leidig,
leidiglich,
Adj.;
1.
›Leid, Schmerz, Kummer, Sünde u. ä. bringend (bezogen auf Gegenstände, Sachverhalte, Personen, Tiere o. ä., durch die Böses zugefügt wird)‹; von daher tropisch: ›widerwärtig, verhaßt, schlimm; lästig‹; ›hartherzig, böse, grausam, fürchterlich; schädlich, Verderben bringend; tödlich (von Gift); sündig‹; am ehesten hier anschließbar: ›häßlich, unschön anzusehen, beim Anblick Ekel hervorrufend‹; Phraseme:
der leidige feind / teufel
.Syntagmen:
jm. l. sein; der leidige (bauern)krieg / man / pfennig / tod / wurm, die leidige Eva / figur / katze, das leidige fieber / unglük, die leidigen anfechter / angesichte / gäste / schaffer
.Wortbildungen:
leidigheit
Belegblock:
Luther, WA
30, 2, 43, 9
(1529
): Jsts nicht der leidige teuffel, der yhm nicht benuͤgen lesst, das er auch Got ist auff erden.
Ebd.
30, 3, 233, 4
(1530
): Der leidige teuffel hat durch solche arge duͤnckel, und boͤse meuler manche feine Ehe verhindert.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
63, 621
(Magdeb.
1608
): jhr nurt drey in der Welt sind / | Die ich fuͤr alles fuͤrcht geschwind. | Den Falcken / vnd die leidig Katz.
Reissenberger, Väterb.
15208
(md.
, Hs. 14. Jh.
): In den leideclichen vorhten
[›Jüngstes Gericht‹]
| Sint sie einander alle gram. Klett, J. v. Soest
11, 815
(Hs. ˹wmd.
, 1470
/80
˺): dyss furgenanten strenghe [Demut, Suberheit, Sefftmutigheit] drw | Leydigheit drewet.
Dubizmay, kurß zu Teutze
37, 11
(hess.
, 1463
): Das vns die leydige eua | nam das bringestu vns | wider.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
98, 38
(Frankf./M.
1550
): [Ael vnd Neunaug] woͤlln von eim geschickten Koch | Bereytet sein / sonst jsset man | Gar baldt das leydig Fieber dran.
Quint, Md. Karl u. Eleg.
1626
(Hs. ˹thür.
, n. 1455
˺): Do nehete͂ leydige geste | Dem͂ herczogen eckeriche.
Pyritz, Minneburg
3654
(nobd.
, Hs. um 1400
): Die mordigen bosen claffer, | Die falschen leydigen schaffer.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
9, 44
(nürnb.
, 1. H. 15. Jh.
): widerseßig den gotlichen [...] gepoten und reten, leydig, schuldig und schedlich got dem herrn.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
1, 101, 10
(Straßb.
1466
): Was seyt ir leydig
[Var. 1475
hoͤrt2
-1480: , 1483:
schwer ;
waru͂ / macht vnruegLang
1521: ;
Was bekümmert jrLuther
1545: ]
disem weibe. Ebd.
3, 178, 1
: das weyp was laidig dem iungeling
(
lag jm hert anDietenberger
1534: ;
war listigEck
1537: ).
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1531
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Ich wil lieber dir haften an | Denn das mir würd ain laidiger man.
Maaler
267v
(Zürich
1561
): Leidig / Vnlieblich anzesaͤhen. Tristis aspectu. [...] Ein schnaͤller vnnd haͤsszlicher oder Leydiger tod.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
305
(Genf
1636
): Leydig so einem ein Eckel machen kan. [...] Siehe da / wie ein [leydige] Nase hat das Kindt.
Fischer, Eunuchus d. Terenz
40, 25
(Ulm
1486
): Den heßlichen laidigen schelmen der unß an unser liebi yntrag thuͦt.
Chron. Augsb.
8, 365, 6
(schwäb.
, zu 1548
): [daß] benantlich burgermaister Hörbrot [...] sambt seinen anhangenden zunftmaistern die [...] redelfierer gewesen, den laidigen krieg fürzunemen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
10, 39
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): das in der laidig veint nicht schrekt | das er icht zweiflig werde.
Drescher, Hartlieb. Caes.
354, 4
(moobd.
, 1456
/67
): Gotfridus was gar vast laidig und lieblos, wann er was geittig.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
392b, 24
; Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 205, 1
; v. d. Broek, Suevus. Spieg.
66v, 21
; Reichmann, Dietrich. Schrr.
80, 33
; Matthaei, Minner. I,
2, 264
; Chron. Augsb.
8, 84, 3
; Turmair
5, 133, 29
; Mell u. a., Steir. Taid.
46, 15
.‒
Vgl. ferner s. v. .2.
›Leid, Schmerz, Trauer, Ärger u. ä. empfindend (als Folge von 1 bezogen auf den Gemüts- und Seelenzustand)‹; speziell: ›traurig, betrübt, jammervoll, elend‹; ›verärgert, beleidigt, gekränkt‹; ›trauernd (bei einem Todesfall)‹; hier anschließbar: ›aufgrund eines selbstverursachten Leides reuevoll, bußfertig, traurig über eine begangene Sünde‹; Wortbildungen:
leidige
Belegblock:
Schöpper
26a
(Dortm.
1550
): Tristu. Leidig vnmuͤtig traurig leidenhafft truͤbig betruͤbt trubselig bekuͤmmert.
Quint, Eckharts Trakt.
53, 11
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): swâ sich der mensche leidic und sunder trôst vindet.
Schwartzenbach
B iv
(Frankf.
1564
): Angsthafft. Bekuͤmmert. Betruͤbt. Sorgfeltig. Trauwrig. Leidig. Vnmutig. Vnruwig. Kummerhafft. [...] Voll beschwerniß vnd truͤbsal.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
22, 9
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): Eintweder du bist sere leidig oder unvernunft hauset zu dir.
Palm, Veter Buoch
41, 16
(schles.
, Hs. E. 14.
/A. 15. Jh.
): Die vrouwe vur heym vnd wart leidic, vnd quam sie ein sucht an von ir trurikeit.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
306, 32
(nobd.
, 1525
): [wir] ain vertrag angenomen, [...], mit laidigem und schwerem gemut haben getan.
Ebd.
376, 17
: geben wir ewer erber weyshait mit laidigem, bekomerten herzen und gemut zu erkennen, das [...].
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 341, 11
(Straßb.
1466
): Ich bin arm vnd leydig: o gott dein behaltsam die entphieng mich.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
46, 24
(Straßb.
1650
): Er, der Leydige, war mit einem schwartzen Tüchin Mantel verhüllet [...], hatte eine lange Traurbinde.
Bihlmeyer, Seuse
168, 4
(alem.
, 14. Jh.
): Daz der mensch noh klaget und leidig ist, daz kunt alles von gebresten.
Bernoulli, Basler Chron.
4, 266, 9
(alem.
, 1445
): dem fursten was nit so leidig umb das slossz, allein umb die getruwen gesellen.
Päpke, Marienl. Wernher
4834
(halem.
, v. 1382
): Das Ihesusli kam wider dar | Und vant sú laidig allú gar. | Do macht es sú och wider fro.
Welti, Stadtr. Bern
327, 15
(halem.
, n. 1437
): das mit leidigen lúten [...] nieman denn die neͣchsten fruͥnd [...] zuͦ opffer gan sollent.
Enders, Eberlin
1, 11, 26
(˹Basel
1521
˺): ist ein grosse menge des schlechten volcks deß erschrocken vnd leidig worden, hat also gesagt we vnß.
Maaler
270v
(Zürich
1561
): Leydig / Voll leyds / Klaͤglich. Luctuosus. Trauwrig vnnd Leydig von eines anderen schadens waͤgen.
Ebd.
3, 129, 19
(E. 15. Jh.
): ward der künig [...] da kranck und waren alle Frantzosen so laidig, das nit davon zuͦ schreiben.
Ebd.
9, 91, 4
(1544
/5
): die laidig Lucretia mocht irer begangnen und dartzu getzwungenen übeltat gar nicht vergessen, bewainet [sie].
Primisser, Suchenwirt
41, 62
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): so wird ich laidik, | Daz mein frewd vercheret sich.
Höver, Bonaventura. Itin. B
513
f. (moobd.
, 1450
/60
): das jn Cristo [geainigt ist] das ainuaͤltigist mit dem gemischten, das allerwúrckleichist mit der aller leidigisten vnd totten.
Drescher, Hartlieb. Caes.
223, 24
(moobd.
, 1456
/67
): Des ward er noch mer laidyger und forchtsamer, und saczt auff seinem pfarrvolck gepet und kirchfert.
Leidinger, V. Arnpeck
668, 36
(moobd.
, v. 1495
): solichs det dem sun vast wee auf den vater und ward des vast laidig.
Pyritz, Minneburg
4919
; Gille u. a., M. Beheim
234, 28
; Baumann, Bauernkr. Rotenb.
571, 24
; Sachs
16, 176, 13
; Matthaei, Minner. I,
13, 173
; Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 13
; Päpke, a. a. O.
10291
; Gereke, Seifrits Alex.
3042
; Drescher, a. a. O.
284, 28
; Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
120, 16
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 318
.3.
›körperlich krank‹.4.
›bereitwillig Leid und Schmerz auf sich nehmend, duldend; gelassen‹; hier tropisch anschließbar: ›erträglich, aushaltbar (von Schmerz, Trauer u. ä.)‹; ›gehorsam, gefügig‹; Bedeutungsverwandte:
.Belegblock:
Sachs
16, 210, 22
(Nürnb.
1562
): [ein bawersmann] nött das weib mit worten stoltz, | Daß sie im solt bey seinr ungnad | [...] zu-richtn ein wannenbad. | Die fraw war leydig, must das than.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 15, 11
(Nürnb.
1631
): Es seyndt acht Staffl ins ewig Lebn, | [...] | Arm im Geist, sanffmutig sein, | Leydig, Hungerig, vnd Durstig seyn.
Vetter, Pred. Taulers
109, 27
(els.
, E. 14. Jh.
): und ist der geist lidig in einer gotlidender wisen.
Ebd.
139, 11
(1359
): das er dem gerne volgen welle lideklichen und abgescheidenlichen, wie es Got wil.
Jörg, Salat. Reformationschr.
855, 4
(halem.
, 1534
/5
): alle ding wider jn ordnung [...] bracht nach alltem harkumenn / die abgetrettnen / und eelich gemachten us gestüürt / und ghandlett so vil / das deshalb nun lydig angang wider bracht.
Karnein, de amore dt.
210, 27
(moobd.
, v. 1440
): Wie wol das gar vndannckper was vnd ain vnzimlich gebot, noch nam es der pueler gar laidigklich vnd gedultigklich auf.
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 290
.‒
Vgl. ferner s. v. .5.
›von Leid, Not und Ärger berichtend und dasselbe mit sich bringend, tragisch, bedauernswert, traurig, schlecht (von Botschaften, Nachrichten)‹; Belegblock:
Perez, Dietzin
1, 408, 14
(Frankf.
1626
): Dieser leydige Fall kam also baldt inn die Statt / derowegen viel volck hinauß lieff den todten Coͤrper zu sehen.
Chron. Nürnb.
1, 405,
Anm. 4 (nobd.
, 1420
/41
): uns ist auff hewt frü ein schriffte und leidige meͣre von Wienn herauff komen.
Matthaei, Minner. I,
14, 447
(Hs. ˹wobd.
, 15. Jh.
˺): durch ires sterben nott | sie mir trúwlich gepott | dir die laidigu maͤr zuͦ sagen.
Dreckmann, H. Mair. Troja
36, 21
(oschwäb.
, 1393
): do komend im diu laidigen mär, wie im die kriechen seinen vater und allez sein volk hetend erslagen.
Chron. Augsb.
8, 192,
Anm. 1 (schwäb.
, zu 1562
): Pfintztag [...] ist den cöllnischen gesandten laidige zeitung zuekommen.
Roth, E. v. Wildenberg
56, 7
(moobd.
, v. 1493
): aus der leidigen geschicht pawͦt hertzog Tassilo das egenant kloster.
Dubizmay, kurß zu Teutze
176, 17
; Sachs
20, 435, 9
; Chron. Augsb.
2, 170, 26
; Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
49, 19
.Belegblock:
Schib, H. Stockar
119, 25
(halem.
, 1520
/9
): ich must ouch wyder die reblütt züchen, und bin ich nie kians zugs liadiger gesin, das ich [...] fast frog, das der krieg wol usschlug.
7.
›klagend, flehend‹.Belegblock:
Seemüller, Chron. 95 Herrsch.
110, 23
(oobd.
, Hs. 1. H. 15. Jh.
): do in die sach ward geoffent, giengen si laidichleich zu dem fürsten und paten den fürsten, daz [...] er die zwen liezz bei dem leben beleiben.