lunge,
die
;
/ oder
-n/-n
, sehr vereinzelt
-r
;
einige Belege mit finalem
-l
(
lungel
); deformiert auch
lumpel
(s. u.
Winter
).
1.
›Lunge (als Körperorgan des Menschen und von Tieren, in letzterem Falle als Schlachtprodukt)‹; Belege teils pejorisierend.
Phraseme:
boz lung
(in Ausrufen, Flüchen);
las lunge und leber St. Veltin haben
o. ä. ›[...] dahinfahren‹;
die lunge wäschen
›tüchtig saufen‹;
mit lungen werfen
(als Reaktion auf:
mit kutteln anfangen
);
jm. hängt die lunge
[wohin] ›j. giert nach etwas‹;
jm. ist die zunge holer dan eine lunge
von einer
falschen zunge
gesagt;
aus der lungen
(statt:
aus dem herzen
)
reden
›aus dem hohlen Bauch reden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , , .
Syntagmen:
die l. nicht hauen / auswegen / mitwiegen
als Synekdoche für ›die Lunge nicht zum Kauf anbieten‹,
die lunge beschneiden
›der Lunge (pars pro toto für die Person) Abbruch tun‹ (zum Zweck der Gottsuche),
die lunge in den kutkessel geben, jm. die lunge verseren
;
die l
. (Subj.)
wachsen / abkülen / (v)erfaulen, hol / zerrüttet / verzert sein, jm. faul / wund sein, jm. weh tun, die l. ein blasbalg / luftloch / windfang sein
;
den luft durch die lungen ziehen, ein geschos in der lungen sein, etw. zu der lungel gut sein
;
das geschwer / schweinen / gebreste der lunge(n)
;
der zipfel von der lungen
;
die hitzige / sieche l
.
Wortbildungen:
lungechtig
›lungenkrank‹,
lung(en)ader
›zur Lunge hin- oder wegführende Ader‹, wohl auch ›Luftröhre‹ (dazu bdv.: , ,  1),
lungen|der
(
das
; Gw zu
1
) ›Schwindsucht‹ (dazu bdv.: ),
lungengeschwer
,
lungenmus
ein aus Lunge zubereitetes Gericht, generalisiert auch: ›klein gehackte Speise überhaupt‹,
lungenweh
eine Lungenkrankheit,
lungfäule
,
lungig
›lungenkrank‹ (a. 1522; dazu bdv.: vgl. ), ˹
lungenror
,
lungröre
˺ ›Luftröhre‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
4, 358, 39
(
preuß.
,
1454
):
wente deme hern konyge henget de lunge sere up Danczik.
Luther, WA (
1538
):
Sant Bernhard hatte sich so gahr vom Essen [...] enthalten, das ihme die lunge angefangen hat zu verfaulen.
Loesch, Kölner Zunfturk.
11, 124, 5
(
rib.
,
1348-1407
):
dat si [scheifenmenger] niet mitwigen en soillen de milze, strosse, longe, leiver.
Thiele, Minner. II,
23, 248
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
dat is die valsche tzonghe, | [...] | die is holre dan eyn longe.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
78, 13
(
Frankf.
1535
):
Es ist in dem atrament ein gifftige krafft die lung drücknet also daz sie villeicht einen toͤdtet.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
181, 21
(
Frankf./M.
1550
):
Wann eim ist Lung vnd Leber faul / | Wann einr die feuln hat in dem maul.
Alberus
Ss ijv
(
Frankf.
1540
):
lung ader / die adem ader am hals.
Diefenbach, Mlat.-hd.-böhm. Wb. (o. O.
um 1480
):
Minista est vena pulmonis dy lunge oder.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Beschneyden will ich auch mit Lust, | Mein Rucken, Magen, Bauch vnd Brust, | Lung, Leber, Hertz, Miltz, Schenckel, Fuͤß, | Kleyder, Gesellschafft mein genieß.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
207r, 24
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Dem die lungg oder / die leber we tuͦt: Nim marrubien bletter / vnd betran vnd hirshoͤrner.
Ebd.
207v, 24
:
Fúr das lingender nim die ber, die an dem / spinlenboͮm werdent.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
Jst aber das geschoß in der lungen / so gat schümecht pluͦt dar vß.
Spanier, Murner. Narrenb.
68, 43
(
Straßb.
1512
):
Mit lungen ich ouch werffen kan, | Wann du mit kutlen fahest an.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Lungechtig. Pulmonarius.
Anderson u. a., Flugschrr.
30, 5, 26
([
Straßb.
1522
]):
Botz lung ey botz bauch botz handt / wer [...].
Sudhoff, Paracelsus (
1527
):
die erz knappen tragen boͤse krankheit, auch lungen- oder herzwê.
Ebd. (
1529
):
Von der neuen lungsucht. Wie die art mercurii ist, das er austreibt durch den mund also durchsucht er die regiones der lungen, [...], so bringt er allen den wust in die lungen, den er sol austreiben, und wie er mundfeule macht, also macht er auch die lungfeule.
Ebd. (
1531
/
5
):
ein große hizige lung, die da mit gelinger keltin abkület wird, die felt auch in das keichen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Latwergen die man [...] im mund zergon laßt wider die praͤsten der lufftstroͤm oder lungen.
Golius (
Straßb.
1579
):
klein gehackte speis / als kraut / oder lungenmuͦs.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
428, 13
(
halem.
,
1418
):
súllent si die lebren, lunggen, fuͤsß, manigfalt und waz in den kutkessell gehoͤret [...], in den kutt kessel geben.
Wyss, Luz. Ostersp.
9792
(
Luzern
1545
):
wyns gnuͦg würt man vnns har bringen, | das wir dlunggen wol mogend wäschen.
Bächtold, N. Manuel. Zugabe H. R. Manuel
323, 518
(
Zürich
1548
):
Hab frischen muͦt und bis guͦt man! | Lass lunggen und leber sant Veltin han!
Maaler (
Zürich
1561
):
Latwergen die man [...] im mund zergon laßt wider die praͤsten der lufftroͤren oder lungen.
Ebd. (
Zürich
1561
):
Die Lung. Pulmo. Die Lung ist gantz vnnd gar verzeert von kranckheit
. [...].
Lungengeschwaͤr (das) Empiema.
Voc. rerum (
Augsb.
v. 1474
):
Trahea lungenror.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 71, 17
([
Augsb.
]
1548
):
Auß der Lungen / und nicht auß dem hertzen reden. Die Lung ist des Hertzens blaßpalg / und das Hertze leyt an der Lunge / ja schier durch die Lunge bedeckt / auff das die hitze des Hertzen / erkuͤlung und erquickung habe / [...] / derhalben ist die Lunge nun das lufftloch / Und wer auß der Lungen redet / der redet lufft / und ain stimm on Hertz.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
45, 1
(
Augsb.
1553
):
Lúngenmúsß zú machen Seudt die lúngen, hacks klain.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 585, 31
(
schwäb.
,
1588
):
Dieweil dann bißweilen unrat under daß vich mit der lungenfeilin oder aufstossen komen, also daß vich, [...] verkauft worden, darauß dann bald kranckheiten ervolgen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Athem ader / lunge͂ ader / athem keel / athem loch.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Diu luftrœr ist ain grôziu âder und haizt ze latein trachea, und haizent si die wundertzt die lungrœr.
Aristotiles spricht, daz diu lung sei ain wintvanch, der den luft auz und ain füert, dâ von daz herz erküelt wirt.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
75, 4
(
oobd.
,
15. Jh.
):
Es [Eysenchrawt wasser] ist auch guet zw der prust vnd zw der lungel vnd leber.
Haage, Hesel. Arzneib.
2v, 13
(Hs. ˹
noobd.
/
md.
,
E. 15. Jh.
˺):
und sol essen vil gutter stup von plumen und von negelein, und die sol man thun auf vil lungen müszlein.
Deinhardt, Ross Artzney
202
(
oobd.
,
1598
):
Für hüzig dermen, wann lung, leber vnnd das mülz erfaullen wil.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1615
):
soll den fleischhackern verbotten sein die lumpl fleck fueß vozmaul und dergleichen nach dem gwicht nit mit dem fleisch auswegen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
519, 397
;
Belkin u. a., a. a. O.
102, 13
;
Stedtfeld, Roger-Glosse, S. 
87
;
Keil, Peter v. Ulm
181
;
Gille u. a., M. Beheim
354, 98
;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Sudhoff, a. a. O. ;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib. 1989, S. 
188
;
Mollwo, Rotes Buch Ulm ;
Sappler, H. Kaufringer
12, 266
;
Eis u. a., G. v. Lebenstein
34, 9
;
Bremer, Voc. opt.
1091
;
1098
;
Schmitt, Ordo rerum
340, 9
;
Voc. inc. teut.
p iijr
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
2.
›verschriene Frau‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
2
.

Belegblock:

Spanier, Murner. Narrenb.
80, 103
(
Straßb.
1512
):
Wyl die kotz / vnd valsche lung | Jst gesundt / ouch frisch / vnd iung, | So findt sy keinen man für sich; | Dann sy acht keinen irs gelych.
Spanier, Murner. Narrenb.
80, 125
(
Straßb.
1512
):
Wann sy aber wirt ein lung | Vnd darzuͦ ein oͤde zung.
3.
Kopfform für
lungenader
.

Belegblock:

Haage, Hesel. Arzneib.
17v, 12
(Hs. ˹
noobd.
/
md.
,
E. 15. Jh.
˺):
so sol man im lassen auf dem lincken arem und auf dem rechtten fuͤsz die aderen, dye der maister bol baysz, daz ist dye lung.
4.
›Dreck, Mist; Kehricht; Pferdeäpfel‹, anschließbar an den pejorativen Gebrauch unter 1 (s. auch ).
Phraseme:
jn. mit lungen zum dorf auswerfen
.

Belegblock:

Luther, WA (
1524
):
Sed sicut aliis festis factum est, ita huic factum, mit lungen beschmeist.
Ebd. (
1526
):
illi habent corpus sanum, et fruchtbar mit den wercken, et quando lungen
(Verb?)
und mit mist bescharren, so ists doch eytel frucht [...] quia ideo discit Christianus, ut omnibus sit allis utilis.
Ebd. (
1527
):
ein kuͤner hellt, den man solt anspeyen und mit lungen zum dorff auswerffen.