1
linde,
die
.
1.
›Linde, Baum der Gattung Tilia‹; in den Belegen meist angesprochen als Gerichtsstätte, als topographischer Orientierungspunkt (mit ansatzweisem Übergang zum Flurnamen), als Treffpunkt für Gelegenheiten unterschiedlicher Art, als wirtschaftsrelevante Gegebenheit, als Gegenstand poetischer Fiktion.
Phraseme:
reuter unter der linde halten sehen
›Unwahrscheinliches sehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.
Syntagmen:
die l. (ab)hauen
;
einen bagstein an der l. haben, etw.
(z. B.
die pacht, den zins
)
an die l. bringen, das pferd an die l. heften, vor die l. treten, unter die l. gehen, unter der l. halten, etw. vorlesen, (zu gericht) sitzen / richten, den gerichtsplaz, eine gastung haben, sich zu der l. niederlassen, der berg hin zur l. gelegen sein
;
die breite / weite / gute l.
;
zu
[+ Ort]
unter der l.
Wortbildungen:
˹
linden
(Adj.),
lindig
2˺ ›aus Lindenholz‹,
lindenast
,
lindenbast
,
lindenbaum
,
lindenblut
,
lindenblutwasser
›Destillat von Lindenblüten‹,
lindenbret
,
lindenholz
,
lindenkern
›Fruchtkern der Linde‹,
lindenkole
›verkohltes Lindenholz‹,
lindenkrebe
›umfriedeter Bezirk unter der Linde‹ (zum Gw s. ),
lindenlaub
›Goldverzierung in Form eines Lindenblättchens‹,
lindenrinde
,
lindensaft
(dazu phras.:
etw. mit lindensaft schmieren
›etwas schönreden, schönfärben‹);
lindenseil
›Seil aus dem Bast der Linde‹ (nicht klar abgrenzbar von attr. Verwendung:
das lindene seil
),
lindentolde
›Wipfel der Linde‹; auch als Kosewort für die Geliebte gebraucht,
lindenwasser
,
lindschälen
›das Abschälen der Rinde zu gewerblichen Zwecken‹.

Belegblock:

Ziesemer, Gr. Ämterb.
652, 31
(
preuß.
,
1414
):
12 leste lyndener kolen, item 7 schog buchsensteyne.
Luther, WA (
1527
):
ein zeichen, das fride sey, gleich als wenn wir reuter sehen unter der linden halten, [...], Denn unter der linden pflegen wir zu trincken, tantzen.
Klett, J. v. Soest
5, 1270
(Hs. ˹
wmd.
,
1470
/
80
˺):
eyn hubschen bron, [...] | [...] | by eynem hubschen lynden bom.
Aubin, Weist. Hülchrath (
rib.
,
1515
):
sy [naebern] bekennen selves, dat sy ire pecht und zeins allwege [...] zo Fritzhem an die linde brengen seullen.
Hilliger, Urb. St. Pantaleon (
rib.
,
1624
):
Das laufstreffen des gewals, der gleichen das lohe und lintschelen [...] sollen [...] abgeschaft sein.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1427
):
unter die linden, da sie dan ihre gerichtsplatz haben.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
54, 3
(
Frankf.
1535
):
Christall polir mit gebrannten Christall vnd linden holtz.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
16, 3
(
Frankf./M.
1568
):
Ich entwuͤrff auff ein Linden Bret | Bildnuß von Menschen oder Thier.
Keil, Peter v. Ulm
106
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Ein gut salb für den krampff. So nym linden-koln vnd stoß die clein.
Ebd.
224
:
Wer sich verprent hab, der nem linden-rinden vnd sied die gar wol in wasser.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 42, 6
(
nobd.
,
1464
):
Wer ein lynten oder ein salhen abhybe, die sein klein oder grosz, der verfelt von eyner iglichen 10 lb. haller.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Do fant ich pey einer linde | Gar eine schone hinde.
Adrian, Saelden Hort 
6725
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
uf wallende man dringen | da siht ain mertze brunnen, | der selten ummer sunnen, | […] | von der linden este hat, | mit den er ist behangen.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Ein Lindenbaum. [...] Item Linden bast / oder zarte linden rinden / darauß man seyl machet / vnnd vor zeitten zu kronen gebrauchet hat.
Linden. Tiliaceus, a, um. [...] Lindenleüblin. Bracteola.
Lemmer, Brant. Narrensch.
104, 54
(
Basel
1494
):
Ich bin gar offt gerennet an | Wile ich diß schiff gezymberet han | Ich soll es doch eyn wenig faͤrben | Und nit mit eychen rynden gaͤrben | Sunder mit lynden safft ouch schmyerē.
Sudhoff, Paracelsus (
1527
/
8
):
lindenblútwasser ist gut für den brant.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
140, 11
(
halem.
,
1367
):
eins pfuntz wert linden seyl iij ₰.
Ebd.
176, 24
(
1379
):
Eines pfuntz wert lindiner seilen j ℔.
Leisi, Thurg. UB
7, 580, 27
(
halem.
,
1387
):
den berg gelegen hin uff zer Linden, der jaͤrklich giltz und gelten sol ain mut kernen Willer messes.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1388
):
das ich [...] offenlich ze gericht sazz ze Ernlispach in dem dorfe vor dem kilchoff under der linden.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
15. Jh.
):
Dis sint die dingstet der lantgerichten, als si von alter har sint komen [...] ze Niderdorf vnder der linden. [...] ze Ecikofen vnder der linden im dorf.
Jaeschke, Anna v. Diesb. Arzneib.
1978, 26, 6
(
halem.
,
1658
):
Nimb barringen körnlin vnd [...] linden kernlin.
Wiessner, Wittenw. Ring
1860
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Got grüess dich, lindentolde
(hier als Kosewort gebraucht).
Ebd.
8850
:
Schreuwend die unholden so | Gen der lindentolden do.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Schwang der tegen mere | Für die bruste nebend sich | Ainem linden blatte gelich.
Maaler (
Zürich
1561
):
Linden (die) Lindenbaum. [...]. Lindenbast / das ist die zart rinden zwüschend dem holtz vnd ausser rinden an den linden / darauff die alten schribend.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
308, 5
(
Genf
1636
):
Lindenbluͦt / f. Fleur de tillet.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
daselbst ain grosse gastung gehapt mit dem adel, [...] under den linden.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1522
):
soll er [gläubiger] das essendig pfand, [...], und(er) den lindenkreben [...] treiben und [...] feilbieten.
Brandstetter, Wigoleis
206, 43
(
Augsb.
1493
):
Hie held herr Wigoleys zuo roß bey dem gekroeneten küng vnder einer linden vnd gibt jm der künig ein blat oder plued von der linden.
Thiele, Minner. II,
5, 87
;
Loose, Tuchers Haushaltb. ;
Leisi, a. a. O.
714, 25
;
Koppitz, a. a. O. ;
Sudhoff, a. a. O. ;
Brandstetter, Wigoleis
195, 23/4
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Weber, Füetrer. Poyt.
199, 4
;
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
626
;
Vgl. ferner s. v.
1
ab 4,
1
bal 2,
1
bast 1.
2.
›Samen, Fruchtkern der Linde‹.

Belegblock:

Buch Weinsb. /rib., 1568):
vur milch, botter, erzen, ullich, kirsn, wolber, negel, lint, summa 5 mr. 4 alb. 10 h.