein / | Muß deines schwerns ein vrsach sein.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
2263
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
seit du [herre] durch den sunder deinen sun | geb in solheu marter.
Langen, Myst. Leben
168, 16
(
nobd.
,
1463
):
daz er [got] mir genedig / sey durch sein heilig marter vnd / mein sund vergeb.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
ist ein gemeinú lere, und sait von betrahtung unsers herren marter.
Stammler, Berner Weltger.
299
(
ohalem.
,
1465
):
Wer sin marter nit hatt geeret, | Der wirt lasterlich enteret.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Diss marterspil, sobald es angereiset, do wards fuͤr und fuͤr [...] guͤnstigen hern [...] gzeigt.
Plant u. a., Main. Naturl.
296ra, 4
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
vn̄ [got] ruͦwete och in dem grabe dez selbin tages nach der marter.
Sappler, H. Kaufringer
16, 752
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
got will sein marter und sein pluot | enmitten auf die waug legen | und den tiefeln widerwegen | die übeltät ganz und gar.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 8, 9
([
Augsb.
]
1548
):
Gott [...] wirt auffs hoͤchste mißbraucht mit falschem Gotesdienst / falschem schweeren bey seinem Namen / Leyden / Wunden / Marter.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
61, 15
(
noobd.
,
1347
/
50
):
seit der sunnen scheingeprech der waz an dem martertag unsers herren Jhesu Cristi.
Langmantel, Schiltb. Reiseb. (
oobd.
,
n. 1427
):
es sey sündt, das man unsers (herrn) marter mer dann aine(st) mach in ain kirchen.
Wackernell, Adt. Passionssp. St. I,
34
(
tir.
,
v. 1496
):
Da rüeft er an den vatter sein, | Das er in über hüeb der grossen marter pein.
Quint, Eckharts Pred. ;
Rueff, Rhein. Ostersp.
37
;
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
986
;
Froning, Alsf. Passionssp.
2917
;
Hübner, Buch Daniel ;
Langen, a. a. O.
180, 2
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
15, 4
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
16, 53
;
25, 40
;
Klein, Oswald
6, 47
;
Buijssen, Dur. Rat.
15, 33
;
Vgl. ferner s. v.  6.
2.
›künstlerische Darstellung der Passion Christi in Gestalt eines Kreuzes, eines Gemäldes auf einem Untergrund, einer Säule‹; in letzterem Fall dient
marter
auch als räumlicher Orientierungspunkt.
Phraseme:
(am ehesten hierher, aber auch zu 1 sowie zu
martrer
2 stellbar):
der marter buch
›sprachliche Darstellung des Leidens von Heiligen‹.
Wortbildungen:
martersäule
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
also do geschriben ist | an der marter buche.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
12, 29
(
preuß.
,
1407
):
eyn kleyn holczyn schelechyn mit unsers herren martir.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1485
):
die haben sein k. mt. gessat Schweinaw im veld zwischen der marter und dem dorff betreten.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
darauf hat ein erber ratt dem Endres Zeringer vergunt ein marter zu setzen. [...], darüber er schilte an die marter macht.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1513
):
adi 21 dito verrechet mir Nicolaus Tucher an einer marter pei der Loo verpawt 12 fl.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Dy Schweitzer haben ir hochst panir aufgeworffen, do was dy marter Gotz an aim panir.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
wie wir ietzo marterseulen, setzt er
[Hercules]
alda groß seulen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1629
/
32
):
so soll der richter den todten cörper bei der nechsten marterseul begraben.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
17. Jh.
):
zu einen rainstain der ein halbe werkclafter von der alten martl, [...], am egk gesezt.
Ziesemer, a. a. O.
6, 37
;
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
133, 21
;
Lexer, a. a. O. .
3.
marter
als Teil von Flüchen.
Wortbildungen:
bozmarter
ein Fluch (vgl. ),
marterkatze
(dazu bdv.: ),
martern
2 ›fluchen‹,
marterschwur
Schwur im Sinne von: ›beim Leiden Christi‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1431
):
Es sind Pochhansen, marter katzen, Ja potz marter, fuͤnff leyden, Veltin, Pestilentz.
Ebd. (
1536
):
Sic wer mit faulen leuten umbghet, mus stets beulen, martern.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
[Jörig] wollte mit vil bosen worten und marterschwurn, und dann vor demselben Spitalter [...] wol mit drewhundert mannen lagen.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
So kommt denn Georg, sein lieber Sohn, | Vnd schnarret seinen Vatter an, | [...] | Vnd flucht Marter, Creutz vnd Wunnen.
Potz marter, dorten sich ich stehn | Mein nechtig Zechgsellen all zwen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
du sprecht also: „waffen, durch der marter willen!“
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 380, 15
(
Hagenau
1534
):
Daß dich Gots marter schende.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 468, 3
(
halem.
,
1508
/
16
):
Bozmarter und schlüfind wir in fuchsloͤcher, dise Schwizer kemind üns nach.
Vgl. ferner s. v.  3.
4.
›Enthaltsamkeit, Selbstkasteiung, Askese, selbst auferlegte asketische Übung, die man als Weg zur Seligkeit denkt, die, mit den Qualen der Märtyrer in Vergleich gesetzt, auf dem Hintergrund mystischen Denkens mit Gott vergemeinsamt‹; auch: ›freiwilliges Dulden zugefügten Unrechts in der Absicht der
imitatio
des Leidens Christi‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  3,
2
, , , ,  3,  1,
1
 13.
Syntagmen:
die m. erdulden / leiden, gewilliglich empfangen, durch Christum gedulden, jm. (die) m. tun / abnemen, jm. die m. der marterer gemeinsamen
;
m
. (Subj.)
jm. wol tun, nicht jederman verliehen werden
;
der marter
(Gen.obj.)
geren
;
zu eren der marter leiden
;
jn. an die m
. ›zur Hinrichtung‹
füren, mit m. die krone erholen, mit freude zur m. gehen
;
die bittere / grosse / peinliche m
.
Wortbildungen:
marterleben
,
martilie
(aus
martyrium
mit Dissimilation:
r
zu
l
).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
So hat Agnes, die 18. Jahr alt war, die Merter froͤlich erduldet.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die jungeren waren irvult | Gotes geistes also vol | Daz in [jungeren] martere tet wol, | Swaz sie ir durch Crist gedolten.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
4027
(
rib.
,
1444
):
Du wirdes van Gode dar umb gekroent, | Want dir mit den martilien ind slegen | Wirt gesmeet.
Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
Dis sind die / die irem lib abgezogen / [...] hant vnd die martel gelitten vmb cristus willen.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
also giengen sie [kriegsleut] mit sondern frewden zur marter.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
23a, 7
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
wañ disiv gnade gotes leichnã gemainsamet uns uns die marter aller marterer.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
meisterschaftampt haben und dem reht tuͦn daz ist nút gemaches pflegen, es ist marterleben.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
159, 6
(
els.
,
1362
):
tusentley pin scheczet er ein kindespil, wenne er enphing die martel gewilleklich.
Lauchert, Merswin (
els.
,
1352
/
70
):
do nam mir got do oͮch dise grose pinliche vͤbende martel abe, vnd lies mich do lidig one alle bekorunge ston.
Enders, Eberlin (
Basel
1521
):
martyr wirt nit jederman verlyhen, der auch es begeret, sunder allein denen es got günnet.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs.
um 1300
):
die hatton also stark minne dc sie die bittirne martýr ê littin ê siu von Gottis minne woltin schaiden.
Klein, Oswald
7, 9
(
oobd.
,
1427
):
Nach deim gebot | gedultiklich ich leiden wil zu eren | der bitter marter, so du laid | gedultiklichen geren | umb unser freud und sälikait.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1374
;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
1389
.
5.
›Leiden, Qual, Gottferne, Verdammnis, Pein der Hölle negativ spiegelbildlich in der Folge von
freude, gemach, lust, sünde
im irdischen Leben sowie der Verführung durch das Böse‹.
Meist Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
(
das
12,  8.
Wortbildungen:
marterbrief
,
marterhaus
›Hölle‹,
marterland
(dazu bdv.: ,
2
 12).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Es geht nit das Euangelium von yhn ßondernn eyttel fledermeusße, Citacion, bannbrieff, marter brieff, gellt brieff, bullen unnd luegen, da sie yderman mit schenden und schinden.
Jahr, H. v. Mügeln
1910
(
omd.
, Hs.
1463
):
ich [Barmherzikeit] gottes tochter bin: | uf nicht gebuwet ist min sin, | wan das ich widerbrechte das, | daran der mensche sich vergaß | gein gott und hie gefallen ist | in marter von des tüfels list.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
da sihe ich in dem marterlande angst und not.
Stammler, Berner Weltger.
686
(
ohalem.
,
1465
):
Brünnent soͤnd sy iemer ligen | Jn der helle mit marter groß.
Adrian, Saelden Hort
350
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
hie fród haben und gemach | tuͦt marter liden, schrien ach | in der tieffen helle doͤrt.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz [gotes wort] ist etleichen fruhtper in daz êwig leben und etleichen ain abtanz in die êwigen marter.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
331
(
tir.
,
1486
):
Luciper clamat: | O ferflüechtes marter haus, mein helle!
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
213, 92
.
Vgl. ferner s. v.  4.
6.
›Unrecht, verletzende Gewalt, die einer P. (vereinzelt:) / S. (von jm., von außen) zugefügt wird und der die P. / S. ausgeliefert ist‹; meist in religiösen Zusammenhängen gebraucht.
Phraseme:
mit marter
›kaum, mit Mühe‹;
es hat marter sat
›es gibt genug Schwierigkeiten‹.
Bedeutungsverwandte:
 1234,  1, (
der
9, , (
die
12,  1, , ,  2; vgl.  8, , (
der/das
).
Syntagmen:
m. haben / leiden, dem buch
(=
heilige Schrifft
)
m. anlegen, jm. m. tun
;
der m. vergessen
;
mit m. leben, jn. mit m. töten, sich mit m. heraus
(aus einer Situation)
schwingen
;
die fängliche / grosse m
.
Wortbildungen:
märterei
.

Belegblock:

Luther, WA (
1539
):
Vor hats marter sat, quando laboras und leidest, was dir boses fuͤr kompt.
Ebd. (
1541
):
Wird im [buch, heilige Schrifft] gut, so ligts vnter der Banck ec., Die andern zureissens, creutzigens, geisselns vnd legen im alle Marter an.
Volkmar (
Danzig
1596
):
Martyrium, ein Zeugnis / maͤrterey.
Lichtenstein, Lindener. Rastb.
109
(o. O.
1558
):
drey betlin, die alle drey einander anrürten, umb der änge willen, das man mit marter darzwischen gehen mocht.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
11, 51
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Mit arbeit trubsal und jamer leben wir und nach vil mwe und kestigung mit grosser marter und forcht wern wir außgeen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mit grosser peynigung vñ Marter getoͤdt werden.
Sappler, H. Kaufringer
3, 643
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
darumb ist er wol dreistund | ser geslagen und worden wund, | das er mit marter genas.
Ebd.
9, 96
:
so hätte er [reiber] mich ausgeriben, | das ich mit marter wär beliben.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1441
):
eczlicher cleinot und guter wegen, dorumbe auch die erbern frauen grose marter, smerczen und wertliche schande geliden.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Die Turckhen [...] totten etlich pryester mit grosser marter.
Sappler, a. a. O.
3, 606
;
Vock u. a., Urk. Nördl.
2398
.
7.
›innerer Schmerz, seelische Belastung, Qual, Leiden‹; auch: ›Liebesleid, Liebesqual‹ (als Schmerzen, die jm. z. B. aus religiösen oder moralischen Gründen zugefügt werden und denen man sich deshalb teils sinngebend unterzieht).
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
, (
die
2, , , ,  1,  2,  2, I, 5, (
die
2,  3,  1, (
die
5,  1, , (
die
12,  2.
Syntagmen:
m. von etw
. (z. B.
von gebresten
)
haben
;
etw. eine m. sein
;
der marter empfinden
;
jn. von einer m. lösen
;
die höchste m
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Angor. Angst enge engstigung marter vexatz quelung plag angstbarkeit angsthaffte bekuͤmmernus pein truck not jamer qual bedrengknus bangigkeit.
Luther, WA (
1544
):
mit der Beicht haben sie jnen selbs ein untregliche marter und angst gemacht.
Pyritz, Minneburg
4355
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
kum, lieber tot, | Und lose mich von der marter, |Wann strenger und harter | Betrubet got kein menschen nie!
Adrian, Saelden Hort
430
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
swie rich si sint, man und wip, | [...] | so hant si marter doch genuͦg | von mæniger hand gepresten | den si an irem næchsten | sehent, ob si tungent hant.
Bauer, Geiler. Pred.
81, 17
(
Augsb.
1508
):
da sich ain mensch [...] wol künd gerechen / so ym unrecht oder gewalt beschicht / und das lauterlichen umb gotes willen underwegen laßt / daz ist und haißt ain marter des hertzen.
Andreae. Ber. Nachtmal
108r, 13
([
Augsb.
]
1557
):
Also ist das die hoͤchst peen vnd marter / das leben bey sich haben / vñ des lebens nicht tailhafftig werden.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
ein Weibspersohn / in welcher der Teuffel ein Zeit lang seinen Sitz gehabt / vnd sie mit solcher Vngestuͤmmigkeit geplagt / daß ihr Leben gleichsamb ein immerwehrende Marter war.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
9, 38
(
tir.
,
1464
):
es ist czwaierlai marter: Ein marter
[dies zu 6]
die ist die v̈berwindung durch die swërt der pösen, die ander
[dies hierher]
ist, da man hueten vnd halten ist die geduldikhait in dem gemüet.
Pyritz, a. a. O.
1825
;
Gille u. a., M. Beheim
173, 102
.
Vgl. ferner s. v. .
8.
›Folter als Mittel der Strafjustiz zur Erzwingung von Geständnissen‹; als Metonymie: ›Foltergerät‹ (z. B.
1
leiter
7,
eisen
).
Phraseme:
um keine marter
›keineswegs‹;
die ziemliche marter
aufziehen
mit dem
25pfündigen stein
‹;
die notwendige marter
aufziehen
mit dem
zentrigen stein
‹, beides in Unterschied zu
jn. ler aufziehen
(Beleg s. v.  7).
Bedeutungsverwandte:
,  2, (
die
1, ; vgl.  5,  1.
Syntagmen:
jm. m. anlegen / (an)tun, etw. eine m. namsen
;
der m
. (Gen.)
ober sein
›entledigt sein‹;
ane m., ausserhalb der m. etw. bekennen, an der m. etw.
(z. B.
die tat
)
bekennen / verjehen
›bekennen‹,
aus m., in der m. bekentnis geschehen, jn. an die m. füren, jn. an der m. hangen lassen, (jn.) durch m. töten, jn. in die m. erkennen, in der m. (nicht) bekennen, mit der m. fragen, jm. etw. mit der m. abfragen, jn. mit m. ansuchen / fragen / plagen / peinigen, zu etw. nöten, js. mit der m. verschonen, jn. zu m. anfangen, zu der m. bringen
;
die grosse / peinliche / schwere / seltsame m
.;
die furcht der marter
;
das fragen an der m
.
Wortbildungen:
marterlich
2 ›in der Folter erzwungen‹,
marterspiegel
›Gesamtheit aller Folterinstrumente‹.

Belegblock:

Oorschot, Spee/Seifert. Proc.
484, 2
(
Bremen
1647
):
Deßwegen flur 80. Stuffen im Thurn / in den Keller hinab: den Marterspiegel her / herfuͤr mit den Schweininen⸗schuhen / Daumenschranffen
[sic!]
/ rc. Wo man sie nicht gleich den ersten Tag schon / da sie in verhafft kam an die Folter hat gebracht.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
wie er sie ein Ketten geschmiedet hatte / [...] / vnnd andere mehr Qual vnnd Marter an that.
Goerlitz u. a., Magd. Schöff./Schweidnitz
121, 18
ff.:
Nw begeret der ancleger [...], dem gefangen sulche dewbe durch peyn mit der marter abzufrogen. [...], vnd hoffen zu gote vnd zu dem rechten, vnser fruͤndt sey neher [...] sich seiner eren, leibes vnd gesundes zu uorantworten, denne das en eyn slecht man mit eygenem munde mit slechten worten ane hanthafftige toth vnd ane alles geczeugnisse zu sulcher noth vnd marter gebrengen moge.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
nach vil worten heiß er in an die marter füeren und aufdenen.
Jerouschek, Nürnb. Hexenh.
6v, 44
(
obd.
,
1491
):
wañ der richt‘ hat zü dem bosen lumuͦt ayne͂ zeugen [...] so ist es genuͦg die person zuͦ fragen mit marter.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
In das loch macht man dem lochhüeter wes im not thut von schlossen auch von kübeln zu den prysaunnen und ander nottorft in die cappelen zu der marter gehörent.
Bremer, Voc. opt.
30037
(
halem.
,
1328
/
9
):
Culleus martersak [...] est saccus, qui dampnandus insuitur; et in eo submergitur.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
Als aber der Saffoysch herzog, nach marterlich bekanter mistat am Osterabent hat lassen [...] richten sinen lehenman.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1524
):
so sol der nachrichter von dem fraͧgen der uͥbeltaͤtigen an der marter dehein belonung vordern.
Maaler (
Zürich
1561
):
Außmarteren / Das ist / Durch marter toͤdten / dem hencker zetoͤden übergaͤben.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
das hand die drei mörder und pöswicht an der marter, als man sie gewegen hat, verjehen.
was ich von in geredt han, darzu bin ich mit großer ängstlicher pein und marter genött worden, dann man wolt mir nichts glauben, [...]; man ließ mich an der marter hangen [...], und was man mich dann fragt das sagt ich.
Ebd. (zu
1520
):
hett auch ain grossen lust und freud gehabt, die armen in den eisen [...] zuͦ peinigen mit seltzamer marter.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1548
):
Da hatt man sey angefangenn zu martter und gesagtt „nun das must bekennen, [...] und jettlichenn lassenn woll 3 stundt an der martter hangenn“.
Schottenloher, Flugschrr.
64, 19
(
Landshut
1523
):
jnen [pfaffen] solt einer aller heiligen marter anlegen.
Skála, Egerer Urgichtenb.
249, 28
;
Jerouschek, Nürnb. Hexenh.
1r, 20
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Roloff, Brant. Tsp.
1744
;
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. ;
Barack, Zim. Chron. ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v.  3,  4.