leibeigen,
Adj.;
mehrfach subst.
1.
›im Rechtsstatus der erbuntertänigen, persönlichen Abhängigkeit zu einer anderen Person, in der Regel dem Leibherren, stehend und diesem dienst- und abgabenverpflichtet (z. B. jährlich zu leistende Abgaben und Besthaupt bei Todfall)‹. Dieser Rechtsstatus ist außerdem gekennzeichnet durch eine verminderte Rechtsfähigkeit, z. B. eingeschränkte Bewegungsfreiheit oder Heiratsbeschränkungen; auch gebraucht zur Charakterisierung des Sklaven in der Antike; vereinzelt mit Verschiebung der Bezugsgröße (von der Person auf den mit der Person verbundenen Besitz);
vgl.
1
 4, (Adj.) 2.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
5, 1845
.
Bedeutungsverwandte:
 1, , .
Gegensätze:
.
Wortbildungen:
leibeigenman
›Person, die im Rechtsstatus eines Erbuntertänigen steht‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Da die Knechte waren leibeigen erkauffte Leute und musten eines Herrn eigen sein und in seinem dienst bleiben, so lang bis sie von jm frey gelassen oder sonst erloͤset wuͤrden.
Ebd. (
1527
):
Das hat er yhr geben uber die schaff, rinder, knecht und megde, die sind auch alles leibeygne guͤter, wie ander vihe.
Ebd. (
1540
):
Ein weib leibeigen spricht so wol Amen als ein freier.
Ebd. (
1545
):
in Christo [...] ist kein Grieche noch ungrieche, kein Man, kein Weib, kein [...] Leibeigen noch Freyer, Wir sind allzumal einer in Christo.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl. (
mosfrk.
,
1573
):
so einer, der vorhin anderswo gewhonet hat und der obg. eins von adel zu Ulmen leibeigener zuvor gewesen, do er vorhin gewhonet, ufbrechen und zu Ulmen in die hocheit rücken und ziehen wil, der sol nit fur ein herkommender man geachtet, sonder demjenigen zustendig sein und pleiben, dessen leibaigener er vorhin gewesen ist.
Ebd. (
1631
):
und sein alle die in denselben dorferen inwohnende undertanen meistenteils leibeigenleut und etzliche allerlei frönden.
Loersch, Weist. Boppard (
mosfrk.
,
1647
):
was die leibeigene an fröndiensten zu leisten schuldig, waß für renten, gefäll, jägereien und dergleichen nutzbarkeiten darzu gehörig.
Kollnig, Weist. Schriesh.
100, 9
f. (
rhfrk.
,
1496
):
stirbt ein libeigen man, des erben mussen vertedingen unserm gnedigsten hern das best heupt von sym verlossenden fyhe. Item stirbt ein libeigen frauw, der erben sollen vertedigen ir best verlossen kleit.
Ebd.
144, 14
(o. J.):
Hat Churpfaltz die leibaigenschaft gleichmeßig daselbsten: so ist auch Churpfaltz auf denselben der haubtrechten, wattmahlen, wie auch sonsten der bastartfalle und hagestelzen einzig [...] berechtiget, auch die wildfäng und nachfolg allezeit da gehabt und ihnen, den leibaigenen, der freye einzug jederzeit gestattet worden.
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1561
):
doch wo einer [...] der vogtsjunkern [...] uf iren leibaigen leuten in dieser zent seßhaft obbemelter bedfell [...] herpracht.
Schwartzenbach
k vjr
(
Frankf.
1564
):
Leibaigen. Aigen vnd dienstbar leut. So mit Knechtlicher dienstbarkeit verstrickt / werde͂ auß Gesetz oder gewonheit / da jemands wider das Natuͤrlich Recht / frembder Oberkeit [...] vnderworffen wirdt.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
Wie er die alten Cassiquen [...] leibeigen gemacht / wie er sie in Ketten geschmiedet hatte.
sintemal er sie nicht koͤndt zum Fuͤrstenstandt erheben / wolte er sie auch nit den Hispaniern zu Sclaven vnd leibeygnen verlassen.
Er hatte 700. Pferd bey sich / vnd viel Weiber vnd Indianische Leibeygnen.
Volkmar (
Danzig
1596
):
Catasta, ein ort / da man die leibeigene Knecht verkaufft / oder auch die gefangenen einlegt.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
die undertanen [...] wolten [...] kainer mer leybaigen, sonder des alles frey sein.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Hieß er einkauffn das aller-best | Esopum, sein leibeygen knecht.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1488
):
das [...] Barbera dem [...] gotzhus ze Tunstetten im teil fuͥr lib eigen ewenklich zuͦ gehoͤren [sol].
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1589
):
wann ain leibaigner mann aines gottshaus [...] sich mit ainer, so ainem anderen gottshaus der leibaigenschaft halber zugehörig, ehelichen verheuret.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leybeigne. Serua, Conserua. Leybeigne person vnnd im krieg gefangen. [...] Leybeigen / Eigenmann. Seruus. Empoͤrung vnnd krieg Leybeigner leüten / Von eignen vnd vnachtbaren leüten gefuͤrt.
Verhefft vñ durch schulden leybeigen woredn.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1600
):
Die leibeignen leüt, so beeden herrschaften als marcktkinder zuegehörig [...] werden in gemein gerechtfertigt und alle gefäll von leiphennen, prautlauf, abkaufgelt [...] von jeder herrschaft halb eingezogen.
Ebd. (
1468
):
das im sin libaigenlütt zuͦ Laichingen libhennen soͤllen geben.
Ebd. (
1458
/
1479
):
so haben wir ainen gemainen amann gesetzt [...], der fraw Elsbethen von Hohnegk libaigen ist.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 344, 46
(
schwäb.
,
1603
):
Du würst schweren [...] gehorsam zue laisten und alles das zue thuen und zue halten, das ander ir gnaden leibaigne und underthonen schuldig sein.
Ebd.
736, 36
(
1585
):
Die leibaigne leüt anzaigen. – Item welcher ainen oder aine wüste, der meinen vervormundten mit der leibaigenschaft zuegehörig were.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
wie ein künftiger künig ir sün und töchter zue leibsaigen leuten, die im alle arbait umb ein sunst, ackern sêen mäen zimern [...] pauen müesten, machen würd.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
274, 425
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Wickram
4, 34, 25
;
Müller, a. a. O. ; ; ˹
Schwarz, Awürt. Lagerb.
1, 63, 3
;
156, 8
;
214, 13, 374, 37
u. ö. (Regest)˺;
Gehring, a. a. O.
3, 42, 10
;
340, 9
;
414, 5
;
436, 4
;
2.
›in einer irgendwie gearteten sklavischen, psychischen oder ähnlichen Abhängigkeit von etw. / jm. stehend‹; Ütr. zu 1.

Belegblock:

v. Ingen, Zesen Rosenw.
82, 21
(
Hamburg
1646
):
Du kauf=liebe / leibeigene des goldes / und du allergroͤssestes / abschaͤulichstes [...] ungeheuer.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
2720, 10
(
Frankf./M.
1649
):
da heist man sie Halsstarrige / verhaͤrtete / [...] / seyen vom Teuffel leibhafftig besessen / stumme Krotten / vnnd Leibeygene Teuffels maͤgde.
3.
›in einem besonderen, nicht rechtlichen, sondern religiös-persönlichen Unterordnungs- und Abhängigkeitsverhältnis zu Gott stehend‹;
vgl.
1
 4, (Adj.) 2.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1583
):
Weil du alles wolst seligen, | Durch dein grosse Barmhertzigkeit, | Hast Helenam außerlesen, | Fuͤr dein Leibeigen allezeit.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Dieweil ich bin leibeigen dein. | Und thu, herr [Gott], ein zeichen an mir.
4.
›eigen, leiblich (von Kindern gesagt)‹;
vgl.
1
 14, (Adj.) 9.

Belegblock:

Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
daß sie vmb 3. oder 4. Beyhel der Bruͤder oder Toͤchter Kinder / ja jre leibeygene Kinder selbst verkauffen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Leybeigen Haußkind / Das ist / Jn vnserem hauß geboren
(wohl auch zu 1 stellbar).