müde,
Adj.
1.
›nach einer zeitlich abgrenzbaren Beanspruchung körperlich müde, nach Ruhe oder Schlaf verlangend‹; meist von Menschen, vereinzelt von Tieren gesagt; offen zu 2.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 1, (Adj.) 1, (Adj.) 3.
Gegensätze:
 2, .
Syntagmen:
j
. / ein Tier
m. sein
(z. B.
der hirz
),
j
. (z. B.
des essens, von gehen, von der arbeit
)
m. werden
;
jn. m. machen
;
j. müdlichen reiten
;
das müde ros, die müden beine
.
Wortbildungen:
müdheit
,
müdlecht
.

Belegblock:

Luther, WA (
um 1535
):
Wer den andern iagt, wird auch mude
[Sprichwort im Sinne von: ›Streit ist für beide Teile ermüdend‹].
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Leicht Burd wird in die laͤnge auch schwer / wenn der Traͤger mud vnnd matt wird.
Thiele, Minner. II,
30, 24
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
Do mir veryrd alsus der zin, | von motheit slyef ich weder yn.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
12498
(
rib.
,
1444
):
Ich [pilgerin] bin traege ind moede genoich, | De kurte wech is wale myn gevoich.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
Niet also zo v’stain dat got sij moede worden durch die wirckung off scheppung.
Henschel u. a., Heidin
277
(
nobd.
,
um 1300
):
Vf eine grvne heide | Qvamen si zv abent zit | [...] | Mvde si alle waren.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
also der hirtz zuͦ dúrre und zuͦ muͤde ist, so [...].
Maaler (
Zürich
1561
):
Arbeitsam / vnuerdrossen / Der von der arbeit nit muͤd wirt.
Muͤde rossz / die jr tagwerck wol thon vnd angelegt habend.
Muͤdlaͤcht / Ein wenig oder zum theil muͤd. Lassulus.
Klein, Oswald
41, 12
(
oobd.
,
1428
):
kurzlichen schier ich zu im kart, | ob seinem tisch dick essens ward ich müde.
Bell, G. Hager
623, 11, 7
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›von einer länger anhaltenden, quälenden, extrem anstrengenden, die eigene Existenz gefährdenden Tätigkeit erschöpft, ermattet, entkräftet‹ (vom Menschen, negativ auch von Christus, sowie von Tieren und von Sachen verschiedenster Art gesagt); im einzelnen z. B.: ›kraftlos‹ (vom
winter
); ›nichtig, als nicht existent erachtet‹ (von einem
werk
im Sinne
M. Eckharts
); ›ausgelaugt‹ (von einem
acker
).
Bedeutungsverwandte:
(s. v.  5),  1, (s. v.  2),  1, (Adj.) 14, (Adj.) 1, , , .
Syntagmen:
j
. (z. B.
eine königin, die holden / Franzosen / reitenden, Jesus
)
m. sein, j
. (z. B.
der weiber, vom streit, des urlauges
)
m. sein, etw
. (z. B.
ein wild, der winter
)
m. sein, j
. (z. B.
die mutter, die Griechen, Salmon, Jesus
) /
js. kräfte m. werden, die elefanten / gäuche, ein werk m. werden, j. des streites m. werden, got des minnens nimmer m. werden
;
jn. mit fliegen m. machen
;
das müde gras / laub / tier, müde lieden
.
Wortbildungen:
müdern
›kraftlos werden‹,
müdwerdung
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz werk enminnet got niht, daz ûzer, daz zît und stat besliuzet, [...], daz müde wirt und alt von zît.
Got der enwirt minnennes und würkennes niemer müede.
Kehrein, Kath. Gesangb. (o. O.
1517
):
Das sy [muͦter] vor schmertzen ganz ward mied | Vnd sanck durch onmacht an die erd.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Jr etzlich als sy woren mude, | laifden sich myt irs selues blode.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
mine stimme von rufene heiset, | des bin ich worden moder.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
der [hertzog] sie mit steten kriegen [...] müd gemacht und außgesogen hat.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
35, 16
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
wen dy elefant wurdin des stritis mude, [...] und styzen sich an dy boume, das dy berkvrit czubrechin.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
es ward gethan das sein hende nit wurden gemúdert
[Var. 1475
2
-1518:
gemuͤdet
;
Luther
1534 f., 2. Mose 17, 3:
steiff
].
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Sú wurdent muͤd und wisselos, | Nachtes frost und tages heis.
Er was [...] | Muͤde und schwach inallen liden, | Und mit dem crúce och úberladen.
Löffler, Columella/Österreicher (
schwäb.
,
1491
):
das also nach volgi den buwungen und uͤbungen der aͤcker muͤdwerdung zegelicherwiß als in den menschen der vast uͤbung des libs.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz si [gäuch] sitzen auf der weien ahseln, dar umb, daz si iht müed werden mit langem vliegen.
Klein, Oswald
21, 8
(
oobd.
,
1416
):
was sich versmogen hat in krumbes lauren, | das wil er wecken, recken schir aus trauren, | laub, plümlin, plüd, gras, würmli, tierli müd.
Ebd.
38, 15
(
1409
/
10
):
Derselben plüder | freut eu, brüder, | seid ain müder | hat die lüder | zügeschockt.
Ebd.
106, 2
(
1411
?):
Nempt war der schönen plüde früde! | müde ist der kalde winder.
Weber, Füetrer. Poyt.
285, 3
(
moobd.
,
1478
/
84
):
wie müed von streit er wäre, | schnell hieng er sich verwappent an das sail.
Große, Schwabensp. ;
Quint, a. a. O. ;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
127, 34
;
Kehrein, a. a. O. ;
Karnein, Salm. u. Morolf
472, 2
;
519, 2
;
Thiele, Chron. Stolle ;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Dreckmann, H. Mair. Troja
11, 16
;
Barack, Zim. Chron. ;
Primisser, Suchenwirt ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
Vgl. ferner s. v.  3,  1.
3.
›hinsichtlich e. S. (z. B. der
eren
, der
unkeuscheit
) unempfindlich, abgestumpft, gefühllos; e. P. / e. S. überdrüssig, gegenüber jm. / e. S. verschlossen; elend, unglücklich, verworfen (von Personen gesagt, die gegenüber moralischen Werten abgestumpft sind)‹.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 2, (Adj.) 6, , , .

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
muß alßo eyn solchs hertz gottis gepott und willen tzu letzt mude werden.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
572, 2094
(
Magdeb.
1608
):
Das er sie macht so toll vnd blind / | Das sie des Friedens muͤde sind.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3193
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
welch licham wirt mode gemacht, | der unkuscheid gar clein acht.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
eyn wuͦcherer ist eren muͦde, recht als eyn juͦde | der nympt den gesuͦch.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
land úch erbarmen, daz ich dú arme muͤd bin, dú in den strik bin gevallen.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Sie dienen got vil baß im orden, | Wan sie der welt sein mied worden.
Adrian, Saelden Hort
7910
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
o we mir armen muͦden, | daz er [Jesus] nie wart von mir
[Maria Magdalena]
geladen!
Bächtold, N. Manuel. Zugabe H. R. Manuel
355, 2032
(
Zürich
1548
):
Herr, der richter, es kombt der win | Und sonst ein müede rott herin, | Die grichts zuͦ beiden siten b’gerend.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1536
):
und hat der handel (damit) sein endschafft genommen, dann ain zunft ward seiner aufs letzt mied.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 111, 15
([
Augsb.
]
1548
):
Den Herren / welche der leüte bald müde werden / [...] / den ist nicht guͦt dienen.
Meisen u. a., J. Eck
49, 12
(
Ingolst.
1526
):
deßgleichen zuͦ Leiptzig ist es auch wol schein, das in gmainer verhoͤr gar nichte erobert, da Lutter so gar mied war, das er nit mer uff dem stuͦl wolt zuͦ disputirn.