1
leiter,
die
;
-Ø/–
;
zu
mhd.
leiter
›Leiter‹
().
1.
›Leiter, aus zwei durch Sprossen miteinander verbundenen Holmen bestehendes Gerät zum Auf- und Absteigen‹; in den Belegen mehrfach als Gegenstand von Feuerschutzbestimmungen, auch als Hilfsmittel bei Diebstahl angesprochen; oft bildlich und ütr. auf den Weg zu Gott, zu Ruhm, zu Erkenntnis bezogen.
Phraseme:
etw
. (z. B.
den rum
)
auf leiter helfen
(›e. S. aufhelfen‹).
Bedeutungsverwandte:
1
 1, ,
1
 1.
Syntagmen:
die l. anlenen / aufrichten / bringen / machen, die l. aufsteigen, eine l. an die mauer richten; die l
. (Subj.)
in den himmel aufgehen; ab / von der l. fallen, an der l. auf etw. steigen; l. zu got, gegen den himmel; die christenliche / gerade / grosse l
.
Wortbildungen:
leiterseigel
(um 1360), ˹
leitersprosse
,
leitersprüssel
,
leiterstaffel
(a. 1483)˺ ›Leitersprosse‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1537
/
40
):
prediger, die ihnen eigene leitern gehn Himel machen, sol man nicht hoͤren.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
SWer stelen wil, vnde get her zo einem menschen vnde bitet in vmme eyne letteren tuͦ liene.
Schorer, Sprachposaun
4, 5
(o. O.
1648
):
daß wir vns in allen vorsehen / vnsern Ruhm wieder auff Leiter helffen.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
192
(
rib.
,
1444
):
Sent Benedictus, de mit synre schar | An de mure hadde gericht | Eyne groisse leider.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Du bist die grade Leiter, | Daran man steigt fein eben, | Zum vnsterblichen leben.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
so wirt uns uff zu stigene mit guden werken die leitere uff gericht.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1562
):
das die bender haben und halten sollen zehen wasserbuden [...], zwo laitern, zwen hocken.
Voc. Teut.-Lat.
s jv
(
Nürnb.
1482
):
Laytersproß h’ c hec scalaris c h’rc ad stalam pertinens. Laytersprußel. interscalere.
Maaler (
Zürich
1561
):
Die Seigel an der leiter oder staͤgen.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1108
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
die weil wir in der werlt sein so müssen wir in den creaturn als an ainer laytter in gotes lieb vnd sein erchantnüss steygen.
Quint, Eckharts Pred. ;
Pyritz, Minneburg
117, 12
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
71r, 36
;
Lippert, UB Lübben
2, 230a, 1
;
Bell, G. Hager
626, 6, 4
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 113
;
Baptist-Hlawatsch, a. a. O.
303
;
1642
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
56
;
Bremer, Voc. opt.
2702
;
Vgl. ferner s. v.  1,  1,  1,
1
 2.
2.
ütr. für verschiedene, der Leiter ähnliche oder entfernt mit ihr vergleichbare Bezugsgrößen, darunter:
a) ›Steigevorrichtung in der Grube‹;
b) wohl ›Zeiger, Meßskala‹;
c) ›Bühne, Podium‹;
d) ›Brücke vom Schiff an das Land‹;
e) ›aus Stricken und Gurten bestehende Schnappvorrichtung für Vögel‹.
Wortbildungen:
leiterbaum
2 ›Holm leiterähnlicher Gebilde‹,
leitergarn
›strickleiterförmiges Netz zum Fischen‹,
leiterrecht
›Recht, vom Nachbargrundstück aus Verbesserungen am eigenen Haus vorzunehmen‹ (a. 1580).

Belegblock:

Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
1335
):
waz da geschit in den gruben unde an den leitteren unde an der hengebanc, daz sal der bercmeister richten.
Voc. Teut.-Lat.
s jv
(
Nürnb.
1482
):
Layterpawm. madula od’ saichhaffen. pruntzscherb
[eine Art Sitzgerüst beim Verrichten der Notdurft].
Thiele, Minner. II,
18, 251
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
da wil ich hin zuͦm rintzy ranntz, | da vornenn in die laitern zwär, | ich waiß mir ainn mit crusem här.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leyter oder bruck vom schiff an das land. Pons.
Bastian u. a., Regensb. UB
115, 29
(
oobd.
,
1357
):
Zuͦ dem chor gein Techpeten 20 laitterpaum, und schaff, daz man mir und meiner hausfrawen 200 virtt gein Techpeten tuͦ.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
2300
(
oobd.
,
1607
/
11
):
ein vergult vieregget astrolabium mit seinen laittern.
Ebd.
2292
:
ein grosse vergulte scheiben sambt aller zugehör mit compaß, laitter klein und groß, ein seulen inmitten, [...], zu allerley abmessen.
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
74, 31
(
smähr. inseldt.
,
1414
):
das [sie] vischen mugen mit drin garn, mit einem laittergarn, mit einem wedlein vnd mit eim lawbgarn.
Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 134
;
3.
›Ernte-, Wagenleiter, leiterähnlicher Seitenteil des Heu-, Getreidewagens‹.
Wortbildungen:
leiterbaum
3 ›Holm der Wagenleiter‹.

Belegblock:

Herborn u. a., Rechn. Jülich
97, 29
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
alrehande gereitschaff, wage(n)seile, nuwe wage(n), karre(n), wagen, leide(r)n ind and(er) gereitschaff, die ma(n) in dem arne dar zu behoiffende(n) is.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
für einen kammer wagen leitterlein 14 und 16 pf.
Bremer, Voc. opt.
27036
(
halem.
,
1328
/
9
):
Cidula leiterbon [...]. Cidule sunt duo ligna trabalia in curru, que ad modum scale per baculos sunt conpacta.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1478
):
auff den 18. appril kam ain grosser spital wagen, auf welches laytterpaümen oben ain grosse pine mit prettern uberdeckt und gemachet was, für das rathhaus, dann gar ain grosse menig folckh [...] kommen, die den grossen bößwicht wolten richten sehen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
15.
/
16. Jh.
):
so soll er [...] lassen ain fuerdl heͣw, daz man mit dem ellpogen von der laitern geleng unz an den wispaum.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1671
):
So ainer fahren mueß mit hei oder getraid und ihme die öst in den weeg waren, ime aber dieselben sein nachbahr nit außmaißen will, mag er auf den laiterpämb stehen.
4.
›Sturmleiter bei der Eroberung befestigter Plätze‹.

Belegblock:

Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
zweyhundert Mann waren verordnet / die Mauren mit Leitern zu besteigen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Die Teutschen hetten laiter angeworfen, stigen hinauf.
Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1443
):
mit irem trefleichen zeug, auch puchsen, laitern, scherem.
Vgl. ferner s. v.  3.
5.
›Leiter oder leiterähnliches Gerüst, auf dem der Verurteilte festgebunden und auf den Scheiterhaufen geworfen wurde; Gerüst, das zur Schlinge des Galgens führt‹; teils pars pro toto für den Galgen.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  1,  3,  9.
Syntagmen:
eine l. bringen; jn. zu der l. bringen, auf die l. binden / setzen / stellen, jn
. (z. B.
den brenner / ketzer, die hexe
)
auf leitern in das feuer stossen
.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1397
):
in dem selven jar wart ein monghe van sent Bernhart orden up de leider gesat.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
166, 29
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Man dede zü stünt ein leytter bringen / vnd warff Warakiren ein seyle vmb sinen hals.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
369b, 5
(
Frankf./M.
1649
):
so wolte er sie alßdann auff Leidern binden / vnnd lebendig ins Fewer werffen lassen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
als man zu der layter pracht, da thet er ayn knechtischen trunck, darnach hencket man an galgen.
Rechn. Kronstadt
2, 109, 24
(
siebenb.
,
1528
):
vmb ein leter czu dem galgen ven im di leüt henn sol asp. 5.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. ;
Vgl. ferner s. v.  1.
6.
›leiterähnliches Gerüst zum Foltern, Strecken der Gliedmaßen‹.
Syntagmen:
3 stunden auf der l. stehen, an der l. bekennen, jn. an die l. füren, an der l. anziehen / denen, in eine l. flechten, auf die l. henken / spannen, auf der l. anstrecken; an / auf der l. peinlich
Kurzform für ›unter Anwendung der Folter verhört‹,
bekennt j., das [...]
.

Belegblock:

Ulner (
Frankf.
1577
):
recken / peinlich verhoͤren / voltern / daumenstock anlegen / auff die Leiter hencken / spannen.
Skála, Egerer Urgichtenb.
47, 1
(
nwböhm.
,
1563
):
Peinlich an der Laitterr Nach dem Man In woll angetzogen Bekent Er habe [...].
Ebd.
121, 18
(
1574
):
man hat Ine Montags Zu Nachts an der Leiter seer gedenet vnd Angetzogen, In Seiten mitt Bechkertzen gebrent.
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. (
schwäb.
,
1548
):
Nach dem selbigenn [martter] habenn sey den einen in leyttern geflochtenn und gesagtt: „Mein gnediger her hatt noch kein benigen“.
Skála, a. a. O.
107, 9
;
164, 1
;
7.
›leiterähnliches Gerüst, auf dem der Verbrecher zur Schau gestellt, gefoltert, teilweise auch vorübergehend festgehalten wurde, Pranger‹.
Syntagmen:
von der l. gehen, jn. an / auf die l. binden / setzen / stellen; sprossel der l
.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1400
):
de clerich wart dairna dez 12. dages des mans september vur den doim up de leider gesat.
Lau, Qu. Siegburg (
rib.
,
2. H. 15. Jh.
/
A. 16. Jh.
):
Wer in dem keller vur dem tzapen me myns neme dan hey dem tzeper betzalt hette, den sal man setzen up eyn leyder mit tzwen byrnen(den) kertzen in sym monde drey oren am kax.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
da satzt man von eren disch wer nit was frisch | an adels grait, den satzt man mat | mit schanden an die leyter.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
75, 35
(
nobd.
,
1523
):
sollen sie den schedlichen man an die dritten sprossel der leyter binden und dovon gehen.