mässigkeit,
die
;
/–.
1.
›dem Menschen als eigen zugesprochene Fähigkeit und Pflicht, in allen Lebenslagen und gegenüber allen Anfechtungen der Sinnlichkeit die moralisch und theologisch gebotene Selbstzucht bis zur Askese hin zu halten und ihr entsprechend zu leben‹;
zu
1
(
die
13, vgl.  2.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Syntagmen:
m. halten
(z. B.
in speise / trank
)
/ suchen
(z. B.
in allen dingen
),
jn. die m. leren
;
die m
. (Subj.)
die schwelgerei erwürgen
;
der m. walten
;
jn. durch js. (Christi) m. bitten, die tugend mit m. üben, den leib mit m. kleinfüge machen
;
die m. Christi
;
die m. an worten / werken, die auswendige / grosse m
.;
frau mässigkeit
;
die gnade / tugend der m
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
TEMPERANTIA. Messigkeit abbruch enthaltung maß abstinentz.
Strauch, Par. anime int.
70, 9
(
thür.
,
14. Jh.
):
di anderen [tuginde] gehorin zu den willin und zu den anderen creften; der heubit sint genant gerechtikeit, sterke und mezikeit.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2038
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di wibes namen sin zuchte vol | unnd ir sinne also schon walden | das si messigkeit in allen dingen halden.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
2158
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
Er spricht: ,Des heiligen geistes fruht | ist minne, freude, fride, zuht, | gedult, gute, dimutikait, | hofnung, kusch, messikait
.‘
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 89, 12
(
Coburg
1634
):
[wie die] die Messigkeit von der Schwelgerey erwuͤrget worden.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Ouch sol dis lieht lúchten in die sittelichen tugende, also ist wisheit, gerechtikeit und stercke und messikeit; dis heissent ordenunge.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel Var. (
Straßb.
1466
):
bit euch durch die senft vnd durch die maß
[Var. 1475
2
–1518:
maͤssikeit
;
Luther
1545, 2. Kor. 10, 1:
lindigkeit
]
cristi.
Warnock, Pred. Paulis
4, 104
(
önalem.
,
1490
/
4
):
sy [Kathrina] hatt ain luters färwli [...], und die úberkomen durch die tugent der mässikait.
Ebd.
12, 133
:
also daz du usswendig méssikait haltist in spys und in trank, och inwendig rain, kúsch und mässig sigist in dinen gedenken und begirden.
Roloff, Brant. Tsp.
2429
(
Straßb.
1554
):
Ich bin genant Demuͤtigkeit | So ist diß mein Schwester Reinigkeit | Messigkeit heißt die / so heißt die Schamm | Lieb / Hoffnung / Miltigkeit ist deren namm.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
ain capittel hus. daz bezaichent ain demuͤtig hertz. da ist ain priolin inne, dú haisset frow Maͤssekait.
Maaler (
Zürich
1561
):
Maͤssigkeit (die) der herrlichen tugende͂ eine / die meister ist über die vnordenliche͂ wollüst / abbruch vnzimlicher begirden vnd boͤser anfaͤchtungen.
hail. altvaͤter (
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
da von beduͤrfen wir wol das wir disen lip mit maͤssikait klain fuͤg machen.
Heydn. maister
20v, 10
(
Augsb.
1490
):
Anatharsis ein straffer der vnkeüscheit des bauchs vnd d‘ freßserey / dann er mit genad der maͤssikeit vñ enthaltung von boͤsem begabt ist gewesen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
4181
;
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
Strauch, a. a. O.
71, 31
;
Jahr, H. v. Mügeln
121, 1456
;
Illing, Albert. Sup. miss.
953
;
Warnock, a. a. O.
27, 338
;
Rieder, a. a. O. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Heydn. maister
42v, 8
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
34, 36
.
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
›der Bewältigung von Alltagssituationen angessenes Augenmaß, Bedachtsamkeit, Abgewogenheit und die entsprechende Handlungsmaxime‹; eng an 1 anschließbar;
zu
1
(
die
14, vgl.  2.
Gegensätze
(bzw. Orientierungsfeld):  1, , ,  1,  12, .
Syntagmen:
den helm m. nennen, eine m
. ›einen angemessenen Betrag‹
geben, jm. m. (in essen / trinken) geben
; mit doppeltem Akk.:
j. etw. (modestiam) m
. (›mit / als
m.
‹)
verdolmetschen
;
(die) m.
(Subj.)
die wage tragen, geschikt machen, den mut zieren, jn. gedeien
›gedeihen lassen‹,
mas und ziel halten, die begierden zurük halten, auf der mittelstrasse bleiben, eine freude / tugend, eine närerin der gesundheit sein
;
der m. bedürfen
;
in m. bestehen, wanne
›wenn‹
[...], die m. des gemütes, des hauptmannes
;
die m. in essen / trinken, schlafen
;
die edle / rechte m
.;
das lob der m
.

Belegblock:

Luther, WA (
1518
):
auch messikeit in essen, trincken, schlaffen, und alles was der keuscheit forderlich ist.
Der latinische dolmetscher hatts modestiam, messickeyt vordolmetscht, und were wol feyn, wenn messickeyt nit wurde gemeynicklich von essen, trincken und kleyden vorstanden, diß aber soll eyn messickeytt seyn des lebens.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
97, 1691
(
Magdeb.
1608
):
Vnser Messigkeit vns gedeyet / | Erbeit vns von Kranckheit erfreyet.
Ulner (
Frankf.
1577
):
Maͤssigkeit. Maß / zucht / richtschnur.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2941
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
in rechter messikeid her [der arme] bested | wanne ess ym wol ged.
Opitz. Poeterey
23, 6
(
Breslau
1624
):
das sie alles was in ein kurtz getichte kan gebracht werden beschreiben koͤnnen; buhlerey / taͤntze / banckete / schoͤne Menscher / Gaͤrte / Weinberge / lob der maͤssigkeit / nichtigkeit des todes.
Menge, Laufenb. Reg.
3117
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Wonn die edel mässigkeit | Aller dingenwoge treit.
Warnock, Pred. Paulis
5, 192
(
önalem.
,
1490
/
4
):
der messikait bedarft du wol in dem zyt des geluks.
Schmidt, Rud. v. Biberach
108, 6
(
whalem.
,
1345
/
60
):
dvͥ minne lat die minner nut sin ir selbes mit messikeit des gemuͤtes.
Maaler (
Zürich
1561
):
Wenn nur behuͦtsamme vnd maͤssigkeit ein tugendt ist / so ist es Freylich auch der abbruch.
Henisch (
Augsb.
1616
):
maͤssigkeit aber macht vns zu aller vbung der tugent geschickter.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
von zucht êrberkait mêsikait und gerechikait des hauptmans.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1524
):
so sei wir auch schuldig stewr zu geben, doch ain mässigkait, was das arm volk erschwingen mag.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ; ; ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;