los,
Adj.
(1-11),
Interj.
(12); eng vernetztes Bedeutungsfeld; 1-2 zusammenfaßbar unter dem Aspekt ,unfest, lose‘ (und tropisch Assoziierbarem), 3-7 unter dem Aspekt ,frei (von verschiedenen Bindungen)‘, 8-10 negativ wertend; die weiteren Ansätze schwach belegt und kaum überzeugend an andere anschließbar.
1.
›unfest, unstabil, unbefestigt‹; ütr.: ›zusammenhanglos‹, jeweils von Bezugsgegebenheiten, die eine bestimmte Festigkeit o. ä. erwarten lassen; auch: ›einzeln, nicht mit anderen verbunden (z. B. von Wecken)‹; ›verlustig, weggebrochen (von einem Horn)‹.
Phraseme:
lose als die bradem des schweisses
(Motivation und genaue Bedeutung unklar; hierher?);
den al nicht zu hart oder zu los halten
›eine verbindliche Haltung einnehmen‹.
Wortbildungen:
losdrücken
›(die Büchse) abdrücken‹,
loshauen
,
losmachen
,
losreissen
jeweils als lose Zusammenrückung aus dem objektbezogenen präd. Attr. und einem Verb verstehbar,
losladen
›bewegliches Wehr (an Gewässern)‹ (Gw zu ,
der
, 1).

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Jes. 3, 24
(
Wittenb.
1545
):
Vnd wird stanck fur gut geruch sein / vnd ein lose
[
Froschauer
1530:
lumen
]
band fur ein gürtel.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
an dem unbesetiget die losen bilde den mehrern theill von den Altaren [...], abgeworffen, [...] etzliche vor ein Affenspiell mit wegk genommen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
237, 5941
(
Magdeb.
1608
):
Den [schwantz] ließ das Hun den zeenen gantz / | Riß sich loß.
Buch Weinsb. (
rib.
,
2. H. 16. Jh.
):
Ich bitt auch got, das [...] die sechsherrn [...] den ail nit zu hart oder zu los halten, dan sich der mittelmeissigkeit und bescheidenheit gebruchen.
Voc. inc. teut.
p ijv
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Lose alß die brade͂ des sweiß.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Nach deme als er [reboc] ufschoz | An groze, do wart er loz | Des hornis.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
157, 9
(
omd.
,
1554
/
1633
):
alle bergkvesten werden loßgehauen zusambt den ertzen.
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
134
(
nobd.
,
1343
):
die semler, die sullen loͤse wecke backen und mugeln ie einz umb 1 h, [...], und 2 weckelin umb 1 h.
Maaler (
Zürich
1561
):
Loßladen an wasseren. Commata, Obthuramentum stagni.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
310, 1
(
Genf
1636
):
Loͤsen / loß machen / von einander sondern.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
demnach ist es im teutsch als los unverstendig genot ding, so im latein ganz clar hel und lauter ist.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
2306
(
oobd.
,
1607
/
11
):
4 gleiche hanen, wie uff büxen [...], wan mans spant und loßtruckht sy alle 4 zugleich fewr geben.
2.
›weich, locker (von Bezugsgegenständen unterschiedlicher Art)‹.
Phraseme:
lose gegürtet sein
›nicht hinreichend gewappnet sein (ütr.)‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
[er wil] dein leben zu nicht machen, du seiest zu lose geguͤrtet.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
46, 90
(
Magdeb.
1608
):
[der Koͤnig] satzt sich aus dem Sonnenschein | [...] | Auff eim Huͤgel mit gruͤnen moß | Vberwachsen / schoͤn weich vnd loß.
Rot
306
(
Augsb.
1571
):
Dissoluirn / [...] / zergehn lassen im wasser / das es ledig loß oder lind werde.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
daz kraut [...] hât inwendig ain grôzen lôsen kern, [...] sein mark.
3.
›eine zur Last fallende Person oder Sache los, von ihr befreit, nicht weiter von jm. / etw. behelligt‹; bei positiv bewerteter Bezugsgröße: ›e. S. beraubt, bar‹; verallgemeinernd auch: ›ohne jn. / etw.‹.
Nrddt. / md.

Belegblock:

Luther, WA (
1517
?):
wolle gern ein trost haben conscientiae unnd wolde des dregs gern loß sein.
Wenn wir denn der sund loß seind und nu gerecht.
Ebd. (
1529
):
Wenn wir nu des Euangelii los et nos haberemus pecuniam.
Ebd. (
1514
/
34
):
Denn sie selbs gerne des Keisers weren los gewesen.
Ebd. (
1535
):
das sie alle des Bepstischen zwangs [...] los sind.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
E. 16. Jh.
):
wolte Gott das sie alle zum teufel und wir der Buben los worden.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
289a, 2
(
Frankf./M.
1649
):
vnd deß Folterns / ziehens / geisselns / sengens vnd brennens fast kein Ende ist / darff jhm niemand die gedancken machen wieder loß zu werden.
Ebd.
422a, 25
:
ob Binsfeldius [...] schreibe͂ welte / daß man solcher Gestalt der Hexen nimmermehr würde loß werde͂ / so [...].
Neumann, Rothe. Keuschh.
2668
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
du kanst ir [untogende] anders uf disser erden | ane schaden nicht loss werden!
Ebd.
2820
:
unnd din [wip] geist zu yme [man] werde so gross | das du sin nicht mogest werden loss.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
24, 14
(
omd.
,
1487
):
Sunder allein heÿmlichen neÿdt sÿe [weÿpp, man] sust zcu einander trügen vnd eins des andern gerne loß were.
4.
›frei, befreit (im Gegensatz zu , Adj., zum Status des Sklaven u. ä.)‹.
Bedeutungsverwandte:
 2.
Syntagmen:
j. des gefängnisses l. sein, j. l. werden
›frei werden, sich befreien‹;
jn. l. haben wollen, jn
. (z. B.
Jesus
)
l. hinfaren lassen, jn
. (z. B.
den beklagten / gefangenen / räuber / schuldigen
)
l. geben / lassen / sagen / sprechen / teilen, die magd, den knecht l. lassen
›die Freiheit schenken‹.
Wortbildungen
losbitten
›jn. aus Gefangenschaft oder aus einer Verurteilung heraus-, losbitten‹ (a. 1400f.; dazu bdv.:  1,  1),
loslassung
.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
Wiewol ihn genanter sein Churfstl. Canzler und den g. Adolffen von Hagen [...] gebieten lassen, er
[ein Gefangener]
solle ahne allen entgeldt seins gefengkniß loß getheilet werden.
Luther, WA (
1521
):
wenn es [thier] losz ist, zeimet sichs selb.
Ebd. (
1544
):
als wenn einer gefangen ist und nit ehe loß kan werden, denn [...].
Ders. Hl. Schrifft.
2. Mose 21, 27
(
Wittenb.
1545
):
wenn er [jemand] seinem Knecht oder Magd ein Zan ausschlegt / sol er sie frey los
[
Froschauer
1530 /
Dietenberger
1534:
ledig
]
lassen vmb den zan.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
2. H. 14. Jh.
):
daz si musten me dan ses unde zwenzig gefangen ledig unde los sagen unde ußgeben ane haller unde pennig.
Froning, Alsf. Passionssp.
4181
(
ohess.
,
1501ff.
):
lesßestu en
[Jesus]
loß hen faren, | ßo wysse das yn disser frist, | das du des keyßers frunt nicht enbist!
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
295a, 20
(
Frankf./M.
1649
):
Daß man nemblich die Process [...] entweder mit hinrichtung deren schuldigen / oder mit Loßlassung deren / so die gegen sie eingebrachte indicia, durch die Tortur abgelehnet hette / schleunig zu End führen solte.
Skála, Egerer Urgichtenb.
59, 2
(
nwböhm.
,
1569
):
Gilg Walter sej Zu Gotzscha (Inb) Ingesessen wis nit warumb, wis nit wie er Loß worden.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Er sprach bald jhr habt ein gwonheit, | Das euch zur Osterlichen zeit, | Ein gefangner wird loß gegebn.
Bell, G. Hager
256, 2, 17
(
nobd.
,
1601
):
Er wolt wider ane be schwert | loss / geben hie | den janathan gar Eben.
Oorschot, a. a. O.
247b, 35
;
360b, 36
;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
151, 1307
;
Kehrein, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.
2
 8.
5.
›von etw. Sozialem (einer Schuld, Verpflichtung, Belastung) frei, befreit, entledigt (von Personen); unbelastet, ohne Schulden, frei (von Sachen)‹; jeweils aus der Perspektive der befreiten Person oder Sache gesehen; hier anschließbar: ›bar jedes positiven Wertes‹, dann z. B. ›rechtlos; ehrlos; ohne Glaubensgewißheit; e. S. beraubt‹.
Gewisse Beleghäufung für Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
, ,  4,  5, , .
Syntagmen:
j. e. S
. (z. B.
der schmach / tat / schuld
)
l. sein, j. von etw
. (z. B.
von einem recht
)
l. sein, etw
. (z. B.
das bergwerk
)
l. stehen, etw
. (z. B.
ein gut
)
l. verfallen sein, jn. e. S
. (z. B.
der huldung
)
l. machen, jn. e. S
. (z. B.
des amptes / briefes / eides / gelöbnisses
)
l. sagen, jn. e. S
. (z. B.
des vorgebotes
)
l. teilen
.
Wortbildungen:
losfallen
›frei, unbelastet werden (von Grundstücken)‹,
loskaufen
›sich durch Zahlung einer Geldsumme aus einer rechtsrelevanten Bindung freikaufen‹ (a. 1513/4),
loskündigen
›jm. etw. aufkündigen, aufsagen‹,
loslassen
›jm. eine Forderung erlassen‹,
lossagen
(dazu bdv.:  1,  2),
lossprechen
1,
losteilen
›jn. vom Anspruch eines anderen freisprechen‹ (a. 1478/9) (die vorstehenden verbalen Bildungen jeweils unfest, dementsprechend auch Getrenntschreibung),
loskündigung
,
lossage
›rechtsförmliche Erklärung, daß ein Schuldner von der Schuld befreit ist; Quittung‹ (a. 1593),
lossprecher
1,
losteilung
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Solutus. Frey ledig queyt / loß.
Luther, WA (
1520
):
das wir [...] unßer unschult demütig antzeygen, [...], ßo sein wir loß und entschuldigt fur got.
Ebd. (
1521
):
das er [...] festiglich glewbe, er sey losz fur got ym hymell.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
oder sie wollen ihn alle schutzunge, so sie ihnen [...] vorschrieben, gantz undt gahr uffsagen und loeßkundigen.
Hierauß haben E. Radt der Altenstadt drey tage zu Radte gangen uber solcher Loeßkundigung.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
wan her sol komen vor sine richtere; da Sal man in ortelen, daz her von al den dinge los si.
Schoop, Qu. Düren
293, 17
(
rib.
,
1662
):
Der Meister solle [...] verpflichtet sein, den gewesenen Lehrjungen [...] los zu sprechen.
Rudolph, Qu. Trier (
mosfrk.
,
um 1350
):
die kamerer sint fry, quit, loß, ledich von alle dem rechte, dat man nennet bachhellinge.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
her mussze deme cleger neyn adir yo sprechen uff syne clage unde des losz werdin zcu den heiligen mit czwen fingern.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
64, 6
(
thür.
,
1474
):
unde daz dasselbige sin wip den genanten Hentczin Kalbin unde syne swester von deswegen funffundezcwenczig schog redelicher schult loßgelaßin habe.
Ebd.
267, 7
:
unde hat Cristoffel Roder darnach des geczüges gewarttit dry gerichte, unde hat her sich darnach der schulde laßin ledig unde loß teylen, sollich orteyl unde loßteylunge ist ym unhulfflich.
Ebd.
306, 28
:
met [...] zcweyen wesin als met fremdem gute, dy nach gelegenheyt der sachen nicht vorlediget nach loßgefallen waren.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
18, 22
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Ist aber das der dip wil dy dube widir gebin, so muz her nun stunt also vil widir gebin als der dube ist gewest; do mitte wirt her loz.
König-Beyer, Reichenb. Stadtb.
6, 12
(
nböhm.
,
1548
):
saget [...] Seibet oben genanten Rohselern vor solch sein erbe gelt [...] gantz queit, frey, los vnnd ledigk [...]. bey solcher lossage vnndt // vorschreybungk sind gewehsen der ehrsahme Petter Schlesyer, [...], Jacob Brugkner.
Ebd.
104, 29
(
1572
):
bey diesser lossage ist gewesen Frantz Fibiger [...].
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1368
):
so sagen wir dich desselben schultheizzenampts, der phantbriefen und der gelúbd, die du darumbe getan hast, ledig und loz.
Müller, Stadtr. Ravensb.
214, 10
(
oschwäb.
,
um 1420
):
wer der ist, der dehain guͦt [...] ainem ze kofen git [...] und denne das selb guͦt dar nach ainem andern git [...] fuͥr ledig und fuͥr los [...], der sol und muͦss ain jaur von der stat sin.
Bastian u. a., Regensb. UB
134, 34
(
oobd.
,
1358
):
swan si uns und unser stat dez vorben(anten) geltes bericht und gegeben habent, domit sint si dann ledig und loz aller der schuld, die si [...] schuldig sind ze geben von steuͤr.
Piirainen, Stadtr. Sillein
138a, 2
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
dy iren leip vnd hant vnd har ledigen dy sint alle recht loz.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
40, 21
(
mslow. inseldt.
,
1567
):
Sagen Jhn auch der śelbigen [śchmach] [...] gantz frey gütt ledig vnd loß.
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 248
;
Grosch u. a., a. a. O.
265, 12
;
Vorarlb. Wb.
2, 299
;
6.
›von etw., das einen persönlich belastet (wie eine
krankheit, sorge
), frei, befreit‹.
Bedeutungsverwandte:
,  4.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Wenn ich mich hab wollen los feihlen vom predigen, [...]. Ja ich mus dafuͤr antworten am jüngsten gericht.
Froning, Alsf. Passionssp.
2098
(
ohess.
,
1501ff.
):
filius decit patri: | Bys wylkom, du lieber vatter mynn! | ich byn loyß von aller krangkheyt und pynn!
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
288a, 8
(
Frankf./M.
1649
):
wann eine sich einmahl durch die schmertzen der Folter hat vberwinden lassen / daß sie sich schuldig gegeben / sie jhr dadurch [...] alle Hoffnung benommen / deß Lasters sich wieder loß zu wuͤrcken.
Gille u. a., M. Beheim
165, 107
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
der [teufel] was los und freÿ | aller chrankait unde suchte.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
309, 41
(
Genf
1636
):
Loß vnd ledig von aller sorg.
7.
›befreit (im religiösen Sinne), von
sünde, schuld, gefängnis, pein
erlöst, der Verhaftung mit der äußeren Welt enthoben‹.
Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
 9; vgl. .
Syntagmen:
das gewissen l. werden, j. des teufels, der helle / sünde l. werden / sein, die sele des cörpers l. werden, j. des gefängnisses, der pein (der helle) / marter l. sein
;
jn. l. machen
;
verliesen
(subst., Subj.)
los werden sein
.
Wortbildungen:
losgeben
›von Sünde befreien‹,
lossprechen
2 (dazu bdv.:  5,  2, ,  2),
lossprecher
.

Belegblock:

Schöpper (
Dortm.
1550
):
Absoluere. Absoluiern abloͤsen entsuͤndigen loßsprechen van suͤnden erledigen.
Luther, WA (
1529
):
libenter weren der helle und Teuffels los.
Wer nicht gleubet, das er los sey [...], der [...].
die macht [...] den sunder, [...] los zu sprechen von sunden.
dardurch [peicht, Absolucion] das gewissenn loeß vnnd zufriden wirdet von seiner bekumernus.
Ebd. (
1537
):
das Christus der kirchen diesen gewissen befhel gegeben hat, auff das solches wusten bejde, der losssprecher und der jhenige, so loss gesprochen wirdt.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz
[Akk.obj.:
daz geschaffen ist] verliesen ist lôs werden und verliesen leit und ungemach und schaden
[etymologisierende Aussage:
los / verliesen
].
Froning, Alsf. Passionssp.
7725
(
ohess.
,
1501ff.
):
Peter, durch dyne ruwe groyß | bistu aller sunde loys!
Opitz. Poeterey
44, 27
(
Breslau
1624
):
Die Seele doch allein vnd bloß / | Fleugt wann sie wird des Coͤrpers loß / | Zum Himmel
(auch zu 1 stellbar).
Reichmann, Dietrich. Schrr.
182, 11
(
Nürnb.
1548
):
Er hat vnser suͤnde selb geopffert / an seinem leybe / auff das wir der sünden loß seyen.
Dietrich. Summaria
25v, 41
(
Nürnb.
1578
):
der [Gott] sich vnser not lest jammern / vnd will sich vnser erbarmen / vnd loß geben / vnnd die schuld nachlassen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Also ouch nu dise lúte in diser friheit vallent und irs gevengnisses los sint und vindent sich gar gesunt, so [...].
wer ime vil weger dass er in grossem getrenge und we stunde [...], er wurde vil e los und lidig des soͤrglichen schedelichen gefengnisses.
Klein, Oswald
2, 9
(
oobd.
,
1421
):
sol dich jemand machen los, | das müss durch in [herre] geschehen.
Luther, a. a. O. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ; .
8.
›den charakterlichen, sittlichen, sozialen, religiösen Normen, Verhaltensvorstellungen der Gesellschaft widersprechend, entgegenlaufend (allgemein)‹; im einzelnen: ›hinterhältig, niederträchtig, betrügerisch, verlogen, verschlagen, falsch, durchtrieben, zwielichtig (eher vom Charakter e. P. und entsprechenden Handlungen und Haltungen); schamlos, leichtfertig, von lockerer Sitte (dies eher im erotischen Bereich und oft von Frauen gesagt); nichtsnutzig, ungehemmt, ungezügelt, haltlos (eher vom sozialen Verhalten)‹. (Das
Rwb verbindet die hier gemeinte Bedeutung unter I,
zu
los
mit der Angabe ›unverheiratet‹; die angeführten Belege sind nd. und / oder kaum überzeugend; vgl. aber
losledig
und
losfeier
).
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  1, (Adj.) 3,  2, , (Adj.) 2, , , (s. v.  2),  2, , , , , .
Gegensätze:
(Adj.) 1, , (Adj.) 1.
Syntagmen
js. zunge nicht l. sein
; meist attributiv:
der lose (augen)blik / bärenhäuter / bube / geselle / handwerksknecht / haufe / hurenson / kanonik / lecker / lappe / man
(mehrfach)
/ pöbel / sak / schelm / schwätzer / verleumder / vogel, die lose hure / metze / vettel / haushälterin / betriegerei / dialectica / heuchelei / geselschaft / tücke, das lose weib / gesinde, lose leute
; subst.:
schmähe gegen die losen
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
3, 84, 15
(
preuß.
,
1448
):
das men nach in den steten, [...], nach uffem lande keynerley loze lwthe und bufereye, die sich erer hant generen muchten [...] und douch louffen betelen, nicht hegen.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
sein viel loser-Handtwercksknechte und allerley gemeines gepöbels in der Kirchen geblieben.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Die den Vormittag nur mit jhrem Schmuck zubringen / die sind lose Haußhaͤlterin.
Der Hencker thut manchem wehe / ein loser Schwetzer noch viel mehr.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
Die uberswindige ehrgitzicheit bei den loesen canonichen ist dess ein ursach gewesen.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
30, 6
(
Frankf./M.
1568
):
Darmit [Gelt] verderb ich [Juͤd] den loßn hauffn / | Der nur wil Feyern / Fressn vnd Sauffn.
Stackmann u. a., Frauenlob
7, 38, 4
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
und ouch durch tougen liebe | dri lose blicke solt du steln.
Ebd.
17
:
bistu der merker ane, | so blicke loser blicke dri | und wis nicht tougenworte fri
(zur Textkritik und zum Verständnis der Stelle vgl. den Apparat, Bd. 2, S. 902; s. u. auch die Belege
Bihlmeyer
).
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Ein loser Lecker vnd Schalck bist du.
Du lose Vettel, zeig mir an, | Wer bey dir hinnen sey!
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
868
(
Nürnb.
1613
):
Ey koͤndten wir ertappen nur | Das Agnesle / die lose Hur.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
So man hin in bas kunt, so begegent fro Venus mit ir losen blicken, mit den fúrinen stralen.
Denn tuͦnt sú loͤse oͮgenblicke, denn roͤtent sú den bleichen munt.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
Jst derowegen die lose Heucheley eine allgemeine seuche in allen Ständen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Sin zunge was gespræche wol, | [...] | Nút gæche, nút klæffig, nú balt, nút los, | Nú hinderredig, nút verlogen.
Rot
291
(
Augsb.
1571
):
Ein loß fauls gsind / wie die humel / Fruges consumere nati, lauter abfraß.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Der Gesell hat sich mit der losen Metzen behengt.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Diser Ludwig was gar ain loser man; er hielt sich gar unfürstlich; er het zu nicht lieb, noch gehaim, wann in winckeln mit torhaftigen frawen.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
wir [...] volgen abtrünigen pfaffen, auszgeloffen moenichen vnd andern losen lewten.
selsorger, die verdamblich heyraten zuo awszgelauffen Nunnen vnd zuo andern losen weibern.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1608
, Hs.
17. Jh.
):
auch komben andere gemaine unbestendige rumor- und andere verschlagne und verdräte roßtauscher- und vergleich-, krumpe, verschmitzte, löze, ringe, fitschlfätschl- und lumpenhändl [...] für.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe ; ;
Kurz, Waldis. Esopus ;
Stackmann u. a., a. a. O.
10, 11, 3
;
Dietrich. Summaria
20r, 13
;
v. Keller, a. a. O. ; ; ;
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
977
;
899
;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
55
;
Stackmann u. a., Wb. zur Gött. Frauenlob-Ausg.
1990, 226
.
Vgl. ferner s. v.  1, , , ,  10.
9.
›unernst, unverbindlich, locker; nicht verbissen, leichtfertig (von Worten, von einer Sitte, vom Verhalten)‹.
Phraseme:
etw. für lose teiding halten
.
Bedeutungsverwandte:
 2, ,  3, , .
Gegensätze:
(Adj.) 4, , .
Syntagmen:
js. wille, die entschüldigung l. sein
;
etw.
(z. B.
der glaube
)
l. stehen, jn. l
. (›für unernst‹)
halten
;
der lose argwon / gedanke / pfaffe / schein, die lose disputation / erkentnis / sitte / teidung, das lose geplärre / geschwäz / wort
.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
der [tochtir] er [herre] zwâ sîme lîbe | vorgonde und sî gar vorkôs | want vil veste und nicht lôs | was sîn sêligir wille.
Luther, WA (
1526
):
[es] recht ist, das man nicht [...] lose leute zu gefattern neme.
Ebd. (
1529
):
Deinde non lose faul erkentnis, sed schefftig, thetig.
Ebd. (
1529
):
Das helt man auch fur lose teding et Christum non veracem.
Ebd. (
1529
):
Hertzog Georgens entschuͤldigung ist aus der massen kalt, faul und lose, wie ich sie denn noch heutiges tages alle drey kalt, faul und lose heimlich halte.
Ebd. (
1532
):
als der [glawbe] [...] seer schwechlich und lose stehet.
Ders. Hl. Schrifft.
Hiob 15, 2
(
Wittenb.
1545
):
Sol ein weiser Man [...] seinen Bauch so blehen mit losen reden?
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
dirre werlde wisheit ist vor gote ein torheit, der sich hinach richtet der wandelt die sterke, daz ist die losen siete in die guten siete.
Vizkelety, Spangenberg. Glücksw.
958
(
Nürnb.
1613
):
Ey Kaͤtt! daß dich das Maͤußlein beiß / | Wie fuͤhrest du auch gleich ein weiß: | [...] | Sey nit so zornig. Lieber los!
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
[wir] soltent nieman minnen durch sinú loͤsen wort noch durch sin jugent noch durch sin schonhait.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 170, 20
(
halem.
,
n. 1529
):
das entwedere partî si hat anders nuͤt den ein lose disputation lassen sin.
Ebd.
304, 23
:
Es was nit ein ganz loser argwon irer
[der Freiburger und Solothurner]
untruͤw, dass si sich entschluͦgen der red.
10.
›einfach (vom Essen); unbedeutend, einfach, niedrig (vom sozialen Stand e. P.); einfach, unkünstlerisch (von der Sprache)‹.
Bedeutungsverwandte:
(Adj.) 2; vgl. (Adj.) 4,  2.
Gegensätze:
(Adj.) 12, .

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
2, 140, 41
(
preuß.
,
1440
):
Dan die Englischen zu volen kaufmanschafften mit den gesten komen, und ein teil lose weiber nemen.
Enders, Eberlin (
1526
):
Wann etwan ain loser fischer ainem grossen Hansen wol außgehyppet hat.
Luther, WA (
1531
):
und diss [Tauffe, Mess ...] ist vom geringen personen, von losen fischern angefangen und denen solle man gleuben?
Ebd. (
1535
):
es werden sich [...] wider jn
[Gott]
auflegen nicht einer oder zween Bawern oder geringe und lose Leute, sondern die ordenliche Gewalt auff Erden.
Ebd. (
1544
):
Ibi nihil nisi Manna. Unser hertz ist der losen speisen muͤde.
Heidegger. Mythoscopia
19, 20
(
Zürich
1698
):
was sein sie [Roman] vil anders / alß in loser Sprach beschribne Comædien?
11.
›gerne, freiwillig‹.
Bedeutungsverwandte:
 4.

Belegblock:

Mone, Adt. Schausp. (Hs. ˹
omd.
,
1391
˺):
Dominica personn dicit. | Waz dy
e
uzderwelte rose [Maria] | begert daz, wil ich [Crist] thun vil lose.
12.
dient als Aufforderung zu einer Reaktion in einer drängenden Situation; ›los; schnell, auf, mach zu; hört, hört, paßt auf‹.
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Wyss, Luz. Ostersp.
9117
(
Luzern
1545
):
Phares Loss, los, wie fuͤrt er aber ein wys! | we went, er kom ins paradys.
Schade, Sat. u. Pasqu. (wohl ˹
schwäb.
um 1521
˺):
wir müesten im ban sterben. los her!
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Aber los du, warumb ich hab gehaissen dich zu mir berieffen.
Klein, Oswald
10, 102
(
oobd.
,
um 1423
):
los, frag, wes du von güten sachen ierre gast, | trau nicht der werlt.
Fischer, a. a. O. ;
Klein, a. a. O.
49, 12
.