linie,
die
;
-n/-n
.
1.
›gerade oder gleichmäßig (etwa als Kreis) gezogene Linie auf Papier, in Zeichnungen, auf Geräten u. ä.; Richtung; Richtschnur; Zeile (z. B. die Verszeile); Stufe‹.
Phraseme:
die äquinoktialische linie
.
Bedeutungsverwandte:
1
 1, ,  2,  3,  1,  1, , .
Gegensätze:
 1.
Syntagmen:
eine l. machen / ziehen / färben / teilen
; [eine Anzahl]
linien
(Akk.)
aufsteigen
(auf der Sonnenuhr);
von der l. rücken, sich über eine l. ziehen, an einer l.
[wohin]
stehen
;
linien der liebe
;
die durchgehende / enge / gerade / gleiche / gleichteilende / punktierte / rechte l
.,
angänge einer linien
.
Wortbildungen:
linienrecht
.

Belegblock:

Mendthal, Geom. Culm. (Hs. ˹
preuß.
,
A. 15. Jh.
˺):
so sal sy [Ducze mile] doch noch der gemynen mose haben yn dy lenge 180 seyl linienrychte vsczumessen.
Luther, WA (
1535
):
sein wort [...] gehet fein stracks hindurch und machet reine gerade linien on alle beuge.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Her umbe ist daz aleine ein gereht mensche, der alliu geschaffeniu dinc vernihtet hât und an einer glîchen linien âne allez ûzluogen in daz eͤwige wort gerihtet stât.
Jahr, H. v. Mügeln
36
(
omd.
, Hs.
1463
):
du [got] linge, zirkel, winkelmaß: | nach dir sich alles wesen mißt: | ouch von dem zentrum fürt din list | die lingen zu dem ummesweif.
Ebd.
1605
:
ich [tugent] bin ein ling und ouch ein maß | die rechtem werke gibet saß.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Sinus recti seind grade Linien inner dem qvadranten.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
um 1500
):
so teill der engsten linien eine jn der mit von ein ander.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Willtu das der schatt aufsteig
*
x
*
linien
[
Luther
1545, 2. Kön. 20, 9:
stuffen
].
Plant u. a., Main. Naturl.
295ra, 11
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
ez ist nvwen ein angenge d’ zite als ein pūctel einer linien anegenge ist.
Maaler (
Zürich
1561
):
Linien (die) Ein rissz etwar auf. [...] Gerade durchgende oder gleychteilende Linien. [...] Linile oder zileten. Versiculus.
Kohler, Ickelsamer. Gram. (wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
ain frag zeichen, [...] ist auch nach der stym art vnnd gleichnus geformiert also . P . dz ain lini oder virgula über sich schnipt, wie sich die stym̄ in ainer frag am ende erhebt.
Rot
325
(
Augsb.
1571
):
Lini vom wort Linea, Strich / kreiß / riß / zug / zeil.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Es sind fünff linien der liebi. sehen. reden. lieplich straichen. kuͦssen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
Jahr, a. a. O.
398
;
Ries, Rechenb.
A 2r, 21
;
A 3r, 17
;
A 5v, 17
;
Lippert, UB Lübben 2, Eltg.
55, 37
;
M. Cunitia. a. a. O. ;
Rupprich, a. a. O. ;
Vogel, Pract. Alg. Ratisb.
160, 5
;
Voc. Ex quo L
308
;
Hulsius
L iijv
;
Vgl. ferner s. v. ,
1
, , ,
2
.
2.
›Schnur, Seil‹; auch: ›Schnur, mit der eine Grenze, Umfriedung gezogen wird‹, damit: ›Grenze‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 6, , (
der
1,
1
, , ,
1
, ,  2.
Wortbildungen:
linienschnur
›Meßschnur des Zimmermanns‹.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1565
/
6
):
ein geuckler, flohe ufm marckt offentlich uf einer linien von Moritz Almans Hause kegen dem Roland über.
Thiele, Minner. II,
12, 86
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
wie du dich sassen | solt mit dinen lynien snüren, | unnd kundest den pfiler massen, | das er stee fry vor fulen unnd vor dorren
[bezogen auf die Grundlegung eines Balkenfundamentes].
Hulsius
P ijr
(
Nürnb.
1596
):
Schnur / oder linien der Zimmerleut.
3.
›genealogische Linie, Generationenfolge einer Sippe; Verwandtschaftsgrad (als Stufe einer Linie gedacht‹; ütr. auch für ›Krankheitsfolge‹ gebraucht).
Phraseme:
die absteigende / aufsteigende linie
.
Bedeutungsverwandte:
, (
das
10, ,
1
 3; vgl. .
Syntagmen:
die l. an jm.
›mit jm.‹
enden
;
einer limien sein
;
js
. (z. B.
des heilands
)
aus einer l. gewarten, in einer linien sein / stehen, die krankheit nach dreien linien entspringen, etw. von seiner l. ererben, von einer
(z. B. absteigenden)
l. geboren sein
;
die l. des blutes, der magenschaft / sipschaft, der krankheiten
;
die dritte / vierte / gerade / rechte / vorfarende / nachkommende / talsteigende / weibliche / zwerche l.
;
das ende, der buchstabe, die kinder einer linien
;
erben in einer l.

Belegblock:

Luther, WA (
1526
):
Aus dieser linien musten sie des Heylands gewarten.
Gerhard, Hist. alde e
1047
(
omd.
,
um 1340
):
Entsprozen van Eleasar | Sint dize phaffen alle gar, | Di in dizer lineen sten.
Köbler, Ref. Wormbs
209, 14/15
(
Worms
1499
):
Natürlich oder gesipt erben [...] sind dreyerley wyse zurechen nemlich in abstygēder linien. oder in vffstygender linien. oder in d’z zwerch vnd neben syten oder linien. In abstygender Linien sind kinder / Enckel Vrenckel vn̄ also für zurechen.
Ders. Ref. Franckenfort
38, 12
(
Mainz
1509
):
woͤllē wir / das vatter oder muͦter vnd andere von vffstygender Linien / so kinder in absteigender linien haben / vnd Testament machen woͤllen / das sie die selben kindere [...] zu erben machen.
Ders. Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
das deß einen eegemechd kinder von irer linien richer / dan̄ die kinder von dem andern eegmechd [...] erfunden [werden].
Sudhoff, Paracelsus (
1529
):
Nun aber ein ander ursprung von den platern ist also, das noch ein lingen der krankheiten ist, die nit nach der ordnung der sperma, [...], get, als die lingen der drei ersten. wan die krankheiten alle entspringen nach dreien lingen, das ist aus dreien ursprungen.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Diser künig liess Conradium, an dem auch diese liny endet.
Steer/Vogl, Rechtssumme
8, 2006, 660
;
Rennefahrt, Zivilr. Bern ;
Köbler, Ref. Wormbs
218, 13
;
ders. Ref. Nürnberg
192, 18
;
Spiller, a. a. O. ; ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Vgl. ferner s. v. ,  14,  3.
4.
vereinzelt mit oder als gen. explicativus, z. B.
der unvernünste linie
›Unvernunft‹.

Belegblock:

Jahr, H. v. Mügeln
56
(
omd.
, Hs.
1463
):
löse, got, die sinne min | von strenger unvernünste lin.
Ebd.
956
:
die [blume] kurz, die lank, die lenger was, | als sie Naturen linge maß.
Ebd.
2351
:
der zirkel nach der lingen seil | sich teilet in zwelf gliche teil.